INHALT

SWAMI OMKARANANDA: WISSENSCHAFT UND PSYCHOLOGIE DER GOTTERFAHRUNG IM TÄGLICHEN LEBEN

Alles Grosse und Hervorragende geschieht durch göttliche Gnade

Woran erkennen wir das Wirken der Gnade

Die höchst wunderbare Natur des Bewusstseins in uns

Dimensionen der Erkenntnis

Das Universum - Verschiedene Theorien über seinen Ursprung

Das Universum als organische Ganzheit

Die Wissenschaft vom schönen Leben

Überwindung des Ärgers durch wiederholte Besinnung auf seine negativen Auswirkungen

 

ALLES GROSSE UND HERVORRAGENDE
GESCHIEHT DURCH GÖTTLICHE GNADE

Wenn Du im Verlauf Deines ganzen Lebens wenigstens zwei Minuten gut über Gott meditiert hast, dann ist Dein Leben gesegnet. Es sind dies seltene Augenblicke, und es ist schwierig, solcher Augenblicke teilhaft zu werden. Das wahre Wesen des menschlichen Geistes und Gemütes ist, ständig in Unruhe zu sein. Es ist in den menschlichen Erfahrungen befangen.

Es ist schwer, gute Gedanken in sich hervorzurufen und sie den ganzen Tag hindurch beizubehalten. Schwieriger ist es schon, geistige Gedanken zu hegen und sie den ganzen Tag zu behalten. Und noch schwerer ist es, das Bild des Göttlichen im Herzen und im Geist zu bewahren und den Namen Gottes den ganzen Tag hindurch zu wiederholen.

Wenn Du irgendeine dieser kostbaren Segnungen im Verlauf des Tages Dein eigen nennst, dann ist das etwas Aussergewöhnliches und etwas, was viel wertvoller ist als Billionen Franken. So halte Ausschau nach diesen gesegneten Augenblicken, wenn das Herz das Göttliche fühlt und der Geist frei von unnötigen und wertlosen Gedanken ist. So wollen wir in wahrer Hingabe unsere ganze Seele in den unendlichen Frieden, in die Liebe und Vollkommenheit Gottes ausströmen lassen.

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WORAN ERKENNEN WIR
DAS WIRKEN DER GNADE

Wir können den mit der Gnade Gottes Beschenkten an der Art und Weise erkennen, wie die göttliche Liebe in ihm zum Ausdruck kommt, sowie an der Art, wie die Macht des irdischen ihn einhüllt und den Verlauf seines Lebens auf aussergewöhnliche Weise lenkt. Das Licht Gottes scheint durch seine Intelligenz hindurch, und die Macht Gottes, die von der menschlichen Stärke unendlich verschieden ist, vollbringt in aller Stille und oft auf ganz einfache und schlichte Art und Weise ehrfurchtsgebietende Werke.

Wenn die Gnade auf einen Menschen herniedersteigt, dann werden seine natürlichen Fähigkeiten auf übernatürliche Weise ausgeübt und tragen eine seltsame geistige Kraft und Stärke und ein geistiges Licht in sich. Wer in der Gunst des unparteiisch gerechten und allbarmherzigen Gottes steht, besitzt die Gnade, und diese Gunst wird jenem zuteil, der sich durch Handlungen wahrer Herzensliebe, durch den Glauben der Seele und ein gutes Leben darauf vorbereitet hat.

Wenn die Gnade in einen Menschen herabsteigt, dann taucht sie dessen Intelligenz in den spontanen Selbstausdruck eines allumfassenden Erkenntnislichtes; dann macht sie seinen Willen unbezwingbar und seine Freiheit grenzenlos. Um einen Menschen, der die Gnade empfangen hat, instinktiv und intuitiv zu erkennen und aktiv auf ihn anzusprechen, benötigt die durchschnittliche Menschheit nicht mehr als einen kurzen Augenblick.

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DIE HÖCHST WUNDERBARE NATUR
DES BEWUSSTSEINS IN UNS

Das allwissende Selbst wird weder geboren, noch stirbt es jemals. Es ist nicht von irgendwoher gekommen, und es ist nicht irgend etwas geworden. Ungeboren und von ewigem Bestand seit unvordenklichen Zeiten geht dieses Selbst nicht mit dem Körper zugrunde. Die Geburt erfolgt als die, aus einer Ursache hervorgehende Wirkung und ist daher ein Vorgang vergänglichen Werdens. Aus dem gleichen Grund ist der Tod nicht von Dauer, und daher sind beide im Selbst nicht vorhanden.

Das Bewusstsein, das nie aufhört, ist auch frei von jeder Art von Veränderung. Wechsel ist das Merkmal eingebildeter Vorstellungen. Unveränderlichkeit ist das Wesen des Selbst. Dieses Selbst kommt nicht von irgendwo, und es ist nicht zu irgend sonst etwas geworden, denn Kommen und Werden sind wiederum vorübergehende Vorgänge. Es hat nicht aufgehört, es selbst zu sein. Es erlebt keinen Niedergang und keine Minderung. Es ist das Älteste und zugleich das Neueste und Jüngste von allem. Ein Gegenstand wird neu, wenn seine Bestandteile verändert und in einen neuen Zustand, der verschieden vom alten ist, versetzt werden. Das Selbst existiert sogar schon vor und auch nach dem neuesten aller Gegenstände. Es existiert zusammen mit allem, und auch nach allem. Nichts kann je hervorgebracht werden, was neuer und anders als das Selbst wäre. In anderen Worten: Das Selbst ist das, was immer schon besteht, was war und sein wird. Daher ist es unzerstörbar. Es tötet niemand, noch wird es getötet. Das Selbst leidet unter nichts. Es ist frei von den Erfahrungen des Weltprozesses. Es ist form- und körperlos und daher ohne Relationen. Das Selbst ist subtiler als das Subtilste und grösser als das Grösste. Es liegt als zentrales Sein in allen Wesen. Man nimmt es wahr, wenn in einem Zustand der Freiheit von Gedanken und Handlungen die Ablenkungen aufhören und völlige Ruhe erlangt wird. Dann kann man in einem Zustand völliger Sorgenfreiheit der Herrlichkeit des Selbstes sich erfreuen. Es ist das Allersubtilste, denn es ist die Essenz in allem. Es ist das G rösste, denn es ist ohne Grenzen.

Nachdem man von Wünschen befreit und von den Gegenständen der Sinne, die man gesehen oder von denen man gehört hat, gelöst ist, ist es möglich, dieses Selbst durch die Praxis beständigen Nachsinnens und der Meditation über sein Wesen zu erkennen. So lange der Geist hin- und herschwankt und der Körper sich regt, ist es nicht möglich, dass jemand dieses Selbst erkennt. Vollkommen müssen Geist, Gemüt, Sinne und Körper zur Ruhe gekommen sein, ehe man versuchen kann, der Schau des Selbst teilhaft zu werden. Jene, welche Wünsche und Leidenschaften hegen, sind an der Wahrnehmung und Verwirklichung des Selbst gehindert.

Obschon unbeweglich und das ewige Hier, erstreckt sich seine Bewegung weit, sehr weit, denn es ist überall. Es ist das Formlose in einer Weit der Formen. Es ist das Bleibende unter dem Vergänglichen. Es ist das grosse allgegenwärtige Wesen, bei dessen Erkennen der Suchende sich über alle Formen des Unglücklichseins erhebt. Es ist nicht möglich, das Selbst durch blosse Diskussion, durch die Wirksamkeit des Intellekts oder durch eifrige Lerntätigkeit zu erkennen. Es wird durch eine unverbundene, beziehungslose, unmittelbare innere Erfahrung, in der das Selbst sowohl Subjekt wie Objekt ist, erlangt. Ein Mensch, dessen Verhalten nicht gut ist, und dessen Gemüt und Geist rastlos umherwandert, der keinen Frieden in sich trägt, und dem die Ruhe fehlt, kann das Selbst nicht erkennen. Das Selbst ist jenseits jeglicher Erkenntnis und jeder erdenklichen Kraft innerhalb dieser Welt. In ihm ist selbst der Tod nicht mehr vorhanden, und alle Prozesse haben in ihm ein Ende gefunden.

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DIMENSIONEN DER ERKENNTNIS

Alle Aktivitäten können letztlich auf eine Art von Erkenntnis zurückgeführt werden. Es ist eine Art von Erkenntnis, die ihre Erfüllung in der äusseren Handlung findet. Die Erkenntnis oder das Wissen bestimmt die Beschaffenheit der Handlung, den Handlungsverlauf und selbst die Eigenart des Zieles, auf das die Handlung hinstrebt. Erkenntnis wird hier zum Anreger der Handlung, zum Mittel, um zu einem darüber hinausreichenden Ziel zu gelangen, und somit zu etwas, das nicht in sich selbst wertvoll ist, sondern wertvoll in Beziehung zu etwas anderem, dem es untergeordnet bzw. förderlich ist. Solcherart ist der Charakter menschlicher Erkenntnis.

Auch im menschlichen Erkennen gibt es Gradunterschiede. Einige besitzen mehr Erkenntnis, andere weniger. Mit Erkenntnis ist hier offensichtlich das Erkennen von etwas anderem als der Erkenntnis selbst gemeint. Haben wir mehr Erkenntnis über das Wesen, die Natur eines Dinges, dann haben wir es auch stärker unter unserer Kontrolle; unsere Aktivität hinsichtlich unserer Bemühung, es zu besiegen, ist weniger belastet und so auch weniger schwierig; unsere Beziehung zu jenem Ding ist inniger, was bedeutet, dass die psychische Distanz zwischen uns und dem betreffenden Ding geringer wird und wir es zugleich völliger und realer geniessen. Wir besitzen das Ding bis zu einem gewissen Grad auf sichere Weise und sind frei von allen Bedenken bezüglich des Dinges, wenn uns dieses sehr nahe ist - nicht nur in physischer, sondern auch in psychischer Hinsicht, wobei dieser letztere Aspekt wichtiger ist als der erstere; vielleicht ist es sogar der einzige Faktor von Bedeutung, und gerade hier ist unsere Erkenntnis des Dinges am umfangreichsten und am tiefsten. Logischerweise sollten wir die grösste Erkenntnis und die grösste Macht über ein Ding haben, wenn es von unserer Existenz, von unserem Dasein nicht unterschieden ist, und wir erfreuen uns am meisten an diesem, wenn wir selbst zu ihm werden. Dabei kann es sich bei diesem Ding um irgendeine partikuläre Einheit - ein Ding, zwei Dinge, tausend Dinge oder das ganze Universum selbst handeln. Das Ding-Sein ist nur ein synechologischer Ausdruck für das Ganze, die Gesamtheit objektiver Existenz. Hier ist die Erkenntnis des Dinges in Wirklichkeit nicht Erkenntnis von diesem, sondern Erkenntnis unseres eigenen erweiterten und ausgedehnten Selbst. Unsere Erkenntnis und unsere Existenz sind hier ein und dasselbe. Daher besteht die höchste Erkenntnis irgend eines Dinges in der Selbsterkenntnis, in der Erkenntnis des Selbst, weiches höher als das natürliche, enge, individuelle Selbst ist. Hier ist Erkenntnis nicht Mittel zu irgend einem anderen Zweck, sondern sie ist das Ziel selbst. Erkennen ist Sein. Letztlich ist jede wahre Erkenntnis Selbst-Erkenntnis.

Wenn höchste Macht und höchstes Glück im höchsten Erkennen liegen und die höchste Erkenntnis die des eigenen höchsten Selbst ist, dann bedeutet das, dass wir uns durch die verschiedenen Grade oder Stufen der Erkenntnis, welche scheinbar einem Ziel ausserhalb, also dem Nicht-Selbst dienen, in Wirklichkeit auf einen Zustand hinbewegen, wo die Erkenntnis jeglichen Grad übersteigt und alle Ziele in seinem eigenen unendlichen Sein der Selbstheit umfasst. Diese Bewegung auf das höchste Selbst zu - was nur ein anderer Name für die höchste Erkenntnis ist - mag bewusst oder unbewusst sein. Doch ist sie immerhin vorhanden und ist die einzige Bedeutung des Lebens, der einzige Lebenssinn alles Seins im Universum. Damit ist auch bewiesen, dass Erkenntnis etwas Innerliches, dass Macht etwas Innerliches, dass Glück etwas Innerliches ist und nicht in irgend einem Nicht-Selbst liegt, in irgend etwas Äusserem, das dem verblendeten Auge als Ziel erscheint, das die Dienste der inneren Erkenntnis oder des Bewusstseins anfordert. Indem wir versuchen, der Dinge habhaft zu werden, versuchen wir in Wirklichkeit, unser höheres Selbst zu gewinnen; indem wir uns der Dinge erfreuen, machen wir in Wirklichkeit den Versuch, in unserem absoluten unabhängigen unendlichen Selbst zu ruhen. Fehlt die Erkenntnis dieses grossen Geheimnisses, der hier zugrundeliegenden metaphysischen und geistigen Wahrheit, dann liefert sich der Mensch einer irrationalen Bindung an vergängliche und flüchtige Dinge aus, die zwar an der Oberfläche angenehm zu sein scheinen, an sich aber Quellen der Täuschung und der Schwäche, des Unglücklichseins und der nervenzermürbenden Unruhe sind. Das Vorhandensein dieser Erkenntnis befreit uns von der begrenzten und darum so sorgenvollen, unruhigen Einzelexistenz und lässt uns Heimat im Absoluten finden. Ohne diese Erkenntnis können die Fesseln nicht gesprengt werden. So lange Objekte gebraucht werden, kann der Prozess der endlichen Existenz mit seinen Belastungen und Spannungen kein Ende finden. Erst wenn das ganze Universum mit dem Absoluten Selbst identifiziert wird, kann Erkenntnis zu einem Ziel an sich werden, kann die Dualität aufgehoben und die absolute Freiheit verwirklicht werden.

Wenn jede Erkenntnis innerlich ist, wie kann sie dann zum Ausdruck gebracht werden? Erkenntnis wird, wie aufgezeigt, in Wirklichkeit nicht von aussen erworben, sondern sie tritt von innen her in Erscheinung. Dieses Hervortreten der Erkenntnis folgt indessen gewissen Prinzipien, gewissen Gesetzen oder Methoden. Auch manifestiert sie sich nicht in allen Menschen auf die selbe Weise und im selben Grad. In dieser Welt kommt es vor, dass gewisse äussere Anreger zur unmittelbaren Form der Ursache werden, durch die Erkenntnis hervorgerufen wird. Obschon kein Ding als Ursache irgend eines Ereignisses im Universum bezeichnet werden kann und obwohl zahllose Elemente aus allen Teilen des Universums zusammenwirken, um jedes einzelne Ereignis in ihm hervorzurufen, so wird doch - da diese zahllosen Elemente dem blossen Auge unsichtbar sind -nur das eine Element, das sichtbar ist und einem besonderen Ereignis unmittelbar vorauszugehen scheint, als Ursache des betreffenden Ereignisses bezeichnet. So sagen wir, dass in diesem Sinne das Hervortreten der Erkenntnis eine Ursache hat, obwohl in einem Universum, dessen konstituierende Teile sich gegenseitig bewirken und beeinflussen, streng genommen nichts als Ursache oder als Wirkung bezeichnet werden kann. Obschon das Hervortreten der Erkenntnis im Menschen nicht durch irgendwelche individuellen Wesenheiten verursacht wird und nur durch das Universum als Ganzes erklärt werden kann, ist doch das Eine die sichtbare, unmittelbare Ursache in irgendeinem bestimmten Ereignis im Innern, das unter gewissen Bedingungen und in einer besonderen Umgebung stattfindet.

Unter gewissen spezifischen Bedingungen kommt ein Mensch in Kontakt mit etwas in der äusseren Welt, das ihn an die Möglichkeiten der Erkenntnis und der Weisheit in ihm erinnert, und in diesem Fall ist dieses besondere Etwas die Ursache dieser Erkenntnis. Das vorzüglichste Werkzeug, das die höchsten Potentialitäten der Erkenntnis im Inneren wachrufen kann, ist ein Mensch, der unmittelbare Verwirklichung des Unendlichen besitzt. Dieser betreffende Mensch ist der geistige Präzeptor. Er wird zu einem Instrument, um die Erkenntnis aus dem Inneren des Schülers hervorzuholen, indem er geeignete Methoden zu Hilfe nimmt. Und selbst die Art und Weise, das Wissen herauszuholen, ist von der inneren Reife oder der Geistesentwicklung des Schülers und von der Fähigkeit des Präzeptors oder Lehrers abhängig. Die Reife und Aufnahmefähigkeit des Geistes auf seiten des Schülers und die Erkenntnis und Fähigkeit des geistigen Führers, mit dem der Schüler in Kontakt gekommen ist, gehören beide dem selben Realitätsgrad an. Ein höher entwickelter Schüler erhält einen höher entwickelten Lehrer, ein weniger hoher einen weniger hohen, obwohl es natürlich klar ist, dass die Erkenntnis des geistigen Lehrers jeweils grösser ist als die des Schülers. Da Interaktion normalerweise zwischen Kräften gleicher Intensität und gleicher Frequenz stattfindet, muss ein höherer Lehrer entweder auf die Geistesebene des Schülers herabsteigen, will er eine bewusste Wandlung im Geist des Schülers hervorrufen, oder aber er muss den Geist des Schülers auf seine Ebene, in seinen Geisteszustand erheben. Jedoch gibt es von dieser Regel in gewissen Fällen Ausnahmen. Wandlungen im Geist des Schülers, deren sich dieser tatsächlich unbewusst ist, können von einem geistigen Lehrer auch dann hervorgerufen werden, auch wenn sich dieser auf einer höheren Ebene als der Schüler, befindet. Der Lehrer kann in besonderen Fällen selbst bewusste Wandlungen im Geist des Schülers hervorrufen, ganz gleich, wie der Unterschied zwischen ihrem jeweiligen Geisteszustand beschaffen sein mag. Letztlich ist das Wesen der Vorgänge im Bereich des Geistigen sehr geheimnisvoll und übersteigt das menschliche Verständnis, und es lässt sich nichts darüber aussagen, wie sie geschehen und was sie bedeuten oder implizieren, ohne dass man die erhabenen geistigen Höhen erreicht und die Wahrheiten unmittelbar im eigenen Bewusstsein erfasst hätte.

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DAS UNIVERSUM
Verschiedene Theorien über seinen Ursprung

Die Mathematik, die Physik und Astronomie haben beständig den Umfang unserer Erkenntnis über die Natur des physikalischen Universums erweitert.

Es gibt verschiedene Theorien über den Ursprung und die Natur des Universums. In alten Zeiten brachte eine 'Temporalismus' genannte Theorie die Ansicht vor, dass die Zeit Ursache des Weltalls sei. Der Naturalismus hielt wiederum die Natur für die Ursache des Universums. Während der Fatalismus das Schicksal als Grund für das Universum proklamierte, behauptete die Zufallstheorie, die Welt sei zufällig oder blindlings entstanden. Der Materialismus versicherte, dass die Welt aus einer glücklichen Kombination materieller Elemente hervorgegangen sei. Die synkretistische Theorie hielt dafür, dass die Weit aus einer Kombination all dieser Ursachen entsprungen sei, welche die verschiedenen kosmogonischen Theorien vorbringen, oder doch wenigstens aus einigen von ihnen. Bezüglich der Natur des Inhalts aller Dinge der Erscheinungswelt hegten die verschiedenen Denker unterschiedliche Ansichten. Während der eine Denker die Erde für das allen Dingen Zugrundeliegende hielt, sahen die anderen jeweils entweder den Himmel oder das Wasser, den Raum oder die Luft dafür an. Einer dieser Philosophen behauptete, dass die Sonne oder das Himmelsfeuer das allen Dingen zugrundeliegende Substrat sei.

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DAS UNIVERSUM ALS ORGANISCHE GANZHEIT

Wenn wir versuchen wollen, die Wahrheit zu erfahren, dürfen wir nicht bei irgendeinem festen Punkt im Universum den Anfang machen, denn jeder Punkt erweist sich bei sorgfältiger Analyse als ein Hinweis auf etwas jenseits seiner selbst und führt letztlich das Bewusstsein des so Suchenden und Forschenden zum Absoluten. Jede sogenannte feste Einheit im Universum ist in Wirklichkeit ein Spiegel, aus dem das gesamte Universum widerstrahlt. Einen Punkt im Universum durch und durch erkennen ist daher gleichbedeutend mit der völligen Erkenntnis des ganzen Universums, denn kein Punkt existiert unabhängig für sich. Jeder Punkt ist ein Universum im Kleinen, und daher ist es nicht gut möglich, dass wir mit irgend einem festgesetzten Punkt oder einer festgesetzten Einheit beginnen, wenn wir versuchen wollen, das Universum als eine Ganzheit zu erkennen.

Das Universum ist nicht ein Ding, auch keine Substanz. Es ist nicht aus verschiedenen dreidimensionalen Punkten oder Objekten aufgebaut. Jeder Gegenstand im Universum ist ein Wirbel von Kräften, die sich in bestimmter Richtung und auf bestimmte Weise drehen. Diese Weisen oder Modi hören indessen auf, Weisen oder Modi zu sein, sobald sie zum wesentlichen Inhalt des universellen Bewusstseins werden. Das Universum ist daher ein Zustand des unermesslichen Bewusstsein; in dem das Bewusstsein die gerade passende Atmosphäre oder Umgebung für die Entwicklungsmöglichkeiten in den erfahrenden Kraftmittelpunkten in ihnen, die als Individuen bezeichnet werden, findet. Auf diese Weise ergibt sich eine Erfahrung der objektiven Form und ebenso eine Erfahrung der subjektiven Reaktionen des Universums, aufgebaut auf dem absoluten Bewusstsein, sowie jenes, welches auf dem individuellen Bewusstsein aufgebaut ist als einem Ableger oder einem sekundären, begrenzten und widergespiegelten Zweig des ersteren. Der Stoff des Universums ist das Absolute.

Das Universum ist ein Bündel von Bedingungen, Zuständen oder Ausdrucksweisen des Absoluten. Das Universum und das Absolute sind nicht zwei unterschiedliche Prinzipien. Zu jeder gegebenen Zeit, in jedem Stadium ist das Universum ein relativer, in sich zusammenhängender Zustand, eine kosmische Situation, und jeder Teil davon repräsentiert den ganzen Hintergrund des Absoluten.

Das Universum, in dem wir leben, ist nicht materieller Art; es ist vielmehr Bewusstsein im Zustand von Disharmonie und Störung, das durch seine universal verbreiteten Teile um Ordnung und Anpassung ringt, um sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Physisch und psychisch sind die Stadien seines Ausdrucks und seiner Entwicklung für sein wesentliches Sein nur nebensächlich und dazu bestimmt, von den nächsten Stufen des Fortschritts nach dem Plan der Höherentwicklung in Richtung auf das Selbstgewahrsein des Absoluten hinweggewischt zu werden.

Das Universum ist letzten Endes nicht aus Partikeln, Molekülen, Atomen, elektrischen Ladungen, aus Protoplasma und aus Zellen aufgebaut, sondern durch einen Bewusstseinsprozess gebildet, der, sobald er sich in die Objektivität erstreckt, unter Begriffe wie Raum, Zeit, Bewegung, Substanz, Energie, Welle, Partikel und dergleichen fällt.

Das ganze Universum ist ein einziger, kontinuierlicher, in sich verbundener, logischer, systematischer, zweckhafter Prozess, der in jedem seiner Teile, zu jeder Zeit und in jedem Stadium das Absolute, von dem er voll und ganz abhängig ist, widerspiegelt, ein Prozess von unendlicher Vielfalt der qualitativen und quantitativen Akzente, in dem jeder Akzent und Aspekt und jeder Teil zugleich Ursache und Wirkung ist, wo jegliches das andere determiniert, ja selbst ist, ein wundervoll ausgearbeiteter Plan der Ganzheitlichkeit in jedem Fleck und Bereich und Winkel, ein Prozess, in dem jeder Teil Ausdruck des Ganzen ist, ein einzigartiges und einheitlich abgeschlossenes Werk an Vollständigkeit und Vollendung, das höchste Beispiel unvergleichlicher künstlerischer und wissenschaftlicher Darbietung - ein Prozess der Selbstverwirklichung des Absoluten.

In diesem Universum ist alles organisch voneinander abhängig und miteinander verbunden. Alles und jedes ist ebenso auch alles andere, und alles und jedes ist, weil auch das Ganze ist. Das Individuum und seine Umgebung sind dasselbe; das eine ist nicht ausserhalb des anderen. Kein Ereignis ist von den anderen abgetrennt, für sich allein. Jedes Fallen einer Stecknadel, jedes leise Flüstern, jeder Gedanke und jedes Gefühl ist ein Donner, der in allem, was existiert, einen Widerhall erzeugt, es in Schwingung versetzt und auf sein Gleichgewicht mit jener Intensität einwirkt, die proportional zur jeweiligen Ursache ist. Nirgends besteht ein Ort, wo wir im Geheimen reden könnten. Es gibt keine Möglichkeit, unsere eigenen, privaten Gedanken zu denken. Alles ist augenblicklich kund, ein Eigentum des Universums, und die private Handlung findet sofortige Beurteilung und Belohnung im höchsten Gericht des Universalganzen. Jeder Teil spiegelt die Lage des Ganzen wider, und wir können das Ganze durch einen Teil erreichen, vorausgesetzt, dass wir die innerste Essenz des Teils erkennen. Aus der Gegenwart kann Vergangenheit und Zukunft erkannt werden, denn die Gegenwart ist der Punkt, wo Vergangenheit und Zukunft aufeinander treffen. Die Gegenwart trägt die Wirkungen der Vergangenheit und die Potentialitäten der Zukunft in sich. Jeder Schritt nach vorn ist die Aktualisierung einer neuen Möglichkeit, ein zusätzlicher Ausdruck der Bewegungstendenz in Richtung auf das Absolute. Das Universum besteht, genau betrachtet, nicht aus Teilen, sondern aus Phasen. Es besteht keine scharfe Abgrenzung im Universum. Alle Erfahrungen bilden einen kontinuierlichen Prozess. Die Existenz ist ein Gleichgewicht, das fortbesteht und sich selbst aufrechtzuerhalten vermag. Die Ursache jeglichen Ereignisses im Universum liegt nicht in irgend einem anderen Ding oder Ereignis, sondern im Ganzen, das allein für irgendein Ereignis verantwortlich ist, selbst für die Bewegung eines Blattes in der Luft. Derart ist die Grossartigkeit des Universums und derart die Majestät des Absoluten.

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DIE WISSENSCHAFT VOM SCHÖNEN LEBEN

Liegt in Dir eine Tendenz, misszuverstehen oder auf etwas wirklich übel anzusprechen, dann setzt Du Dich Unannehmlichkeiten aus. Du wirst vom Weg der wahren Weisheit abfallen. Nicht nur, dass Du geistig keine Fortschritte machst - Du vergiftest auch noch die Atmosphäre dieser Welt! In die reine, heilende, kraftspendende, herrliche Luft entlässt Du den giftigen Hauch Deines Herzens und Deines Geistes.

Finde das Beste einer Situation heraus und richte Dein Verhalten danach. Das ist der Weg, das Böse zu verringern und das Gute in der Welt zu vermehren. Versuche die positive Seite zu sehen, und lasse das Leben von der geistigen Seite her zunehmend reicher werden. Mache das Leben so immer schöner, stärker, gesegneter, heiliger, göttlicher und machtvoller.

Im Leben gibt es immer etwas, was unser Verständnis, unsere Anpassungsfähigkeit, unsere Bereitschaft zur Einordnung und zum Ausgleich und unsere Friedenswilligkeit herausfordert. Angenommen, es spricht jemand in Bezug auf Dich ein unrechtes Wort aus. Setze sofort die 'Technik der Substitution' ein und höre in Deinem Inneren dieses unrechte Wort als ein belustigendes Wort, oder als das richtige Wort der Güte, und bewahre so das höchst verwundbare und überempfindliche Ego davor, in eine irrationale und schädliche Aufregung oder Reaktion zu geraten. Finde auf diese Weise zum Frieden, und mache diesen Frieden zur Grundlage, zum Aufbau einer Welt des Gesegnetseins.

Unterlässt Du einen solchen psychologischen Schritt Deinerseits, dann bist Du gestört; Du schadest Dir selbst und dem anderen; und Du schadest der Welt. Dreifach hast Du Dir negative Folgen, d. h. Karma, aufgeladen, und morgen wirst Du es sehr schwer finden, Gutes zu tun, gut zu denken, gut zu fühlen, oder den Frieden zu finden.

Befreie das Leben von Faktoren, die es entstellen, wie Missverstehen, Disharmonie, Beunruhigungen, negative Gedanken und Gefühle. Befindest Du Dich in einer Gruppe, in einer Gemeinschaft oder einer Gesellschaft, wo sich viele Menschen befinden, dann ziehe Dich sofort zurück, wenn sich in Dir etwas Negatives regt, so lange, bis Du es wieder losgeworden bist. Führe ein Leben, das zur Harmonie und zum Glück der übrigen beiträgt.

SWAMI OMKARANANDA

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ÜBERWINDUNG DES ÄRGERS DURCH
WIEDERHOLTE BESINNUNG AUF
SEINE NEGATIVEN AUSWIRKUNGEN

In seiner ausgeprägten Form als Zorn trübt der Ärger die Sicht des Menschen, beraubt ihn seines gesunden Urteilsvermögens und lässt ihn vernunftlos werden. Jeder Zornausbruch ruft einen Grossteil der psychischen und vitalen Energien wach, lenkt sie in falsche Richtung und erschöpft sie. Wie unter einem Zauberbann erlangt auch ein schwacher Mensch überraschende Stärke, so lange der Zornausbruch andauert. Die Nachwirkungen sind genau gegenteiliger Natur; sie bringen den Betreffenden dann in einen Zustand, der einer Art Zusammenbruch gleichkommt.

Ungeheure Energiemengen werden durch Wut und Zorn vergeudet. Jeder Ausbruch von Ärger beeinflusst das gesamte Nervensystem nachteilig. Das ganze psychologische und physiologische Wesen eines Menschen wird in Mitleidenschaft gezogen. Die Augen röten sich, der Körper bebt und Hände und Füsse zittern. Jedermann wird sich schwer tun, einem solchen wutentbrannten Menschen Einhalt zu gebieten. Eine plötzliche Mobilisierung der Kräfte, eine Energieaufpeitschung findet statt; auf diese folgen dann die negativen Nachwirkungen von entsprechender Stärke.

Ist man dem Zorn erst einmal zum Opfer gefallen, dann weiss man nicht mehr, was man tut oder sagt. Man wird in höchstem Masse impulsiv, und jegliche Vernunft ist dahin. Das Urteilsvermögen ist völlig dahin, ja der Mensch kann dabei dermassen aus dem Gleichgewicht kommen, dass er keine Hemmungen mehr kennt, einen anderen Menschen, dem seine Wut gilt, sogar umzubringen.

Unter seinem Einfluss kann eine lebenslange Freundschaft ein jähes Ende finden oder eine noch so innige Beziehung in Brüche gehen. Sein Herrschaftsbereich umspannt die ganze Weit. Ist man erst einmal vom Zorn gepackt, wird man unbesonnen, ungerecht und grausam.

Den negativen Auswirkungen des Ärgers und des Zorns schenkt man im allgerneinen nicht genügend Beachtung. Viele giftige Stoffe gelangen durch einen Anfall von Ärger oder einen Zornausbruch in den Blutstrom. Es wird von Fällen berichtet, wo junge Mütter ihre Kinder tot auffanden, nachdem sie diese in einem Zustand des Zorns mit Muttermilch genährt hatten.

Nach den Erkenntnissen der modernen Psychologie haben manche Krankheiten ihren Ursprung im Ärger. Rheumatismus, Herzbeschwerden und nervliche Störungen haben Ärger als Hauptoder Mitursache. Es braucht mehrere Monate, bis das Gleichgewicht des Nervensystems wieder in den Normalzustand zurückgekehrt ist. Körper, Geist und Gemüt, das moralische und das soziale Leben werden durch einen Ausbruch von Ärger, Zorn oder Wut schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Swami Omkarananda

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