Swami Omkarananda

Gedanken zum Tag

März 2003

Kalender Jan2000




 

1. Tag

Es bedarf einer besonderen Schulung, eines besonderen Wissens, einer besonderen Führung, bevor einer in die Geheimnisse wahren göttlichen Lebens eingeweiht werden kann.

Du kannst nicht einfach in eine Klasse Einsteins gehen, Vorlesungen über seine Physik anhören und hoffen, diese zu verstehen.

Nur ein Physiker ist imstande, die einsteinsche Physik zu verstehen. Genauso wird nur einer, der das Göttliche wirklich sucht, fähig sein, den spirituellen, den göttlichen Pfad zu verstehen, zu lieben und ihn - gleich um welchen Preis - auch zu gehen.

2. Tag

Wenn du die Mantras wiederholst, dann achte darauf, dass deine Weisheit wachsam, deine Hingabe lebendig, deine Konzentration einhellig ist.

Das ganze innere und äußere Wesen muss dem Einfluss des Lichts einer göttlichen Einstellung und einer göttlichen Schau ausgesetzt werden.

Durch Wiederholung der Mantras betreten wir ein zeit- und raumloses Universum, eine Welt der Vollkommenheit und der Einheit.

Werde selbst zu dieser Welt der Vollkommenheit und erkenne durch dieses Einssein, was sie ist!

 

3. Tag

Indem du mit dem Sein im Tiefschlafzustand eins wirst, weißt du, was es ist. Das ist Erkenntnis durch Einssein. Deshalb ist ein Mystiker, der ununterbrochen in Einheit mit dem Göttlichen lebt, selbst göttlich.

Ein Mensch, der mit dem Glück im Tiefschlaf eins ist, ist selbst Glück. Er unterscheidet sich nicht vom Glück. Er ist das Glück selbst. Dieses Glück ist unabhängig, nicht erzeugt. In dieses ewige, ungeborene Glück, das immer da ist - schon da war, bevor sein Körper geboren wurde - sinkt er hinein.

 

4. Tag

Die Identifikation mit dem Körper bedingt Unvollkommenheit, Unreinheit.

Der Körper ist, theologisch ausgedrückt, ein Zustand der Sünde, weil er dir Begrenzungen auferlegt und ein Tier aus dir macht.

Was ist ein Tier? - Ein sich mit einem grobstofflichen Körper identifizierendes Gemüt, das weder vom Licht der Seele, vom Licht der Weisheit, vom Licht der Hingabe noch von der Erkenntnis der Wahrheit erleuchtet ist und auch nicht um das Ewige, Unsterbliche, Allgegenwärtige, Allwissende weiß.

 

5. Tag

Ungeachtet dessen, was die Ethik der Gesellschaft oder der erzieherischen Institutionen dich lehrt: Sie befreit dich nicht von der tierischen Natur, mit der du geboren bist. Alle Körper, die geboren sind, gehören zum Tierreich, zum biologischen Königreich.

Ein biologischer Organismus erlegt dir schwerste Begrenzungen auf und lässt durch dich die Sünde fortbestehen. Und was ist Sünde? - Sünde ist Unvollkommenheit, Erfahrung von Leiden, Dunkelheit, Hass, Eifersucht, Habgier. Sünde bedeutet, dass du ein Opfer der Unwissenheit geworden bist. All das macht die Sünde aus. Die Unfähigkeit, auf Personen und Dinge in der richtigen Art und Weise zu reagieren - das ist Sünde. Infolgedessen entstehen Unzufriedenheit, Disharmonie, Streit, falsches Verlangen, falscher Energiefluss im Körper, falsche Ziele, Ideale und Werte. All das verschwindet, wenn du das Göttliche besitzt, wenn du Weisheit erlangt hast.

 

6. Tag

Die Weisheit muss aus der Seele kommen, nicht vom Körper - und die Seele im Innern ist ewig.

Deshalb ist auch diese Weisheit ewig, ist dieses System der Erkenntnis ewig - unwandelbar, immer das Gleiche, ganz anders als das indirekte Wissen, das du über die Sinne erwirbst. Dieses nämlich ändert sich immer wieder und steht beständig in Widerspruch zu sich selbst.

Die Weisheit, die du auf dem geistigen Weg erlangst, kennt keinen Widerspruch: Sie gilt ein für allemal, für alle Zeiten, für alle Rassen.

Der Wert dieser Weisheit ist unanfechtbar, immer neu und gleichzeitig uralt.

7. Tag

Versuche, die Voraussetzungen für echte Meditation zu erfüllen, während du die Mantras wiederholst und dem Göttlichen gegenüberstehst, das eine Form annimmt, wenn du das Mantra aussprichst, denn das Mantra ist die Gottheit selbst. Der Laut des Mantras hat eine Gestalt, eine Persönlichkeit, hat Augen, Ohren, eine Nase, kann riechen, kann sehen. Das Mantra ist in der Lage, dich zu sehen, deine Tätigkeiten, Gedanken und Gefühle zu beobachten; es kann dich verändern und umwandeln. Diese Umwandlung wird entsprechend der Intensität deines Verlangens nach geistiger Entwicklung, gemäss der Empfindsamkeit diesen zeitlosen, göttlichen Werten und Idealen gegenüber vor sich gehen.

8. Tag

Das Leben im Körper ist ein biologisches Leben in einem materiellen Universum, das von Gesetzen der Mechanik und von Naturgesetzen beherrscht wird. Diese Gesetze verschwinden, wenn du den Standpunkt der unendlichen Wirklichkeit einnimmst: Alles lodert von Energie; diese Energie ist selbst Bewusstsein, und Bewusstsein ist Licht.

Das Licht hat aber auch die Dunkelheit ins Dasein gebracht. Es besteht ein Funktionsprinzip im Wesen alles Seienden, das funktionelle Unordnung erzeugt. Es zeigt eine Trennung, wo keine besteht, einen Schmerz, wo keiner ist, einen Bruch, den es nicht gibt und Dunkelheit, wo keine Dunkelheit herrscht.

Dieses Prinzip, Nichtwissen genannt, ist es, das uns an der Erfahrung der Wirklichkeit hindert.

9. Tag

Das erste, grundlegende Prinzip geistigen Lebens ist die Bejahung der göttlichen Wirklichkeit, der Glaube an das Göttliche oder die vernunftmäßige Entdeckung der letzten Wirklichkeit des Lebens.

Ohne diese Wirklichkeit kann Leben nicht erklärt werden. Und diese Wirklichkeit wurde immer und immer wieder neu entdeckt: Menschen von grösster Intelligenz, grösster Tugend, grösster moralischer Kraft, Propheten, Mystiker, grosse Philosophen, Heilige und Weise sind auf eine absolute Realität - Gott genannt - gestoßen. Philosophiesysteme wurden aufgrund dieser einfachen Tatsache der Existenz Gottes errichtet. Wo immer die Begriffe 'Wirklichkeit', 'das Absolute' oder 'das Unendliche' in einem philosophischen oder wissenschaftlichen Werk auftauchen, kannst du sicher sein, dass Gott damit gemeint ist.

10. Tag

Ohne Gott kann nichts erklärt werden im Leben, und da Gott eine solide Wirklichkeit ist, treffen wir Ihn an jedem Punkt des Seins.

In der Tat sind wir täglich in Gemeinschaft mit Gott, nämlich dann, wenn wir in das wahre Sein im Tiefschlafzustand hineinsinken und etwas von der Natur Gottes, wie Friede, Stille, Zeitlosigkeit, völlige Unabhängigkeit von der äußeren Welt erfahren. Die Freude, die du erlangst, wenn du im Tiefschlafzustand eins bist mit dem wahren Sein, ist in sich selbst gegründet, das heißt von nichts abhängig. Sie ist nicht vom Körper, nicht von Raum und Zeit, nicht vom materiellen Universum oder von der Tätigkeit der Sinnesorgane abhängig. Es ist eine ganz und gar unabhängige Freude.

Das ist ein Charakteristikum des wahren Seins, und Sein ist Gott - zeitlos, universal.

11. Tag

Schon vor dieser Schöpfung muss etwas gewesen sein, und dieses Etwas existiert noch immer.

Es gibt ein ewiges Sein - ohne Anfang, ohne Ende: Das ist Gott, das ist die Wirklichkeit. Es ist in dir; ohne Es kannst du nicht existieren.

Du bist, der Tisch ist, der Baum ist, das Tier ist, die sichtbaren und unsichtbaren Welten sind. Und dieses Sein ist Gott - Gott, der Freude, Friede, Stille, Energie ist - unberührt von Raum und Zeit, unbeeinflusst und unabhängig von Umständen und allem anderen.

 

12. Tag

Ein von allem unabhängiges Prinzip weilt in dir, und dieses Prinzip ist Gott. Es ist der Beobachter in dir. Es ist im Tiefschlaf anwesend als dein Sein, und dasselbe Sein ist auch jetzt da. Man kann Kontakt aufnehmen mit ihm. Jedesmal, wenn du im Tiefschlaf bist, bist du in dieses Sein versunken. Es ist immer bei dir. Es war schon bei dir, als du noch ein kleines Kind warst und schon vorher, als du noch im Bauch deiner Mutter warst. Es ist immer da: eine ewige Wirklichkeit, eine zeitlose Wirklichkeit, eine unendliche Wirklichkeit, eine absolute Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist nicht verschieden in verschiedenen Personen. Sie ist in allen dieselbe. Das, was du im Tiefschlafzustand durch Einssein mit dem wahren Sein erfährst, ist das gleiche, was jedermann im Tiefschlafzustand erfährt.

Das Sein in anderen und das Sein in dir ist das Gleiche.

 

13. Tag

Sein ist auch Bewusstsein.

Du kennst den Bewusstseinsaspekt des Seins nicht aus deiner Tiefschlaferfahrung, weil du das Einssein mit deinem wahren Sein im Tiefschlaf in Unwissenheit, in völliger Dunkelheit erfährst.

Erfahre es bewusst, dann wirst du wissen, dass es auch Bewusstsein ist.

14. Tag

Analysiere dich selbst: Gedanken kommen, Gedanken gehen - du bist nicht die Gedanken, denn du beobachtest die Gedanken. Der "Tod" deiner Gedanken ist nicht dein Tod. Es macht dir nichts aus, wenn deine Gedanken sterben. Auch die "Geburt" von Gedanken beeinträchtigt dich nicht. Das bezieht sich nun nicht auf deine äußere Persönlichkeit, sondern auf dein inneres Sein und Wesen, das Glückseligkeit, Friede, Stille ist. Dieses wird nicht berührt vom Kommen und Gehen, von "Tod" und "Geburt" der Gedanken. Wenn du dein wahres Selbst analysierst, wirst du erkennen, dass Es der Beobachter in dir ist: Beobachter deiner Gedanken, deines Körpers, deiner Gefühle, des Raums und der Zeit, Beobachter von allem.

 

15. Tag

Es gibt einen psychologischen Beobachter in dir, der die Gedanken und Gefühle studiert, sie analysiert und dir über deine Erfahrungen berichtet. Hinter diesem psychologischen Beobachter steht ein höherer Beobachter, der göttliche Beobachter; und dieser beobachtet den Beobachter in dir. Dieser göttliche Beobachter ist Bewusstsein, Sein, Licht, Friede, Glückseligkeit - Gott in dir. Er wird nicht berührt von deinen Sünden, deinen Schmerzen und Freuden; von keiner deiner Erfahrungen wird Er berührt. Er bleibt stets der Zeuge, ewig rein, aus sich selbst leuchtend, aus sich selbst seiend.

16. Tag

Die Glückseligkeit des Tiefschlafzustandes ist von nichts Äußerem oder Innerem abhängig; sie ist weder subjektiv noch objektiv.

Sie ist transzendent, wenn du sie vom Standpunkt deiner körperlich-sinnlichen Erfahrungswelt aus betrachtest.

Diese Glückseligkeit selbst aber ist überall.

17. Tag

Gott ist als Beobachter in dir. Du bist untrennbar mit Gott, mit der Wirklichkeit, mit der Wahrheit verbunden: Darin hast du ewiges Leben, darin bist du zeitlos, unzerstörbar.

Werde dir dessen bewusst! Erfahre es! Dann wirst du selbst wissen, dass du unsterblich bist. Dann gibt es keinen Tod mehr für dich. Du wirst dich der Glückseligkeit sogar im Augenblick des Todes erfreuen oder während du Schmerzen erleidest.

Obwohl du mitten im Raum-Zeit-Universum bist, wirst du dich der Zeitlosigkeit, der Raumlosigkeit bewusst erfreuen, so wie du es im Tiefschlaf unbewusst tust.

18. Tag

Gott ist reines Sein. Du kannst Beziehung mit Ihm aufnehmen durch Hingabe, Weisheit, Reinheit. Die Reinheit muss stetig wachsen, die Weisheit sich ausdehnen und das ganze Universum umarmen.

Sammle Erfahrung durch Nachdenken und Unterscheidung!

Unterscheide zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen!

19. Tag

Die zentrale Wirklichkeit, die theologisch "Gott", metaphysisch "Wirklichkeit", moralphilosophisch "Wahrheit" genannt wird, ist eine Wirklichkeit - allgegenwärtig, allvollkommen, allwissend, alles bewirkend.

Alles ist in ihr, sie ist in allem. Diese Wirklichkeit ist subtiler als der Raum.

 

20. Tag

Der Raum befindet sich im Herzen des Seins. Der ganze, endlose Raum ist in diesem Sein. Auch andere Arten von Raum, andere Kategorien von Raum gibt es in diesem Sein. Es handelt sich um individuelle Arten von Raum; diese sind überall. Ein Universum durchdringt das andere. Es existieren verborgene Welten, die mit wissenschaftlichen Methoden nie entdeckt werden können, denn die Methodik, die angewandt werden müsste, um jene Welten zu entdecken, ist gänzlich verschieden von jener der Wissenschaft, die darauf abzielt, Dinge zu erkennen, also letztlich stets auf die Wahrnehmung der Sinnesorgane und die diese verstärkenden Instrumente zurückgreift. Mit keinem Elektronenmikroskop aber, keinem Fernrohr oder was sonst auch immer, kann sie jene geheimen Welten ausfindig machen. Andere Fähigkeiten sind dazu erforderlich, und diese sind nicht auf die Sinne angewiesen, sondern kommen ohne diese aus. Es sind Fähigkeiten der Seele.

Und all diese Welten sind in dem einen Sein, das Gott ist, enthalten.

21. Tag

Es gibt Himmel und Höllen, alle Arten von Universen, alle möglichen Daseinsebenen.

Auf jeder Daseinsebene stellt die Wirklichkeit Grundlage, Fundament, Ziel, Anfang und Ende dar, während die Wirklichkeit selbst ohne Anfang und Ende ist.

Diese Wirklichkeit musst du erkennen, lieben, verstehen, erfahren: Dann beginnt dein geistiges Leben, dein göttliches Leben.

22. Tag

Das erste und grundlegende Prinzip ist die Wirklichkeit selbst - Gott.

Wenn du Ihn verehrst, Ihn als den Wert aller Werte liebst, als Schönheit aller Schönheit, als Erkenntnis aller Erkenntnis, als Wahrheit aller Wahrheit, wird sich deine Liebe von selbst vertiefen; und sicher möchte ein jeder die Quelle allen Glücks besitzen, die Quelle des ewigen, unvergänglichen Glücks.

23. Tag

Das Glück, das sich aus der Tätigkeit der Sinne ableitet, ist flüchtig - schnell vorbei. Alle Sinne sind krank: Sie sind in einem Sterbeprozess begriffen und verändern sich. Sie führen dich in die Irre und formen Gewohnheiten, in denen du gefangen sein wirst, und es wird sehr schwer für dich sein, dich wieder daraus zu befreien. Ein ganzes Leben mag verloren gehen, die Gewohnheiten verbleiben als latente Kräfte in deinem Unterbewusstsein.

Diese latenten Kräfte gehen mit dir, wenn du stirbst und manifestieren sich wieder im nächsten Leben, versklaven dich, trüben dein Gewahrsein, täuschen dich und führen dich auf den falschen Weg, machen aus deinem Leben ein Elend. So sehr du dann auch versuchst, diesem zu entrinnen, indem du angenehme Umstände schaffst, Vergnügungen nachjagst - es wird dir nicht helfen. Auch Erfolg und Reichtum sind kein Ausweg aus dieser elenden Situation der Abhängigkeit von den Sinnen und der Versklavung durch sie.

24. Tag

Um die geistige Reise zu beginnen, ist dies das Wesentliche:

Zunächst die Annahme der Existenz Gottes als Tatsache; dann das Nachdenken darüber; schliesslich, Wissen und Erfahrung zu sammeln, um Gott, die Wirklichkeit der Wirklichkeiten, zu erkennen.

Diese Wirklichkeit ist das "Erste Ding".

Wenn du dieses hast, hast du alles.

25. Tag

Wenn du das Göttliche liebst, das allgegenwärtig, allmächtig, allwissend, all-liebend ist, wird dir dieses Göttliche deine Liebe tausend- und millionenfach zurückgeben.

Wenn du die Hilfe des Göttlichen suchst, hilft Es dir. Es bricht durch die dunklen Schleier, die dein wahres Selbst verhüllen und lässt so manches Licht in deiner Intelligenz aufblitzen, um dich so zu deiner eigenen, innersten Wahrheit und Wirklichkeit zu führen.

Liebe und entdecke also das Göttliche, erfahre Es bewusst! Denn jene, die das Göttliche erfahren haben, sind unsterblich. Selbst wenn der Körper längst vergangen ist, leben sie bewusst im Unendlichen, im Absoluten, in der zeitlosen Wirklichkeit weiter.

 

26. Tag

Dass zwei und zwei vier ergibt, ist eine unwandelbare Tatsache, die in allen Ländern und zu allen Zeiten gilt. Auf solche Tatsachen lässt sich eine Wissenschaft aufbauen.

Entsprechend gilt für die Psychologie: Sie kann nur wahr und wissenschaftlich sein, wenn ihr zentraler Gegenstand der Untersuchung und Interpretation unwandelbar für alle Länder und Zeiten gültig ist. Und ein solches zentrales Prinzip gibt es in der Konstitution menschlich-psychologischer Erfahrung tatsächlich: Es ist das stets gleichbleibende, unwandelbare ewige Prinzip hinter dem veränderlichen Netzwerk der Gedanken, Gefühle und Handlungen, hinter dem gesamten Aufbau der Persönlichkeit und innerhalb desselben, und als die allen gemeinsame Grundlage ist es in jedem Menschen gegenwärtig.

27. Tag

Das Endliche weist auf das Unendliche hin. Jedes Phänomen bezieht sich in organischer Weise auf das dahinter stehende Noumenon, das heißt, es weist auf ein Geistiges im Hintergrund hin, ein Zusammentreffen des Absoluten mit dem Individuellen. Einem tiefgründigen Denken entgeht die Leinwand nicht, auf die das Bild gemalt ist.

Alles Leben, Streben, Erleben, Bedürfen, Erringen weist auf etwas hinter dem unmittelbar Gegebenen hin. Da möchte einer reich werden und hofft, dadurch sein Glück zu finden oder Macht und Prestige zu erlangen. Doch letzten Endes ist es nicht das Unbewusste der eigenen Seele, das allem Streben zu Grunde liegt. Es ist vielmehr etwas, das - obschon unbemerkt und unentdeckt - auf den absoluten Reichtum hinweist, auf den Vollbesitz all dessen, was sich an Reichtum und Werten ersinnen lässt und dem natürlichen Verlangen und einer Möglichkeit unseres wesenhaften Seins entspricht. Dies ist der Reichtum, den man im Erleben des Unendlichen erfährt, wenn man der eigenen Unendlichkeit und göttlichen Absolutheit gewahr wird.

 

28. Tag

Wenn der Mensch nach Freude sucht oder Freude empfindet und immer wieder von neuem nach Freude verlangt, dann weist dieser Umstand auf die innere Notwendigkeit und auch Fähigkeit zur Erfahrung des unbegrenzten Glücks hin, das dem Menschen durch Erfahrung der göttlichen Wirklichkeit zuteil wird. Die in den beiden Geschlechtern anscheinend unausrottbar verankerte Neigung, Einheit mit Angehörigen des anderen Geschlechts zu suchen, deutet auf die Erfahrung der absoluten Einheit in der einen Wirklichkeit hin. Auf der empirischen Ebene finden wir im Verlangen nach körperlicher Vereinigung mit einem Wesen des anderen Geschlechts einen rudimentären Ausdruck der ewigen Einheit der absoluten Wirklichkeit, die deren Merkmal ist, sich aber innerhalb der Schöpfung hinter der Mannigfaltigkeit vergänglicher Formen verbirgt. Ferner wird sie offenbar in menschlichen Beziehungen wie der Freundschaft, im Streben nach Geselligkeit und Gemeinschaft mit anderen, im Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Zweisamkeit oder der Neigung, sich mit irgendetwas zu identifizieren - wenn nicht mit anderen, dann wenigstens mit dem eigenen Körper und Besitz.

29. Tag

Auch noch im Verlangen nach Ruhe und Erholung, im Genuss eines flüchtigen Friedens und einer zeitweiligen Freiheit vom Umhergetriebensein ist ein Hinweis auf etwas jenseits des unmittelbaren Zusammenhangs Liegendes enthalten. Dieses Etwas ist der unendliche Friede, die unbegrenzte Harmonie der einen Wirklichkeit, die des Menschen eigenes, grundlegendes und unzerstörbares inneres Wesen ausmacht.

Anstatt nun die Erfahrung dieses unendlichen Friedens zum erstrangigen Ziel seines Strebens zu machen, gibt sich der Mensch der meist unentdeckt bleibenden Täuschung hin, dass wirklicher Friede, wirkliche Ruhe und Harmonie im äußeren Leben zu finden seien, in vergänglichen Situationen und Umständen, die er irgendwo anzutreffen hofft oder zu schaffen bemüht ist.

30. Tag

Die Logik, die sich im einmal angestoßenen Ball auswirkt, lässt ihn seinem Ziele zurollen, und die Logik jeder Lebenslage liegt im schließlichen Erreichen der unbedingten Wirklichkeit. Die Einheit, der Friede, das Glück, die Erkenntnis und die Kraft, die Bedingungen unterworfen sind, tragen die Tendenz in sich, diese Bedingungen zu überschreiten und sich ins Unendliche auszudehnen.

Wie sich die Dampfwolke entsprechend dem ihr innewohnenden Gesetz ausdehnt und im Raum verteilt, so trägt das Einzelwesen das unvermeidliche Gesetz in sich, durch Auflösung im universalen, zeitlosen, vollkommenen Sein in die große, unzerstörbare, von jeder relativen Individualität befreiten, absolute Individualität einzumünden. Alles Leben und alle psychologischen Erfahrungen weisen über sich selbst hinaus, sind Mittel, die auf ein Ziel jenseits ihrer selbst hindeuten.

 

31. Tag

Das Leben weist in letzter und wesentlicher Analyse auf das eine, alles integrierende, einschließende und umwandelnde Ziel - auf die absolute Gottheit - hin.

Es gehört zum Innersten des Lebens, auf etwas hinzuweisen, das jenseits seiner selbst liegt. Dieses Jenseits wiederum ist im Leben selbst enthalten und kann daher in einem höheren oder geringeren Ausmaß erkannt und verwirklicht werden und zwar gerade unter den Bedingungen des irdischen Lebens. Da dieses Jenseits im Leben selbst enthalten ist, bringt es spezifische Fähigkeiten zum Ausdruck, die sich weder von irgendetwas im Unbewussten ableiten noch in irgendeinem Bereich unseres bewussten Denkens finden lassen. Diese Fähigkeiten sind darum auch höher als die Kräfte und Fähigkeiten, die den psychologischen Bereich des Menschen konstituieren.

  

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März 2003

Monatliche Zeitschrift,
Jahrgang 28, Nr. 317

Herausgeber: Omkarananda Ashram
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CH 8400 Winterthur

Tel: 052 - 202 19 03

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