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ZWEIMONATLICH

Jahr 37

OFFIZIELLES ORGAN DES
DIVINE LIGHT ZENTRUMS
8400 WINTERTHUR SCHWEIZ

Juli/August 2002

 

INHALT

Swami Omkarananda
Wahrheit und Ordnung

Brahman ist Wahrheit, Bewusstsein, Unendlichkeit

Die Wahrheit, ist von goldener Farbe

Satsanga

Santsanga

Aus dem Nichts ist alles entstanden

Die unendliche Sonne

Das unsterbliche Leben

Das Königreich des Himmels

Die Wahrheit allein wird siegen

Die Glückseligkeit und Stille der Göttlichen Mutter

Gott ist Wirklichkeit, die Welt ist eine Illusion

Gedanken zur Meditation

 

Wir suchen Deinen Schutz und Deine Gnade, o Herr.

Obwohl wir wissen, dass Du über die Erde und den Himmel herrschst und den Wellen und Wolken befiehlst, sind wir oft von Panik und Verzweiflung ergriffen.

Mögest Du allen grimmigen Kräften befehlen, uns wohlgesinnt und barmherzig zu sein.

Möge kein Übel oder Unglück uns befallen, und mögen wir immer in Wohlergehen leben.

Yajur Veda

Suche Ihn überall!
Alles ist innerhalb seiner Reichweite;
Er kennt alle Dinge.
Voller Weisheit entscheidet Er, was zu tun ist.
Er ist unsere einzige Zuflucht,

alle Kräfte liegen in seinen Händen;
Er erfüllt unser Streben;
Er ist die Quelle all unserer Nahrung und
Lebenskraft, Intelligenz und Stärke.

Rig Veda

Satyam Vachmi

"Satyam vachmi" - "Ich spreche die Wahrheit"; das heisst, ich verpflichte mich, immer die Wahrheit zu sprechen, der Wahrheit treu zu sein. Ich liebe die Wahrheit, ich bete die Wahrheit an, ich lebe und atme in der Wahrheit und drücke die Wahrheit aus. Wahrheit ist mein Leben, Wahrheit steht über allem, und Wahrheit ist das unendliche Göttliche und Ewige: allsehend, allschützend, allwissend. Das ist Wahrheit, und dieser Wahrheit bin ich treu. Wenn ich dieser Wahrheit treu bin, dann ergeben sich alle anderen Wahrheiten von selbst.

Wenn Du das Göttliche wirklich als Wahrheit liebst, wird Gott Dich auf hundertfache Weise schützen, um die Wahrheit in Dir zu bewahren. Er macht Dich zu einem Werkzeug der Wahrheit, zu einem Sprachrohr der Wahrheit.

 
Ritam Vachmi

Was ist Ritam? - Es ist Ordnung. Ich folge der Ordnung, ich verletze die Ordnung nicht. Welche Ordnung ist das? - Die Ordnung, die zur Erfahrung Gottes führt. In dieser Ordnung liegt mein Heil. Ausserhalb davon ist Unheil. Es kommt nicht darauf an, was ich bin - ein Kaiser, ein Präsident, ein Bankier, ein steinreicher Mann oder Bettler -, welche Rolle ich in der Gesellschaft spiele; all das bedeutet nichts, es ist eine Null vor dem Angesicht des Göttlichen. Was zählt, ist meine innerliche Harmonie, meine Einheit mit dem Göttlichen. Das allein ist wichtig, nichts sonst!

Ritam ist Ordnung. Diese Ordnung bewahre ich. Dieser Ordnung entspreche ich. Ich mache mich selbst zum Werkzeug dieser Ordnung. Welche Ordnung ist das? - Der Körper hat eine Ordnung, eine biologische Ordnung. Ich bin aber kein biologisches Wesen, deshalb überwinde ich Hunger, Durst und Schlaf. All das bin ich nicht.

Ich schliesse keinen Kompromiss mit diesen Dingen. Ich will mich nicht mit dieser Welt von Zeit und Raum identifizieren, mich nicht mit der Erfahrung der Sinne gleichsetzen oder mit dem Körper und seinen biologischen, mentalen und psychischen Prozessen. Ich will in Einklang und Harmonie mit Ritam, dem einzigen Gesetz, sein.

Was für ein Gesetz ist das? - Es lautet: "Das Endliche möge unendlich sein." Das ist das Gesetz.

Ich bewahre dieses Gesetz. Ich folge diesem Gesetz. Es führt mich zur Gottverwirklichung, Gotterfahrung, Selbstverwirklichung, zur Einheit mit der Göttlichen Mutter, zur Einheit mit der unendlichen Schönheit Gottes.

Im innersten Wesen ist jeder Mensch göttliches Licht und deshalb ewig.

Siehst Du, wenn Du Deine Augen öffnest, etwas Ewiges? - Natürlich nicht! Was Du siehst, ist Vergängliches, Begrenztes, Sterbliches. Alles geht vorbei, alles ist eine Erscheinung, alles hat einen Anfang und ein Ende, auch Dein Körper, Deine Zähne, Deine Augen, Dein Besitz, Deine Bücher, Deine goldene Uhr und alles andere. Alles geht vorbei. Wo ist das Ewige gerade jetzt? - Nirgendwo ausserhalb von Dir. Es ruht in sich selbst, im innersten Sein, im Lotos des Herzens und ist immer und ewig seiend. Es ist hier. Es war, ist und wird immer sein. Es ist ein unsichtbares Prinzip.

Statt das Ewige zu sehen, sieht der Mensch nur vergängliche Dinge, die irreführende Illusionen und nichts als Träume sind. Das ganze Leben ist ein Traum, und innerhalb dieses Traums gibt es endlos andere Träume. Aber mit ein wenig gottgeschenkter Weisheit - denn Gott ist der Herr der Weisheit - kann man sämtliche Illusionen überwinden.

Im Lotos des innersten Herzens wohnt das Göttliche als Zentrum jedes Menschen.

Dieses Zentrum ist grenzenlos, es hat kein Ende. Es scheint ein Punkt im Herzen zu sein, aber es ist überall gegenwärtig wie der Raum, ist aber weit subtiler als dieser. Mehr als Raum ist es überall gegenwärtig, denn Raum ist nur etwas Physikalisches. Raum kann man sehen und erfahren, aber dieses unsichtbare, äusserst subtile Bewusstsein ist für die Sinnesorgane unfassbar, obwohl es alles ist. Augen können es nicht sehen, Ohren können es nicht hören, Hände können es nicht fassen. Und trotzdem ist es die Wirklichkeit der Wirklichkeiten, ohne die Augen nicht sehen, Hände nicht greifen, keine Erfahrungen stattfinden, keine Ereignisse eintreten können, die Freuden des Lebens nicht genossen werden können. Es ist der Mittelpunkt des Allganzen: das Zentrum jeder vorstellbaren Kraft, jeder Erfahrung, jeden Schatzes, jeder Eigenschaft. Über dieses wunderbare Bewusstsein immer wieder nachzudenken, darüber zu meditieren - das ist es, was Dich schliesslich zu diesem Bewusstsein werden lässt, was Dich zur Erfahrung Gottes hinführt.

Dein wahres Wesen ist subtiler als Raum. Es ist überall anwesend.

Alles, was Du jetzt über das Göttliche denkst, ist in Dir selbst. Wenn Du sagst: "Gott, Du bist allgegenwärtig", meinst Du Dich damit selbst, weil es sich auf das gleiche Bewusstsein bezieht, jenes Bewusstsein nämlich, das in Dir und in allen ist. Alles, was Gott betrifft, betrifft auch Dich. Denke immer wieder über Dein wahres inneres Wesen, das Bewusstsein ist, nach. Lasse den Halt an der Umgebung und dem Körper los. Plötzlich wirst Du Dich selbst überall im Raum finden - im ganzen Universum. Du bist in einen Zustand hineingeglitten, in dem Du eines ohne ein zweites bist - ähnlich wie im Tiefschlaf. In diesem Zustand gibt es nur Glück - keine zwischenmenschlichen Beziehungen, keine Umgebung, keine differenzierten, vielfältigen Erfahrungen. Alles ist Frieden, Freude und Stille. Diese Erfahrung hast Du, während Du völlig wach und bei klarstem Bewusstsein bist. In diesem Zustand bleibst Du unangefochten von allen Herausforderungen der Welt.

In Wirklichkeit ist der Mensch Gott selbst. Das ist die Wahrheit; das sagt die Erfahrung; das ist die Höhe der mystischen Wahrnehmung; das ist die Wirklichkeit.

Aber sobald dieses göttliche Prinzip in Verbindung mit dem Körper, der materiellen Welt, der physikalischen, biologischen Welt tritt, scheint es seine Herkunft und wahre Natur zu vergessen und macht endlose Dummheiten. Es wird verunreinigt, steht verwirrt, verliert sich in Versuchungen, sucht nach Vergnügen; es verliert die grenzenlose Freude und Glückseligkeit - jenes Himmelreich Gottes im Bewusstsein.

Es hat in diesem Zustand der Täuschung, in dem es zu einem individuellen, begrenzten Bewusstsein geworden zu sein scheint, keinen bewussten Kontakt mehr mit dem Göttlichen, also mit sich selbst, mit seinem eigenen wahren Wesen. Es hat nur noch eine Verbindung zur sinnlichen Welt und wird zum Sünder. Der Erfahrung nach, in Gedanken und Gefühlen, sowie in seiner Wahrnehmung ist es völlig vom Wesen des Göttlichen abgeschnitten.

Diese Tragödie ist der menschliche Zustand. In diesem Zustand ist es schwierig, Gott zu verstehen, sich nach Gott zu sehnen, nach Gotterfahrung zu streben.

Es gibt Fähigkeiten in uns, Fähigkeiten zur sinnlichen Wahrnehmung, wie Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken; sie alle führen uns in die Irre und offenbaren uns nur eine illusorische, falsche, alles verunreinigende, Leiden und Tod gebärende Welt.

Die innere Seele des guten, Gott hingegebenen, gläubigen Menschen sehnt sich dennoch nach Gott, und bittet das Göttliche in Gedanken und Gefühlen, in seinem Leben zu wohnen und sein ganzes Wesen zu erfüllen. Hier bittet man eine höhere Kraft darum, die göttliche Gegenwart in Gemüt und Herz zu erwecken.

OM SATYAYA NAMAH

Verehrung sei der Wahrheit!

Er ist es, der das Universum gestaltet hat,
Er besitzt vielfach facettenreiches Wissen;
Er durchdringt all die leuchtenden Körper,
Er unterstützt und erhält alles,
da Er der Schöpfer ist.
Er sieht alles und steht über allem,
Er wird "Der Eine ohne ein Zweites" genannt.
Er ist es, in dem sich die Seele mit Hilfe
der sieben vitalen Hauche der Seligkeit erfreut.
Er vollbringt Taten für die Seele,
die zu Glückseligkeit führen.
Er, das Höchste Wesen, muss verehrt werden.

Yajur Veda

"OM! Der Kenner Brahmans erlangt das Höchste. So wurde es verkündet. Wer Brahman erkennt, das Wahrheit, Bewusstsein, Unendlichkeit ist, das im Herzen wohnt, im höchsten Himmel, der erfreut sich endloser Glückseligkeit."

Taittiriya Upanishad 2.1.1.

Höchst verehrungswürdige Verkörperung des Unendlichen! Du bist eine Form des Unendlichen. Das ist die elementare Wahrheit. Wollten wir eine Wissenschaft vom Menschen begründen, wäre die höchste und elementarste Tatsache, die wir in der Seele des menschlichen Individuums entdecken könnten, dieses Unendliche, diese grenzenlose Wirklichkeit.

In einem winzig kleinen Menschen - wie kann da die grenzenlose, unendliche Wirklichkeit enthalten sein? - Es ist ein Paradox; und doch ist es möglich! Das ist das Geheimnis des Lebens. In einem einzelnen, winzig kleinen Atom ist so viel Energie enthalten - viel mehr Energie, als wir durch das Verbrennen von hundert grossen Bäumen erhalten würden.

Die elementarste Tatsache einer Wissenschaft vom Menschen wäre, wie ich schon gesagt habe, jene zugrundeliegende Wahrheit, Wirklichkeit oder Existenz.

Ich habe Dich eine Verkörperung des Unendlichen genannt - des göttlichen Unendlichen. Und das ist die Wahrheit. Es ist, Deine Existenz betreffend, die einzig wirkliche Tatsache. Du magst die Wahrheit nicht erfahren, Du magst Dir der Wahrheit nicht bewusst sein, und doch ist diese eine für das innere Auge sichtbare Wirklichkeit - eine Wahrheit, in die hinein unser Gemüt sich immer wieder auflöst. Es gibt in jedem von uns Kräfte, subtile Kräfte der Wahrnehmung, mit denen wir dieses Unendliche überall erkennen können.

Die Verfasser der Upanishaden werden nie sentimental. Hier gibt es keinen Raum für das Spiel der Emotionen und des menschlichen Geistes, so genial dieser auch sein mag. Die Upanishaden handeln ausschliesslich von den Kräften des göttlichen, absoluten Bewusstseins, die ihren Ausdruck durch das leuchtende, feurige Instrument der menschlichen Intelligenz finden.

Die Sucher nach der Wahrheit und die Gottliebenden sind tapfere Geister, reine Seelen. Es geht hier bei ihnen um einen Grund, der vorbereitet ist, einen gereinigten Spiegel, der das Göttliche reflektiert. Darum sind auch die Beschreibungen Gottes und die Namen, welche die Upanishaden Gott verleihen, überwissenschaftlich. Nirgends in den Upanishaden gibt es anthropomorphische Konzepte (also zum Beispiel Götter, in Menschengestalt beschrieben oder dargestellt). Gott wird nicht als ein Vater angesprochen, auch nicht als Mutter. Gotterfahrung wird durch unbegrenzte Reinheit und eine völlige Sublimierung oder Transformation des inneren Wesens erlangt.

Können wir Plato oder Aristoteles, die grossen griechischen Philosophen, überhaupt mit den Weisen der Upanishaden vergleichen? - Täten wir es, würden sie sich wie Kindergartenkinder ausnehmen. Warum? - Bei den Weisen der Upanishaden ist es nicht mehr die Vernunft, die arbeitet, sondern eine grossartige Erleuchtung durch das Unendliche, das versucht, die höchste Wahrheit bezüglich der Wirklichkeit in inspirierender mystischer Sprache auszudrücken.

Will man einen Gegenstand beschreiben, beschreibt man ihn möglichst genau, eben so, wie man ihn sieht. Genauso ist jede Aussage in den Upanishaden eine Beschreibung des Göttlichen, des Unendlichen; da gibt es keine emotionale Sprache. Es ist das allsehende Auge, das hier sieht.

Deshalb sprechen die Upanishaden von Gott als Brahman. Dieser Ausdruck bezeichnet das, was weit, unbegrenzbar, endlos, zeitlos, raumlos, allumfassend, alles transzendierend ist. Dieses Wesen ist Gott. Darum sagt die Upanishad: Gott ist Brahman. Bringe diesem Brahman Dein Opfer dar. Opfere Ihm Deine Gebete, Deine Verehrung. Warum nicht etwas Geringerem als Ihm? - Weil alles, was geringer ist als Brahman, vergänglich ist. Alles, was anders als dieses Unendliche ist, geht unter. Alles, was anders als dieses Unbegrenzte und Unendliche ist, ist nicht Gott - es ist etwas, das vergeht; etwas, das dem Wandel unterworfen ist; etwas, das zerstört werden kann und wird.

All die Universen jenseits von unserem, diese unsterblich scheinenden Sterne - sind sie Gott? - Nein! Sie sind endlich. Sie werden vergehen. Ist die Sonne die Gottheit? - Nein! Auch sie wird vergehen. Sie ist irgendwann entstanden und wird irgendwann einmal nicht mehr sein. Alles, was erschaffen ist, muss wieder untergehen. Deshalb ist alles, was Du mit Deinen körperlichen Augen sehen kannst, nicht Gott. Alles, was Du in der Welt erfahren kannst, ist nicht Gott. Was erfahren, was gefühlt, was ergriffen werden kann, kann nicht Gott sein. Gott ist etwas Unvergängliches, Unsterbliches, Zeitloses; Er ist grösser als alles andere. Diese unendliche Wirklichkeit, dieses unendliche Sein, das auch ein unendliches Bewusstsein ist, das auch unendliche Freude und unendliche Schönheit ist - das ist Gott.

Deshalb sagen die Upanishaden: "Satyam jnanam anantam brahma" - Brahman ist Wahrheit, Bewusstsein, Unendlichkeit.

Was ist Gott? -Satyam. Was ist satyam? - Wahrheit, Wirklichkeit. Das ist Gott! Was ist anantam? - Anantam ist das Unbegrenzte, das Unendliche, das Absolute. Es hat kein Ende. Es hat deshalb auch keinen Anfang. Was einen Anfang hat, hat auch ein Ende. Aber das, was keinen Anfang hat, nimmt auch kein Ende.

Jnana heisst Erkenntnis. Es ist keine gedankliche Erkenntnis. Gedankliche Erkenntnisse widersprechen sich immer. Wie zum Beispiel die wunderbaren Entdeckungen Newtons später widerlegt wurden, und auch Einstein schon heute in einigen Punkten seiner Theorien als widerlegt gilt. Mentale Erkenntnisse stehen nie auf sicherem Grund, sie können leicht widerlegt werden. Sie sind voller Begrenzungen. Ein solches Wissen ist nutzlos. Gut, es kann dazu verwendet werden, um Brot zu backen, den Naturkräften einige Tricks zu entlocken oder dem Körper eine bequeme Existenz zu sichern - um die Wahrheit zu erkennen, ist es jedoch nutzlos.

Was ist dann Jnana, Erkenntnis? - Es ist eine Erkenntnis jenseits der gedanklichen Erkenntnis. Es ist eine unendliche Erkenntnis. Es ist eine Erkenntnis des göttlichen Bewusstseins, es ist ein integraler Teil des Unendlichen. Es ist eine aus sich selbst seiende Erkenntnis. Dieses Jnana ist Gott.

Gott ist auch Schönheit. Wo unendliche Erkenntnis ist, wo ein wunderbares, schöpferisches Bewusstsein ist, da ist auch unendliche Schönheit. Was Du auch auf Erden an schönen Dingen entdecken kannst - es sind nur matte, ärmliche schattenhafte Ausdrucksformen der unendlichen Schönheit Gottes.

Es handelt sich also bei den Beschreibungen der Wahrheit in den Upanishaden nicht um mentale Vorstellungen, sondern um Formulierungen einer allumfassenden, intuitiven Erfahrung.

Wir bereiten unser inneres Wesen auf eine Weise vor, die es ihm ermöglicht, Gott so zu sehen, wie wir den Tisch mit unseren körperlichen Augen vor uns sehen. Es war also diese Erkenntnis, nach der die jungen Männer, die Hausfrauen, Frauen und Mütter, die älteren Männer des Indien der Upanishaden strebten - eine Erkenntnis, die Gott zum Gegenstand einer intimen, persönlichen, dynamischen Erfahrung machte; und sie hatten in diesem Bestreben Erfolg.

Nehmen wir zum Beispiel den Fall von Nachiketas: Er war ein intelligenter junger Mann. Eines Tages beobachtete er, wie sein Vater Kühe an die Armen verschenkte. Er bemerkte, dass sein Vater nur nutzlose alte und kranke Kühe als Almosen gab, Tiere, die schon ganz ausgemergelt und unfähig waren, noch Milch zu geben. Der Junge dachte: "Welches Verdienst kann sich mein Vater dadurch erwerben, dass er so nutzlose Geschenke verteilt?" Im Geist inneren Unmuts wandte er sich an seinen Vater und fragte ihn: "Auch ich gehöre Dir, Vater; an wen wirst Du mich verschenken?" Der Vater schwieg. Der Junge wiederholte die Frage dreimal, und das erzürnte den Vater. In seinem Zorn sagte er: "Dich gebe ich dem Todesgott!" Nachiketas dachte: "Welchen Nutzen kann ich wohl für den Gott des Todes haben?" Dem Vater aber erwiderte er: "Gut, halte Dich an Dein Gelübde und opfere mich dem Todesgott! Bereue dieses Gelübde jetzt nicht im nachhinein!"

Unterbrechen wir hier die Geschichte; es stellt sich nämlich die Frage, ob es so etwas wie einen Gott des Todes überhaupt gibt. Intuitive Erfahrung erschliesst uns, dass es eine Kraft des Unendlichen gibt - eine Kraft unter den zahllosen Kräften des Unendlichen -, die über den Tod all dessen bestimmt, was geboren ist.

Wenn Du Deine Mahlzeit gegessen hast, machen sich sofort eine Anzahl von Kräften, die wir auch Götter nennen können - denn Götter sind nichts anderes als Kräfte des Unendlichen -, daran, die von Dir gegessene Mahlzeit zu verdauen, die Nährstoffe dem Blut zuzuführen, alles Unbrauchbare auszuscheiden und so weiter. Es handelt sich hier um einen erstaunlichen inneren Mechanismus! Eine Anzahl von Kräften und Energien nimmt sich all dessen an, was Du Deinem Körper an Nahrung oder Luft zuführst.

Gleichermassen gibt es auch eine Anzahl universaler Kräfte, die damit beschäftigt sind, das Universum in Gang zu halten, zu organisieren und zu verwalten.

Irgendwo im Luftraum entsteht plötzlich ein Vakuum, und der Gott der Luft füllt dieses Vakuum sofort aus. Jede solche Kraft hat ihr eigenes Bewusstsein und ihre eigene Intelligenz, ihren eigenen subtilen Körper und unsichtbaren Aspekt.

Es gibt also tatsächlich jemanden, den wir den Gott des Todes nennen können. Diese Kraft des Unendlichen, die über den Tod und alles Sterbende herrscht, lenkt jene Energie, jene Kraft in uns, die den physischen Körper im Tode verlässt, und geleitet sie durch höhere Reiche zu Orten, die sie aufgrund der Auswirkungen der zu Lebzeiten vollbrachten Taten aufsuchen muss.

Das mystische, spirituelle Indien hat besondere Methoden und Übungen entwickelt, die einem helfen, diese universellen Kräfte direkt zu beobachten und einen Kontakt mit ihnen herzustellen.

Anmerkung: In den Veden finden sich unter anderem folgende Aussagen über den Tod:

"Verehre die strafende Kraft Gottes. Wie eine scharfe Klinge trennt sie das Seil von Leben und Tod, das dich bindet. Gefühle zärtlicher Liebe verstecken sich hinter dieser schneidenden Klinge. Sie befreit uns aus der Gefangenschaft der Wünsche und Versuchungen und führt uns auf den Pfad der Rechtschaffenheit. Die scharfe Schneide dieser schmerzenden Klinge zerschneidet den Knoten der Verwirrungen des Lebens.

Sei dem Herrn des Todes, der zerstörenden Kraft Gottes, dankbar, wenn Er uns zu unserer endgültigen Befreiung noch einmal dem Tod ausliefert."

Rig Veda

"Ihm weihen wir unser Leben, Ihm, dem Spender des Lebensatems, dem Spender von Kraft und Vitalität, dessen Befehl all die göttlichen Kräfte gehorchen, Ihm, dem Herrn des Todes, dessen Schatten unsterbliches Leben ist."

Rig Veda

Nehmen wir nun die Geschichte wieder auf: Dieser junge Mann, Nachiketas, war von reinem Wesen. So scharf war seine Intelligenz, dass er beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Er suchte den Gott des Todes auf und es gelang ihm, sich auf ein Gespräch mit dieser universalen Kraft, die man Tod nennt, einzulassen. Er stellte dem Todesgott die Frage: "Sage mir, was es ist, das niemals stirbt und nicht Deiner Herrschaft unterliegt!"

Der Gott antwortete: "Tut mir leid, aber ich kann dir dieses Geheimnis nicht verraten. Sogar die grossen Weisen mühen sich vergeblich ab, die Wahrheit darüber herauszufinden. Ich bin zutiefst von deiner Reinheit, Intelligenz, deinem Ernst und heroischem Geist beeindruckt, deshalb gewähre ich dir besondere Geschenke und du kannst dir wünschen, was du willst: Reichtum und Gold, Länder, Kühe, Elefanten und schöne Mädchen; all dies soll dir gehören, und auch Söhne und Enkel sollst du haben in grosser Zahl: Nimm diese Geschenke, sei damit zufrieden und frage mich nicht mehr nach dem Geheimnis des Todes."

Nachiketas gab zur Antwort: "Behalte Deine Reichtümer und dein Gold! Ich brauche nichts von all dem; denn alles, was Du mir zu geben beabsichtigst, ist dem Verfall und dem Tod unterworfen! Sprich zu mir vom Unvergänglichen! Teile mir das Geheimnis mit, wie man das Unsterbliche erkennen und erfahren kann!"

Es war in diesem Geist, in dem das Indien der Upanishaden nach Gott und der höchsten Wahrheit Gottes gesucht hat.

Es gab damals noch einen anderen Jungen; sein Name war Svetaketu. Er war zwölf Jahre alt. Eines Tages lies der Vater den Jungen kommen, denn er dachte es wäre an der Zeit, dass er in den heiligen Schriften des Sanatana Dharma unterwiesen werde. "Svetaketu, mein Sohn", sprach er zu ihm, "in unserer Familie gibt es niemanden, der nicht eine gute Ausbildung hätte. Gehe deshalb jetzt in die Schule und zwar solange, bis du dein Studium abgeschlossen hast."

Der Junge machte sich auf den Weg in die Waldschule, die es damals gab. Dort studierte er zwölf Jahre lang all die heiligen Schriften und kehrte anschliessend mit grossem Stolz und dem Gefühl, jetzt ein hervorragender Gelehrter zu sein, nach Hause zurück. Der Vater bemerkte den Stolz und die Eitelkeit seines Sohnes sofort und rief ihn zu sich.

"Gut, mein Sohn", sprach er ihn an, anscheinend bist du sehr stolz auf das, was du weisst; aber weisst du auch, was das ist, was man nicht wissen kann? Hast du auch davon gehört?"

"Nein!", sagte Svetaketu, "es erscheint mir sehr seltsam, dass meine Lehrer mich niemals etwas dergleichen gelehrt haben; vielleicht wissen sie es selbst nicht! Kannst Du mir etwas darüber sagen, Vater?"

Der Vater blickte auf einige Früchte, die unter einem Banyanbaum lagen und befahl seinem Sohn, ihm eine davon zu bringen, was dieser auch tat. "Brich die Frucht auf! - Was siehst du?", sagte der Vater. Svetaketu sagte: "Eine Anzahl von Samen, viele kleine Samen; öffnet man sie, scheint nichts darin zu sein!" Da sprach der Vater: "Aus diesen winzigen Samen, die nichts zu enthalten scheinen, wächst der riesige Banyan-Baum hervor. Genauso durchdringt eine subtile Essenz das ganze Universum. Die unsichtbare Essenz Gottes ist überall, auch wenn sie von menschlichen Augen nicht erblickt werden kann. Das scheinbare Nichts, aus dem alles, was wir sehen und wissen, entstanden ist das ist Gott, das ist das Unendliche, das bist du (=Tat tvam asi), o Svetaketu. Erkenne dies! Erfahre dies!"

Svetaketu sagte: "Erkläre mir das noch besser, Vater!" Und der Vater sagte: "Bring mir einen Klumpen Salz und wirf ihn hier in dieses Wasserbecken!" Am nächsten Morgen verlangte der Vater von Svetaketu, dass er ihm den Klumpen Salz bringe. Aber natürlich konnte der Junge den Salzklumpen nirgendwo finden, denn er hatte sich inzwischen im Wasser aufgelöst. Der Vater verlangte sodann von Svetaketu, dass er an verschiedenen Stellen vom Wasser kosten solle, was dieser auch sogleich tat.

An allen Stellen schmeckte das Wasser gleich salzig. Das Salz selbst aber konnte er nicht entdecken - es hatte sich mit dem Wasser vermischt. Da sprach der Vater: "So, wie das Salz das ganze Wasser durchdringt und für deine Augen unsichtbar ist, ist auch Gott im ganzen Universum gegenwärtig. Die subtile, unsichtbare Essenz Gottes ist überall, auch wenn du sie mit diesen Augen nicht sehen kannst.

Diese subtile, alldurchdringende Essenz ist Gott. Und das bist du, Svetaketu. Erkenne dies! Erfahre dies!"

Wir sehen also, dass in den alten Zeiten selbst junge Männer, die fast noch Kinder waren, schon nach der Existenz des Unendlichen suchten; und wir sehen auch, auf welch grossartige Weise die Weisen der Upanishaden ihre Schüler lehrten.

Es war einmal eine Hausfrau. Sie war die Frau eines Weisen namens Yagnavalkya. Dieser hatte zwei Frauen, eine war Maitreyi, die andere Katyayani. Yagnavalkya sprach einst zu Maitreyi: "Ich gehe in den Wald, um ein Leben der Meditation zu führen; deshalb vermache ich Dir die Hälfte meines Vermögens." Maitreyi antwortete ihm: "Was soll ich mit all dem Reichtum anfangen? Werde ich dadurch Unsterblichkeit erlangen? Wenn nicht, welchen Wert hat all das für mich? Das ist nicht, was ich mir wünsche. Lehre mich und vermache mir Dein Wissen und Deine innere Erkenntnis!"

Überzeugt von der Aufrichtigkeit dieses Wunsches, begann Yagnavalkya, zu ihr über das Wesen des Göttlichen zu sprechen: "Nicht um der Frau willen hat man die Frau gern, sondern um des Göttlichen willen, das in ihr wohnt, hat man sie gern. Nicht um des Mannes willen hat man den Mann gern, sondern um des Göttlichen willen, das in ihm wohnt, hat man ihn gern. Nicht um der Kinder willen hat man die Kinder gern, sondern um des Göttlichen willen, das in ihnen wohnt, hat man sie gern."

Und so fuhr Yagnavalkya fort, über das Wesen des Göttlichen zu sprechen und schloss seine Ausführungen mit folgender Feststellung: "Wo man den anderen nicht sieht, wo man den anderen nicht hört, wo man den anderen nicht kennt, da ist das Göttliche!"

Was bedeutet das? - Es bedeutet, dass da, wo das Göttliche erfahren wird, der andere - das heisst, die Welt als solche - nicht mehr wahrgenommen wird; denn alles, was man erblickt, ist das Göttliche allein. Der Erfahrende und die Erfahrung sind eins geworden, die duale Erfahrung ist transzendiert, der Wahrheitssucher hat Herz, Seele und Gemüt im Göttlichen aufgelöst und erfährt das eine Selbst, das unendliche Selbst. In dieser Erfahrung erkennt man das Göttliche. Dieser Erfahrungszustand ist das Göttliche. Das ist es, was man erstreben soll, was man erreichen muss.

Wie wir sehen, finden wir in den Upanishaden herrliche Offenbarungen des Göttlichen. Einige der zentralen Tatsachen der Aussagen der Upanishaden finden sich auch in den Aussagen Meister Eckharts, der sicher ein grosser Weiser war. Die Anschauungen aller grossen Weisen sind prinzipiell die gleichen; ihre Erfahrungen sind die gleichen; denn die Gottheit, die in diesen Erfahrungen berührt wird, ist die gleiche. Es ist der eine und gleiche Gott, der überall ist. Es gibt keinen Osten und keinen Westen, keine Richtungen in Gott. Richtungen gibt es auf der Erde; da gibt es Ost und West. Wo wäre Ost und West, beispielsweise im leeren Weltraum? - Es ist eine relative Erfahrung: Ost und West werden in einer begrenzten Welt und von begrenzten Wesen erfahren. In der Erfahrung des Unbegrenzten gibt es keine Richtungen. Die Seele in mir ist die gleiche Seele wie in allen Wesen rund um die Welt.

Für den Mystiker gibt es keinen Hinduismus und kein Christentum, keinen Buddhismus und keinen Islam. Das sind Unterschiede und Konventionen, welche die Menschen machen. Mystiker leben nicht in einer begrenzten menschlichen Welt. Sie sind eingetaucht in geistige Erfahrung, und ihre Persönlichkeit hat sich darin aufgelöst.

Die Upanishaden stellen fest, dass das Licht in der Sonne das gleiche ist wie das Licht im inneren Wesen des Menschen. Es gibt also nur ein unendliches Licht; dieses wird in den Upanishaden "jyotisham api taj jyotih" genannt, das Licht aller Lichter - das unbegrenzbare Licht, dessen schattenhafter Ausdruck Sonne und Mond sind. Dieses wunderbare unendliche Licht ist im Herzen jedes Menschen eingeschlossen. Hridaya ist die Höhle des inneren geistigen Herzens im Menschen. Da ist Gott anwesend. Dieses Licht im Herzen ist das gleiche Licht, das auch in den Herzen aller Wesen ist. "Erkenne das!" sagt die Upanishad.

Bedenke, welch erstaunliches Licht selbst in der dunklen Kraft wohnt, die unser Gemüt ist: Alles ist dunkel, ein Mensch schläft. Plötzlich träumt er, dass er in einer Stadt spazierengeht und alles in helles Sonnenlicht getaucht ist. Woher kommt dieses Sonnenlicht? - Es stammt aus dem Licht, das im träumenden Bewusstsein enthalten ist. In diesem Bewusstsein ist ein Licht, das die Nacht zum Tag machen kann, und solange die Traum-Erfahrung währt, ist sie so wirklich wie eine Erfahrung im Wachzustand. Wenn das Traumbewusstsein schon fähig ist, Licht zu erschaffen, welche kreative Kraft muss dann nicht das Licht im inneren Bewusstsein besitzen! Das Wesen Gottes selbst ist Licht. Es ist ein allschöpferisches Licht, ein Licht, das Intelligenz und Bewusstsein ist; und wo Intelligenz und Bewusstsein sind, da sind auch Freude und Glück. Deshalb ist Gott auch Glückseligkeit.

Wo unendliche Glückseligkeit und Licht sind, da ist auch unendlicher Frieden. Dieser unendliche Frieden ist Gott. Wo Frieden, Licht, Leben und Bewusstsein sind, da ist auch Schönheit. Diese Schönheit ist Gott. Gott ist unendliches Licht, unendliche Liebe, unendlicher Frieden, unendliche Freude und unendliche Schönheit.

Um dieses Göttliche zu erfahren, um dieses unsterbliche, unvergängliche, absolute, weise Wesen zu erkennen - welche Wege, welche Methoden gibt es dazu? - Diese Frage hatten die Gottsucher den Weisen der Upanishaden auch gestellt: "Wie sollen wir das Unendliche und Absolute erkennen? Wie sollen wir die höchste Wirklichkeit erfahren? " - Die Weisen gaben zur Antwort:

Höre, meditiere, verwirkliche!

Ganzer Vers:

"Wahrlich, das Selbst muss man sehen, den Worten über das Selbst muss man lauschen, über das Selbst muss man nachdenken, das Selbst muss man verwirklichen."

Brihadaranyaka Upanishad 2.4.5

Was gibt es zu hören? Worüber soll meditiert werden? Was soll verwirklicht werden? - Die Weisen der Upanishaden geben uns drei eindeutige Methoden oder drei Schritte zur Gotterfahrung:

Erster Schritt:

Höre!

Zweiter Schritt:

Denke nach! Meditiere!
Übe Kontemplation!

Dritter Schritt:

Aufgehen im Gottbewusstsein, Erfahrung des Bewusstseins Gottes.

Was soll gehört werden?

Keine wissenschaftlichen Wahrheiten, keine mentalen Wahrheiten, keine die Natur betreffenden Tatsachen, keine das Gemüt betreffenden Tatsachen sollen gehört werden, deshalb auch keine Tatsachen, die eine psychologisch mentale Wissenschaft betreffen. Was sollen wir dann hören? - Hören wir die Wahrheit der Upanishaden, die Wahrheit eines Meister Eckhart oder irgendeines Weisen der Gotterfahrung. Hören wir die Wahrheit des Unendlichen; lauschen wir den Aussagen der Upanishaden, die das Wesen Gottes beschreiben.

Was sagen die Upanishaden über Gott? - Sie sprechen von Brahman als dem unendlichen, dem unvergänglichen und unbeschreiblichen Prinzip, als dem unsterblichen, immerwährenden Sein - es ist ein Bewusstsein, das hinter dem träumenden, wachenden und dem im Tiefschlaf befindlichen Gemüt steht.

Sie beschreiben Gott als die subtile, unsichtbare Essenz, die das ganze Universum durchdringt, genauso wie das Salz das Wasser.

Sie beschreiben Gott als Sat-Chit-Ananda - unendliches Sein, unendliches Bewusstsein, unendliche Freude. Denke über das Wesen dieser Gottheit nach!

Die Upanishaden sprechen von Gott als einen unbegrenzbaren Ozean der Stille. Denke darüber nach! Nimm diese Wahrheit tief in Dein inneres Gemüt auf und verankere sie dort durch tiefe Kontemplation!

Gott ist unendliche Schönheit. Nimm diese Wahrheit tief mit in Deine Seele hinein und verwirkliche sie! Beständiges Nachdenken über Gott wird hier gefordert. Auch wenn Du beim Essen sitzt oder sonstwie beschäftigt bist - lass Dein inneres Gemüt vom Wesen des Göttlichen eingenommen, mit Ihm beschäftigt sein.

Erwirb zuerst Wissen über Gott - das ist das Hören; dann denke über das, was Du weisst, nach. Sei es im Zug oder auf der Strasse, lass einen Teil Deiner Gedanken beim Göttlichen verweilen. Wenn Du allein bist, dann meditiere über das Wesen des Göttlichen. Sei auf diese Weise ständig mit dem Wesen, mit all den Eigenschaften Gottes beschäftigt und in sie vertieft, dann wird - nach einer längeren Zeit der Übung, wenn Du grosse Reinheit erlangt hast - eine totale Transformation Deines inneren Wesens einsetzen, und nach einer Umformung des Gemüts in das Wesen Gottes wirst Du Gott erkennen.

Wenn Du einen Eisenstab ins Feuer legst, wirst Du sehen, dass dieser nach einiger Zeit zu glühen beginnt und die Natur des Feuers annimmt. So sollst Du mit dem Gemüt verfahren: Lege den Eisenstab des Gemüts in das Feuer des Gottbewusstseins, in das Feuer des Wissens von Gott, in das Feuer eines ausdauernden Nachdenkens über das Wesen Gottes. Nach mehreren Jahren einer solchen Praxis wird Dein Gemüt selbst zu Feuer und ist dann ununterscheidbar vom Feuer des Wesens und Bewusstseins Gottes. Alle Eigenschaften Gottes werden Dir bewusst zugehören, und Du wirst den unbegrenzten Frieden, die Freude und Kraft erfahren, die nur Gott schenken kann.

Das ist ein grossartiges Thema, es ist in der Tat die Wissenschaft der Wissenschaften, die göttliche Wissenschaft.

Ich habe versucht, ein Fenster zu öffnen, durch das ein winziger Ausschnitt dieser Wissenschaft sichtbar wird. Aber das, was wir bisher gehört haben, ist so gut wie nichts. Diese Wissenschaft ist eine fast unbegrenzte und endlose Wissenschaft, die jedoch ein Ende allen Stolzes und aller Eitelkeit erfordert, sowie die Auslieferung an das Göttliche. Wir müssen zudem frei von psychologischen und emotionalen Schwächen und geistig gesund und rein sein. Deshalb wird das Wissen der Upanishaden nicht allen gegeben; es ist Teil des göttlichen Wissens, und wir müssen zuerst die Fähigkeit erwerben, diesen Pfad zu wandeln: Wir müssen vorher alle Formen von Leidenschaft abgelegt haben.

Wenn ich ein Stück Zucker in meinen Mund nehme und sich Speichel bildet, bin ich unfähig für den Empfang der göttlichen Weisheit, weil ich Sklave des Geschmacks des Zuckers bin. Die Sinne müssen so diszipliniert werden, dass sie uns nicht mehr im geringsten versklaven. Nur unter dieser Bedingung ist mein inneres Wesen ein grossartiger, anziehender Magnet, der fähig ist, das Unendliche zu erfassen, zu verwirklichen und zu erfahren.

Wenn unser inneres Bewusstsein beständig diszipliniert wird, wird es so sensitiv, dass es sich ins Wesen des Göttlichen hinein auflöst. Es beginnt zu sehen, was für körperliche Augen nicht sichtbar ist; es beginnt zu hören, was für körperliche Ohren nicht hörbar ist. Solche Erfahrungen sind eine Freude in sich selbst. Verglichen mit ihnen sind die sinnlichen Freuden der Welt nur ein dummes, erniedrigendes Vergnügen.

Wir müssen also in unserem Kopf und Bewusstsein die Wahrheit des Göttlichen tragen. Tag für Tag erhalten wir dann eine Erkenntnis, die ohne Ende ist, eine Freude, die unabhängig vom Körper, von der Zeit, vom Raum und den Umständen ist.

Und all die wunderbaren Erfahrungen der Heiligen werden von Dir später als kleine, dumme und unbedeutende Erfahrungen erkannt werden, verglichen mit der grössten aller Erfahrungen, der Erfahrung des unendlichen Bewusstseins, die uns erwartet.

Die innerliche Wirklichkeit oder Wahrheit scheint farblos zu sein - ein Nichts! Versetze Dich in den Tiefschlafzustand - was siehst Du da? - Ein farbloses Nichts! Aus diesem farb- und formlosen Nichts entsteht eine ganze Welt, viele Welten, endlose Welten - endloses Licht, das all diese Welten mit Licht erfüllt.

Jene, die diese grenzenlose Stille der farblosen Wahrheit erkennen, empfinden sie als das Licht der Lichter. Die Farbe dieses Lichts ist golden. Die goldene Farbe ist die Farbe der Wahrheit, der Wirklichkeit. Die Wahrheit - Satyam - hat diese goldene Farbe. Gottes Farbe ist die goldene Farbe.

Sobald dieses Nichts als Bewusstsein aktiv wird, ist alles Licht und Farbe und Sonnenschein - ewig, herrlich, wunderbar, voller Freude, alles Leben erfüllend.

Im Tiefschlaf gibt es keine Wünsche mehr. Dort sind alle Wünsche erfüllt. Alles wird dort erreicht, es ist ein - zwar unbewusster - Zustand der Vollkommenheit. Sobald man Gott erfährt, sind alle Bedürfnisse des Herzens erfüllt. Die Wirklichkeit ist grenzenlose, wahre Liebe; dort braucht und sucht man keine Liebe mehr. Bist Du je einem Mystiker begegnet, der Liebe bei einem Menschen gesucht hat? - So einen Mystiker gibt es nicht! Er wird ja dort, in der Wahrheit, selbst zu Liebe; er wird selbst grenzenlose und unendliche Liebe. Und in dieser Liebe fallen alle Bedürfnisse, Wünsche, Ängste und Gegensätze weg.

Die Wahrheit ist die einzige Kraft. In ihr ist keine Schwäche. Es gibt gewaltige Kräfte in der Natur, die den Menschen erniedrigen und vernichten können. Aber diese Kräfte sind keine wirklichen Kräfte, denn sie können die Seele des Menschen nicht berühren; sie haben keinen Zugang zur Seele. Atomkraft, Elektrizität oder Feuer können den Körper verbrennen, die Seele aber bleibt unberührt.

Das Haus, das ja im Raum steht, kann verbrannt werden, nicht aber der Raum selbst. Subtiler noch als der Raum ist die Wahrheit, Deine Seele. Keine Kraft kann sie berühren. Wenn Du das weisst, erfährst, wahrnimmst, wirst Du Dein ganzes Leben nicht mehr weinen.

Ein Mangel an diesem Wissen ist die Ursache für Deine Leiden, Depressionen, Zweifel und Zustände der Verzweiflung, für Deine irreführenden Gedanken und täuschenden Erfahrungen. Wenn Du weisst, wer Du wirklich bist - nämlich reines Sein und Bewusstsein -, verschwinden alle Deine Probleme. Wenn Du weisst, dass diese unverletzliche, unberührbare, absolut vollkommene Wahrheit auch Freude ist, grenzenlose Freude, absolute Freude, dann gibt es für Dich keinerlei Versuchungen mehr in diesem Leben. Versuchungen gibt es nur für jene, die nichts von diesem unsterblichen Prinzip in sich selbst - der Gegenwart des Göttlichen - wissen.

Satsang (Gemeinschaft mit der Wahrheit) heisst, vor dem Göttlichen zu sitzen, das Göttliche bewusst zu geniessen, wie man es unbewusst im Tiefschlaf tut. Jeder solche Satsang hilft uns, zieht uns aus dem Elend des täglichen menschlichen Lebens heraus.

Mit dem Bewusstsein des Sat sollen wir arbeiten, mit dem Bewusstsein des Sat sollen wir sprechen; dann ist unsere Sprache vom göttlichen Licht beseelt und inspiriert von der Kraft und der Schönheit des Göttlichen. Wenn wir alle unsere Arbeit mit dem Göttlichen im Hintergrund unseres Bewusstseins verrichten, wird alles vom Wesen des Göttlichen beseelt sein. Dasselbe gilt für unsere Gefühle.

Die Menschen in der Welt haben keinen Zugang zu dieser Wahrheit, weil sie nicht darüber nachdenken und kein diszipliniertes Leben führen. Sie verfolgen ständig nur
Schatten, nicht die Wahrheit selbst. Der Körper ist ein Schatten, die Welt ist ein Schatten, alles sind nur Schatten: das Geld, das Vergnügen, die sinnlichen Erfahrungen in dieser Welt. Aber der Mensch, der Gott sucht und liebt, lebt aus der Wahrheit heraus, deshalb bleibt auch sein Leben in der Welt stets in Berührung mit der Wahrheit, in Satsanga, in Gemeinschaft mit der Wahrheit.

Wenn Menschen, die Gott suchen und lieben, sich zusammenfinden, um über Gott zu sprechen, zu meditieren und eine Disziplin zur inneren Entfaltung auf sich zu nehmen, dann ist das Satsanga.

Sant ist ein Heiliger oder ein Mensch, der auf dem Pfad zu Gott schon grossen Fortschritt erzielt hat, der durch beständige Gemeinschaft mit der Wahrheit - mit Gott - heilig geworden ist. Das Zusammensein mit einem solchen Heiligen ist Santsanga; es bringt Gnade und mehr Reinheit. Heilige reden keinen Unsinn, sie vergeuden ihre Zeit nicht mit Nichtigkeiten, sie sprechen keine negativen Worte aus und hegen keine negativen Gedanken und Gefühle. Sie sind Meister ihrer Gedanken, Gefühle und Sinne, nicht deren Sklaven. Sie unterscheiden zwischen Wahrheit und Schein und richten ihr Leben danach ein. Solche Leute soll man aufsuchen.

Jeder Heilige verkörpert Sat, die Wahrheit. Deshalb ist die Gemeinschaft mit einem Heilgen auch Gemeinschaft mit der Wahrheit.

Die Wahrheit oder Wirklichkeit, die zeitlose Ruhe und Stille - diese Wirklichkeit ist Lakshmi, das Reich Gottes, die Quelle allen Reichtums. Können wir dafür ein Beispiel geben? - Ja, wir können es. Folgendes:

Was macht eine schlafende Person? - Sie nimmt nichts mit in den Schlaf hinein! Sie liegt da ohne Besitz, ohne eine Ahnung vom Körper und seinen Sorgen zu haben. Sie hat nichts mitgenommen! Sie ist irgendwohin in die Seele hinein verschwunden. Was begegnet ihr? - Nichts! Eine endlose Stille, ein endloser Frieden ist da. Das ist alles. Nichts scheint da zu sein. Doch aus diesem Nichts entsteht plötzlich ein Traum, und dieser Traum erschafft Berge, Flüsse, gewaltige Meere, Naturkatastrophen, Sonne, Mond und Sterne, unermessliche Universen. Aus dem Nichts wurde all das erschaffen. Der Träumende hat keinen Rohstoff, um etwas daraus zu machen, keine Hände und Füsse zur Verfügung, aber trotzdem bringt er aus dem Nichts eine gewaltige Welt, eine Vielfalt von Menschen, Wäldern, Flüssen, Diamanten, Ereignissen hervor.

Woher kam diese ganze Welt, die Menschen, Tiere und Dinge? - Aus dem Nichts, so scheint es; aber in diesem Nichts ist alles vorhanden! Man kann aus diesem Nichts heraus alles erschaffen - endlose Universen, eine unendliche Anzahl verschiedenster Dinge, endlosen Reichtum ...

Aus dem Nichts ist alles entstanden. Was die Menschen für ein Nichts halten, ist in der Tat die Quelle endlosen Reichtums, unerschöpflichen und unvorstellbaren Reichtums, erfahrbar nur für den Mystiker.

Es gibt endlose Welten, die unsere Sinne nicht wahrnehmen können. In dieser Schöpfung gibt es Welten über Welten, unsichtbar für uns. Wir wiederum sind für die Bewohner dieser anderen Welten unsichtbar. Alle diese Welten kommen von der einen Wahrheit und Wirklichkeit - aus dem Nichts! Ohne Hände und Füsse erschafft sie, die Wahrheit, diese Welten, ohne Werkzeuge und Rohstoffe, gleich dem Menschen im Traum.

Alles wird aus dem Nichts, mit dem Nichts und durch das Nichts erschaffen.

 
Durch die Verehrung der unendlichen Wahrheit wirst Du die Strahlkraft der wahren Sonne erlangen. Welche Sonne ist hier gemeint? - Die Sonne des Beobachters in Dir! Der Beobachter in Dir ist nämlich Licht. Wer ist in der Lage, ohne Licht etwas zu beobachten? - Niemand, denn das ist unmöglich! Das Wesen des Ichs - dieses Beobachters in Dir, dieses Gottes in Dir - ist Licht.

Unglücklicherweise erfährst Du im Tiefschlaf kein Licht. Du gehst in die raum- und zeitlose Stille unbewusst ein. Deshalb ist der Schlafzustand kein wünschenswertes Lebensziel. Du musst die zeitlose, raumlose Stille ganz bewusst im Wachzustand erkennen und verwirklichen, am hellen Tag, während des täglichen Lebens und mit offenen Augen - und dann wirst Du finden, dass dieser Beobachter das Licht aller Lichter ist.

Ohne diesen Beobachter, wo wäre da eine Intelligenz? - Intelligenz leiht sich ihr Licht vom Beobachter, der auch Schöpfer, Erhalter und Auflöser des gesamten Universums ist. Unsere menschliche Intelligenz ist kein wahres Licht. In der mystischen Erfahrung gehst Du weiter, in einen Bereich jenseits dieser Intelligenz. Dort wirst Du eins mit der Strahlkraft der wahren Sonne. Diese Strahlkraft der wahren Sonne gibt es nur im Beobachter. Das ist die wahre Sonne, die Sonne aller Sonnen. Ohne sie kann kein Licht existieren.

Woher nimmt unsere Intelligenz ihr Licht? - Vom Beobachter, von diesem Reich Gottes, diesem Licht Gottes im Innersten unseres Herzens. "Das ist das Licht aller Lichter! Das Licht aller Lichter" sagen die Upanishaden, "das Licht aller Lichter" sagt auch die Bhagavadgita.

Mahamrityunjaya Mantra:

Nur Narren sterben. Weise Menschen erforschen die Methoden, mit deren Hilfe sie die Unsterblichkeit erreichen können.

"Mrityunjaya" heisst "Sieg über den Tod". Ist dieser Sieg möglich? - Ja, er ist möglich. Viele haben ihn errungen, den Sieg über den Tod. Wir können dasselbe tun. Noch während wir in einem sterblichen Körper leben, können wir den Tod besiegen.

Welchen Nutzen hat unsere Bildung, unser Weltruhm als Schriftsteller oder Denker, wenn wir den Tod zu fürchten haben?

Ein geistiges Leben zu führen bedeutet, einen Lebensstil zu pflegen, der es uns ermöglicht, den Tod zu besiegen. Was sind wir im Tiefschlaf? - Zeitloser, raumloser Frieden und Freude. Gibt es einen Tod für das, was zeitlos und raumlos ist? - Natürlich nicht! Denn das, was zeitlos und raumlos ist, ist immer auch ewig. Ein solch zeitloses, raumloses Wesen sind wir. Wir müssen danach forschen, darüber nachdenken, uns damit auseinandersetzen, Methoden herausfinden, wie wir hier und jetzt Unsterblichkeit erlangen können.

Mrityunjaya - das höchste Licht in uns ist Shiva, der Sieger über den Tod. Diesen Sieger über den Tod sollen wir erkennen und erfahren; und wir sollen zu Ihm werden.

Lebe hier auf Erden als todlose Person! Erlange Einheit mit dem Unsterblichen in Dir, mit Shiva Mrityunjaya, dem Licht Deiner Seele!

Dieses Licht in Dir stirbt nie. Es ist ewig, unendlich, zeitlos, raumlos. Dieses Licht bist Du! Das ist es, was Du erfahren sollst.

Vorläufig ist es schon ein grosser Gewinn, auch nur das Gefühl dieser Unsterblichkeit zu haben, sich stets daran zu erinnern. Der nächste Schritt ist, weitere Methoden anzuwenden, um dieses Gefühl Wirklichkeit werden zu lassen - zu einer lebendigen Erfahrung.

Ein geistiger, gottliebender Mensch erlangt im Laufe der Zeit Reinheit; dann empfängt er wunderbare Ideen, Einsichten, Intuitionen und Erleuchtungen. Die Weisheit strömt von innen heraus, wenn Reinheit da ist.

Wir haben gehört, dass das Königreich Gottes in jedem Menschen ist. Die Bibel sagt das, und auch andere Religionen stellen es fest. Was ist dieses Königreich? - Es ist eine Persönlichkeit, eine allwissende Persönlichkeit hinter einem unwissenden Gemüt. Dieses Königreich ist eine Persönlichkeit, es ist Gott. Gottes Wesen ist unendlicher Frieden und unendliche Freude, er ist allwissend, allsehend, allmächtig. Er ist immer in jedem Menschen anwesend. Eine zweite Person ist also in jeder Person: Gott.

Das Königreich des Himmels ist kein Lagerhaus, wo man diesen und jenen Schatz finden kann, wie Gold oder Silber und so weiter. Es ist eine lebendige Person! Allsehend, allwissend, allmächtig, unsterblich, ewig, vollkommen - so eine Persönlichkeit ist es! Es ist immer in allen lebenden Wesen gegenwärtig, doch keines von all diesen Wesen ahnt dies auch nur.

Das ist der Grund, warum der Mensch nach Wissen strebt: weil er in sich eine allwissende Person trägt. Der Mensch sehnt sich nach Frieden, nach Freude, und sucht diese irrtümlicherweise irgendwo in der Aussenwelt. Er sucht danach, und die ganze Zeit über ist eine Person wahrer Freude, grenzenloser Freude, ewiger und vollkommener Freude in ihm selbst! Alle jagen nach Gesundheit und einem langen Leben, während doch in allen eine immer gesunde und unsterbliche Person ist.

Du bist ein menschliches Wesen, wenn Du in Deinem Gemüt, Deinen Gedanken und Gefühlen lebst; Du wirst aber ein übermenschliches Wesen sein, wenn Du die Einheit mit dieser anderen Person in Dir findest. Was wir das Königreich des Himmels nennen, ist nichts anderes als diese zweite Person in uns - beständig und ewig wach, allsehend und allhörend. Unser wahres Herz, unser wahres Leben ist diese andere Person. Sie ist das Leben unseres Lebens, die Intelligenz unserer Intelligenz. Jede vorstellbare Herrlichkeit ist in ihr.

Wir tragen sie in uns, ohne es überhaupt zu vermuten, und wir tragen sie immer in uns! Sie war schon bei uns in längst vergangenen Leben, seit dem anfanglosen Anfang. Sie ist da, wohnt da und bleibt da für alle Zeiten.

Wenn unsere Gedanken, Gefühle und unser Herz in dieser Person verankert bleiben, sind wir erleuchtet, unsterblich, gesegnet, vollkommen und erfreuen uns wahren Friedens und wahrer Freude.

"Die Wahrheit allein triumphiert, nicht die Unwahrheit. Durch die Wahrheit wird der Pfad der Götter ausgebreitet; die Weisen, die diesen Pfad gehen und deren Wünsche erfüllt sind, erreichen den höchsten Sitz der Wahrheit."

Mundakopanishad 3.1.6

Jnana

Jnana ist Weisheit, wirkliches Wissen, Wissen vom Zeitlosen. Ein Wissen, das sich nur auf die sich ändernden Dinge bezieht, ist kein wirkliches Wissen; es ist praktisches, pragmatisches, materielles, kommerzielles Wissen, ein Wissen über Geben und Nehmen, Zeit und Raum. Es ist kein wirkliches Wissen, sondern nur Information. Wirkliches Wissen ist ein Wissen, das zum todlosen Wesen in Dir gehört, zu dem in Dir, das sich nie ändert, das immer da ist, das man Gott, die Wahrheit oder Wirklichkeit nennt, das, was die Quelle aller Wissenschaften, Künste und allen Wissens ist.

Das ist wirkliches Wissen: Selbsterkenntnis, Gotteserkenntnis, Wahrheitserkenntnis.

Jnana-Lakshmi

Lakshmi in ihrem Aspekt als Jnana-Lakshmi ist eine Verkörperung zeitlosen Wissens, wirklichen Wissens, immerwährenden Wissens, eines immer gültigen Wissens. Einsteins Wissen verändert sich. Andere Wissenschaftler nach ihm hatten andere Erkenntnisse, und Einsteins Erkenntnisse werden langsam überholt, bis sie schliesslich gar nicht mehr gültig sind. Das meiste Wissen, das wir hier in dieser Welt besitzen, ist schon ungültig oder befindet sich in einem Prozess, der in Ungültigkeit endet. Bevor man es überhaupt berührt, verschwindet es, wird zu Asche oder verwandelt sich in Irrtum. Einstein kann es also zustossen, dass er von einem seiner Nachfolger des Irrtums bezichtigt wird.

Jnana-Lakshmi ist die Verkörperung des wahren Wissens; sie ist die Quelle allen Wissens. Jnana ist Wissen, Selbsterkenntnis, Wahrheitserkenntis, vollkommenes Wissen, verlässliches Wissen, gültiges Wissen, ewig nützliches Wissen.

Wissen ist Reichtum. An der Universität sammelt man Information. Auch das ist eine Art Wissen, obwohl es zeitweilig ist und niemanden zum Meister über seine Sorgen, Leiden, Vergnügen, über seine Unwissenheit und seine Begrenzungen an Wissen, Glück und Freiheit machen kann. Es kann Dir keine Meisterschaft über all das geben, aber trotzdem hat es einen Wert: Du kannst damit Dein Geld verdienen und Brot und Butter für Dich und Deine Freunde kaufen. Es ist Reichtum für die Menschheit; aber der wirkliche Reichtum ist das wahre Wissen. Wissen ist Reichtum, und Reichtum ist Lakshmi. Der Reichtum des Wissens - das ist Lakshmi, Jnana-Lakshmi.

Vijaya-Lakshmi

Vijaya-Lakshmi verkörpert das Prinzip, das heisst: Nur die Wahrheit triumphiert, nicht die Unwahrheit. Und die Wahrheit ist in ihren Händen, nicht in den Händen menschlicher Wesen. Die Menschen haben relatives Wissen, veränderliches Wissen; wo es aber eine Veränderung im Wissen gibt, da ist die wirkliche Wahrheit nicht zu finden. Wahrheit wird zur Lüge und Lüge zur Wahrheit. Es ist wie mit den Versprechungen der Politiker vor den Wahlen. Sie versprechen vieles und halten nichts. Unwahrheit ist der Kern menschlicher Wahrheit, menschlichen Charakters. Wirkliches Wissen ist Wahrheit.

Vijaya-Lakshmi ist die Verkörperung von Erfolg und Sieg. Und der Sieg gehört nur dem Göttlichen allein, der Wahrheit allein, nicht der Unwahrheit. "Satyam eva jayate" - die Wahrheit allein wird siegen. Das ist eine vedische Aussage. Die Wahrheit allein triumphiert, und die Göttliche Mutter ist die Wahrheit. Ihr gehört der Sieg.

Unwahrheit ist die relative Welt. Das Raumzeit-Universum besteht eine Zeit lang, aber später zeigt es sein hässliches Gesicht und verschwindet.

Aishwarya-Lakshmi

Aishwarya ist Reichtum des Charakters, Reichtum an guten Eigenschaften, schönen Eigenschaften. Ein Mensch mag hässlich aussehen; aber wenn er einen guten Charakter hat, werden ihn alle lieben und respektieren. Charakter stellt einen Wert dar. Charakter, gute Eigenschaften, edle Eigenschaften, Weisheit, Frieden, wahre Liebe - all das ist Aishwarya. All diese Eigenschaften kommen von der Göttlichen Mutter. Sie ist dieser Reichtum an wunderbaren Charaktereigenschaften. Sie ist der Reichtum an göttlichem Wesen, Heiligkeit, guten Eigenschaften, Selbstlosigkeit, überragender Güte und höchstem Adel. All das zusammen ist Aishwarya - wirklicher Reichtum, beste Eigenschaften der Seele und des Lichts.

Moksha-Lakshmi

Moksha ist Freiheit, Befreiung. Befreiung wovon? - Freiheit von allem, was uns begrenzt, von den Fesseln, die unser Glück, unser Leben, unsere Freiheit, unseren Frieden, unsere Kraft und Liebe einschnüren und begrenzen.

Alles Begrenzende muss entfernt werden, und Moksha-Lakshmi ist Freiheit, wahre Freiheit, Befreiung von allen Begrenzungen, Befreiung aus dem menschlichen Zustand, Befreiung aus einem Zustand, in dem wir jeder Art von Schwierigkeiten, Leiden und Hilflosigkeit ausgesetzt sind.

Wenn wir uns den Händen der Göttlichen Mutter anvertrauen, ist Schluss mit jeder Art von Hilflosigkeit!

Die höchste Göttliche Mutter oder Tripurasundari ist das nichtmanifestierte, ewige Bewusstsein und Licht Gottes. Diese nichtmanifestierte, endlose Wirklichkeit oder Wahrheit ist Schönheit. Nichts ist schön, ausser die Wahrheit. Und Wahrheit ist das, was immer bleibt, was immer war, ist und immer sein wird. Eine Wahrheit, die sich verändert, ist keine Wahrheit, sondern eine Lüge, etwas Falsches. In der Wahrheit gibt es keine Veränderung. Sie ist immer die gleiche, immer absolut vollkommen, und doch immer neu und frisch. Diese unendliche, ewige, transzendente Wirklichkeit ist unendliche Schönheit. Sundari heisst Schönheit.

Sundaram, Shantam, Shivam, Satyam

Die Mystiker, Seher oder Rishis der Veden haben die Wahrheit als Sundaram, Shantam, Shivam, Satyam beschrieben. Vier wunderbare Worte für Gott. Satyam ist Wahrheit. Sundaram ist Schönheit. Shivam ist Glückseligkeit. Shantam ist Frieden. Mehr brauchen wir nicht. Was brauchen wir im Tiefschlafzustand? - Welchen Wert hat ein Perlenhalsband, das jemand Dir aufs Bett legt, für Dich im Tiefschlafzustand? - Die Freude des zeitlosen Friedens ist viel mehr wert als alle Perlenhalsbänder der Welt. Shivam ist also Glückseligkeit: absolute, alle Wünsche erfüllende Glückseligkeit. Shantam ist grenzenloser Frieden, wie wir ihn vom Tiefschlafzustand her kennen. Es ist eine Stille, in der es keine anderen Geräusche gibt, keine Störungen, nichts. Eine unvorstellbar wunderbare Stille. Frieden, wahrer Frieden, ist ein Name für das Göttliche, weil das Wesen des Göttlichen Frieden ist. Auch Schönheit ist ein Name für das Göttliche, weil das Wesen des Göttlichen Schönheit ist. Und das Göttliche ist Satyam. Nur mit der Wahrheit, in der Wahrheit, in dem, was für immer bleibt, in diesem Wesen, diesem Sein, diesem ewigen Ding, das ohne Anfang und ohne Ende ist, in diesem endlosen Bewusstsein, diesem endlosen Licht, dieser endlosen Intelligenz, Gegenwart und Persönlichkeit wohnt Mahatripurasundari oder Tripurasundari.

Und Tripurasundari ist Liebe, eine Mutter, eine allhörende Persönlichkeit. Jede Mutter spricht mit ihrem kleinen Kind und erklärt ihm die Dinge, die es nicht versteht. Die Göttliche Mutter tut unendlich mehr als das und mit unendlich grösserer Liebe. Stelle Dir die Göttliche Mutter vor - sie hat alle Götter und Welten als ihre Kinder! Alle sichtbaren und unsichtbaren Universen sind ihre Kinder. Wie gross ist das Herz der Göttlichen Mutter? Und wie viele Male ist diese Schöpfung entstanden und wieder vergangen? Wie oft? - Unzählige Male, ohne Ende - man kann es sich nicht vorstellen oder darüber nachdenken! Die Wissenschaftler sprechen von einem Anfang des Universums, doch vor dem Beginn dieses Universums war schon ein anderes da und vor diesem wieder ein anderes und so weiter ohne Ende. Es ist ein anfangloser Anfang in diesem wunderbaren, unendlichen Licht des Göttlichen Bewusstseins.

Was ist Ziel und Ende allen Wissens? - Nur in der Gotterfahrung erreichen wir das Ziel und das Ende allen Wissens, allen Erkennens. Nur die Erfahrung der Wahrheit kann uns zufrieden machen. Es ist eine vollkommene Befriedigung, eine vollkommene Erfüllung. Da will man nichts mehr. Ähnlich wie im Tiefschlaf: auch da hat man keine Wünsche, keine unerfüllten Sehnsüchte. Kaum ist man aufgewacht, will man schon die Zeitung lesen oder von der Nachbarin hören, was es Neues gibt. Es ist ein unaufhörlicher Drang nach Neuem, nach Wissen und Information. Sobald man aber eingeschlafen und eins mit seinem wahren Wesen ist, ist man vollkommen befriedigt; kein Verlangen mehr, irgend etwas wissen zu wollen. Was man da erfährt, genügt einem. Es ist eine vollständige Erfahrung, eine totale Zufriedenheit.

Hat man diese Erfahrung durch die Gnade der Göttlichen Mutter bei vollem, wachem Bewusstsein, dann wird man zum Licht für die ganze Menschheit und die ganze Welt.

"In einem halben Vers werde ich verkünden, was Millionen von Schriften lehren: Brahman ist die Wahrheit, die Welt ist eine Illusion; die Seele ist nichts anderes als Brahman."

Brahma Jnana Avali Mala, 20

Gott ist Wirklichkeit, die Welt ist eine Illusion. Brahma ist Gott, Satyam oder die Wahrheit und Wirklichkeit. Gott allein ist wirklich, alles andere ist unwirklich. Das ganze Universum ist eine Illusion; es kommt und verschwindet. Man kann es nicht fassen; es ist wie eine Fata Morgana.

Wenn man im Licht dieses Prinzips lebt, nämlich des "brahma satyam jagan mithya", dann bleibt man immer ohne Bindungen, deshalb unabhängig und frei. Das alte Ichgefühl, das für alle Gegensätze und Probleme verantwortlich ist, stirbt. Alles verschwindet, was Schmerzen, Probleme und Leiden verursacht. Es gibt keine Verhaftung mehr an Menschen und Dinge, an nichts, was vergänglich ist. Man lebt wie die immer reine Lotosblume im schmutzigen Teich. Der Gottliebende bleibt immer mit Gott verbunden, mit der ewigen Glückseligkeit. Gott allein ist die Wahrheit und Wirklichkeit. Wahrheit ist Gott, Gott ist Wahrheit. Alles andere ist unwirklich: Körper, Gemüt, die Menschen, die Welt.

Wenn man im Licht dieses Prinzips lebt, bleibt man immer rein. Sobald der Gedanke aufsteigt, dass man etwas braucht, beginnen die Probleme; das Krokodil des Ego ist aufgetaucht.

Reinheit ist wunderbare und grenzenlose Treue zu Gott.

Gott ist der Beobachter in Dir, und in diesem Beobachter gibt es keine Illusion. Er ist die einzige Wahrheit, die einzige Wirklichkeit. "Brahma satyam jagan mithya", das ist es, was Shankaracharya, der grosse Lehrer, uns gesagt hat. Der Beobachter der beobachtenden Intelligenz in uns ist das unendliche Brahman. Brahman und der Beobachter der unendlich unterschiedlichen Beobachtungen - diese beiden sind nicht verschieden voneinander, sondern ein und dasselbe. Diese Weisheit ist unser Erbe - unser Erbe, vermacht von Gott selbst!

Reinheit zu erlangen und Gott zu erfahren, dem ewigen Kreislauf von Geburt und Tod zu entkommen - das ist Sinn und Zweck unseres Lebens hier auf Erden. Der wesentliche Inhalt der Lehre Shankaras in einem einzigen Satz ist: Erkenne Dich selbst, und erkenne Dein eigenes Selbst als das Selbst aller Wesen und Dinge! Und: Die ganze Welt ist eine Illusion, Gott allein ist wirklich. Gott allein ist Wahrheit und Wirklichkeit. Illusionen nachzujagen ist gleichbedeutend mit Probleme und Alpträume zu haben. Deshalb ist es ratsam, die Illusionen loszulassen und die Seele ans Göttliche zu binden, an die unendliche Freude und den unendlichen Frieden. Was wir im Tiefschlaf unbewusst geniessen, das sollen wir im Wachzustand bei vollem und klarstem Bewusstsein geniessen. Das ist das Ziel. Das zu erreichen, darin liegt unser Heldentum.

In allen Wesen und Dingen, in den sichtbaren und unsichtbaren Wesen - kurz, in allem, befindet sich ein winziger, für menschliche Augen unsichtbarer, aus sich selbst leuchtender Lichtpunkt. Dieser wurde nicht erschaffen, er stammt auch nicht aus irgendeinem Prozess in Raum und Zeit, sondern ist ewig da. Dieser Punkt besteht aus sich selbst, das heisst, er erhält sich selbst; er braucht nichts ausser sich selbst, ist auf nichts und niemanden angewiesen. Dieser Punkt leuchtet aus eigener Kraft in allen Wesen, in allen Dingen, im Herzen der belebten und unbelebten Materie. Er ändert sich nie, er ist allvollkommen. Er kann sich unendlich ausdehnen; alle Mächte, Schätze, Vollkommenheiten und Kräfte Gottes sind in ihm enthalten. Jeder trägt dieses Licht in sich. Aber der Mensch ist blind dafür und sieht nicht, wo sein Glück liegt, wo er eins mit Gott sein kann, wo das ganze Reich Gottes liegt, obwohl dieses Licht, dieser Gott, dieses Himmelreich sein ständiger Begleiter ist, alle vierundzwanzig Stunden des Tages.

Du kannst die Existenz Gottes nicht verneinen, weil allein schon die Sprache, mit welcher Du Gottes Existenz verneinst, diese Existenz beweist. Wie soll ein Mensch, der kein Leben besitzt, sprechen? - Das Leben überall nämlich beweist die Existenz Gottes, denn das Leben selbst ist Gott. Niemand kann sagen: Ich existiere nicht. Das wäre ein krasser Widerspruch, eine Unmöglichkeit. Die blosse Tatsache, dass einer da ist und sagt, dass er nicht existiert, beweist, dass er existiert; existierte er nicht, könnte er auch nicht feststellen, dass er nicht existiert. Innen, aussen, oben und unten ist nichts anderes als Gott. Das ist eine selbstverständliche Wahrheit.

 

Einer der grossen Vorteile des geistigen Lebens ist es, dass Gott selbst als zweite Person zu unseren Gunsten wirkt. Wenn wir arbeiten, arbeitet Gott mit uns.

Der Gottliebende besteht aus zwei Personen: er selbst und das Göttliche. Beide leben ein Leben, beide arbeiten zusammen.

Der weltlich gesinnte Mensch hat nur sich selbst, niemand hilft ihm. Er lebt in sich selbst, innerhalb der Grenzen seines kleinen Egos.

Aber Gott dringt in das Leben des Gottliebenden ein, arbeitet und wirkt ständig durch ihn und für ihn. Und nicht nur das: wenn der geistige Frotschritt des Gottliebenden sehr gross ist, dann setzt Gott sich selbst an die Stelle des Gottliebenden. Fortan arbeitet nur noch Gott durch ihn, um für ihn seine Lebensaufgabe zu erfüllen.

Gebet ohne Hingabe ist wie die lichtlose Nacht; es ist wie ein Körper ohne Leben; es ist wie eine Suppe ohne Salz.

Hingabe haucht dem Gebet und der Meditation Leben ein.

All unsere Hingabe und Liebe für das Göttliche muss zum Ausdruck kommen, während wir beten oder meditieren. Sich selbst zu vergessen und ganz im Göttlichen zu verlieren, ist der sichere Weg zum Heil, das in der Erfahrung Gottes und der Einheit mit Gott liegt.

Die Freude und der Frieden des Tiefschlafs stellen sich nicht ein, wenn Du Dich nicht selbst vergessen kannst. Solange Du Dir Deiner selbst bewusst bist, kannst Du nicht einschlafen. Der Schlaf kommt nur, wenn Du Dich und die Welt völlig vergessen hast.

In einem Zustand völliger und absoluter Selbstvergessenheit, einem Zustand, in dem das kleine menschliche Ich abwesend ist, liegen grenzenlose Freude, grenzenlose Stille, Frieden und Freiheit. In diesem Zustand gibt es keine Probleme und Sorgen. Eine solche Selbstvergessenheit ist das Geheimnis höchsten Erfolgs. Auch Meditation und tiefste Zustände absorbierender Hingabe und Liebe sind durch diese Selbstvergessenheit gekennzeichnet.

Nichts in der Schöpfung kann Dir wirklich helfen.

Alles versagt schliesslich, sogar Dein eigener Körper lässt Dich im Stich, und eines Tages wirst Du ihn verlassen müssen. Innerhalb von hundert Jahren werden die meisten Leute, denen Du auf der Strasse begegnest, verschwunden sein.

Die Welt ist ein Gasthaus, in dem Menschen ein- und ausgehen; die Szene wechselt von Augenblick zu Augenblick.

Je weiser ein Mensch ist, desto mehr bereitet er sich darauf vor, auf alles gefasst zu sein, was ihm nach dem Tod begegnen mag und befasst sich nicht nur damit, dieses Leben schön zu gestalten. Für alle zukünftigen Zeiten bereitet er sich vor, indem er Hingabe zum Göttlichen erwirbt. Was immer Schlechtes auch in der Vergangenheit gewesen sein mag, alles wird durch die Hingabe ans Göttliche ausgelöscht, durch intensives Dienen und Opfern aus Liebe zum Göttlichen.

Jeder - auch Du - muss eines Tages Gott erfahren und vollständig erleuchtet werden! - Das ist unser unausweichliches Schicksal.

Wenn Du Dir damit zuviel Zeit lässt, wird die Natur Dich solange mit Schmerzen, Problemen, Sorgen und Tränen durcheinanderschütteln, bis Du Dir sagst: "Genug von dieser Welt von Raum und Zeit! Genug von Körper und Sinnesgenuss!" Es ist sicher besser, Du unternimmst von Dir aus Schritte, anstatt erst von der Natur durch Schläge, wie eine störrische Kuh vom Bauern, dazu gezwungen zu werden. Es ist also nicht ratsam, gar nichts zu tun. Man muss dem Bauern die Freiheit lassen, die Kuh zu schlagen, damit sie sich bewegt. Andererseits sollte die Kuh klug genug sein, sich von selbst zu bewegen, um Schläge zu vermeiden. Dann sind sie beide zufrieden, der Bauer und die Kuh.

Genauso ist es im Leben: Besser, Du bewegst Dich auf dem spirituellen Pfad vorwärts in Richtung Gotterfahrung, anstatt von der Natur Hiebe einstecken zu müssen.

Gott hat Dich mit all seiner endlosen Vollkommenheit erschaffen. Stille, Schönheit, Weisheit - sie gehören Dir. Aber wenn Du in Deinen eigenen Gedanken und Gefühlen lebst und deshalb in Raum und Zeit wie in einem Netz gefangen bist, ist das eine sehr traurige Geschichte, denn dann hast Du nichts anderes zu erwarten als Probleme, Tragödien und Leiden. Jedes kleine Glück, das Du irgendwo gefunden zu haben glaubst, verflüchtigt sich schnell wieder oder verwandelt sich ins Gegenteil.

Wenn Du aber fest in dem Dir von Gott vererbten Bewusstsein der Raum- und Zeitlosigkeit verwurzelt bist, dann bist Du eine erleuchtete Person, eine in Gott geborgene Person, und Gottbewusstsein ist Dein Kennzeichen. Du erfährst die Zeit- und Raumlosigkeit, die Dir im Tiefschlaf nicht bewusst ist, im vollen Licht des Bewusstseins, und zwar alle vierundzwanzig Stunden des Tages. Du bist zum Gottmenschen geworden, zum Licht der Welt, zu einer Offenbarung Gottes in dieser Welt.

Das einzige Ziel unserer Arbeit, unserer Meditationen, unseres Essens und Trinkens, unserer endlosen Anstrengungen und Mühen, ist die Erfahrung des Zeitlosen - der zeitlosen, raumlosen Natur unserer Seele oder Gottes.

Das zu verwirklichen ist die Aufgabe unseres Lebens, und die Botschaft unserer Verwirklichung der Wahrheit weiterzugeben, die zweite.

Alles im Körper verändert sich ununterbrochen. Alles Körperliche ist unweigerlich mit Problemen verknüpft. Aber diese Probleme erfahren wir nur, wenn unser Bewusstsein mit den körperlichen Sinnen verbunden ist. Ziehen wir unser Bewusstsein von den Sinnen zurück, verschwinden Welt und Körper wie im Tiefschlaf. Und was bleibt? - Unser Bewusstsein sinkt hinein in das reine Sein, in Gott; und dort herrscht wahre Freude, Frieden, Stille, Schönheit - alles Vollkommene hat dort seinen Sitz.

Das ist das Ziel all unserer Gebete und Meditationen. Es gibt eine endlose Zahl von Lebewesen, und jedes Lebewesen hat die Fähigkeit zur Wahrnehmung, hat Augen. Diese Fähigkeit stammt von Gott. Das, was ín uns sieht - von innen nach aussen -, ist ein unendliches Auge, und alle Augen sind seine Augen. Es ist eine endlose, allsehende, allwissende, alles beobachtende Gegenwart in uns. In dieser Gegenwart leben wir Tag und Nacht. Wenn wir darüber nachdenken, werden wir erleuchtet werden.

Denke nach, was Du in Wahrheit und Wirklichkeit bist! Alles andere ist Täuschung, Illusion und stellt eine grosse Gefahr für Dich dar. Denke über Dein wahres Wesen nach! Dein wahres Wesen ist Gottes Wesen. Und das körperlose reine Sein ist Gott selbst.

Du kannst bewusst endlosen Frieden und endlose Freude erfahren! Denn der Mensch ist dasselbe Sein, dieselbe Wahrheit, die Gott ist - nur an den Körper gebunden! Sich eines Körpers bewusst zu sein, zieht das Bewusstsein von Raum und Zeit nach sich und deshalb auch Elend, Eingrenzung und falsches Wissen, dessen Wesen Dunkelheit ist. In diesem Zustand gibt es letztlich nur Furcht und Leiden. Nichts erscheint einem sicher, denn alles wandelt sich und wird Beute des Todes. Denke deshalb über Dein wahres Wesen nach! Erkenne, wer Du in Wirklichkeit bist!

In Wirklichkeit bist Du dieses reine Sein, Gott genannt.

Das zu erkennen, ist das Ziel Deines Lebens, nichts sonst.

Sobald Du von Gott berührt wirst, bist Du gerettet und führst ein erlöstes Leben in endlosem Frieden und endloser Erfüllung.

Bete, und liebe Gott mit ganzer Seele! Es gibt nichts anderes und nichts Besseres als Gott. Alles andere ist Irreführung und Illusion, ein Problem und ein Elend. Am Anfang scheint immer alles so phantastisch zu sein, aber einige Schritte weiter, und alles verkehrt sich ins Gegenteil. Alles in der Natur ist zum Leiden verdammt. Oder kannst Du mir etwas innerhalb des Reichs der Natur zeigen, das nicht leidet? - Nicht einmal die Sonne, die so herrlich leuchtet und alles Leben auf der Erde erblühen lässt, ist frei von Leiden. Sie stirbt mit jedem Augenblick, indem sie Energie verliert. Die Sonne verliert ständig an Lebenskraft und wird Stunde um Stunde schwächer. Alles in der Schöpfung ist zum Elend und zum Sterben verurteilt - geboren, nur um zu sterben.
Aufbauen, Kreativität ist das Wesen des Göttlichen. Zerstören ist das Wesen der Natur, des Universums. Aber Gott ist jenseits der Natur, und deshalb ist alles Gute und Beste von Gott. Wenn Du eins bist mit Gott, gibt es keine Gegensätze mehr, nur endlosen Frieden, endlose Stille, endlose Vollkommenheit und Erfüllung.
Das Göttliche ist das Werkzeug. Das Göttliche bist Du selbst. Das Göttliche ist die Arbeit. Das Göttliche ist die Luft. Das Göttliche ist alles.

Das Göttliche - das eine unendliche Glück, der grenzenlose Frieden und die endlose Freude - nimmt viele Gestalten und Formen an und erscheint als vieles: als Mensch, als Aktivität innerhalb und ausserhalb der Materie, als Natur und Universum, als Pflanze und Tier. In Wirklichkeit ist diese Vielfalt nur scheinbar. Sie ist eine Erscheinung im endlosen Licht, in der Energie und Vollkommenheit des Göttlichen.

Was Du im Tiefschlafzustand in totaler Finsternis erfährst, jenes EINE, das sollst Du bewusst und mit wacher Klarheit erfahren. Das ist das Ziel!

Im Tiefschlafzustand gibt es keine zwei Dinge. Es gibt nur eines ohne ein zweites. Es ist eine Einheitserfahrung. Man ist eins mit der Seele des ganzen Universums, eins mit Gottes Herzen. Das ist Brahman, das Unendliche.

Unendliches Sein, unendliche Freude und Fülle, das ist die Wirklichkeit in allem und jedem, und diese Wirklichkeit allein ist der wahre Handelnde, der wahre Sehende und Erfahrende. Alles kommt aus dieser Wirklichkeit und kehrt wieder in diese Wirklichkeit zurück. Alles gehört dem Göttlichen.

Du sollst ein Leben in Gott, für Gott, von Gott und mit Gott führen. Das ist das ganze Geheimnis der mystischen Erfahrung. Einssein mit dem endlosen Licht - darin liegt Deine wahre Erfüllung. Alle anderen Arten von Erfüllung sind nur vorübergehend und enden in Elend und Schmerz. Das ist die Tragödie des Lebens.

Wahre Erfüllung liegt dort, wo Du unermesslichen Frieden hast, Stille, Freude und Vollkommenheit. Diese Erfüllung gibt es nur in Gott.

Wo unbegrenzte Freude ist, da gibt es keine Sünde. Wo begrenzte Freude ist, da ist alles Sünde, denn man will immer mehr haben und schafft dadurch für sich selbst und andere endlose Probleme und Leiden. Begrenzte Freude ist eine irreführende Freude; aus ihr entspringen Frustration, Schrecken und Leiden.
Einzig vom Standpunkt des Göttlichen aus gilt es zu leben, vom Standpunkt des Unendlichen, Ewigen. Betrachte Dich deshalb nicht als Körper oder als Person, sondern als ein grenzenloses Licht, eine grenzenlose Liebe, als grenzenlose Weisheit, Reinheit und Erfüllung.

Wo grenzenlose Erfüllung ist, da ist auch wahre Freude. Da gibt es keine Probleme, keine Herausforderungen, kein Leiden. Lebe und atme deshalb vom Standpunkt des Göttlichen aus, des Ewigen, Unendlichen und Unbegrenzten.

Wo Begrenzung ist, sind auch Probleme, da gibt es Disharmonie und Streit. Aber wo nur eines ist, wo Du allein bist, endlos, in Vollkommenheit, Schönheit, Freude und unendlichem Leben, da gibt es keine Probleme.

Das geistige Leben ist das herrlichste, das glücklichste Leben, ein Leben der Ekstase. Warum ist es ein Leben der Ekstase? - Weil man das geistige Leben mit dem vollen Bewusstsein der unmittelbaren Gegenwart des all-liebenden, allbeschützenden Göttlichen Vaters, der unendlichen Liebe der Göttlichen Mutter lebt. Der Körper, die Sinne und deren Aktivitäten spielen keine grosse Rolle mehr. Das geistige Leben ist das herrlichste Leben; es ist ein ekstatisches, heiles, positives, dynamisches Leben, ein Leben in Unsterblichkeit und Ewigkeit, ein Leben im endlosen Frieden, ein Leben in der grenzenlosen Freude. Das geistige Leben ist das höchst wissenschaftliche Leben, ein Leben in Wahrheit, in der unendlichen und unvergänglichen Wahrheit.

Und die Wahrheit ist immer da.

Die Kraft und Wirkung spiritueller Übungen, der Meditation und des spirituellen Lebens überhaupt wird verstärkt durch die Wiederholung mystischer Silben, wie wir das hier im Ashram in der Meditation tun. Diese Töne oder Laute sind nichts anderes als Gott selbst - die unendliche Wahrheit, das strahlende Licht des schöpferischen Bewusstseins, der anfang- und endelose Frieden, die unendliche Schönheit und Vollkommenheit. Wir sinken hinein in die herrliche Gegenwart des Göttlichen, während wir die mystischen Silben wiederholen.
Gott ist nicht nur unser Mittelpunkt, sondern auch unser Umkreis. Er ist innen und aussen. Es gibt nichts als Gott überall. Erfährt man dies nicht, lebt man in grosser Unwissenheit und Dunkelheit. Diese zu überwinden, ist das Ziel aller Arten von Yoga. Wenn Du alles in Deinem Leben für das Göttliche tust, jeden Gedanken, jedes Gefühl dem Göttlichen weihst, dann sind in dieser Lebensweise alle Arten von Yoga eingeschlossen, denn dann lebst Du überall - innen und aussen - im endlosen, grenzenlosen, gewaltigen Licht, in der Schönheit und Vollkommenheit des Göttlichen. Das Göttliche ist allwissend, allsehend und all-liebend; Es reagiert auf jeden Deiner Gedanken, auf jedes Deiner Gefühle.

Lebe im Göttlichen und mache aus Deinem Leben einen grossen Himmel.

Wir befinden uns im Ozean des Göttlichen wie die Fische im Wasser. Oben, unten, innen, aussen gibt es nichts als die göttliche Gegenwart, die göttliche Energie, das Bewusstsein Gottes. Von der Energie Gottes stammen alle anderen Energien her, aber auch alle Erkenntnis, Erfahrung und alles Leben. Diese wunderbare Gegenwart und Energie des Göttlichen - dieses Bewusstsein des Göttlichen - ist selbst endlose Freude, Frieden, Schönheit, Vollkommenheit, Wissen, Weisheit, schöpferische Kraft. Überall - in jedem Punkt des Raums - ist die unendliche Macht und das endlose Wissen Gottes vorhanden.

Auch unser Körper und unsere Knochen sind erfüllt von der Weisheit und Vollkommenheit Gottes. Warum erfährst Du das alles nicht? - Weil Du in grosser Dunkelheit lebst, in totaler Unwissenheit. Das ist die Ursache Deines von Gott losgelösten Lebens, des menschlichen Lebens eben.

Ein Leben in Gott hingegen ist ein mystisches Leben. Dort sind wir immer im Frieden, in der Weisheit, im Licht und der Vollkommenheit Gottes verwurzelt, auch wenn wir arbeiten, denken, sprechen oder essen.

Die Aktivität der Sinne und Deine bewusste Teilnahme daran kostet Dich sehr viel! Du verlierst dadurch Deine Verbindung mit dem endlosen, unbeschreiblichen Glück des Unendlichen. Wenn Du, anstatt in den Tiefschlaf hineinzusinken, lieber etwas Gutes essen möchtest, verlierst Du dadurch die wunderbare Ruhe und Stille des Tiefschlafs. Du kannst nur das eine oder das andere haben. Beides zugleich geht nicht! So ist es auch mit der Erfahrung des Göttlichen: Entweder die Welt oder Gott! Beides zusammen ist nicht möglich. Entweder das eine oder das andere - Einheit oder Vielheit. Entweder Du schläfst oder Du bist wach!

Das ist die Grundlage der Idee der Entsagung oder des Sannyasa.

OM ist Nada-Brahman, Gott in der Gestalt von Ton oder Laut. OM ist alldurchdringed. OM ist die Gestalt und das Wesen des Göttlichen. Der hörbare Ton trägt in sich noch eine andere Dimension, eine tonlose Dimension. Es ist ein tonloser Ton, und in diesem tonlosen Ton ist das Göttliche anwesend. Wenn Du also das OM hörst oder singst, hast Du direkt auch das Göttliche berührt. Deshalb hat das Singen von OM eine reinigende und erhebende Wirkung. Es ist die Silbe, die allen anderen Mantras vorangestellt ist. Kein Mantra scheint Kraft zu haben ohne das Präfix OM. OM ist das ureigene Wesen der Wahrheit, es ist die Seele des Göttlichen, das Herz der höchsten Gottheit. Tausende von Weisen und Heiligen haben Gotterfahrung durch die beständige Wiederholung von OM erlangt.

Es ist ein grosser Segen, OM zu wiederholen. Deine Geistigkeit vertieft sich durch diese Übung, denn OM vibriert mit der Gegenwart des Göttlichen. Doch so dumpf ist die Wahrnehmungsfähigkeit des menschlichen Individuums, dass ihm die Sensibilität fehlt, die göttliche Gegenwart, die durch den Klang des OM erzeugt wird, wahrzunehmen.

Wenn Du lange Zeit OM wiederholt hast, werden die Früchte dieser Wiederholung auf vielerlei Weise allmählich in Dir heranreifen und für die Zukunft aufbewahrt werden. Zur rechten Zeit, im richtigen Umstand giesst das Göttliche seine Segnungen dann in Dein Leben. Die Wiederholung von OM führt zu geistiger Erleuchtung und auch zu vielseitigen materiellen und weltlichen Segnungen.
 

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