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ZWEIMONATLICH

Jahr 38

OFFIZIELLES ORGAN DES
DIVINE LIGHT ZENTRUMS
8400 WINTERTHUR SCHWEIZ

 Archiv


Aktuelle Ausgabe

März/April 2003

 

INHALT

Swami Omkarananda
Hingabe und Liebe zu Gott erheben dich über alle Gefahren

Die Zukunft der Menschheit

Entsagung

Sein, Bewusstsein, Transzendenz -
Spirituelle Prinzipien und Ratschläge

Grenzen

Sri Suktam

Unsere Herzen sind wie durchsichtige Kristalle

Botschaft an alle Sannyasis des Omkarananda Ashram

Der Gotthingegebene,

der von Weisheit erfüllt ist

und alle seine Tätigkeiten

in völliger Hingabe ausführt,

ist mit einer lebhaften und herrlichen

Schau Gottes gesegnet.

Für ihn ist der weite Horizont des Universums

erfüllt mit dem strahlenden Leuchten Gottes.

Solch ein meditierender Geist

ist der edelste von allen.

Rig Veda

Vom Standpunkt der Wahrheit aus ist die ganze Welt nichtexistent, deshalb existiert auch ihre Verschmutzung nicht.

Das ganze Universum wird verschwinden; die Wahrheit allein bleibt zurück, wie sie immer war und sein wird.

Dass ich in der Schweiz bin, ist eine Illusion. Ich war nie in der Schweiz und werde nie in der Schweiz sein. Ich bin im Herzen der Wahrheit. Die Wahrheit allein ist.

Wenn jemand behauptete, ich sei in der Schweiz, dann ist das seine ihm bequeme Einbildung. Er soll sie haben, aber es ist nicht meine eigene Erfahrung. Es wäre unter der Würde der Erkenntnis, mit der das Göttliche mich begabt hat, mich mit irgendeinem Ort zu identifizieren, in Raum und Zeit zu existieren.

Das Bewusstsein vom Zugriff von Raum und Zeit zu befreien, ist der erste Schritt auf dem Pfad der Erkenntnis - der Erkenntnis der Wahrheit.

Es gibt auch einen anderen Pfad, den der Liebe und Hingabe nämlich. Wenn du diese beiden hast - Liebe und Hingabe -, wirst du unbeschädigt bleiben, auch wenn die ganze Welt in Flammen aufgeht. Das bewirkt die Hingabe ans Göttliche.

Beide Wege treffen sich: der Weg der Liebe und Hingabe ans Göttliche und der Weg der Erkenntnis der letzten Wahrheit.

Jener ist ein geistiger Lehrer, ein Guru, ein Heiliger, in dessen Herzen Weisheit, Hingabe und Liebe zum Göttlichen sowie Erkenntnis der Wahrheit für immer und ewig wohnen.

Allein durch Hingabe an Gott in seiner Form als Narayana hat ein Junge namens Prahlada, indem er ununterbrochen Gott mit dem Mantra "OM namo Narayanaya" anrief, Raum, Zeit und Umstände gemeistert.

Er wurde ins Feuer geworfen und kam unverletzt wieder daraus hervor.

Er wurde von der Spitze eines hohen Berges hinuntergeworfen, mit einem schweren Stein, den man ihm an die Füße gebunden hatte. Als er auf der Erde aufschlug, war es, als wäre eine Blume auf die Erde gefallen. Er blieb absolut unverletzt.

Dann legte man ihn auf den Boden, und ein Elefant versuchte, ihn mit seinen Füßen zu zertrampeln. Später wurde er in eine Grube mit Giftschlangen geworfen. Nachdem er beides unverletzt überstanden hatte, musste er den Giftbecher trinken. Nichts geschah ihm jedoch. Er hatte stets den Namen "Narayana" auf den Lippen. Man kann sich gut vorstellen, dass eine Umweltverschmutzung ihm nichts hätte anhaben können! Das ist die Macht der Hingabe!

Wenn du Liebe zum Göttlichen hast, wenn du beständig das Göttliche anrufst, bist du über alle Gefahren erhoben!

Entwickle Hingabe, liebe das Göttliche mit deinem ganzen Herzen, vermehre deine Liebe zum Göttlichen, weite deine Hingabe aus, wachse in der Erkenntnis der Wahrheit!

Die Morgendämmerung kommt und klopft an eure Tür;

Erhebt euch, o göttliche Menschen!

Die glorreiche Sonne ist aufgegangen,

der strahlende Glanz fließt vom Osten her,

die Finsternis der Nacht zerstreuend.

Die neuen, hellen Strahlen bringen erneut Hoffnung.

Ein neuer Tag hebt an, voller Begeisterung und Eifer;

und das Leben schreitet fort

auf seinem Pfad der Herrlichkeit;

jede Morgendämmerung bringt einen hellen

Hoffnungsstrahl und einen glücklichen Tag.

Rig Veda

Die negativen und zerstörerischen Auswirkungen der Betonung einer materialistischen Lebensweise können wir jeden Tag beobachten. Es gibt so viel Unglück, Leiden, Kriege, Katastrophen und Probleme auf dieser Erde.

Sie sind ein Symptom und ein Anzeichen einer falschen Einstellung dem Leben gegenüber.

Wir sehen die Zukunft der Menschheit völlig optimistisch; wenn sich aber Schwierigkeiten als Folge von Irrtümern und Fehlverhalten in der Vergangenheit einstellen, müssen wir sie im Namen Gottes ertragen und versuchen, durch diese Schwierigkeiten innerlich zu wachsen.

Wir können das Göttliche nicht bitten, bei uns eine Ausnahme zu machen, uns vor den Folgen unseres Missverhaltens zu bewahren. Gut, wir könnten bitten, aber wer tut es schon? - Niemand betet oder bittet um irgendwas! Die Menschen sind völlig davon überzeugt, dass ihr Lebensstil in Ordnung ist, dass Gott nicht existiert und es keine anderen Kräfte in der Welt gibt außer eben die materiellen. Das ist ihre Philosophie und ihr Lebensstil!

Gott sagt: "Gut, ihr könnt eure Freiheit haben; macht so weiter und ihr werdet sehen, was geschieht!" Wir ernten die Früchte unserer eigenen schlechten Taten und erfahren großes Unglück - erst dann wenden wir uns dem Licht zu, und alles ist wunderbar.

Es ist unsere Aufgabe, sofern wir uns um das Wohlergehen der Menschheit sorgen, die Aufmerksamkeit des menschlichen Bewusstseins auf etwas zu lenken, das erhält, beschützt, Stärke und wirklichen Frieden gibt und uns zum Meister über die Materie, die Umwelt und die Umstände macht, das uns neue Augen und eine neue Kraft geben kann.

Frage:

Vielleicht wird sich die Lage auf diesem Planeten so verschlechtern, dass keine Möglichkeit zur spirituellen Evolution mehr besteht?

Swami:

Nein! Die Gesetze Gottes werden einen solchen Umstand nicht zulassen! Wenn sich die Dinge in einem solchen Ausmaß verschlechtern, wird eine große Katastrophe kommen, viele Schwierigkeiten werden auftreten und vieles mehr; dann wird sich der Mensch gezwungen sehen, sich höheren Dingen zuzuwenden. Aber nur jene werden von solch einem Unglück betroffen sein, die es verdienen. Dazu gehören auch jene jetzt unschuldig scheinenden Leute, die in früheren Leben Schuld auf sich geladen haben, indem sie andere ins Unglück stürzten. Darum sollten wir nicht vorschnell urteilen, wer welches Schicksal verdient, denn wir kennen die inneren Ursachen nicht.

Wollen wir den endgültigen Frieden erreichen, müssen wir beständig gute Gedanken und Gefühle unterhalten und Gutes tun - dann werden wir schließlich von ungestörtem und unzerstörbarem Frieden erfüllt sein.

Wir können unsere Zukunft beeinflussen, indem wir uns jetzt geistigen Dingen zuwenden, Philosophie und geistige Literatur studieren, gute Gedanken und Gefühle pflegen und Gutes tun. Damit ist es möglich, eine glückliche Geburt in der darauffolgenden Inkarnation zu erlangen. Alles, was wir denken, fühlen und tun beeinflusst unser zukünftiges Leben.

All jene, die Glauben an Gott besitzen, die Gott lieben, die auf dem rechten Pfad sind, werden beschützt sein, selbst dann, wenn die ganze Welt zerstört werden sollte. Noahs Arche steht schon für sie bereit. Die Gottliebenden werden niemals untergehen. Für sie besteht kein Grund zur Furcht.

Frage:

Was denken Sie über die Weltlage, wie wird das alles enden?

Swami:

Wir können eines tun: nämlich uns nicht mit der Zukunft der Welt befassen, sondern mit der unmittelbaren Gegenwart!

Das Geld, die Energie, die Zeit, die wir investieren, um die Zukunft zu erforschen, können genutzt werden, um die Gegenwart auf eine Weise zu gestalten, die uns hilft, Friedensspender zu werden, Zentren der Güte, Liebe und Freude zu werden, Mittelpunkte von Gottes Gnade und Licht; und wenn die ganze Welt morgen zerstört würde, könnten die Überlebenden Stärke, Trost und Inspiration bei uns finden. Lasst uns Werkzeuge in den Händen Gottes sein!

Wie schlecht die Zukunft der Welt auch sein mag, lasst uns in dieser Minute der ganzen Menschheit Wohlergehen wünschen, Frieden und Glück ausatmen und die Zukunft den Händen Gottes überlassen - Gott, der nicht nur allbarmherzig, sondern auch allgerecht ist.

Unsere Herzen sind wie durchsichtige Kristalle;
unsere Gedanken wie aufgeschlagene Bücher;

jeder kann zu jeder Zeit darin lesen.

Es gibt nur ein unendliches Bewusstsein,

einen Gott, eine Wahrheit,

und in deren Herzen steht geschrieben,

wer Swami ist.

Meine Biographie ist in den inneren Schrein

einer jeden Seele geschrieben,

doch ist sich dessen niemand bewusst,

außer jenen, die die Augen ihrer Seele

geöffnet haben. 

Swami Omkarananda

Wie kann man der Welt entsagen? - Springe in den Schoß der Göttlichen Mutter, und automatisch hast du der Welt entsagt!

Der Welt zu entsagen ist für die Menschen im Allgemeinen nicht leicht. Sie verbringen ihr Leben mit ständigen Versuchen zu entsagen. Vom Morgen bis zum Abend praktizieren sie alle möglichen Disziplinen, dann werden sie alt und hängen trotzdem noch an der Welt und dem, was sie zu bieten hat, und kein greifbarer Erfolg hat sich eingestellt. Es kann vorkommen, dass einer gar ein guter Priester war und viele Bücher über den Geist der Entsagung und Loslösung von weltlichen Dingen geschrieben hat, selbst aber unglücklicherweise darin keinen Erfolg zu verzeichnen hatte. Obwohl er ernsthaft und aufrichtig war und ein diszipliniertes Leben führte, hatte er doch keinen Erfolg in seinen asketischen Disziplinen. Er hätte einen schnellen Erfolg haben können, wenn er an Stelle seiner ständigen Mühen mit all den Regeln, Vorschriften und Prinzipien, seines ständigen Bekümmertseins um das, was er jetzt und dann zu tun und zu lassen hat, einfach schnell in die Arme der Göttlichen Mutter gesprungen wäre, Liebe zum Göttlichen entwickelt, sowie Hingabe und Selbstauslieferung praktiziert und das Göttliche als den höchsten Wert anerkannt hätte - ja, dann hätte er ganz von selbst der Welt entsagt!

Das Beste ist, du entwickelst Hingabe zur Göttlichen Mutter. Dann hast du der Welt ohne weiteres Zutun entsagt.

Betrachte Leben und Arbeit als einen Akt,

den du vollbringst,

um unsterblichen Ruhm und vollständige

Befriedigung im Bewusstsein,

ein erfolgreiches Leben geführt zu haben, zu erlangen.

Erinnere dich daran, dass du ein Kind der Unsterblichkeit bist

und dass alles Leben nur eine Opfergabe ist.

Vergiss nie, dass der Nektarhonig der Blume

der Barmherzigkeit für jene ist, die opfern -

und ein Leben, das geopfert wurde,

ist ein Leben, das angenommen wurde.

Lass die heilige Flamme des göttlichen Feuers

hell in deiner Seele leuchten!

Atharva Veda

 

Der dunkle Schleier - das Gemüt 

Solange das Gemüt in irgendeiner Form besteht - als dein Körper, als die Welt um dich herum, als dein Name, als deine Erfahrung, deine Gedanken und Gefühle, als dein Gewahrsein, auf der Erde zu stehen, solange kann es keine wahre Erfahrung Gottes geben. Wenn dein Gemüt das Wesen Gottes annimmt und aufhört, der Körper zu sein, mit dem du dich gegenwärtig identifizierst, und die Welt, die du um dich herum erfährst - dann hast du Gotterfahrung erlangt.

Das Gemüt muss sich selbst vergessen, sich selbst als Körper vergessen, als alles, was es sieht, weiß und in der äußeren Welt erfährt, als seine Gedanken und Gefühle. Sobald das Gemüt aufhört, so zu sein und die Form und das Wesen des Herzens Gottes annimmt, wird es göttlich und hat eine wahre Erfahrung Gottes.

Bis dahin hast du keine wahre Erfahrung Gottes, du hast die Erfahrung deines Körpers, die Erfahrung der äußeren Welt, alle möglichen Erfahrungen, nur nicht die Erfahrung Gottes. Um eine wirkliche Gotterfahrung zu haben, muss das Gemüt aufhören, seiner selbst gewahr zu sein und nur noch als grenzenloses Licht, Gnade und göttliches Bewusstsein weiterbestehen.

Erhebe das Gemüt!

Erhebe das Gemüt durch das Mantra und löse es auf im göttlichen Bewusstsein. Als vorbereitender Schritt und als Hilfsmittel, um die richtige spirituelle Atmosphäre zu erzeugen, zünde Millionen Kerzen zur Ehre Gottes an, lass das Licht Gottes in deinem Gehirn und deinem Herzen leuchten!

Sieh nichts als dieses strahlende Licht - innen und außen! Lass dieses Licht eins werden mit dem allliebenden, allschönen, zeitlosen, ewigen Licht! Lade all die größten Heiligen und Weisen vergangener Zeiten in dein Herz ein und wiederhole das Mantra! Stimme dich ein auf das wunderbare, allumwandelnde Licht der göttlichen Gegenwart!

Lass deine Seele sich nun ergießen in den unendlichen Ozean Gottes!

Kosmisches Bewusstsein: der Anfang der Spiritualität

Das hohe spirituelle Leben beginnt erst auf der supramentalen Ebene. Es beginnt erst, wenn man Beziehungen mit der transzendenten Dimension in allem offenbar Gewordenen hat, das heißt, nachdem man kosmisches Bewusstsein erlangt hat. Solange der Mensch an Körper- und Umweltbewusstsein, an die materielle Welt gebunden ist, ist er nicht wahrhaft spirituell, nicht wahrhaft geistig, sondern vom Dualitätsbewusstsein geprägt und geleitet, erfährt er Vielheit statt Einheit, hat er keine Erfahrung des Einen im Vielen.

Wahres spirituelles Leben beginnt auf der kosmischen Ebene. Wenn der Mensch nicht mehr in Bezug auf seinen Körper, seinen Namen, seine Stellung, seine Erziehung und Bildung, seinen kulturellen Hintergrund und seine Rasse denkt, sondern in Bezug auf das transzendente Sein in allen Wesen, allen Dingen, überall im Kosmos, dann erkennt, fühlt und erfährt er mit dem Licht der göttlichen Intelligenz in sich, mit demselben Licht, das auch in Sonne und Sternen ist. Er erkennt, dass die sichtbare Schönheit in der Natur und im Kosmos eine Widerspiegelung der Schönheit des Selbst, des göttlichen Geistes in ihm ist. Er erkennt, dass die Macht, die von außen kommt, um ihn anzugreifen, seine eigene Macht und in ihm selbst ist. Er erkennt, dass der Atem, der in seine Nase einströmt, derselbe ist, der durch die Nase von Billionen Geschöpfen strömt und schon vor Jahrmillionen Menschen belebte. Er erkennt, dass die Liebe im Herzen der ganzen Menschheit und der ganzen Natur dieselbe ist wie die Liebe in seinem Herzen. Er erkennt, dass die unwandelbare, ewige, zeitlose Wirklichkeit in ihm, die hinter seinem beobachtenden Bewusstsein steht, auch in allen Wesen ist. Er identifiziert sich so sehr mit dem göttlichen Geist im ganzen Kosmos, in allen Geschöpfen groß und klein, dass er völlig kosmisch denkt, fühlt, handelt, lebt. Er hat kosmisches Bewusstsein erlangt.

Das große "Ich bin" 

Kosmisches Bewusstsein ist jener Zustand unseres inneren Bewusstseins, in dem wir unmittelbar erfahren und erkennen:

"Er, der hier im Herzen ist, und Er,
der dort in der Sonne ist, ist Einer nur!"

Maitreya Upanishad 

Wie ist das Göttliche in allen Wesen zugegen? - Nicht als eine Zelle unter den Millionen Zellen des Gehirns, sondern als eine subtile Essenz, ohne die keine Zelle Leben hat. Das Göttliche ist in allen Wesen als die subtilste Essenz, die unsichtbare, supra-subtile, allschöpferische Essenz gegenwärtig, die Bewusstsein, Wahrheit, letzter Zeuge ist.

Im kosmischen Bewusstsein haben wir die unmittelbare, bewusste Erfahrung desselben Bewusstseins, desselben Selbst in allem, was für uns im Kosmos sichtbar ist. In diesem hohen Bewusstseinszustand erfahren wir das göttliche Selbst, das "Ich bin", die Wirklichkeit, das göttliche Sein, das die Quelle von allem ist, Grundlage und Kulminationspunkt aller Manifestation. Tatsächlich scheint die ganze Schöpfung um dieses zentrale "Ich bin" zu kreisen, an dieses schöpferische Prinzip gebunden zu sein. Wie die Planeten um die Sonne, so kreist die ganze Schöpfung um dieses zentrale "Ich bin". Der Baum sagt: "Ich bin", der Vogel sagt: "Ich bin", der Stern sagt: "Ich bin", alles und jedes sagt: "Ich bin", weil alles ist.

Wo immer wir uns befinden, ob allein oder unter Menschen, wir wissen, dass wir sind. Etwas tief drinnen in uns sagt: "Ich bin" und das "Ich bin" in Dir, das "Ich bin" im Baum, in allen Wesen, ist ein und dasselbe. Es gibt nur ein einziges "Ich bin", und dieses ist die Grundlage aller Erfahrung.

Dass du bist, ist die erste Tatsache in diesem Selbst-Gewahrsein. In dieser Erkenntnis, dass Du bist, liegt die Wahrheit. In unserem unbedeutenden, vergänglichen Körper, unserem Namen, unserer Ego-Persönlichkeit sind wir verschieden voneinander, sind wir von allem getrennt. Doch das "Ich bin" in allen ist ein und dasselbe. Darin sind wir eins mit allem. Das Ego, das Körperempfinden, der Name, die Form sind Ursache unserer Begrenzungen und Probleme und der Grund allen Unglücks, aller Disharmonie. Der normale Mensch betrachtet sich immer in Bezug auf seinen Körper, seinen Besitz, auf das, was er an der Oberfläche hat oder nicht hat, zu sein und zu haben scheint. In dieser kleinen menschlichen Persönlichkeit, in diesem Körperbewusstsein ist jeder Mensch ein Sünder, abgeschnitten von der Wahrheit, die in jedem und allem zugegen ist. Im "Ich bin" sind wir alles, sind wir eins mit der ganzen Schöpfung. Im "Ich bin" ist Alpha und Omega, im "Ich bin" ist jeder das Alpha und Omega.

Jener, der - obschon im Körper lebend - voll bewusst in diesem "Ich bin" verwurzelt ist, kann als Weiser, als Mystiker bezeichnet werden. Für ihn, der kosmisches Bewusstsein erlangt hat, ist die ganze Natur durchpulst von diesem Selbst, diesem "Ich bin", denn jedes Phänomen birgt in sich selbst die Gegenwart des noumenalen Selbst. Dieses göttliche Selbst oder Sein ist das schöpferische Prinzip, das alles ins Dasein gebracht hat, alle Universen und was sich in ihnen befindet; und es ist daher auch in allem mit all seinen Vollkommenheiten gegenwärtig.

Jeder Mystiker oder Weise erkennt das "Ich bin" als das All in allem: ungeteilt und ewig, allgegenwärtig, unendlich, das Eine im Vielen - und dass die Vielen in dem Einen sind. Er weiß auch, dass dieses Eine überall ist, im Stoff, im Raum, in allen Wesen und Dingen. Es allein ist, und obwohl in allem und als alles zugegen, ist es doch nicht das Viele, sondern das Eine!

Er weiß, dass nur ein Sein überall ist - das göttliche Sein. Er erkennt die ganze Schöpfung als eine Manifestation der göttlichen Intelligenz in der göttlichen Intelligenz, und überall nimmt er das Wirken dieser göttlichen Intelligenz wahr. Er erkennt sich selbst in seinem innersten Wesen als eine Manifestation und Gestaltwerdung der höchsten Intelligenz, des göttlichen Seins. Er weiß, dass die vielen Dinge, die er sieht, zeitliche Gestaltungen ein und desselben gestaltlosen göttlichen Seins in seinem eigenen Selbst, das das Selbst des Göttlichen ist, sind, dass sie strukturell miteinander verbunden sind. Er erfährt dies, daher kann er sagen: "Der ferne Stern ist strukturell mit mir verbunden; ein winziges Tierlein irgendwo im australischen Busch oder in den Meerestiefen steht mit mir in struktureller Beziehung. Der Mond und die Sonne, die Planeten, die Wolken, der Wind, die ganze Menschheit, alles sind Strukturen, die mit mir in Beziehung stehen, und ich in Beziehung mit ihnen. Sie alle haben teil an der unendlichen Stille, dem Frieden und dem schöpferischen Bewusstsein, aus dem auch ich gebildet bin."

Als Beispiel möge der 'Sonnengesang' des heiligen Franziskus von Assisi dienen, um klar zu machen, wie stark dieser Heilige das Einssein aller Dinge erfuhr! Alle Sorgen und Ängste der Menschen, all ihre Freuden und Leiden, all ihr Gutes und Böses sind nur zeitweilige Strukturen, die in ständiger Veränderung begriffen sind. Sie hören auf zu bestehen, sobald wir des einen göttlichen Prinzips, des einen unendlichen Geistes, des Selbst in allem, gewahr werden.

"Das Selbst ist die absolute Wirklichkeit"
Svetasvatara Upanishad

Das Selbst wird transzendent genannt, weil es größer und weiter als das Universum ist, das ganze Universum transzendiert und dennoch auch im Universum ist. Dieses transzendente Selbst ist das höchste Subjekt, die Substanz an sich, aus der Zeit und Raum bestehen. Es ist all das, was erschaffen ist, und dennoch auch etwas, das über alles hinausreicht, also transzendent ist und durch nichts Erschaffenes berührt werden kann. Es ist unendlich, unbegrenzt, absolut, vollkommen, über alles schön. Seine unendliche göttliche Intelligenz drückt sich in winzigem Maße durch die Intelligenz des Menschen aus, und seine unendliche Liebe ist in bescheidener Weise im Herzen einer Mutter wirksam. Es ist ein allgegenwärtiges Sein, dessen transzendierendes Wesen überall ist. Es ist eine allwissende Wirklichkeit, deren allsehendes Auge überall ist. Es ist Bewusstsein, das unbegrenzt und allvollkommen ist. Es ist die transzendente Realität, welche die Grundlage aller Mächte, Kräfte, Energien des Werdens und Bestehens des Universums ist. Es ist der Ursprung aller Formen von Erkenntnis und Wissen. Es ist die unendliche, universale, zeitlose göttliche Wirklichkeit, ein allwissendes Gewahrsein, das auf alles anspricht, reagiert. Es ist unendliche göttliche Liebe.

Die beste Beschreibung Gottes oder des göttlichen Bewusstseins oder des transzendenten Selbst ist Glückseligkeit. Da die Welt durch das Göttliche in Erscheinung trat und von Ihm in Ihm erhalten wird, vibriert jeder Punkt des Raumes mit Freude, mit unendlicher Freude. Es gibt weder einen Punkt im Universum noch in der transzendenten Wirklichkeit, in dem diese Glückseligkeit nicht in all ihrer Unendlichkeit gegenwärtig wäre! Glückseligkeit ist tief in uns selbst vorhanden, ist das höchste Bewusstsein in uns selbst, das wahre Kennzeichen der Einheit von Bewusstsein und Sein in uns! Daher bedeutet das Erkennen unseres transzendenten Selbst zugleich auch das Erlangen höchster Seligkeit.

Transzendentes Bewusstsein

Kosmisches Bewusstsein ist einer der Zustände göttlicher Erfahrung. Dieser geistige Zustand, in dem wir das immanente Selbst in uns, im Universum, in allen Dingen erfahren, ist seinerseits noch nicht die höchste Erfahrung; denn selbst da gibt es noch Dualität: jemanden, der sich des inneren Erfahrenden und der Erfahrung selbst bewusst ist, das Ich. Jenseits davon liegt der transzendente Bewusstseinszustand. Wenn sich die innere Stille vertieft und das Ich sich in diesen Erfahrenden hinein auflöst, dann bestehen wir nur noch als reiner Erfahrender: Wir sind zum Erfahrenden geworden. Dann erst sind wir in den transzendenten Bewusstseinszustand "eingedrungen", in dem der Meditierende, das Objekt, über das meditiert wird, und der Meditationsvorgang eins werden. In anderen Worten: Es ist jener Zustand, in dem der Erkennende, der Erkenntnisprozess und das Erkannte ein und dasselbe sind. Dann erst haben wir volle Selbst-Verwirklichung; dann erst gewinnen wir unseren eigentlichen Zustand zurück, existieren als unser wahres Selbst! Das ist die vollkommene Erfahrung.

In diesem höchsten Bewusstseinszustand ist man im Unendlichen fest verankert. Keine Weltwahrnehmung als etwas von einem Getrenntes ist mehr vorhanden, kein Gegenstand, nicht einmal Gott als Schöpfer. Hier sind wir am Kulminationspunkt aller Erkenntnis und allen Lebens, aller Existenz angelangt. Das ist die Wissenschaft der höchsten Wirklichkeit.

Auf dieser Stufe des transzendenten Bewusstseins werden wir ins Herz und Sein der höchsten Gottheit zurückgeholt und erfahren die Einheit mit der Gottheit. Unser Wesen wird zum Wesen der göttlichen Wirklichkeit. Wir erschauen das Universum mit den Augen des Göttlichen. Wir begegnen in jedem Menschenherzen der Gottheit. Wir werden zur göttlichen Persönlichkeit, die unaufhörlich umwandelndes göttliches Licht ausstrahlt. Alles in uns ist sublimiert und umgewandelt in göttliche Natur und Wesensart. Gottes Sein und Leben beginnen durch uns zu wirken. Wir sind am Ziel der Evolution angelangt.

Diese Art Erfahrung, diese Art von Auflösung der menschlichen Individualität und deren Aufgehen im unendlichen All wurde einigen der größten Mystiker und Weisen gewährt. Einer von ihnen fasst diese Erfahrung in kurzen Worten zusammen: "Sobald ich meine Augen schließe, höre ich auf, die Welt zu erfahren. Ich ziehe mich in einen kontemplativen Zustand zurück, in dem ich mich wie der Eisberg unter der warmen Sonne in das unendliche All-Ganze auflöse, und es folgt die unbeschreibliche, grenzenlose Freude, mich selbst als das unendliche 'Alles' zu erkennen. Alles ist Ich - "Ich bin" alles. Nichts ist außer diesem Ich, dieser unendlichen Wirklichkeit, dem Königreich Gottes, dem Selbst, der Seligkeit der höchsten Wahrheit."

Einheitserfahrung, Selbst-Verwirklichung geht im Bruchteil eines Augenblicks vor sich. Wenn unser Wesen vorbereitet ist, leuchtet plötzlich die Erkenntnis des Selbst auf. In dieser Licht-Erfahrung löst sich der persönliche Bereich des individuellen Selbst in das universale Selbst, den letzten Erfahrenden, auf. Dieser Erfahrende steht nur für die erste Person Einzahl, nämlich 'Ich'. Er ist ein Erfahrender ohne ein Erfahrungsobjekt, ohne einen Vorgang der Erfahrung. Er ist völlig und vollkommen in sich selbst. Das ist alles. Er ist einfach da, bloße Existenz, reines Sein. Nichts befindet sich in diesem reinen Sein, es ist eines ohne ein zweites: unendlich, absolut, ohne Erfahrungsobjekte, und dennoch - oder gerade deshalb - voll von reinster Seligkeit, Frieden und Schönheit. Der so Erfahrende erfährt die Wirklichkeit als Wirklichkeit in der Wirklichkeit und geht in dieser Wirklichkeit auf - doch nicht im Sinne eines Verlustes von etwas, sondern eines Einswerdens mit dieser Wirklichkeit. In dieser Erfahrung ist Bewusstsein in vollkommenster Vereinigung mit Sein.

Die Seele ist von all ihren Begrenzungen frei geworden und eins mit dem Selbst, dem Seher. Da sie zum Selbst geworden ist, kann sie in der Welt auch Individualität annehmen und Werke ausführen, kann die Welt erfahren und in dieser Welt die Erhabenheit, die Größe, das Licht, das Glück und den Frieden des Selbst zum Ausdruck bringen. Wichtig: Während der Erfahrung selbst hat sie kein Bewusstsein von sich als individueller Wesenheit mit Begrenzungen, es herrscht nur das Bewusstsein vom Selbst als unendliches Individuum ohne Grenzen. Auch nach der Selbstverwirklichung besitzt die Seele wohl eine Individualität, aber es ist eine unendliche Individualität.

Auf diese Weise bewegt sich ein endliches menschliches Wesen aus der begrenzten Individualität in die unendliche Individualität hinein.

Gotterfahrung, Selbstverwirklichung heißt nicht, dass man alles aufgibt, sondern dass man alles gewinnt und von allem Positiven in seiner Absolutheit erfüllt wird. Der Mensch verliert dabei nichts außer seine Begrenzungen, gewinnt aber alles. Wenn er nach der Erfahrung des Göttlichen, des Unendlichen, des höchsten und einzig wirklichen Subjekts, wieder in die Welt zurückkehrt, um hier zu wirken, lebt er wohl wie andere Menschen auch in Begrenzungen, diese aber bilden kein Karma mehr für ihn. Er gleicht insofern nicht mehr den gewöhnlichen Menschen, und auch Begrenzungen gelten nicht mehr für ihn. Er ist nicht mehr an Begrenzungen gebunden, sondern beherrscht sie nach Belieben, während andere Menschen deren Opfer sind. 

Wenn man Erkenntnis des Sehers, des Selbst hat, wird das Leben leicht, weil man es dann unverkrampft lebt. Zuvor war das Leben mühsam und anstrengend, eine Bürde und Herausforderung, stets problematisch, trotz aller kleinen Annehmlichkeiten. Wenn jedoch das Selbst einmal erfahren ist, gibt es kein Problem, keine Schwierigkeit und kein unverständliches Rätsel mehr. Das Leben wird dann von steter, sich selbst erhaltender, aus sich selbst hervorströmender innerer Freude getragen. Es ist dann vollkommen licht, klar und rein.

Tausend Wahrheiten zeigen sich sodann unverhüllt, liegen offen vor uns und erschließen die Geheimnisse des Lebens und Bewusstseins. Man beginnt zu verstehen, und das mit einer Gewissheit, die nur durch unmittelbare Erfahrung zu erlangen ist. Wir erkennen, dass die Gottheit, die wir erschauen, nicht nur im Menschen ist, sondern das Göttliche selbst unser ganzer Erfahrungsbereich ist. Und erkennen heißt hier 'Sein' - wir sind, was wir erfahren - im Gegensatz zur dualen Erfahrung, in der das Objekt stets vom Erfahrenden verschieden ist.

So kommt der Weise durch den Hochflug innerer Meditation und Kontemplation zur objektlosen Erfahrung. Der Erfahrende erfährt sich selbst als sich selbst. Er befindet sich in einem Zustand wesenhafter Existenz - reinen Seins. Der Erfahrende allein ist ... Darüber kann weiter nichts ausgesagt werden, ohne die Wahrheit dieses erhabenen Zustands zu verfälschen und zu zerstören!

In uralten vedischen Zeiten, Jahrtausende vor dem Heraufdämmern der christlichen Ära, hat eine Hausfrau namens Lopamudra das göttliche Sein verwirklicht, das Selbst erfahren und in der Ekstase ihrer vollkommenen inneren Verwirklichung und Erfahrung in erhebender Sprache unsterblicher Dichtkunst die Worte hervorströmen lassen:

"Ich bin" das Zeitlose. Durch meine Macht geschieht es, dass Sonne, Mond und Sterne leuchten. "Ich bin" die Macht, die das Universum erhält. Ich war vor allen Göttern. "Ich bin" das Höchste. "Ich bin" die unsterbliche Existenz. "Ich bin" Quelle und Mittelpunkt des unendlichen Bewusstseins und der unendlichen Schönheit. "Ich bin" die Ursache und das Sein allen Lebens. Durch mich allein denkt jeder Geist und fühlt jedes Herz."

Wie konnte sie höchste Meisterschaft über alles Erschaffene erreichen? - Nur durch ihre innige und dynamische Vereinigung und Einheit mit dem höchsten Vater, dem supramentalen, überkosmischen Selbst, dem einen, unteilbaren und alles in sich enthaltenden absoluten Sein. 

Für den modernen Menschen ist es nicht leicht, das zu verstehen, doch wenn er sich nur ein wenig auf eine höhere Erkenntnisebene begeben kann, ist es schon möglich, solche außergewöhnlichen Aussagen, die aus der Erfahrung innerer Einheit mit der höchsten Gottheit strömen, zu begreifen. Jene Frau war vollkommen ins Gottbewusstsein versunken. Noch während sie im physischen Körper lebte, wurde ihr ganzes inneres Bewusstsein eins mit dem unendlichen Vater. Ihr Geist war aufgelöst im unendlichen Licht und in der höchsten Wirklichkeitserkenntnis. Ihr inneres Wesen gelangte zur Einheit mit der unbegrenzten absoluten Liebe. Der Tropfen des endlichen menschlichen Wesens, der sie war, hatte sich im unbegrenzten Meer göttlichen Bewusstseins aufgelöst, und somit konnte sie sich ihrer kleinen menschlichen Individualität nicht mehr bewusst sein.

Doch fand ihre Unendlichkeit herrlichen Selbstausdruck im täglichen Leben eines Menschen, der von allem begrenzenden, entstellenden, egoistischen Selbstbewusstsein befreit war. Tod, Krankheit, Begrenzungen irgendwelcher Art waren ihr unbekannt. Ihr Leben wurde zur Lobeshymne Gottes, zu einem Gesang zur Verherrlichung Gottes, gedichtet und gesungen von Gott selbst.

In ihr finden wir die Höhen göttlicher Erfahrung, zu der Selbstverwirklichung jeden geläuterten und erleuchteten, ganz von Frieden und Glückseligkeit erfüllten Menschen hinführt.

Mystisches Leben

Lasst uns nicht vergessen, dass das mystische Leben das abenteuerlichste und erregendste Leben ist!

Obwohl es von Plotinus als "Der Flug des Allein zum Allein" bezeichnet wurde, ist es ein Leben, das sich in der Ekstase des göttlichen Bewusstseins gründet. Es ist ein Leben, das im Leuchten des göttlichen Seins stattfindet. Es ist ein Leben, das in der Allmacht des Göttlichen zu Hause ist. Es ist ein Leben, das uns die Wunder erschließt, die sich im unendlichen Sein befinden. Es ist ein Leben, das uns ein zeitloses Bewusstsein vor Augen führt, von dem aus wir die Vergangenheit und die Zukunft der Welt, aller jenseitigen Welten und eines jeden Individuums auf der Erde beobachten können. Doch erschöpft die erschaffene Welt nicht die Möglichkeiten der Gottheit. Es gibt Millionen unerforschter "Wohnungen" in jenem göttlichen Königreich. Es gibt Wahrheiten über Wahrheiten im Herzen der Gottheit. Es gibt Erfahrungsbereiche über Erfahrungsbereiche im Sein der Gottheit. All das wird zum Feld unserer Wahrnehmung, sobald wir unsere Schritte auf die mystische Erfahrung hinlenken. Vergessen wir auch nicht die Tatsache, dass die Gottheit oder das Königreich der Gottheit nicht fern von uns ist. Es ist ein Wesen, das hier bei uns ist - direkt in unserem innersten Herzen.

Mystiker besitzen eine Schau , die ihnen selbst das Haus, in dem sie sich gerade befinden, als das Königreich des Himmels offenbart und ihnen zeigt, dass die Menschen nicht Männer und Frauen, sondern herrliche Manifestationen und Gestaltungen einer allsehenden, allmächtigen, allvollkommenen, zeitlosen Bewusstseinswirklichkeit sind.

Jedes Wunder ist möglich; jedes Wunder ist möglich in der Unmittelbarkeit des Jetzt. Alle Kräfte und Wesenheiten des Königreichs Gottes sind hier anwesend. Alles ist in jedem, jedes ist in allem. Eine völlig neue Welt endloser Macht, Anmut, Schönheit, Wahrheit und Wirklichkeit offenbart sich uns. Selbst durch die bloßen Sinne dieses physischen Körpers wären wir in der Lage, die unbegrenzten Freuden der Gottheit zu genießen. Obschon in einem physischen Körper lebend, können wir das Gemüt in ein allsehendes, umfassend intuitives Wesen und Bewusstsein auflösen. Wir gewinnen Erkenntnis durch Identität, durch Einheit mit allem. Das ist eine herrliche Bestimmung, die sich jedem Einzelnen von uns darbietet.

Lasst uns auch nicht vergessen, dass die größten Mystiker Europas noch nicht geboren worden sind, das heißt, sie müssen aus euren Reihen erstehen. Mystiker gab es in der Vergangenheit nur wenige. Europa wird in Zukunft weit mehr und größere Mystiker hervorbringen als in früheren Zeiten. Die Schätze des höchsten Bewusstseins, das der Vater im Himmel ist, sind nicht erschöpft: Sie sind unbegrenzt, unerschöpflich, zeitlos. Der Vater, oder die höchste Gottheit, verliert nichts, wenn Er der Welt hundert Mystiker schenkt.

Die zukünftigen Mystiker und Propheten werden mit Sicherheit weit wunderbarer sein als jene, die wir in der Vergangenheit gesehen haben. Denken wir auch daran, dass es in der höchsten Gottheit lange vor unserer gegenwärtigen Schöpfung schon Trillionen von Weltmanifestationen gegeben hat. Das unendliche Bewusstsein ist höchst erstaunlich, unbeschreiblich und unaussprechlich.

Frage:

Sivananda sagt, dass selbst unsere Schwächen, schweren Unvollkommenheiten und Fehler unseren spirituellen Fortschritt nicht verhindern können; denn sie werden von der Gnade Gottes beseitigt. - Was ist Gnade?

Swami:

Gnade ist die Kraft des Göttlichen, die du in dir selbst empfängst. Gnade ist das Licht des Göttlichen, das du in dir selbst empfängst. Gnade ist die Aufmerksamkeit des Göttlichen, die du suchst. Gnade ist die Intensität, mit der du dich dem Göttlichen zuwendest. Gnade ist deine Nähe zu Gott, der in dein Leben gekommen ist. Gnade ist nichts anderes als ein Ausdruck deiner intensiven Liebe zum Göttlichen. Gnade ist nichts anderes als deine Offenheit dem Göttlichen gegenüber und die Antwortbereitschaft des Göttlichen auf deine Offenheit.

Wenn deine Offenheit dem Göttlichen gegenüber groß ist, wenn dein Verlangen nach dem Göttlichen groß ist, wenn deine Liebe für das Göttliche zunimmt, wenn du der Begrenzungen und Freuden des Lebens überdrüssig bist und nichts anderes mehr verlangst als die Vollkommenheit, Kraft, Weisheit, Stärke des Göttlichen, dann steigt die göttliche Gnade auf dich herab. Dann wirst du jeden Tag in das Bewusstsein des Göttlichen, in die Erfahrung seiner Gegenwart geleitet.

Wenn du die obgenannten Bedingungen erfüllst, wo sind dann deine Unvollkommenheiten und Fehler? Setzt nicht jeder Schritt auf dem Pfad des Fortschritts die Zerstörung einiger Unreinheiten, Fehler und Unzulänglichkeiten voraus? - Lass dich deshalb nicht von deinen Unvollkommenheiten, Schwächen und Begrenzungen erschrecken! Ich bitte dich, nicht von deinen Sünden zu sprechen, aber ich bitte dich auch, nicht mehr zu sündigen. Halte dich daran und du wirst die Gnade des Göttlichen erlangen und dein geistiger Fortschritt ist sichergestellt.

Göttliche und menschliche Liebe 

Wahres Leben ist ein Leben in wahrer Liebe, ein Leben in Gott. Gott und wahre Liebe sind ein und dasselbe. Die Liebe der Menschen ist überhaupt keine Liebe, man nennt sie aus Höflichkeit Liebe, obwohl sie blind ist und mit Liebe nichts zu tun hat. Alle Dichter der Welt, die Schriften aller Kulturen der Welt bringen deshalb zum Ausdruck, dass die menschliche Liebe blind sei.

Aber wahre Liebe ist nicht blind. Sie ist allsehend, rein, ungestört, alles segnend. Die menschliche Liebe ist blind, sie bringt negative Ergebnisse hervor, führt zu Sorgen und Leiden; die ganze Geschichte der Menschheit besteht aus den negativen Folgen der menschlichen Liebe, die Blindheit ist.

Wahre Liebe ist Gott selbst. Diese Liebe ist niemals blind. Sie ist absolut unabhängig und deshalb vollkommen selbstlos. Sie besteht ganz aus Erkenntnis und ist daher allsehend. Sie besteht ganz aus Kraft und triumphiert deshalb immer. Sie ist ganz Schönheit und Frieden und ist deshalb eine Quelle der Freude für immer und ewig.

Zeit ist eine gefährliche Sache

Zeit ist die Ursache des Glücks und Unglücks der Menschen. Sie macht Könige zu Bettlern und Bettler zu Königen. Sie macht einen guten Menschen zu einem schlechten und einen schlechten zu einem guten. Sie macht einen glücklichen Menschen unglücklich und einen unglücklichen glücklich. Der Name der Zeit ist Veränderung, und alle, die in der Zeit gefangen sind, erliegen dem Unglück, dem Elend und der Qual.

Versuche die Zeit zu besiegen, indem du dich mit Gott verbindest, der zeitlos ist, und schätze den Wert der Zeit über alles! Jede Minute ist kostbar, jede Sekunde ist kostbar, und mit jeder Tat, jedem Gedanken oder Gefühl, die wir so in jede Minute packen, bestimmen wir unser zukünftiges Geschick. Es geht sowieso schon aufgrund schlechten Karmas das halbe Leben durch den Schlaf verloren und wird vertrödelt durch körperliche Sorgen. Es gibt so viele Ablenkungen im Leben - ein Tag geht verloren durch Kopfweh, ein anderer durch Magenbeschwerden, ein dritter durch irgendeinen Unsinn. Die Zeit ist sehr kostbar, und wenn wir nicht sehr dynamisch und intensiv in unseren spirituellen Praktiken sind, wird unser Verlust groß sein.

Da wir also das Wesen, den Wert und den Geist der Zeit erkannt haben, lasst sie uns vollkommen, intensiv und ruhelos nutzen! Wenn das Herz nicht an ein großes Ideal gebunden ist, kann es keinen wahren Fortschritt geben.

Schau dir die Welt an: Es gibt so viele Friedenskonferenzen, alle Nationen haben die letzten dreihundert Jahre hart darum gerungen, Harmonie untereinander herzustellen.

Je mehr sie aber versuchen, Frieden herzustellen, desto mehr Krieg, internationale Missverständnisse und Katastrophen gibt es in der Welt. Wirklicher Frieden und wirkliches Glück oder wirkliche Harmonie können nur durch ein spirituelles Leben erreicht werden. In letzter Analyse können nur spirituelle Zentren wie unseres wahren Frieden in der Welt verbreiten.

Gottvertrauen

Deine Arbeit ist göttlich, weil du sie mit all deiner Liebe für das Göttliche verrichtest. Das ist genug!

Lass Gott planen! Morgen wirst du vielleicht Schuhe brauchen oder einen Regenschirm ... Lass Gott sich darum kümmern und er wird dir alles zur rechten Zeit bringen!

Möglicherweise brauchst du in fünf Jahren eine größere Summe Geld ... Gott weiß das; plane nicht, woher du das Geld nehmen sollst, denke nicht an die Zukunft! Er kennt die Zukunft schon und plant alles für dich. Er wird dir alles bringen, was wesentlich für dich ist. Du solltest jedoch nicht den Clown spielen und so dummköpfig sein und erwarten, dass Gott dir die Zahnpasta bringt, die du brauchst, und sie dir zu Hause auf den Tisch legt.

Machen wir uns keine Sorgen um die Zukunft - Gott kümmert sich darum! - Das gilt nicht für die weltlichen Leute! Aber sobald wir uns ganz Gott zuwenden, geht unser Leben in die Verantwortung Gottes über - Er arbeitet für unser Wohlergehen, Er plant jede Minute für uns und unsere Zukunft.

Vertiefen wir uns deshalb in göttliche Arbeit, ohne an die nächste Stunde oder an morgen zu denken! - Das ist der Weg zu schnellem Fortschritt.

In der Gegenwart leben

Kümmere dich um diese Minute, und die Zukunft wird für sich selbst sorgen!

Wenn du in dieser Minute gut bist und in und für Gott lebst, wirst du sicher in einigen Jahren der Welt größter Heilige sein.

Bist du aber in dieser Minute niedergeschlagen, besorgt, problembeladen und traurig, kannst du mit Sicherheit annehmen, dass dein ganzes Leben eine Geschichte der Tränen, des Unglücks und des Gegensatzes zwischen Lachen und Weinen sein wird.

Pass deshalb gut auf, dass du in dieser Minute im Einklang mit Gott bist!

Wahre Unabhängigkeit 

All diese Ideen von Reichtum und Glück, die du in der äußeren Welt suchst, von denen du dir Glück, Freude, Frieden, Kraft und Schutz für die Zukunft erhoffst, sind eitle, dumme Gedanken! Damit baust du dein Haus auf Sand!

Der Mensch, der in Harmonie und Einheit mit dem Göttlichen lebt, braucht nichts zu fürchten. Er hat keine Furcht und keine Probleme, er ist von allem unabhängig - absolut unabhängig von Menschen, Dingen und sogar von seinem eigenen Körper. Eine solche Unabhängigkeit ist wahre Unabhängigkeit. Eine solche Unabhängigkeit allein kann man Unabhängigkeit nennen, alles andere verdient diesen Namen nicht.

Jede Person in Raum und Zeit ist von irgendetwas abhängig; nur der göttliche Mensch ist jenseits von jeder Abhängigkeit.

Die Welt als Traum 

Wie jemandem ein Traum im Wachzustand unwirklich erscheint, so ist für den durch Gotterfahrung Befreiten die ganze Welt wie ein Traum, der schon vorbei ist. Er beeinflusst ihn nicht und kann seine innere Begegnung mit dem Reichtum Gottes und die Freude, die daraus fließt, nicht verhindern. Die Welt kann seinen inneren Zustand voll Frieden und Schönheit nicht beeinträchtigen. Tod und Leben, Krankheit und Unglück, ein ungünstiges Schicksal - sie alle haben keinen Einfluss auf ihn. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft - sie stehen vor ihm wie ein leerer Schatten, der ohne Bedeutung und Wirkung für ihn ist.

Er nimmt Abstand von allem, und das ganze tägliche Leben lebt er von diesem inneren Standpunkt des Abstands aus. Nichts ist für ihn wirklich außer eines: die Erfahrung der ewigen und unendlichen Wahrheit.

 

Gott ist immer hier 

Erkenne die Wahrheit, dass Gott jetzt bei dir ist. Du bist nur nicht in der Lage, Ihn zu sehen.

Es gibt keine Entfernung für Gott. Er ist überall zur gleichen Zeit. Es gibt keine Entfernung für den Raum. Es gibt eine Entfernung von Wolke zu Wolke, von Planet zu Planet, von einem Punkt zum andern, aber für den Raum selbst gibt es keine Entfernung; er ist überall, er ist einer, in ihm gibt es keine Entfernung.

Ebenso gibt es keine Entfernung für Gott. Entfernung tritt auf, wo zwei Dinge sind, das eine vom andern getrennt; dann gibt es einen Abstand zwischen beiden. Für den Raum existiert Entfernung nicht. Was auf weit entfernten Planeten geschieht - er weiß es sofort. Er ist gleichzeitig hier auf der Erde und auf der Venus, auf anderen Sternen und in fernen Galaxien.

So auch Gott: Wohin du auch gehst, Er ist da - zur gleichen Zeit ist Er hier, dort und überall.

Gott ist da, und seine Gegenwart ist für das reine Herz sichtbar. Wenn du Ihn nicht sehen kannst, dann wandle dein Herz um und du wirst Ihn erblicken!

Gehe nicht nach Rom oder Jerusalem, um Gott zu sehen, auch nicht in den Himalaya! Er ist da, wo du bist! Erkenne diese Wahrheit! In Ihm gibt es keine Entfernung. Gott, der Abraham erschienen ist, ist immer noch hier; Gott, der dem Moses erschienen ist, ist immer noch hier. Er ist seither keine Sekunde älter geworden. Er ist der Eine ohne ein Zweites. Er allein ist.

Sei aufrichtig, selbstlos - und deine Freude wird groß sein. Versuche, dich für diese wunderbare Gotterfahrung zu qualifizieren. Sprich mit Gott, der jetzt hier ist, dem Einen ohne ein Zweites, der für das Innere Herz sichtbar ist.

 

Göttliche Dinge unterstehen der Kontrolle von Gottes Gnade 

Wir können nicht sagen, dass wir jetzt meditieren wollen, und dann fangen wir an zu meditieren. Es kann jede beliebige Ablenkung dazwischenkommen, die es uns unmöglich macht zu meditieren; doch selbst, wenn es uns gelingt zu meditieren, heißt das noch nicht, dass es eine gute Meditation wird. Unsere Meditation mag völlig von Ablenkungen verdorben werden.

Denke darum daran, dass all die wunderbaren Dinge im Leben wie Meditation, für Gott zu arbeiten, im Ashram zu leben, nur durch die Gnade Gottes erlangt werden können. Damit die Gnade nicht schnell vorübergeht, liebe das Göttliche mit immer größerer Hingabe! Diene dem Göttlichen immer mehr! Klammere dich an das Göttliche wie der Blutegel sich an die Haut des Menschen klammert! Tust du das nicht, besteht die Gefahr, dass du aus der Gnade Gottes herausfällst. Das wäre eine große Tragödie! Strenge dich an, bringe außergewöhnliche Opfer, vermehre deine Reinheit, Weisheit und stärke deine Selbstkontrolle!

Gute Dinge geschehen durch gutes Karma; wenn das gute Karma zu Ende geht, fallen wir ab vom geistigen Pfad und landen als weltliche Menschen. Eine solche Tragödie sollte nicht eintreten!

Du musst dich so sehr an das Göttliche klammern, dass selbst dann, wenn dein gutes Karma erschöpft ist, Gott sich gezwungen sieht, dein Karma wieder mit seiner Gnade aufzufüllen und dich vor einem Fall zu schützen.

Alle wunderbaren Dinge geschehen durch die Gnade Gottes. Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Es geschieht durch Gottes Gnade. Er ist es, der spricht.

 

Selbsterforschung

Der Wahrheitssucher beobachtet sich immer selbst. Der Mensch im Allgemeinen beobachtet stets andere, schaut, was sie tun, wie sie sich verhalten, wie sie reagieren, wie sie gekleidet sind, was sie sagen - immer denken sie an andere! Der Wahrheitssucher wendet seine Aufmerksamkeit sich selbst zu. Er stellt sich die Frage, wieviel Fortschritt er an diesem Tag gemacht hat, wie er den Tag verbracht hat, ob er seine Fähigkeiten optimal im Dienst des Göttlichen eingesetzt hat, was er unternehmen könnte, um noch besser voranzukommen. Auf diese Weise erforscht der Wahrheitssucher sich selbst.

Wir können andere nicht direkt besser machen, aber wir können uns selbst bessern. Uns selbst zu bessern ist unsere größte Pflicht der Gesellschaft gegenüber - eine größere gibt es nicht. Wirst du ein besserer Mensch, wird auch die Gesellschaft eine bessere.

Dein größter Beitrag zur Förderung der Gesellschaft ist es nicht, die Armen mit Kleidern und Nahrung zu versorgen, sondern, dich selbst zu bessern. Wenn du das tust, entwickelst du dich geistig weiter, und automatisch wird Gottes Gnade in dich einfließen; du wirst zu einem Licht in der Welt, das Millionen Segen bringt, und kannst der Menschheit in der rechten Weise beistehen. Das Königreich des Himmels tritt in dich ein und drückt sich durch dich aus. Die Weisheit spricht ständig zu dir vom Zeitlosen und Ewigen.

Um in einer endlichen Welt der Namen und Formen leben zu können, braucht der Mensch die Kraft und Stärke des Unendlichen, Ewigen und Formlosen. Ohne einen Halt am Formlosen kann das Leben in dieser Welt der Formen nicht zur vollkommenen Kunst und Wissenschaft heranreifen.

Es ist notwendig, ein Herz voller Hingabe an das Göttliche und Gottesliebe zu haben - diese beiden sind überall zur Hand. Wenn diese beiden da sind, ist alles andere unnötig!

Frage:

In der Meditation fällt es mir äußerst schwer, Gedanken fern zu halten. Ich glaube, an überhaupt nichts zu denken, ist einfach unmöglich!

Swami:

Es verrät einen großen Mangel an psychologischer Einsicht in das Wesen des menschlichen Geistes, wenn dir jemand den Rat gibt, dich als Vorraussetzung zur Meditation vom Denken zu befreien und dein Gemüt leer zu machen.

Es ist tatsächlich eine grosse Dummheit, denn das Gemüt ist seinem Wesen nach Gedanke! Es ist nichts ohne Gedanken und kann deshalb auch nie ohne Gedanken sein! Und somit ist es unsinnig zu versuchen, das Gemüt leer zu machen.

Es ist nicht die Stimme der grossen Mystiker, die uns zu dieser Technik rät; es sind im Gegenteil Leute, die selbst nie das Gemüt von Gedanken frei gemacht haben, die uns dieses Vorgehen empfehlen. Es ist schlicht der falsche Weg! Bei dem ganzen Vorgang gibt es ein Problem: Du befasst dich ständig mit dem Gemüt und solange du das tust, kannst du das Gemüt nicht frei von Gedanken machen; du bleibst in einer Spirale des Denkens gefangen, in der der Denkende versucht, sich selbst hinwegzudenken, was absurd ist, wie du selbst sehen kannst.

Wie aber kann das Gemüt dann bezwungen werden? - Es gibt einen Weg: Das Gemüt besteht aus Gedanken. Gemüt ist dasselbe wie Gedanken, ein Bündel von Gedanken. Was ist sein Leben, sein Geist? - Sein Leben, sein Geist, sein Wesen ist Gedanke, Gedanken über dies und jenes - hundert Millionen Gedanken, Das Gemüt ist etwas, das immer Gedanken hat, das immer als Gedanke existiert. Wenn du nicht an den Tag denkst, denkst du an die Nacht! Da Gedanken das Wesen und den Inhalt des Gemüts bilden, zerstören wir das Gemüt, wenn wir die Gedanken zerstören, was aber unmöglich ist, denn, wenn ein Gedanke ausgelöscht ist, tritt sofort ein anderer an seine Stelle.

Die Lösung des Problems ist folgende: Anstatt mit endlichen Gedanken zu leben, Gedanken an dies und das, können wir das Gemüt mit Gedanken an Gott füttern. Anstatt dem Denken Objekte aus Raum und Zeit zum Nachdenken zu geben, konträre Dinge also, die sich in negativ und positiv spalten, können wir über Gott, über die Unendlichkeit des Seins und Bewusstseins nachdenken. Wir können uns in Gedanken mit Gott, dem Absoluten und Unendlichen, befassen. Was wird das Schicksal des Gemüts dann wohl sein? - Das arme Gemüt löst sich im Unendlichen auf! Es wird, an was es denkt.

Sobald das Gemüt sich im Unendlichen aufgelöst hat, und dieser Zustand mehrere Stunden aufrechterhalten werden kann, wirst du zum Unendlichen. Du bist nicht mehr Gemüt, denn das Gemüt ist verschwunden.

Wo ist dann die Begrenzung? - Lass das Gemüt auf diesem Pfad weitergehen, weitergehen, weitergehen - sich ins Unendliche ausdehnen!

Der Pfad des Lichts 

Der geistige Pfad ist ein Pfad des Lichts.

Nichtwissen ist Dunkelheit, Wissen ist Licht.

Nichtwissen macht aus dem Menschen einen Dummkopf. Was macht ein Dummkopf? - Er verwendet eine Zehn-Millionen-Note als WC-Papier! Eine solche Person nennt man einen Dummkopf, weil er keine Vorstellung vom Wert dieses Papiers hat. Er hat keine Idee vom Wert, den das Leben hat, und wie wertvoll es ist, ein Herz und eine Seele zu besitzen, welchen Wert es hat, als menschliches Individuum hier auf dieser Erde geboren zu sein und vom Sinn und Zweck einer solchen Geburt.

Gewöhnlich ist der Mensch ein solcher Dummkopf. Er kennt sein gegenwärtiges Leben, hat aber keine Ahnung von den Millionen Lebensläufen, die er schon durchlebt hat. Durch das Prinzip des Nichtwissens ist er von der langen Geschichte seiner Erfahrungen abgeschnitten. Alles, was er angesammelt hat, ist schon in früheren Leben wieder verblasst. Und er hat keine Ahnung von den endlosen zukünftigen Leben, die ihn noch erwarten.

Menschen mit großen göttlichen Gaben sehen die Zukunft. Die Zukunft ist jetzt hier, man kann sie sehen, aber der Mensch sieht sie nicht, denn er steht unter dem Einfluss des Nichtwissens, dieser großen Dunkelheit, die Vergangenheit und Zukunft mit einem Schleier zudeckt. Und das ist nicht der einzige schlechte Dienst, den das Nichtwissen dem Menschen erweist - es gibt Tausende davon. Es verdeckt alles. Du bist ein göttliches Wesen, das nicht atmen braucht, ein göttliches Wesen, das ohne Nahrung leben kann, ohne Körper; du kannst unbegrenzte Freude haben und ewiges Leben. Auch diese Tatsachen werden von deinem Nichtwissen verschleiert, zugedeckt, und du vergisst, hast nicht die leiseste Ahnung von ihrer Existenz. Und deshalb hältst du dich für einen Körper aus Fleisch, Knochen und Blut, der ein- und ausatmen muss, der altert und stirbt, der begraben oder verbrannt wird. Du hast das unsterbliche Leben, das du in dir hast, vergessen. Diese Tatsachen machen dich zum Narren. Wer ist für diesen Zustand verantwortlich? - Es ist das Nichtwissen, die Dunkelheit, die dich all das vergessen lässt, was du wirklich, in Tat und Wahrheit, bist.

Jeder Mensch lebt in einer schrecklichen Unwissenheit in Bezug auf die Vergangenheit und die Zukunft und weiß auch nicht, was die andern denken. Nur wenn diese ihre unsichtbaren Gedanken in Worten oder Handlungen ausdrücken, werden sie für ihn erkennbar.

Selbst ein Nobelpreisträger ist ganz in diese Dunkelheit der Unwissenheit eingetaucht. Das grundlegende, ursprüngliche Nichtwissen ist überall anwesend. Durch Erziehung kann man es nicht beseitigen. Dieses Nichtwissen kann nur durch Wachstum in geistiger Weisheit überwunden werden. Nichtwissen ist die Ursache unserer Gedanken und Gefühle: Hass, Neid, Gier, Geiz, Zuneigung, Abneigung - endlose negative Eigenschaften erheben sich aus diesem fundamentalen Nichtwissen.

Wenn du aber dein wahres Wesen erkennst, bist du von diesem Nichtwissen befreit. Je größer deine Geistigkeit ist, je heller deine Weisheit und das Licht des Göttlichen in deiner Intelligenz scheinen, desto geringer ist die Macht der Dunkelheit des Nichtwissens.

Überall ist das Antlitz der Göttlichen Gegenwart sichtbar, aber niemand sieht es, denn die große Dunkelheit des Nichtwissens deckt alles zu, entzieht unseren Blicken alles, was für ewiges Leben, ewiges Glück und ewigen Frieden notwendig ist. Der Mensch im Allgemeinen lebt in einem Ozean des Nichtwissens: innen, außen, oben und unten - überall nur Dunkelheit.

Sobald der Mensch die Freude der Weisheit, der Erkenntnis und des Lichts kennt, verschwindet die Dunkelheit des Nichtwissens. Dann ist er rein und ohne Beschwerden, für niemanden mehr eine Last, sondern eine Quelle des Segens für die ganze Schöpfung; sein ganzes Leben ist dem selbstlosen Dienen geweiht.

Wenn du die Freude der Hingabe kennst, die wahre Liebe ist, nimmt die Dunkelheit ab. Die Freude der Liebe zum Göttlichen und zur göttlichen Weisheit - diese zweifache Freude beseelt den Gottsucher und macht aus seinem Leben eine Ekstase und einen Himmel, macht ihn zu einer sehenden Person, zu einem Weisen.

Keine Aufgabe im Leben ist so wichtig und wertvoll wie diese Aufgabe, nämlich jede Art von Dunkelheit und Nichtwissen zu beseitigen. Der Sinn und Zweck jeder Meditation und aller spirituellen Disziplinen ist es, stetig zuzunehmen an Geistigkeit, Heiligkeit, Erkenntnis, innerem Frieden und innerer Freude, kompromisslosem Streben nach göttlichen Werten und schließlich die Verwirklichung des inneren, allvollkommenen Selbst, das Gott ist.

 Wissenschaftler von Rang über ihre spirituellen Ansichten

"So paradox es sich auch anhören mag, das heutige Wissen ist nicht imstande, der Menschheit den richtigen Weg zu weisen; das können meiner festen Überzeugung nach nur die Bewusstseinsedelsteine einer längst untergegangenen Epoche, eben das alte Wissen."

Paul Conrad; Professor für Mikrophysik

 

"Alle Pfade des menschlichen Geistes, alle Wege der Theorie und der Vermutung führen letztlich an Abgründe, die der menschliche Geist nicht mehr überbrücken kann. Der Mensch ist gekettet an die Bedingungen seines Seins, seiner Endlichkeit und seiner Natur. Je weiter er seinen Gesichtskreis ausdehnte, desto deutlicher musste er die Tatsache erkennen, dass wir, wie Niels Bohr feststellte, gleichzeitig Zuschauer und Schauspieler im grossen Drama des Lebens sind."

Lincoln Barnett; 'Einstein und das Universum'

"Das kosmische Erlebnis der Religion ist das stärkste und edelste Motiv naturwissenschaftlicher Forschung.

Meine Religion besteht in der demütigen Anbetung eines unendlichen geistigen Wesens, das sich selbst in den

kleinsten Einzelheiten kundgibt, die wir mit unseren schwachen und unzulänglichen Sinnen wahrzunehmen vermögen. Diese tiefe, gefühlsmäßige Überzeugung von der Existenz einer höheren Denkkraft, die sich im unerforschten Weltall manifestiert, bildet den Inhalt meiner Gottesvorstellung."

Albert Einstein; 'Einstein und das Universum'

 

Das Sri Suktam wurde vor etwa 12000 Jahren komponiert. Obwohl die Wissenschaftler und Gelehrten als Entstehungsdatum einen Zeitpunkt vor ungefähr 6000, höchstens 7000 Jahren annehmen. Selbst 12000 Jahre sind nicht zuviel geschätzt. Es wurde von den Sehern und Weisen empfangen (den Rishis des alten Indien). Solche Offenbarungen geschehen in einem völlig gereinigten Herzen; in einem Herzen, das von Kindheit an in höchster Geistigkeit aufgewachsen ist; in einem Herzen, das kompromisslos und durch Gelübde der Erfahrung des Göttlichen geweiht ist. Ein solches, von Natur aus kontemplatives Herz, dessen Gedanken und Gefühle aus der Erfahrung des Göttlichen aufsteigen, ist eine Quelle göttlichen Wissens. Es findet das ganze Universum in die Gnade und Gegenwart des Göttlichen eingetaucht. Innen und außen trifft es nur das Göttliche an. Ein Mensch mit solch einem Herzen ist ein Weiser, und einem solchen Weisen wurde das Sri Suktam offenbart, diese Komposition über das Göttliche. Niemand besitzt den Schlüssel zum Verständnis der Bedeutung dieser Hymne, es sei denn, er hätte Gotteserkenntnis.

Die Übersetzungen des Sri Suktam sind alle nur wörtlich. Selbst die größten unter den Gelehrten haben es nicht geschafft, diese Hymne zu verstehen oder richtig zu interpretieren. Alles, was sie zustande gebracht haben, sind wörtliche Übersetzungen, und diese helfen nicht weiter, im Gegenteil: Sie führen in die Irre und bringen einen höchstens zum Lachen.

Swami Omkarananda spricht über einige Stellen aus dem Sri Suktam:

Die Worte sharanye tryambake gauri haben im Prinzip dieselbe Bedeutung wie tam padminimim sharanam aham prapadye. Die Bedeutung ist: Ich nehme Zuflucht zu Dir, der Du im Lotos weilst, im Lotos unendlicher Vollkommenheit, im Lotos unendlichen Bewusstseins mit seinen tausend Blütenblättern von Kräften und Wundern. Ich nehme Zuflucht zum Göttlichen. Ich nehme Zuflucht zu Dir, o Padmini, o Gottheit. Ich nehme Zuflucht zu Dir, o Göttliche Mutter unendlicher Erkenntnis - tryambake - mit den drei Augen.

Jeder Mensch hat zwei Augen, deshalb lebt er in Begrenzungen. Er sieht weder Vergangenheit noch Zukunft; er sieht nicht alles und jeden zur gleichen Zeit. Die Göttliche Mutter sieht alles zur gleichen Zeit. Sie hat ein drittes Auge, das göttliche Auge. Das allwunderbare Auge, das überall und ewig ist, immer und ewig alles beobachtend. Zu dieser Göttlichen Mutter mit den drei Augen nehme ich meine Zuflucht.

Geistige Dinge müssen geistig verstanden werden. Geistige Dinge sind Aussagen über innere Erfahrungen. Ohne eine solche innere Erfahrung gibt es keinen Schlüssel zum Verständnis der Schriften. Wie gelehrt du auch sein magst, du wirst dumme Fehler begehen und dich von der wörtlichen Bedeutung der Texte eher abgestoßen fühlen. Sicher muss ein Gesicht mit drei Augen schrecklich aussehen! Aber das ist nicht, was gemeint ist, und kein Gesicht ist schöner als das des Göttlichen. Das dritte Auge ist schlicht das Auge der göttlichen Erkenntnis. Wenn du als Philologe die Bedeutung dieser Aussagen studierst, wirst du nicht anders können, als Fehler zu machen, was dazu führt, dass du aus dir einen Esel machst. Obwohl gesagt werden muss, dass der Esel in diesem Fall noch besser dran ist als du, denn er schädigt mit seiner Dummheit niemanden, du aber schädigst mit deinen Fehlinterpretationen andere und dich selbst.

Geistige Dinge müssen mit dem Auge der Hingabe gesehen werden, mit dem Auge der inneren Erfahrung; sie müssen durch das Medium geistiger Erleuchtung verstanden werden.

tam padminimim sharanam aham prapadye - zur Göttlichen Mutter, die der Lotos der unendlichen Vollkommenheit ist, nehme ich meine Zuflucht.

Der Name des Göttlichen ist ein Name, der alles möglich macht -sarvartha-sadhike. Zu dieser Göttlichen Mutter, die alles möglich macht, nehme ich meine Zuflucht.

Ich nehme nicht zum Ministerpräsidenten des Landes Zuflucht, auch nicht zum Reichtum des Landes. Viele besitzen großen Reichtum, sind aber trotzdem voller Armut, Schwierigkeiten, Probleme; sie sind arm an Charakterstärke, an Güte, an Weisheit, Frieden und Glück. Sie leiden unter allen möglichen Arten von Armut und sind deshalb Verkörperungen von alakshmi, das heißt von allem, was nicht Lakshmi ist, von allem, was dunkel und die Quelle von Leid und Sorge, von Versagen und Unglück ist. Und all das muss verschwinden!

nirnuda-me-grhat - Aus meinem Haus verschwindet alles, was alakshmi, was nicht Lakshmi ist. Lass alles aus meinem Wesen verschwinden, was schwach, dunkel, unglückverheißend ist! Möge Lakshmi in meinem Haus wohnen!

vasa-me-grhe - vasaya-me-kule - Möge Lakshmi in meinem Haus wohnen! Möge Lakshmi in meiner Familie wohnen! Möge Lakshmi in allen wohnen, die das Göttliche suchen!

Alle, die das Göttliche suchen, gehören zu meiner Familie; dabei spielt es keine Rolle, ob sie Moslems oder Christen, Weiße oder Schwarze sind. Wenn sie das Göttliche suchen, wenn sie von Lakshmi erfüllt sind, wenn sie also edle Eigenschaften haben, immer nach der Wahrheit trachten, sich immer im Licht des Göttlichen aufhalten - dann gehören sie zu meiner Familie.

Wenn du also alles loswerden willst, was dunkel, begrenzt und deshalb die Ursache von Problemen ist, dann musst du dich Lakshmi zuwenden. Du musst Lakshmi verehren, Sie anrufen, dich mit Ihr anfreunden, über Sie meditieren, Ihre Gegenwart fühlen und Ihr Wesen verherrlichen.

Der beste Weg, alle Begrenzungen loszuwerden ist, sich an die höchste Vollkommenheit - an Lakshmi - zu wenden. Sie ist der unendliche Reichtum der Weisheit, des Friedens, der Schönheit, des Wissens, der Stärke, der Intelligenz, aller Tugenden.

Sie müssen wir jede Stunde eines jeden Tages unseres Lebens anrufen und verehren, über Sie müssen wir meditieren und nachdenken.

 

Alakshmi ist das Gegenteil von Lakshmi. Alakshmi muss verschwinden! Wenn die Sonne aufgeht, verschwindet die Dunkelheit der Nacht - sie muss verschwinden. Und wenn Lakshmi kommt, muss Alakshmi verschwinden.

Wenn du in Alakshmi gefangen bist, wie kannst du dann aus deinen Problemen herauskommen? - Du musst dich an Lakshmi wenden!

Wie machst du das? - Du musst das Sri Suktam singen, das ist eine Komposition, eine Hymne, ein Lobpreis, Lakshmi gewidmet; es ist ein Gebet zu Lakshmi.

Lakshmi ist allgegenwärtig, und du musst Lakshmi bitten, in dein Herz, in deine Augen und in dein Haus zu kommen und darin zu wohnen. Mach das Göttliche zu deinem Gast! Lade das Göttliche in dein Haus ein, mache dein Haus und dein Herz zu einem Tempel Gottes!

Lass das Göttliche im Tempel deines inneren Wesens wohnen! Rufe die göttliche Gegenwart hervor! Lass das Göttliche in deinem Herzen wohnen! Wenn Lakshmi in deinem Herzen wohnt, dann bist du von Intelligenz erfüllt, von Wissen, Stärke, Ausstrahlung, Reinheit, edlen Eigenschaften; dann hast du geistige Eigenschaften, göttliche Erfahrung, ein langes Leben und gute Gesundheit. All das bekommst du, wenn du Lakshmi im Schrein deines Herzens wohnen lässt.

padme-sthitam - das Göttliche sitzt im Lotos. Die Göttliche Mutter Lakshmi sitzt im Lotos. Nirgendwo auf der Welt wirst du Lakshmi in einem Lotus sitzend vorfinden! Hier scheint die Hymne leicht lächerlich zu werden! Man kann leicht über so eine Feststellung lachen. Kein Professor weiß etwas über die Bedeutung dieser Stelle. So ist es auch mit allen anderen spirituellen Symbolen Indiens. Man muss den Sinn dahinter von einem Guru wissen. Und der Guru ist einer, der sich ganz und gar dem Göttlichen hingegeben und ausgeliefert hat, er ist einer, durch den das Göttliche selbst spricht, durch den sich das Göttliche offenbart. Und ein solcher Guru ist äußerst selten anzutreffen. Nur solche Gurus besitzen den Schlüssel zur Bedeutung vedischer Kompositionen, wie das Sri Suktam eine ist.

Wenn es auch nur einige Inder gäbe, die das Sri Suktam verstünden, wäre Indien das reichste und schönste Land der Welt. Nur wenige verstehen es, wenige nutzen es; denn man kann schlecht etwas nutzen, wenn man sein Geheimnis nicht kennt. Und das Geheimnis ist immer in den Händen jener, die die Wahrheit kennen. Und davon gibt es nur sehr wenige. Sie sind die geistigen Lehrer. Sie sind Acharyas, Gurus, Menschen der Gotterfahrung.

Das ganze Sri Suktam ist, wenn man nur die wörtliche Übertragung kennt, lächerlich. Und der moderne Inder lacht darüber ebenso wie jeder moderne Gelehrte irgendwo in der Welt darüber lachen würde, denn keiner kennt die wirkliche Bedeutung.

padme-sthitam heißt also nicht, dass das Göttliche irgendwo auf einer Lotosblume in einem See sitzt. Der Lotos repräsentiert in dieser Strophe die unendliche göttliche Vollkommenheit. Die höchst unbeschreibliche Gottheit hat Millionen von Vollkommenheiten, Millionen Wunder. Der Lotos hat viele Blätter, jedes Blatt versinnbildlicht eine unendliche Vollkommenheit. Das ist die Bedeutung von padme-sthitäm.

padma-varnan - von der Farbe des Lotos. Du, die Du in unendlicher Vollkommenheit Deinen Sitz hast, bist von der Farbe des Lotos. Was heißt das? - Man nennt sie golden, man nennt sie die unbeschreibliche Schönheit; und "von der Farbe des Lotos" heißt: Ihr Wesen, Ihre Eigenart ist unendliche Vollkommenheit. Sie ist von der Farbe der unendlichen Vollkommenheit.

tam ihopahvaye shriyam - der Gottliebende sagt zur göttlichen Mutter: "Du hast Deinen Sitz in der unendlichen Vollkommenheit und bist selbst unendliche Vollkommenheit! Bitte komm zu mir! "Ich bin" unvollkommen. Komm nahe zu mir, so dass ich vollkommen werden möge!"

Jene, die wissen, was das Sri Suktam bedeutet, machen es zu einem Teil ihres Lebens. Es ist das höchste und wunderbarste Gebet, die höchste und wunderbarste Meditation.

Man muss das Göttliche mit einem reinen Herzen lieben, man muss zu einem Kind des Göttlichen werden. Das Göttliche muss zu unserer Mutter werden; nur eine Mutter wird ihrem Kind ihre Geheimnisse offenbaren. Das Kind weiß sogar mehr über die Mutter als der Vater. Die Mutter entfaltet dem Kind gegenüber ihr ganzes Wesen. Durch große Herzensreinheit und große Gottesliebe kann man sich das Göttliche zur Mutter machen, und die Mutter öffnet all ihre Schätze. Dann wird auch die Bedeutung der schriftlich niedergelegten Offenbarungen klar werden.

Das Sri Suktam ist eine Offenbarung. Es ist Teil des Rigveda.

Die meisten der großen Heiligen, Weisen und Propheten hatten keine Schulbildung. Sie haben ihre Erziehung und Ausbildung direkt vom Göttlichen erhalten, deshalb besitzen sie endloses Wissen. Sie tragen in sich die Quelle allen Wissens - die Wahrheit, das Gute, das Göttliche.

Das Göttliche ist die Mutter, das, worauf du dich absolut verlassen kannst. Das, dem du dich völlig auslieferst, das ist die Mutter. Durch bewusste Auslieferung und Hingabe an das Göttliche eröffnen sich dir die Geheimnisse des Göttlichen - du näherst dich dem Göttlichen an.

Von hier aus geht der Gottliebende zum nächsten Schritt über. Er sagt nicht mehr: "Komm hierher; komm in meine Nähe!", sondern bittet das Göttliche: "Wohne in meinem Herzen!" Und er geht noch einen Schritt weiter; er sagt zum Göttlichen: "Du hast nirgendwo einen Platz, an dem Du sein kannst, außer in meinem Herzen! Mein Herz ist der Lotos, in dem Du sitzt; Du kannst nicht fort von hier! Du bist und bleibst in mir."

Nachdem der Gottliebende dieses Stadium erreicht hat, geht er weiter zur letzten Stufe. Er liebt das Göttliche so sehr, dass sich sein kleines, abgesondertes Sein völlig im Göttlichen verliert. Danach spricht er:

"Du bist ich, und Ich bin Du! Es gibt keine zwei Personen mehr. Nur eines ist übrig geblieben, und dieses Eine ist ganz Du; und dieses Du ist ganz Ich. Es gibt nur eine Wirklichkeit: Dich als mich, mich als Dich. Innen und außen ist alles Du und ich. Ich und Du, wir sind eine Wahrheit, ein Herz, ein Leben, eine Macht, eine Reinheit, eine Musik, eine Schönheit, eine Vollkommenheit."

So erreicht der Gottliebende den höchsten Stand.

hastinada-prabodhinim - Die wörtliche Übersetzung lautet: "Das Göttliche wird durch den (Trompeten-)Ton des Elefanten erweckt." Das klingt so lächerlich und ist es auch! Das Göttliche schläft nie, wie soll Es dann erweckt werden? Das Göttliche ist immer wach, immer vollkommen. Wie sollen wir also diese Aussage interpretieren? - Um eine Antwort zu erhalten, müssen wir wiederum zum Guru gehen.

Der Elefant ist nicht der Elefant, sondern bedeutet wieder die göttliche Vollkommenheit, die höchste göttliche Königswürde, die höchste göttliche Musik, die Musik des Unendlichen, und das ist hastinada, die Musik des Allvollkommenen. Der Ton des Elefanten ist also OM, die höchste Musik oder Pranava. Durch diese Musik, durch diesen Ton wird die Aufmerksamkeit des Göttlichen erweckt. Das Verständnis spiritueller Wahrheiten muss aus spirituellen Quellen geschöpft werden, will man Missvertändnisse und Irrtümer vermeiden.

All diese Wahrheiten können nur im richtigen Licht gesehen werden, wenn man zu einem geistigen Lehrer geht. Doch dieser spricht nicht, wenn er nicht die Erlaubnis vom Göttlichen dazu hat; doch wenn er spricht, wird alles klar - alle Probleme werden gelöst, endlose Anstrengungen gehen zu Ende, alle dummen Bücher verschwinden, und das Licht trägt den Sieg davon.

gamasvam purushan - Kühe, Pferde und Männer. Was sagt dieser Vers? - Folgendes: "O Lakshmi, gib uns Kühe, Pferde und Männer!"

"Kuh" hat hier eine ganz andere Bedeutung, sie steht nämlich für Weisheit. Das Pferd steht für göttliche Vernunft, für die schnell dahineilende, scharfe göttliche Vernunft.

Die göttlichen Offenbarungen haben immer zwei Bedeutungen, zwei Dimensionen - eine bezieht sich auf die physische Ebene, auf den sichtbaren Aspekt; die andere auf den unsichtbaren Aspekt. Die erste hat eine einfache Bedeutung, gerade so, wie sie geschrieben steht; die zweite hat einen tieferen Sinn. Will man diese Hymne verstehen, muss man ein Weiser sein.

Der Ausdruck "Pferde" weist auf die göttliche Vernunft hin, auf die göttliche Intuition, eine Intuition, die vorauseilt und die Zukunft sieht, eine Intuition, die in das Herz der göttlichen Wirklichkeit eindringt.

Das Sri Suktam bittet die göttliche höchste Fülle, uns in jeder Hinsicht zu bereichern, uns von jeder Armut zu befreien: Armut an Wissen, Armut an Güte, Armut an Frieden und an Glück. Jede Form von Armut wird verbannt und unser ganzes Wesen mit Licht überflutet, mit göttlichen Eigenschaften, mit den verschiedenen Kräften der Intelligenz - einer erleuchteten Intelligenz.

Erleuchtung ist Schönheit, Erleuchtung ist Reichtum, Erleuchtung ist Wert. Erleuchtung ist das höchst begehrte Gut, und alle Arten von Segnungen sind in der Erleuchtung mit einbeschlossen.

Wir bitten das Göttliche, wir beten zum Göttlichen, wir rufen das Göttliche an, uns mit Licht zu überfluten, mit Weisheit, göttlicher Vernunft, göttlicher Schönheit, göttlicher Freude, göttlichem Frieden und göttlichen Segnungen.

Unsere Herzen sind wie durchsichtige Kristalle;unsere Gedanken sind wie aufgeschlagene Bücher;jeder kann zu jeder Zeit darin lesen.

Es gibt nur ein unendliches Bewusstsein, einen Gott, eine Wahrheit, und in deren Herzen steht geschrieben, wer Swami ist.

Meine Biographie ist in den inneren Schrein einer jeden Seele geschrieben, doch ist sich dessen niemand bewusst - außer jene, die die Augen ihrer Seele geöffnet haben.

Swami Omkarananda

 

Hinter euch steht eine aufeinander folgende Reihe von hundert höchst mächtigen, allwissenden und allliebenden Gurus, die vom heutigen Tag zurückreicht bis zum Aufdämmern der Schöpfung.

Hinter euch steht die zeitlose Tradition der höchsten göttlichen Kultur und des höchsten göttlichen Wissens.

Mit Sannyasa wurdet ihr erhoben in die allwunderbare Welt der ewigen Wahrheit; ihr habt eine neue Schau erworben, eine neues Herz, einen neuen Verhaltenskodex bekommen. In allen Tempeln des Omkarananda Ashram gibt es nur einen Gott, eine Wahrheit, eine Göttliche Mutter, einen Guru und ein Licht, das die Seele eurer Seele ist, das Leben eures Lebens. Jede Stunde, jeden Tag denkt als das Göttliche, fühlt wie das Göttliche, arbeitet wie das Göttliche! Lasst jede Stunde eures Lebens ein Licht hervorbringen, Freude, Sonnenschein und einen Himmel für alle erschaffen!

Seid kreativ, seid produktiv! Aufgrund eurer Arbeit, die jede Stunde des Tages ausfüllen soll, sollt ihr Hunderte von armen Leuten ernähren und kleiden, und es gibt in der ganzen Schöpfung keine armen Leute, die edler, göttlicher und eine grössere Freude für die ganze Schöpfung sind, eine Stärkung der moralischen und spirituellen Gesetze des Universums als die selbstlosen, besitzlosen Sannyasis und Swamis.

Was hat der Sannyasi Buddha verloren, indem er das ganze Königreich aufgab, als er seine Frau, sein Kind und alles andere zurückliess? - Nichts hat er verloren! Andererseits hat er die ganze Welt gewonnen, alle Menschen, alle Häuser, alle Zeit sich zu Eigen gemacht - und sein Glanz leuchtet noch heute, nach 2500 Jahren.

Übt die Disziplinen, wie Buddha sie übte; liebt wie Buddha, gründet Ashrams wie Buddha; verbreitet Frieden, Wohlergehen, Gedeihen und Sonnenschein wie Buddha!

 

 

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