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Swami
Omkarananda
Gedanken
zum Tag
September 2018
      
      
      
      
 
1.
Tag
Der wahre Gottsucher weiß, dass der lebendige, allsehende
Gott bei ihm steht und wirklicher ist als sein eigener Körper und die
Luft, die ihn umgibt; dass Er hier, in der Mitte seines Seins, als
Seele seiner Seele, als Atem seines Atems, als Herz seines Herzens
gegenwärtig ist. Das Göttliche ist hier und jetzt unter allen Umständen und in allen Lebenslagen lebendig zugegen. Es ist immer von Angesicht zu Angesicht mit uns. Ohne das Göttliche können wir nicht atmen, denken, fühlen oder existieren.
2.
Tag
Gott ist die Energie aller Energien, das Licht aller Lichter, das Auge unserer Augen, das Ohr unserer Ohren, die Quelle allen Wissens und das Fundament all unserer Erfahrungen. Diesen herrlichen Gott beten wir an.
3.
Tag
Wen rufen wir in unserer Meditation an? – Ganapati. Er ist unendliche Freude, unendliche Erkenntnis, unendliches Bewusstsein. Ganapati ist Rama, Krishna, Narayana, Shiva, Durga, Agni, Surya – alle Götter. Doch befinden sich alle nur in der einen
Wahrheit, und diese Wahrheit ist in allen Göttern und Göttinnen immer
dieselbe: ewig, unendlich; immer dieselbe und trotzdem immer neu. Dieses
Göttliche beten wir an, über dieses Göttliche meditieren wir, auf
dieses Göttliche besinnen wir uns und lassen die Erfahrung dieser
Wahrnehmung in unser ganzes Wesen hineinsinken.
4.
Tag
All
jene sind wahre Menschen, in denen alle Kräfte des göttlichen
Bewusstseins zur dynamischen Wirksamkeit gelangt sind.
5.
Tag
Die Erfahrung des höchsten Prinzips erfolgt durch Erkenntnis. Erkenntnis
ist der höchste Pfad, obwohl es noch viele andere Pfade gibt. Diese
anderen Pfade sind bis zu einem gewissen Grad ebenfalls durch
Erkenntnis gekennzeichnet. Dem Menschen ist die Fähigkeit zur Selbsttranszendierung angeboren.
6.
Tag
Der
normale Mensch wird so völlig verschlungen von den empirischen,
materiellen, psychologischen und emotionalen Erfahrungen, er verliert
sich so sehr in den Begrenzungen des Gemüts und der Sinne, wird von den
körperlichen Erfahrungen so völlig dominiert, dass er funktionell
getrennt von seiner inneren Wirklichkeit lebt und deshalb nicht
erkennt, dass er allezeit vom strahlenden, unendlichen Licht der
Intelligenz und Weisheit des Geist Gottes erhalten wird.
7.
Tag
Wie die dunklen Wolken die strahlende Sonne verhüllen,
so verhüllen die seine äußere Persönlichkeit bildenden sinnlichen,
psychologischen und physischen Erfahrungen des Menschen das strahlende
Licht des göttlichen Geistes in seinem Inneren. In
diesem Zustand ist er funktionell und seiner Erfahrung nach von der
Gottheit – seinem wahren göttlichen Selbst – abgeschnitten. Dieser Zustand ist der Zustand der Sünde, die nichts anderes ist als Unvollkommenheit und Unwissenheit.
8.
Tag
Das
ganze menschliche Leben wird dominiert vom Zustand der Unwissenheit.
Daraus erwachsen die Probleme, Verwirrungen und Rätsel, denen wir
im täglichen Leben ausgeliefert sind. Die
Befreiung von den Begrenzungen dieses menschlichen Zustands liegt in
der Rückkehr zu unserer wesentlichen Natur, zur Vollkommenheit unseres
göttlichen Wesens – mit anderen Worten: "Die Befreiung besteht darin,
Kontakt mit dem Göttlichen aufzunehmen, Es zu erkennen, in Ihm zu
leben, und zwar noch während wir auf Erden in dieser physischen Gestalt
leben und tätig sind."
9.
Tag
Die
nötigen Fähigkeiten, mit deren Hilfe wir uns aus der
Gefangenschaft unserer Begrenzungen und Schwächen befreien
können, sind schon in uns angelegt, und unsere Erlösung liegt
in unserer Fähigkeit zur Selbsttranszendenz. In
der ganzen Schöpfung ist es allein der Mensch, der sich der
Fähigkeit, sich selbst und die Welt zu transzendieren, erfreut.
10.
Tag
Das transzendierende Prinzip in uns ist das Ich-Prinzip. Je mehr wir dieses Ich oder Selbst einzufangen versuchen, desto mehr zieht es sich in den Hintergrund zurück. Wenn wir sagen: „Ich bin der Körper“, so können wir sofort fragen: „Wer ist es, der des Körpers gewahr wird?“ – Es gibt etwas, das den Körper wahrnimmt. Wer oder was ist es? – Es ist das Gemüt, der menschliche Geist. Nun
versuchen wir, das Gemüt einzufangen. Wollen wir es beobachten, dann
hat sich das Ich anscheinend wieder einen Schritt weiter zurückgezogen
und agiert jetzt als Zeuge des Gemüts. Das Ich ist demnach nicht
identisch mit dem Gemüt, sondern beobachtet es. Das Ich selbst kann
nicht mehr beobachtet werden. Es sieht sich selbst.
11.
Tag
Die
Fähigkeit, vom Gemüt, seinen Funktionen und vom Körper
Abstand zu nehmen, Zeit und Raum zu transzendieren und über dem
Zeitprozess zu stehen, ist dem Menschen angeboren. Vernunft ist nur eine der vielen Fähigkeiten, mit denen der Mensch begabt ist. Es
befinden sich noch andere Fähigkeiten des höheren Bewusstseins in ihm,
die in Funktion treten, wenn die Vernunft diszipliniert, geläutert und
von all ihren Unvollkommenheiten und Begrenzungen befreit ist, wenn als
Ergebnis des Umwandlungsprozesses seiner rohen und niederen Natur durch
die Disziplin der Liebe und der Hingabe an höhere Werte und Ideale
innere Reinheit erlangt worden ist. Dann erst können die Fähigkeiten des höheren Bewusstseins unmittelbar zum Ausdruck kommen.
12.
Tag
Wie die Alchemisten Gold machten, indem sie gewisse Metalle
zusammen mit besonderen Chemikalien tagelang in einem Schmelztiegel
verflüssigten, so taucht das Gold des Göttlichen aus unserem Inneren
auf, wenn alles in uns verbrannt, geläutert und verfeinert worden ist. Die
innere Natur bedarf enorm großer Vorbereitungen, um für den Empfang der
göttlichen Gnade bereit zu sein, haben wir doch die Dunkelheit und den
Einfluss von Jahrmillionen niederen animalischen Lebens hinter uns. All
die niederen Tendenzen unserer Natur müssen emporgehoben, umgewandelt,
verändert und in das Licht des Göttlichen verwandelt werden, bevor die
höheren Fähigkeiten des Gottbewusstseins zum spontanen Wirken gelangen
können.
13.
Tag
Das transzendente Prinzip in uns, das göttliche Selbst, ist das Geheimnis unserer Erlösung und unserer Befreiung. Es lässt den Menschen nicht ruhen und mit nichts im Reich der Dualität, im Reich von Zeit und Raum zufrieden sein. Was des Menschen Seele ersehnt, ist Zeitlosigkeit und Raumlosigkeit – unendliche Freiheit.
14.
Tag
Auf dem Weg des geistigen Fortschritts und der spirituellen Evolution wird von uns eine seltene Willensstärke verlangt. Selbstkontrolle
ist erforderlich sowie die Fähigkeit, die Umstände, in denen wir leben,
für den Zweck des inneren Wachstums und der inneren Entwicklung zu
gebrauchen. Es
wird eine völlige Umwandlung des ganzen inneren Wesens, ein
inneres Offensein für das Licht des höheren Selbst verlangt.
15.
Tag
Der
Weg zum Selbst ist ein Pfad, der zur ständigen Anwendung der Vernunft
aufruft und mahnt, den Geist der Unterscheidung zu üben, um zu
erkennen, was wertvoll und was wertlos ist, was wahr und was unwahr,
was wesentlich und was unwesentlich, was menschlich und was göttlich
ist. Es
ist der Pfad, auf dem die menschliche Intelligenz in das universale,
alles durchdringende Bewusstsein eingeht und von dessen Licht erhellt
wird. Um
die letzte Phase des Umwandlungsprozesses zu erreichen, müssen wir aus
unserem Leben alles ausklammern, was unwesentlich und nutzlos ist und
uns behindert.
16.
Tag
Die Hindernisse für unsere spirituelle Entwicklung sind nicht immer äußerlicher Art. Sie
sind oft direkt in uns selbst. Sie stammen aus unserer unterbewussten
niederen Natur; deshalb muss hier in uns die Umwandlung stattfinden. Während
langer Zeiträume unserer Evolution haben wir uns Instinkte, Wünsche,
Triebe und Neigungen aller Art angeeignet, und diese sind uns sozusagen
in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sind im Unbewussten und
Unterbewussten gespeichert. Darum
müssen wir jetzt darauf bedacht sein, dass alle unterbewussten und
unbewussten Inhalte aus unserem Wesen entfernt werden.
17.
Tag
Die
Reinigung des Unterbewussten und Unbewussten ist ein langwieriger
Prozess, ist aber der Mühe wert, denn wir müssen wachsen, müssen uns
entwickeln. Alles in uns muss göttlich, alles innerlich licht werden. All
jene Tendenzen und Impulse in uns, die menschlich sind und der niederen
psychologischen Natur angehören, müssen sublimiert und umgewandelt
werden. Der
Boden unserer bewussten Erfahrung, wie auch der unter- und unbewussten,
unser Verhalten bestimmenden Faktoren muss gesäubert und jeder Impuls,
der aus der niederen Natur aufsteigt, muss sublimiert werden.
18.
Tag
Wenn
wir in moralischer Hinsicht wachsen, unsere Instinkte, Impulse und
Triebe mit unserer Vernunft beherrschen und lenken, unseren Energien
eine neue Richtung geben und einer höheren Werteskala und höheren
Idealen entsprechend leben, gelingt es uns allmählich, das Gemüt zu
beherrschen und nicht mehr von ihm beherrscht zu werden. Jedesmal
wenn wir unser Herz weit werden lassen, wenn wir Gefühle der Liebe, des
Lichts und der Vollkommenheit in uns wachrufen und Segen auf die Natur,
die Tiere und die ganze Menschheit strömen lassen, sinken neue Gedanken
und Gefühle, neue wohltuende Kräfte in unser Unterbewusstsein.
19.
Tag
Indem
wir jene Eigenschaften, die man göttlich nennen kann, in uns
kultivieren, beschreiten wir den Weg der Umwandlung. Das Unter- und
Unbewusste erfährt durch die aktivierten Kräfte des überbewussten
Geistes eine Umwandlung, so dass die Reinheit zunimmt, eine neue
Erkenntnis aufdämmert und ein neues Wertempfinden entsteht. Was
zunächst nur theoretisch, intellektuell verstanden wurde, wird nun zu
einer persönlichen inneren Erfahrung. Je
mehr sich ein Mensch läutert und verfeinert, umso empfänglicher wird er
für höhere Wahrheiten der Existenz und umso offener und durchlässiger
für die Erfahrung des Selbst.
20.
Tag
Ist
das
menschliche Gemüt einmal ausgelöscht, ist der Mensch
göttlich; denn
genau dieses menschlich beschränkte Denken und Fühlen,
welches das Gemüt ausmacht, ist die Ursache menschlicher
Gebundenheit, menschlichen Leidens und menschlicher Begrenztheit. Der Mensch ohne Gemüt ist Gott selbst! Allerdings
ist es nicht leicht, die Herrschaft über das Denken und Fühlen, über
den Charakter und all die angeborenen Eigenarten auszuüben.
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