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ZWEIMONATLICH

Jahr 39

OFFIZIELLES ORGAN DES
DIVINE LIGHT ZENTRUMS
8400 WINTERTHUR SCHWEIZ


März/April 2004

 

INHALT

Swami Omkarananda:

Lege alles in Gottes Hände

Jnana - Wahre Erkenntnis
Teil I - Was ist Jnana? - Gefahren auf dem Pfad

Jnana - Wahre Erkenntnis
Teil II - Prinzipien und Wege

Worum sollen wir beten?

Wie können wir innerlich jung bleiben?

 

Swami Omkarananda beantwortet eine Frage

Gast: Ich habe meine Sekretärin durch einen Autounfall verloren. Das Tragische daran ist, dass sie gerade mit dem Auto unterwegs war zu ihrem Vater, der schwer krank war und verstarb, während sie noch auf dem Weg zu ihm war. So starben sie beide, fast zur gleichen Zeit. Dieses tragische Ereignis hat mich untröstlich werden lassen!

Swami Omkarananda: Es gibt manche Dinge, an denen wir nichts ändern können. Was man auch dagegen unternimmt, es lässt sich nichts daran ändern. Sie hätten nichts tun können, um Ihre Sekretärin vor diesem tragischen Tod zu bewahren.

Es gibt viele gute Menschen, die jung sterben müssen - reine, edle, liebenswerte Menschen. Ihre Sekretärin war eine wunderbare Persönlichkeit und darum hat sie einen frühen Tod erlitten, anstatt lange leiden zu müssen.

Nach dem, was ich empfinde, sollte man es nicht als eine Tragödie betrachten, denn sie lebt ja weiter und befindet sich jetzt in besseren Umständen als in ihrem verflossenen Erdenleben, und es kann auch sein, dass sie dem Vater begegnen muss, was nicht möglich wäre, wenn sie noch im Körper weilte. Es gibt da verschiedene Faktoren, die in Betracht zu ziehen sind, von denen der menschliche Verstand nichts wissen kann.

Wir sehen nicht das ganze komplexe Phänomen, wir sehen nur einen kleinen Ausschnitt davon und haben deshalb viele Zweifel und unlösbare Schwierigkeiten.

Wenn Sie sie geliebt und geachtet haben, können Sie das auch weiterhin tun und ihr alles Gute und Wunderbare wünschen. Die Wirkung Ihrer guten Wünsche und Gebete wird aber beeinträchtigt, wenn Ihre Trauer zu groß ist und Ihnen zu viel Kraft raubt; dann wird Sie das unfähig machen, ihr zu helfen. Wenn Sie stark sind, können Sie ihr besser helfen.

Am besten, man legt alles in die Hand des Göttlichen, das allbarmherzig ist, alles weiß und für alles auf die beste Art und Weise sorgt. 

 

 

 

Der beste Pfad ist der Pfad der Liebe zu Gott,
das ununterbrochene Vergegenwärtigen der Anwesenheit Gottes

Wenn du diesem Pfad folgst, wird Jnana von selbst kommen, göttliche Erkenntnis wird sich einstellen. Aber wenn du nicht auf diesem Pfad wandelst, wird dir auch kein Jnana helfen. Weit davon entfernt, dir eine Hilfe zu sein, wird es dir eher noch schaden.

Was also ist für das menschliche Individuum am wichtigsten? - Kontakt mit Gott auf die eine oder andere Art. Und wie können wir diesen Kontakt herstellen? - Nur indem wir uns nach Gott sehnen und Ihn lieben; nur indem wir Gottes Gegenwart fühlen, Gutes tun, gute Gefühle pflegen und göttliche Gedanken unterhalten, allen Wesen Wohlergehen wünschen, immer an Gott denken und seinen Namen wiederholen.

Durch all das schreiten wir schnell voran auf dem Pfad zu Gott, und die menschlichen Fesseln zerreißen. Dann kommt Jnana ganz von selbst zu uns.

Auf diese Weise sollten wir also Jnana-Yoga praktizieren, nämlich durch Wachstum und Entwicklung, durch Gottes Gnade. Fehlen diese Faktoren, kann Jnana-Yoga zum Fiasko werden. Warum? - Weil wir uns die ganze Zeit einreden, wir seien das göttliche Selbst und somit zeitlos, raumlos, unbegrenzt, während die ganze Zeit über unsere Taten das Gegenteil beweisen; der Körper ist begrenzt, das Gemüt ist unvollkommen, das Herz hat seine eigenen Probleme und der Seele mangelt es an der Gnade und dem Schutz Gottes. - Damit wird unser Jnana-Yoga zum Widerspruch.

Am Jnana-Yoga ist nichts falsch, aber er ist nicht anzuraten.
Ein wenig davon ist gut, doch der Rest unseres Lebens muss
zur dynamischen, vielseitigen Annäherung an die Gotterfahrung werden

Ob wir Erfolg damit haben oder nicht, können wir am Ausmaß unseres inneren Friedens ablesen, unserer Selbstlosigkeit, unserer inneren Freude und der Gnade Gottes, die sich in unserem Leben manifestiert.

Selbst wenn jemand voll und ganz für Jnana-Yoga qualifiziert sein sollte, kann er keinen wirklichen Erfolg damit erzielen, außer er hätte die Gnade Gottes. Und Gottes Gnade kommt nicht ohne Glauben an Gott, ohne Liebe zu Gott, ohne ein Leben und ein Sich-Bemühen um Gott.

Dattatreya, der größte Jnana-Yogi Indiens, eine Inkarnation Gottes, sagte, dass die Erkenntnis des Selbst ohne die Gnade Gottes nicht erlangt werden kann.

Der griechische Philosoph Sokrates sagt: "Erkenne dich selbst!" Das ist seine Botschaft. Aber er gibt uns keine Methoden, wie wir dieses Selbst erfahren können.

Ramana Maharshi zeigt uns die Methode. Man muss Unterscheidungskraft entwickeln und sich selbst beobachten, das Selbst entdecken und erfahren. Das ist der Pfad des Jnana oder der Erkenntnis. Aber man kann dieses Ziel auch durch einfaches Wiederholen von "Om namah Shivaya" erreichen oder durch andere Mantras. "Om namah Shivaya" reinigt das Herz, und plötzlich blitzt die Erleuchtung auf.

Jesus sagt, dass jene, die reinen Herzens sind, Gott überall schauen. Dies geschieht tatsächlich, wenn das Herz rein ist. Durch die Wiederholung eines Mantras wird das Herz rein, und andererseits hört die allhörende Gottheit das Mantra und antwortet darauf, vielleicht auf eine Weise, die nicht sogleich erkennbar ist, höchst ruhig und unsichtbar.

Man kann die höchste Selbsterkenntnis also auch durch die einfache Wiederholung von "Om namah Shivaya" erlangen. Man erreicht eine Stufe der spirituellen Entwicklung, auf der man erkennt, dass man selbst dieser Shiva ist.

Was ist Jnana? - Jnana ist Erkenntnis des Selbst,
der Wahrheit, Erkenntnis Gottes, Erkenntnis des Unsterblichen,
Ewigen und Allvollkommenen

Jnana - das ist wahres Wissen, das ist wahre Wissenschaft.

Die Wissenschaft in der Raum-Zeit-Welt, die Wissenschaft, wie wir sie kennen, ändert sich von Tag zu Tag. Doch Jnana ändert sich nicht. Es ist immer dasselbe: das Licht der unendlichen Wahrheit, der unendlichen Intelligenz; es ist unendliches Wissen. Jnana ist Wissen in Bezug auf das, was unsterblich und ewig ist im Menschen; es ist eine Emanation der inneren Wirklichkeit und Wahrheit, des Bewusstseins und des Seins im Menschen. Das ist Jnana.

Jnana ist Licht. Die Seele, die sich im Tiefschlaf als Frieden, Freude, Stille und Zeitlosigkeit kundtut, ist in Wirklichkeit Licht. Du kannst es nicht wahrnehmen, weil du im Tiefschlaf in völliger Finsternis in deine Seele eingehst. Wenn Herz und Gemüt ganz rein sind, wenn alle menschlichen Eigenschaften aufgegeben sind, dann hast du auch die Fähigkeit, das zu sehen, was du im Tiefschlaf nicht sehen kannst - und das ist, dass du dein eigenes inneres Wesen als Licht erkennst.

Du erkennst klar, dass der Mensch eine Sonne göttlichen Wissens, der göttlichen Wirklichkeit, eine Sonne des ewigen Lebens ist.

Vidya und Jnana

Es gibt subtile Unterschiede zwischen Vidya und Jnana. Wir vereinfachen diese beiden Begriffe hier und sagen: Vidya ist gleich Jnana - es ist höheres Wissen, wahres Wissen, Wissen, das unveränderlich ist.

Das Wissen, das man aus den Zeitungen holen kann, ist flüchtig. Morgen ist alles schon wieder ganz anders. Alle Informationen der Welt sind schnell vergänglich und bald wieder überholt. Auch die Erkenntnisse der Wissenschaften sind bald wieder überholt - alles wird alt und ungültig.

Aber das Wissen, das wir auf dem spirituellen Pfad zu erwerben suchen, ist immer da, es ist unveränderliches, vollkommenes, allumfassendes, unabhängiges Wissen, ein Wissen, das aus der Seele unserer Seele fließt. Wir verehren dieses Wissen. Wissen ist ein Wert für uns. Wahres Wissen ist ein großer, unersetzlicher Wert.

Die Leute in der Welt legen großen Wert auf sinnliche Dinge, auf Geld, Auto, Haus, Essen und vieles mehr. Diese Dinge mögen notwendig sein für das tägliche Leben, das ist richtig. Aber wir legen Wert auf wahres Wissen und wahre Liebe, Selbstlosigkeit und unermüdliche Arbeit zum Wohle anderer. Auf diese Weise erbauen wir ein Paradies. Wir legen Wert auf Güte, Charakter, Kultur. Und Kultur ist eine Folge des Besitzes von Wissen, von wahrem Wissen. Kultur entströmt dem Herzen von selbst, wenn Weisheit und höheres Wissen darin sind. Dein Charakter, dein Benehmen und Verhalten ist dann im Einklang mit dem Wesen des Göttlichen.

Wir legen auch Wert auf unsterbliches Leben. Niemand braucht zu sterben; man kann den Tod des eigenen Körpers ganz bewusst beobachten und den Körper ablegen wie einen alten Mantel.

Wissen gibt dir Kraft. Wissen gibt dir ein innerliches Auge. Es ist ein Auge, wie Shiva eines hat - ein drittes Auge. Man nennt es symbolisch das Dritte Auge, weil alles Wissen, alle Erkenntnis aus diesem Auge, dem Chakra zwischen den Augenbrauen, kommt. Wir legen also großen Wert auf Jnana und Vidya, denn dieses Wissen ist auch eine Persönlichkeit mit Augen und Ohren - es ist nichts anderes als Gott selbst. Und Gott hat seine Augen überall - überall im Raum, in der Natur, im Wind, in den Bäumen ... Er sieht dich von überall her, von innerhalb deiner selbst aus und von außen. Er ist überall gegenwärtig als liebende, beschützende Kraft, als unendliche Güte - und aus dieser Güte stammst du. Deine Heimat ist dort im Herzen Gottes, nicht in der Welt.

Der Mensch ist seiner innersten Seele nach Ganapati
unendliche Erkenntnis, unendliches Wissen - Jnana, Vidya

Diese unendliche Erkenntnis oder Weisheit ist verborgen. Wir haben davon keine Ahnung, deshalb sage ich, sie ist verborgen. Das, was wir von uns wissen, ist das Gleiche, was jedes Tier von sich weiß: Wir spüren unseren Körper, wir atmen ein und aus, wir haben verschiedene Bedürfnisse, wir essen, trinken, schlafen, arbeiten; dann essen, trinken, schlafen und arbeiten wir wieder, und so geht es das ganze Leben lang weiter. Das Gleiche tun auch die Tiere. Tiere können sogar eifersüchtig sein wie wir Menschen. Auch haben Tiere Gedanken und Gefühle.

Das, was der Mensch über sich selbst weiß, ist sehr irreführend. Sein Wissen von sich selbst ist falsch und ist, in Bezug auf wahres, höheres Wissen eigentlich Nichtwissen oder Unwissenheit: Er kennt nichts außer seinen Körper, seine Umgebung, seine Bedürfnisse, seinen Besitz, seine Gedanken und Gefühle, und er macht eine Wissenschaft aus seinen Gedanken und Gefühlen, die Psychologie, aber das ist alles nichts als Finsternis und Unwissenheit.

Das wahre Wissen öffnet unser innerliches Auge und zeigt uns, wer wir sind, wer Gott ist, wer Ganapati ist. Unsere innere Seele ist Gott selbst. Deshalb sagt der Guru, der alten Tradition folgend, zum Schüler: Du bist grenzenloses Wissen, du bist das Selbst, du bist unendliche Reinheit, du bist unendliche Wahrheit, Glückseligkeit, Schönheit und Frieden.

Wenn Menschen in der Kirche, in der Moschee oder im Tempel sitzen und beten, haben sie normalerweise nicht die geringste Vorstellung, was Gott wirklich ist, wo Er ist, und wissen nicht einmal mit Sicherheit, ob Er überhaupt existiert.

Aber der wahre Gottsucher weiß, dass der lebendige, allsehende Gott hier ist und wirklicher als sein eigener Körper ist und die Luft, die ihn umgibt; dass Er hier, in der Mitte unseres Seins als Seele unserer Seele, als Atem unseres Atems, als Herz unseres Herzens gegenwärtig ist. Das Göttliche ist lebendig hier und jetzt, unter allen Umständen und in allen Lebenslagen zugegen. Es ist immer da, von Angesicht zu Angesicht. Ohne Es können wir nicht atmen, denken, fühlen oder existieren. Es ist die Energie aller Energien, das Licht aller Lichter, das Auge unserer Augen, das Ohr unserer Ohren, die Quelle allen Wissens und das Fundament all unserer Erfahrungen.

Diesen herrlichen Gott beten wir an.

Wir wissen, wen wir in unserer Meditation anrufen: Ganapati. Was ist Er? - Er ist unendliche Freude, unendliche Erkenntnis, unendliches Bewusstsein. Ganesha ist Rama, Krishna, Narayana, Shiva, Durga, Agni, Surya und so weiter. Alle befinden sich ja nur in der einen Wahrheit, und diese Wahrheit ist in allen Göttern und Göttinnen immer dieselbe: ewig, unendlich - immer dieselbe und trotzdem immer neu.

Dieses Göttliche beten wir an, über dieses Göttliche meditieren wir, auf dieses Göttliche besinnen wir uns und lassen die Erfahrung dieser Wahrnehmung hineinsinken in unser ganzes Wesen.

 

Jene sind die wahren Menschen,

in denen alle Kräfte des göttlichen Bewusstseins

zur dynamischen Wirksamkeit gelangt sind.

Swami Omkarananda

 

 
Die Erfahrung des höchsten Prinzips erfolgt durch Erkenntnis.

Erkenntnis ist der höchste Pfad, obwohl es noch viele andere Pfade gibt. Diese anderen Pfade sind bis zu einem gewissen Grad ebenfalls durch Erkenntnis gekennzeichnet.

Swami Omkarananda

 

Dem Menschen ist die Fähigkeit zur Selbsttranszendierung
und Welttranszendierung angeboren

Der normale Mensch ist so sehr eingefangen, wird so völlig verschlungen von den empirischen, materiellen, psychologischen und emotionalen Erfahrungen, er verliert sich so sehr in den Begrenzungen des Gemüts und der Sinne, wird von diesen äußerlichen Erfahrungen so völlig dominiert, dass er funktionell getrennt von der inneren Wirklichkeit lebt und somit nicht erkennt, dass er in Wirklichkeit vom strahlenden, unendlichen Licht der Intelligenz und Weisheit - dem Geist Gottes in sich selbst - erhalten wird.

Wie die dunklen Wolken die strahlende Sonne verhüllen, so verhüllen die seine äußere Persönlichkeit bildenden sinnlichen, psychologischen und physischen Erfahrungen des Menschen das strahlende Licht des göttlichen Geistes in seinem Inneren. In diesem Zustand ist er funktionell und seiner Erfahrung nach von der Gottheit - seinem wahren göttlichen Selbst - abgeschnitten.

Dieser Zustand ist der Zustand der Sünde, die nichts anderes ist als Unvollkommenheit und Unwissenheit. Das ganze menschliche Leben wird dominiert von diesem Zustand der Unwissenheit. Daraus erwachsen die Probleme, Verwirrungen und Rätsel, denen wir im täglichen Leben ausgeliefert sind.

Die Befreiung von den Begrenzungen dieses menschlichen Zustands liegt in der Rückkehr zu unserer wesentlichen Natur, zur Vollkommenheit unseres göttlichen Wesens - mit anderen Worten: Die Befreiung besteht darin, Kontakt mit dem Göttlichen aufzunehmen, Es zu erkennen, in Ihm zu leben, und zwar noch während wir auf Erden in dieser physischen Gestalt leben und tätig sind.

Die nötigen Fähigkeiten, mit deren Hilfe wir uns aus der Gefangenschaft unserer Begrenzungen und Schwächen befreien können, sind schon in uns angelegt. Und unsere Erlösung gründet sich in unserer Fähigkeit zur Selbsttranszendenz.

In der ganzen Schöpfung erfreut sich allein der Mensch dieser Fähigkeit, sich selbst und die Welt zu transzendieren.

Das transzendierende Prinzip in uns ist das Ich-Prinzip

Je mehr wir dieses Ich (nicht Ego!) einzufangen versuchen, desto mehr zieht es sich in den Hintergrund zurück.

Wenn wir sagen: "Ich bin der Körper", so können wir sofort fragen: "Wer ist es, der den Körper sieht?"

Da ist etwas, das den Körper sieht. Wer oder was ist es? - Es ist das Gemüt, das sieht. Nun versuchen wir, das Gemüt einzufangen. Wollen wir es beobachten, dann hat sich das Ich anscheinend wieder einen Schritt weiter zurückgezogen und agiert jetzt als Zeuge des Gemüts. Das Ich ist demnach nicht identisch mit dem Gemüt, sondern beobachtet es.

Ist aber vielleicht die Seele das Ich? - Wir finden, dass das Ich auch Abstand von der Seele nimmt. Auch die Seele ist also etwas dem Ich Äußerliches, ein Objekt unter anderen Objekten, und wird vom Ich transzendiert. So ist dieser Vorgang also eine Kette des Zurückverfolgens.

Die Fähigkeit, vom Gemüt, seinen Funktionen und vom Körper Abstand zu nehmen, Zeit und Raum zu transzendieren und über dem Zeitprozess zu stehen, ist dem Menschen angeboren. Vernunft ist nur eine der vielen Fähigkeiten, mit denen der Mensch begabt ist. Es befinden sich andere Fähigkeiten des höheren Bewusstseins in ihm, die in Funktion treten, wenn die Vernunft diszipliniert, geläutert und von all ihren Unvollkommenheiten und Begrenzungen befreit ist, wenn als Ergebnis des Umwandlungsprozesses seiner rohen und niederen Natur durch die Disziplin der Liebe und der Hingabe an höhere Werte und Ideale innere Reinheit erlangt wird. Dann erst können die Fähigkeiten des höheren Bewusstseins unmittelbar zum Ausdruck kommen. 

Wie die Alchimisten Gold machten, indem sie gewisse Metalle zusammen mit besonderen Chemikalien tagelang in einem Schmelztiegel verflüssigten, so taucht das Gold des Göttlichen aus unserem Inneren empor, wenn alles in uns verbrannt, geläutert und verfeinert worden ist. Die innere Natur bedarf großer, ja enorm großer Vorbereitungen, um für den Empfang der göttlichen Gnade bereit zu sein, haben wir doch die Dunkelheit und den Einfluss von Jahrmillionen animalischen, niederen Lebens hinter uns. Alle niederen Tendenzen unserer Natur müssen emporgehoben, umgewandelt, verändert und in das Licht des Göttlichen verwandelt werden, bevor die höheren Fähigkeiten des Gottbewusstseins zum spontanen Wirken gelangen können.

Das transzendente Prinzip in uns, das göttliche Selbst, ist das Geheimnis unserer Erlösung und unserer Befreiung. Es lässt den Menschen nicht ruhen und mit nichts in Zeit und Raum - im Reich der Dualität - zufrieden sein. Was des Menschen Seele ersehnt, ist Zeitlosigkeit und Raumlosigkeit - unendliche Freiheit.

Dann und wann erheben sich in der menschlichen Geschichte hohe Geister, die den Rückweg zu ihrem eigentlichen Wesen beschritten haben oder beschreiten. Da ist beispielsweise ein Salomo, ein Sokrates, ein Plotinus, ein Augustinus, ein Paulus in der westlichen Welt und eine große Zahl von Weisen in der östlichen Welt, die bewusst das Wissen um die Tatsache erlangten, dass ihr eigentliches Wesen der göttliche Geist ist, der sie formt und erhält.

 

Einige wesentliche
Phasen des Umwandlungsprozesses,
der zur direkten, intuitiven Einheitserfahrung hinführt.

Auf dem Weg des geistigen Fortschritts und der spirituellen Evolution wird vom Menschen eine seltene Willensstärke verlangt. Selbstkontrolle ist erforderlich sowie die Fähigkeit, die Umstände, in denen man lebt, für den Zweck des inneren Wachstums und der inneren Entwicklung zu gebrauchen. Es wird eine völlige Umwandlung des ganzen inneren Wesens, ein inneres Offensein für das Licht des höheren Selbst verlangt. Es ist ein Pfad, der zur ständigen Anwendung der Vernunft aufruft und mahnt, den Geist der Unterscheidung zu üben, um zu erkennen, was wertvoll und was wertlos ist, was wahr und was unwahr, was wesentlich und was unwesentlich, was menschlich und was göttlich ist. Es ist der Pfad, auf dem die menschliche Intelligenz in das universale, alles durchdringende Bewusstsein eingeht und von dessen Licht erhellt wird.

Überwindung des Gemüts:
Umwandlung der fundamentalen menschlichen Triebe,
Reinigung des Unterbewusstseins und des Unbewussten.

Es gibt besondere Kräfte der Erkenntnis, Fähigkeiten im göttlichen Bewusstsein, welche aus eigenem Antrieb zur Selbstmanifestation gelangen, wenn die Begrenzungen des Gemüts überschritten, das heißt, durch eine totale und radikale Umwandlung überwunden sind, so dass das Gemüt nicht mehr Gemüt, das Herz nicht mehr Herz im Sinn irdisch-menschlicher Emotionen ist wie Zorn, Leidenschaft, Eifersucht, begrenzter Liebe und so fort.

Wenn also unser inneres Wesen gereinigt und das Herz durch eine grenzenlose Liebe erleuchtet ist, dann offenbart das göttliche Selbst seine Fähigkeit zu direkter, unmittelbarer intuitiver Erkenntnis.

Um uns zügig zu entwickeln und die letzte Phase des Umwandlungsprozesses zu erreichen, müssen wir aus unserem Leben alles ausklammern, was unwesentlich und nutzlos ist, was uns behindert. Die Hindernisse für unsere spirituelle Entwicklung sind nicht immer äußerlicher Art. Sie sind oft direkt in uns selbst. Sie steigen auf aus der niederen Natur, aus der menschlichen Natur; darum muss hier die Umwandlung stattfinden. 

Während langer Zeiträume unserer Evolution haben wir uns Instinkte, Wünsche, Triebe, Neigungen, Angst, Feindseligkeit, Zorn, die Vorstellung von Sex und dergleichen angeeignet, und diese sind uns sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen. Sie sind im Unbewussten und Unterbewussten gespeichert.

Darum müssen wir jetzt darauf bedacht sein, dass unsere Übung der Vergegenwärtigung Gottes uns in Fleisch und Blut übergeht, dass dadurch alles Unterbewusste und Unbewusste aus unserem Wesen entfernt wird und die Kräfte des göttlichen Selbst in uns wirksam werden. 

Für eine rasche Umwandlung und eine introspektive Analyse des Gemüts ist ein tieferes Erkennen seines Wesens notwendig, sowohl seiner positiven als auch seiner negativen Aspekte. Hier ist das Wissen um das Unbewusste, das uns die moderne Psychologie liefert, wertvoll für den spirituellen Fortschritt, denn die dunklen, gefährlichen Kräfte und Neigungen, die sich im Unbewussten der menschlichen Psyche ansammeln und nach Selbstausdruck suchen, hat die Psychoanalyse und Tiefenpsychologie wiederentdeckt und aufgezeigt, und wer ernsthaft nach göttlicher Vollkommenheit strebt, kommt nicht darum herum, sie voll zur Kenntnis zu nehmen. Es kann auch von einigen Techniken zur Sublimierung der menschlichen Natur, wie sie von einigen der modernen Psychologen dargelegt werden, Gebrauch gemacht werden.

Die Reinigung des Unterbewussten und Unbewussten ist ein langwieriger Prozess, ist aber der Mühe wert, denn wir müssen wachsen, müssen uns entwickeln. Alles in uns muss göttlich, alles innerlich licht werden. All jene Tendenzen und Impulse in uns, die menschlich sind und der niederen psychologischen Natur angehören, müssen sublimiert und umgewandelt werden. Der Boden unserer bewussten Erfahrung wie auch der unter- und unbewussten, unser Verhalten bestimmenden Faktoren muss gesäubert und jeder Impuls aus der niederen Natur sublimiert werden. Wenn wir in moralischer Hinsicht wachsen, unsere Instinkte, Impulse und Triebe durch Vernunft beherrschen und lenken, unseren Energien eine neue Richtung geben und einer höheren Werteskala und höheren Idealen entsprechend leben, gelingt es uns allmählich, das Gemüt zu beherrschen und nicht mehr von ihm beherrscht zu werden.

Jedesmal wenn wir unser Herz weit werden lassen, wenn wir Gefühle der Liebe, des Lichts und der Vollkommenheit in uns wachrufen und Segen auf alle Natur, auf alle Tiere und die ganze Menschheit strömen lassen, sinken neue Gedanken und Gefühle, neue Kräfte in unser Unterbewusstes. Indem wir solche Eigenschaften, die man göttlich nennen kann, in uns kultivieren, beschreiten wir den Weg der Umwandlung. Das Unter- und Unbewusste erfährt durch die aktivierten Kräfte des überbewussten Geistes eine Umwandlung, so dass die Reinheit zunimmt und eine neue Erkenntnis aufdämmert, ein neues Wertempfinden entsteht. Was zunächst nur theoretisch, intellektuell verstanden wurde, wird nun zu einer persönlichen inneren Erfahrung. Je mehr sich ein Mensch läutert und verfeinert, umso empfänglicher wird er für höhere Wahrheiten der Existenz und umso offener und durchlässiger für die Erfahrung des Selbst.

Ist das menschliche Gemüt einmal ausgelöscht, ist der Mensch göttlich; denn genau dieses menschlich beschränkte Denken und Fühlen, welches das Gemüt ausmacht, ist Ursache menschlicher Gebundenheit, menschlichen Leidens und menschlicher Begrenztheit.

Der Mensch ohne Gemüt ist Gott selbst!

Allerdings ist es nicht leicht, die Herrschaft über unser Denken und Fühlen, über unseren Charakter und all unsere angeborenen Eigenarten auszuüben. Dazu bedarf es der Entwicklung völliger innerer Reinheit durch Umwandlung des Unter- und Unbewussten und ständiger Erfüllung unseres ganzen Wesens mit dem Licht der Weisheit und einer ständig sich ausweitenden und vertiefenden Liebe, einer wahrhaft göttlichen, kosmisch weiten Liebe ohne Grenzen. Und, wie gesagt, Reinheit auf allen Ebenen der Persönlichkeit ist dazu unerlässlich.

Der Wert der Reinheit ist überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen. Unter wahrer Reinheit verstehen wir nicht nur viele Formen äußerer wie innerer Reinheit, wie sie die Welt versteht, sondern die höchste Form von Reinheit, wie sie sich im Leben der großen Weisen und Heiligen zeigt, nämlich Reinheit des Bewusstseins - eine Reinheit, die durch Loslösung des Bewusstseins von den Wahrnehmungen der Sinne und des Gemüts und durch ständiges Verwurzeltsein im Göttlichen geboren wird; eine Reinheit, die darin besteht, keinen Eindruck aufzunehmen, sondern nur den einen Eindruck Gottes dem Gemüt und Herzen einzupflanzen.

Reinheit im tiefsten Sinne des Wortes ist also die alleinige Empfänglichkeit gegenüber Gottes Gegenwart und die gleichzeitige Loslösung von allem, was unsere Sichtweise sonst gefangennimmt und verdunkelt. Reinheit schenkt uns die Bereitschaft, die unendliche Wahrheit und Wirklichkeit zu erfahren. Reinheit ist die höchste und größte Tugend, die gewaltigste Macht der Welt und der Wohnort des Göttlichen. Darum heißt es auch in der Bibel: "Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!"

Jenseits moralischer Entwicklung 

Die moralische Autorität im Menschen ist das Gewissen, die Wahrnehmungs- und Bewusstseinskraft, die das Rechte vom Unrechten unterscheidet, Werte bestimmt und einen Verhaltenscode aufstellt. Moralische Entwicklung ist die Voraussetzung für spirituelle Evolution, denn eine Vernunft, die sich ständig von Impulsen, Trieben und flüchtigen Launen bestimmen lässt, und ein Herz, das nicht geläutert, sondern der Sinnenlust versklavt ist, sind beide höheren Wahrheiten gegenüber nicht offen und streben auch nicht danach.

Dennoch muss festgestellt werden, dass wir auch in ethisch motivierten Aktivitäten noch das Wirken des persönlichen Ego finden, weshalb diese allein nicht ausreichen, denn wir müssen vom Ego und seinen Machenschaften völlig frei werden: Unser Interesse muss allein dem Göttlichen gelten. Also darf unser ethisches Tun und Handeln nicht als eigentliches Lebensziel betrachtet werden. Auch wenn es gilt, das auf unsere Mitmenschen gerichtete gute Tun und Wirken beizubehalten, müssen wir uns dabei jedoch zuallererst des Göttlichen bewusst sein: Aus der ethischen Tat wird dann ein rein spirituelles Tun, in dem das Ego keinen Platz mehr hat und nur noch Gott wirkt.

Entwicklung der Erkenntnis 

Hand in Hand mit der Läuterung des Geistes geht der Erwerb wahrer Erkenntnis. Diese hilft, die Kräfte des Denkens zu entwickeln, zu schärfen, die Fähigkeit der Unterscheidung wirksam werden zu lassen.

Einen Beitrag zur Beschleunigung des Fortschritts auf dem Pfad der geistigen Höherentwicklung leistet auch die Bereicherung der Intelligenz durch Einsicht und Weisheit. Eine direkte, unmittelbare intuitive Erkenntnis der Dinge ist eine natürliche Fähigkeit des Überbewusstseins, des Selbst in uns. Ein begrenzter Sinn, ein in Reichweite und Umfang begrenztes Erkenntnisinstrument kann jedoch niemals das Unbegrenzte erfahren, und unsere Sinne und unser menschliches Gemüt sind begrenzt, können also nur von einer Welt Bericht erstatten, die ihrerseits begrenzt ist. Dabei handelt es sich um indirekte Erfahrung, vermittelt durch Sinne und Verstand. Jede Wirklichkeit, die jenseits der Reichweite unserer augenblicklich zur Verfügung stehenden Wahrnehmungsfähigkeiten liegt, entzieht sich denn auch unserer Erfahrung.

Instrumente der indirekten Erkenntnis:
physische Sinne und Fähigkeiten des Gemüts

Auf der physischen Ebene sind die leiblichen Sinne nur zur Erfahrung einer physikalischen Welt befähigt. Unsere Erkenntnis, die durch das Instrument der Sinne erlangt wird, ist wie gesagt indirekt. Wenn unsere Sinne nun Mängel aufweisen, ist auch unsere Erkenntnis des Wahrgenommenen mangelhaft. Einem Fieberkranken beispielsweise schmeckt ein noch so köstliches Gericht oder Getränk nicht in gleicher Weise wie dem Gesunden. So bringt also ein fehlerhaftes Wahrnehmungsinstrument auch fehlerhaftes Erkennen mit sich; und auch dann, wenn die Sinne vollkommen in Ordnung sind, ist unser Erkennen und Wahrnehmen der Dinge dennoch nur indirekte Erkenntnis oder Wahrnehmung, insofern sie indirekt über die Sinne als Mittler erlangt wird. Zudem ist die Wahrnehmung durch die Sinne in ihrer Aufnahmefähigkeit schwer begrenzt.

Die auf der psychologischen und mentalen Ebene gewonnene Erkenntnis ist ebenfalls indirekt. Verschiedene Denker haben verschiedene Meinungen über das Universum und die Natur des menschlichen Lebens vorgestellt.

Relatives Wissen kann durch verschiedene Erkenntnisinstrumente gewonnen werden. Es besteht hier eine Abhängigkeit vom inneren Entwicklungsgrad des Einzelnen sowie von seiner sozialen Umwelt und natürlichen Befähigung. Die Erkenntnis der Außenwelt sowie die Wahrnehmung unseres eigenen Denkens und Fühlens ist immer indirekt und begrenzt und nicht unter allen Bedingungen universal gültig. Das Gemüt, das ein Bündel von Gedanken und Eindrücken ist, stellt ein begrenztes Erkenntnisinstrument dar und kann uns nur von einer begrenzten Welt berichten. Der Wahrnehmende und das Wahrgenommene sind stets auf der gleichen Ebene.

Somit sind wir also überall in eine indirekte Erfahrung eingefangen. Unseren Körper nehmen wir durch unsere Sinne wahr. Unsere Gedanken und Gefühle erkennen wir mit Hilfe der Wahrnehmungsfähigkeit des Gemüts. Von nichts haben wir direkte Erkenntnis. Etwas - ein Medium - steht immer zwischen uns und dem Erkannten; und es gibt noch den Vorgang des Erkennens.

Um das göttliche Selbst zu erkennen oder um die Welt und die vielen Dinge in ihr so, wie sie in sich selbst, ihrem eigentlichen Wesen nach sind, zu erfahren, erweisen sich unsere physischen Sinne und Fähigkeiten sowie unsere psychologischen und mentalen Fähigkeiten als wertlos. Das Gemüt des Menschen ist hilflos, wenn es darum geht, das Antlitz Gottes zu schauen.

Wir können das Göttliche nicht auf physikalischer, physischer oder psychologischer Ebene erfassen oder begreifen, denn es ist unbegrenzt, absolut, zeitlos, alldurchdringend. Dieses göttliche Sein ist immateriell, nichtphysikalisch; es muss daher auf eine andere Art und Weise erkannt und erfahren werden.

In der Bibel heißt es: "Gott ist Geist und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten."

Instrumente direkter Erkenntnis: Intuition und Offenbarung

Da unsere Sinne und unser Geist wertlos sind, wenn es darum geht, auf dem Weg zur Erfahrung des Selbst voranzuschreiten, zwingt uns schon die Vernunft dazu, nach direkter Erkenntnis zu streben, und diese kann nur in der Erfahrung Gottes, in der Selbsterkenntnis oder Selbstverwirklichung gefunden werden.

So wie das beobachtende mentale Bewusstsein in uns die inneren subjektiven Phänomene beobachten kann, wie etwa das Aufsteigen von Gedanken und Gefühlen, so ist ein tieferes Bewusstsein in uns, welches seinerseits das beobachtende mentale Bewusstsein beobachtet; es selbst aber kann von nichts beobachtet werden. Nur auf der Ebene dieses letzten Beobachters gibt es direkte Erkenntnis.

Dieses innere, tiefere Bewusstsein - dieser eigentliche Erkennende - ist die göttliche Wirklichkeit in uns, das Ich bin, das Sein in uns, das grundlegende, erfahrende Prinzip - das Selbst: Es erfährt sich durch sich selbst.

Es erkennt sich selbst als seiend: Das ist direkte, identische, vollkommene, vollendete Erkenntnis. Dazu bedarf es keines Erkenntnisinstruments, keines Erkenntnisprozesses. Deshalb können wir sagen, nur von Gott haben wir direkte Erkenntnis: Wir erfahren Gott als Gott. Darum ist das höchste Begehren wahrer Vernunft das Göttliche.

Im Zustand der Selbstverwirklichung fallen alle
Begrenzungen menschlichen Bewusstseins weg
 

Wir sind erlöst und in ein grenzenloses Bewusstsein hinein befreit. In diesem Zustand haben wir kein Gefühl für Raum und Zeit, keine Vorstellung von einem Raum-Zeit-Begriff, weder auf mentaler noch auf psychologischer Ebene. Wir leben im ewigen Hier-und-Jetzt des göttlichen Selbst, dieses grundlegend erfahrenden Prinzips, dieses beobachtenden, allbezeugenden Bewusstseins in uns, das ganz und gar Licht und Intelligenz ist, und nicht wie alles andere der Zeit und dem Raum unterworfen ist. Das menschliche Gemüt kann über dieses absolute Bewusstsein nichts aussagen und muss stumm bleiben: Es ist nicht in der Lage, diesen Beobachtenden seinerseits zu beobachten oder sich auch nur eine Vorstellung von Ihm zu machen.

Um den Zustand zu erreichen, in dem wir uns durch höheres Gewahrsein des inneren Erfahrenden als Urgrund unseres Wesens bewusst werden, müssen wir unser inneres Wesen einer totalen Transformation unterziehen, unsere Sinne zum Schweigen bringen, uns in der grenzenlosen inneren Ruhe verankern und uns bewusst von allem Äußeren wie auch Inneren loslösen. Erst dann kommen die außergewöhnlichen Erkenntniskräfte des göttlichen Bewusstseins in uns zum Selbstausdruck; erst dann lässt das göttliche Selbst im Inneren seine Fähigkeit zu direkter, unmittelbarer, intuitiver Erkenntnis offenbar und aktiv werden.

Der letzte und absolute Wahrheitsbeweis
ist unmittelbares, direktes Erfassen

Weder heilige Schriften noch geistige Führer können uns von außen her dieses innerste Wissen und die Erfahrung der letzten Realität vermitteln. Diese erlangen wir ausschließlich durch das innere Selbst in uns, das sich Selbst erschaut, sobald das menschliche Gemüt völlig unbewegt, unvoreingenommen und zur Ruhe gekommen ist, das heißt, wenn es nur noch Stille, Reinheit und vollkommene Passivität ist. Dann kann sich intuitive Erkenntnis offenbaren.

Intuition ist die einzige Methode einer Annäherung
an die göttliche Realität, die einzige Methode, um
die göttliche Wirklichkeit und letzte Wahrheit zu erfahren

Sie ist der einzige Weg, auf dem das Absolute in seiner Totalität und Integrität erfahren und verwirklicht werden kann. Die endlichen, begrenzten, unvollkommenen Sinne wie auch der Intellekt können ja die Realität, die unsterblich, unendlich, alldurchdringend ist, nicht erfassen. Intuition ist von innen entspringende Erkenntnis, die unmittelbare Erkenntnis des Absoluten, direkte Schau der allem zugrunde liegenden göttlichen Wirklichkeit. Durch Intuition wird alles klar, alle Zweifel verschwinden. Im Gegensatz zu indirekter Erkenntnis ist Intuition unmittelbare, integrale Erkenntnis. Nur durch Intuition ist Selbstverwirklichung möglich. Ohne die Entfaltung der Intuition bleiben auch die intellektuellen Fähigkeiten unvollkommen und blind für die Wahrheit hinter den Erscheinungen.

Im Unterschied zur Vernunft ist Intuition jene Kraft des Bewusstseins, welche die wahre Substanz der Dinge in der Unmittelbarkeit der Erfahrung wahrnimmt, indem sie eins mit dem Wahrgenommenen wird.

Den vernunftmäßigen Prozess der Beweisführung und Ableitung kann sie uns nicht liefern, und mittelbare Erkenntnis ist hier ausgeschlossen. Dafür bringt uns Intuition eine Erkenntnis, die von gar nichts abgeleitet, die nichtsinnlicher Natur, unmittelbar, innigst vertraut und direkt ist. Während die Vernunft bei der Erkenntnisfindung auf Begriffen aufbaut und dann Schlussfolgerungen zieht, erfasst Intuition die Essenz der Dinge in aller Unmittelbarkeit. Vernunft untersucht die Oberfläche der Objekte, analysiert und kategorisiert ihre äußere Natur; Intuition dagegen erfährt das innerste Herz, die Wahrheit der Dinge. Während die Vernunft über die Dinge spricht, so wie sie erscheinen, erfasst und erfährt intuitive Erkenntnis direkt das wahre, innerste Leben der Dinge. Sie lässt uns der Dinge gewahr werden, wie sie in sich, an sich, ihrer wesentlichen Natur nach sind.

Intuition verleiht die volle transzendente Weisheit; der Intellekt vermittelt ein Wissen um äußere Gegenstände.

Intuition ist unfehlbar; der Intellekt erwägt und rätselt, glaubt und wünscht.

Intuition ist ein Aufblitzen, eine Erleuchtung; der Intellekt verwickelt sich im Ringen um einen Schimmer von Erkenntnis.

Intuition erhebt Zeit zur Ewigkeit, Raum zur Unendlichkeit.

Reine Vernunft führt den Menschen bis ans Tor der Intuition. Intuition widerspricht nie der Vernunft, überschreitet sie jedoch.

Intuition ist das Auge der Weisheit, der Intellekt das Auge der Welterkenntnis.

Das Auge der Intuition öffnet sich, wenn das Herz durch Übung verschiedener geistiger Disziplinen genügend geläutert ist, nachdem das Gemüt und seine Kräfte ihre Funktionen eingestellt haben. In der Intuition bewegt sich das Bewusstsein des Menschen aufwärts, dem Selbst und der Erleuchtung entgegen.

Da Intuition eine direkte, übermentale Erkenntnis des Selbst in der Unmittelbarkeit geistiger Verwirklichung ist, findet hier kein Vernunft- und Denkvorgang statt, keine Funktion des Intellekts, keine Empfindungs- oder Sinneserfahrung. Es handelt sich um eine innere spirituelle Erfahrung, die mit Worten nicht annähernd beschrieben werden kann. Worte sind nur Übereinkunft. Da menschliche Sprache unvollkommen ist, kann sie auch die ganzheitliche, unfassbare transzendente Erfahrung niemals wiedergeben. Das menschliche Gemüt und die Sinne bedürfen der Zeit und des Raums zu ihrer Funktion; die Wirklichkeit aber, die jenseits dieser raumzeitlich-kausalen Ordnung der Dinge liegt, lässt sich nur durch Intuition erfassen und wahrnehmen.

Intuition steht jenseits der Relativität. Die unserem materiellen Universum innewohnende Seele ist reines Bewusstsein. Diese Tatsache haben die großen Seher in ihrer Ganzheit und Vollkommenheit intuitiv erschaut und der Menschheit das reiche und kostbare Wissen um das Selbst vermittelt. Die Erkenntnis des Göttlichen wäre der Menschheit verlorengegangen, gäbe es nicht Intuition und die Offenbarungen der Weisen und Seher. Der Weise erhebt sich in seinem geistigen Höhenflug der Intuition in jene übermentale Region, in der er die göttliche Wirklichkeit oder das Absolute erfährt. Diese überbewusste Erfahrung ist ihrem Wesen nach höchst vital und von lebendiger Kraft durchpulst: großartig, erhaben, tief und alldurchdringend ist die Erfahrungstotalität der Intuition, von intensivster Wirklichkeit für den Weisen.

Liebe - ein weiteres Erkenntnisinstrument

Tausende von Heiligen sind in dieser Welt erstanden. Meist waren sie ungebildet oder zumindest nicht gelehrt; oft konnten sie nicht einmal schreiben, und doch besaßen sie eine gewaltig hohe Erkenntnis, so dass ihre Worte von der Menschheit über lange Zeiten bewahrt wurden. Ihre zeitlosen Erkenntnisse wurden ihnen durch ihre fast grenzenlose Liebe zuteil. Liebe kann uns jedes Maß an Erkenntnis vermitteln, und sie kann auch übermenschliche Kräfte verleihen.

Liebe ist nicht dasselbe wie menschliche Empfindungen und Gefühle, wenn auch unsere Empfindungen und Regungen mit einem Teil dieser wahren Liebe aufgeladen sein können. Liebe ist vielmehr die wesentliche Natur des Lebens in uns. Liebe ist das Wesen der Wahrheit. Liebe ist überall wirksam, in der ganzen Natur; sogar der natürliche Magnetismus entspringt dem Drang nach Einheit und ist als rudimentäre Form der Liebe anzusehen. Liebe ist eine vereinigende, integrierende Macht, eine harmonisierende Gegenwart, eine umwandelnde Macht.

Die von der Liebe zum Göttlichen geleitete Erkenntnis ist Weisheit, eine Erkenntnis, die der inneren Entwicklung, einem beachtlichen Wachstum in der Güte entspringt, eine Erkenntnis, die aus der Reinheit des Wesens, aus wahrer Demut, aus der Liebe zu allen Wesen sowie aus Selbstentsagung und Egolosigkeit erwächst.

Diese aus der Liebe zum Göttlichen entspringende Weisheit ist eine Eigenschaft, die zur Synthese drängt. Sie ist eine allumfassende, alles umarmende, alles verstehende und vereinigende Eigenschaft der höchsten Wahrheit. Sie trägt in sich jede nur denkbare göttliche Vorzüglichkeit. Doch wollen wir diese Weisheit nicht mit derjenigen verwechseln, die man aus dem Alltagsleben kennt. Sie ist keine alltägliche Weisheit, sondern die Weisheit des göttlichen Geistes. Und die Weisheit des Göttlichen ist das göttliche Selbst, aus sich selbst hervorstrahlend, sich selbst erhaltend, die Vernunft der höchsten Wahrheit.

Liebe ist für die spirituelle Evolution wichtigste Voraussetzung. Bloßes Suchen nach Erkenntnis genügt nicht. Alle großen Wahrheitskenner waren immer auch Menschen großer, wahrer Liebe. Alle jene, die eine Erkenntnis des Unendlichen haben oder hatten, die also das Unendliche erfahren durften, sind oder waren Menschen, deren Herzblut die allumfassende, kosmisch weite, göttliche Liebe ist.

Auflösung des Ego

"Nur jener, der sich selbst entsagt, dringt in die verborgenen Geheimnisse der Herrlichkeit und Unsterblichkeit ein, die in den Tiefen seines Herzens ihren Sitz haben. Einen anderen Weg dorthin gibt es nicht!"

(Upanishaden) 

Das Aufgeben des Ego ist der Preis, der uns auf dem Pfad der Selbsterkenntnis abverlangt wird. Was ist aber das Ego anderes als ein stark ausgeprägter Sinn der Eigenbetrachtung?

Der Mensch zieht sich im allgemeinen so sehr selbst in Betracht, dass er die wahre Grundlage, die wahre Wirklichkeit, die das Göttliche ist, übersieht. Das Ego ist der Sitz spiritueller Unwissenheit, des Nichterkennens des göttlichen Selbst, welches die eine, einzige Ursache und Grundlage unseres Daseins ist. Dieses Ego ist eine Kraft der Zerteilung, ein Prinzip der Selbstzersplitterung. Solange das Ego besteht, wird auch die Dualität in der Erfahrung fortdauern, wird sich ein Ding dem anderen entgegenstellen, wird die Erfahrung von Gegensätzen und daraus folgenden Problemen unvermeidlich sein.

Das Ego ist der einzige Wall zwischen Mensch und Gott. Das Ego ist es, das diesen Wall aufbaut und es ist die Ursache von Wünschen, Ängsten, Streitigkeiten, Arroganz, Leiden, Krankheiten und tausend anderen Übeln. Dieser Wall muss zerbrechen, um die Vereinigung mit dem Göttlichen zu erfahren.

In einem wahrhaft demütigen Menschen ist das Ego nicht mehr vorhanden, weshalb er in Einheit mit dem Göttlichen lebt. Ein solcher Mensch ist nicht mehr menschlich, sondern göttlich. 

Durch beständiges Nachsinnen über das Wesen des Göttlichen muss unsere Egozentriertheit in grenzenloses göttliches Bewusstsein aufgelöst werden. Durch den Druck eines beständigen Nachdenkens über die Gegenwart und das Wesen des Göttlichen steht das Ego unter Kontrolle, seine Kräfte sind gesammelt und auf Eines ausgerichtet. Das Gemüt muss aufhören, Gemüt zu sein. Wo kein Gemüt, kein Ego ist, da ist Gott; da gibt es nur eines: Zeitlosigkeit, Raumlosigkeit und die Vollkommenheit des Königreichs des Himmels.

Solange aber das Ego bestehen bleibt, besteht auch die Erfahrung der Dualität weiter, die Erfahrung der Probleme, der Zweifel und der Schwierigkeiten. Wir sind nirgendwo sicher und geborgen, außer in der Gottheit, im göttlichen Selbst.

 

Letzte Phase des Umwandlungsprozesses:
Geburt der spirituellen, der göttlichen Individualität
 

Solange die menschliche Individualität weiterbesteht, begeht der Mensch Fehler, ist er in Erkenntnis, Liebe, Güte begrenzt, ist er dem Wandel und der Erfahrung des Todes unterworfen. Die alte Individualität muss sich auflösen und eine neue muss geformt werden. Solange wir einen physischen Körper haben, auf Erden leben und uns damit identifizieren, ist immer eine sich abkapselnde Individualität da, die sich als eigenständig und getrennt von allem anderen empfindet - abgesondert und getrennt auch von Gott, dem eigenen Ursprung und Urgrund. Ist einmal die alte Individualität mit ihren Unreinheiten und Begrenzungen aufgelöst, kommt sogleich eine neue, eine göttliche Individualität zum Vorschein, die bis dahin von einem Schleier verhüllt war: der uranfänglichen Dunkelheit oder dem Nichtwissen.

Was dabei vor sich geht, ist ein Zurückziehen unserer Erfahrung und unseres Bewusstseins vom Körper, vom Gemüt und von den Sinnen und ein Sich-Versenken in die Gottheit und schließlich, als letzte Stufe, ein Aufgehen im transzendenten Göttlichen.

Am besten ließe sich dieser Zustand als Selbst-Transzendierung beschreiben: ein Transzendieren des Körperbewusstseins, ein Transzendieren des mentalen Bewusstseins, ein Transzendieren der Persönlichkeit, die wir sind, ein Hinausgehen über alles, was die Endlichkeit, die Individualität ausmacht, ein Hinausgehen über die Erfahrungen unserer Individualität. In einem solchen Zustand existiert unser Egoismus nicht mehr, existiert unser niederes Selbst nicht mehr. Die Vorstellung, ein menschliches, vom Göttlichen losgelöstes Wesen zu sein, existiert nicht mehr. Wir leben in einer anderen Erfahrungsdimension: Wir sind im Bewusstsein des Göttlichen und ununterscheidbar davon mit Ihm verschmolzen, wie der Tropfen, der ins Meer fällt, sein Tropfendasein aufgibt und zum unbegrenzten Ozean wird.

Dieser Zustand, in dem wir über die sinnliche, physische, materielle Erfahrung hinausgehen, dieses unser Versunkensein im Bewusstsein des Göttlichen ist das, was mit "der Tod all dessen, was wir waren" bezeichnet werden kann und mit "die Geburt all dessen, was wir in Wahrheit und Wirklichkeit sind"; die Geburt all dessen, was die Gottheit in uns ist. Wir sind nicht mehr wir selbst; unser Selbst ist jetzt das Gott-Selbst. Das göttliche Selbst ist sozusagen auferstanden aus dem Grab des Ego. Gott ist in uns eingetreten und lebt in uns als das große Wir, das Allumfassende.

 

Reinkarnation-eine evolutionäre Notwendigkeit

Wie die Erfahrung zeigt, genügt ein einziges Menschenleben nicht, um zur Selbstverwirklichung zu gelangen, weshalb die Notwendigkeit weiterer Leben des Bemühens und ständigen Fortschreitens auf dem Pfad der spirituellen Entwicklung besteht, um diesen hohen Bewusstseinszustand zu erreichen. Unser Überleben des physischen Todes und die Reinkarnation sind eine evolutionäre Notwendigkeit, ist doch die Chance zur Selbstverwirklichung das Wesentliche des Menschseins und ein einziges Leben zu kurz, all die Tugenden und edlen Eigenschaften zu entwickeln, derer es zur wahrhaft spirituellen Lebensführung bedarf.

Die Wissenschaft stellt fest, dass es Millionen und Abermillionen Jahre in Anspruch nahm, bis sich der winzige einzellige Organismus zum Tier entwickelte, und die Natur brauchte nochmals Jahrmillionen, um aus dem tierischen den menschlichen Organismus zu entwickeln. So kann es vielleicht noch einige weitere Millionen Jahre dauern, bis sich aus dem heutigen Menschen eine Menschheit der Heiligen und Gottmenschen entwickelt hat. So sind wir also vom Standpunkt der Logik, der Wissenschaft, vom spirituellen Standpunkt des Königreichs Gottes aus gesehen sowie vom okkulten und moralischen Standpunkt her gezwungen, die Tatsache der Wiedergeburt zu akzeptieren.

Manche Menschen sind schon weise und edel geboren, und ihre Erkenntnis überrascht, ihre spontane Güte überwältigt. Obwohl sie kein einziges Buch über spirituelle Wahrheiten gelesen haben, sind ihre Worte voll göttlicher Weisheit. Das sind jene Menschen, die in vergangenen Inkarnationen genügend Fortschritt gemacht haben, denn Fortschritt geht niemals verloren. Alle Weisheit, die wir in diesem Leben erwerben, alle geistigen Bemühungen, auch wenn sie scheinbar keine großen Resultate bringen, werden aufbewahrt und uns auf unserer nächsten Entwicklungsstufe zugeteilt; sie werden in der inneren Seele, im psychischen Wesen bewahrt. Wie die Sonne, ehe sie hinter dem westlichen Horizont versinkt, gleichsam schnell all ihre Myriaden Strahlen einsammelt und dann für unser Auge untergeht, so sammelt die Seele augenblicklich, ehe sie den Körper verlässt, all ihre Fähigkeiten, Kräfte und inneren Sinne, ihr erworbenes Wissen und die Ergebnisse ihrer Werke und wird für menschliche Augen unsichtbar.

Schicksal ist nichts anderes als das, was wir durch unsere eigenen Gedanken, Gefühle und Bestrebungen erschaffen. Durch unser gegenwärtiges Planen, Handeln, Denken und Fühlen können wir unser künftiges Schicksal vorausbestimmen. Schicksal ist etwas, das ständig durch die Gedanken, Bemühungen, Aktivitäten und das Wollen eines Menschen gewoben wird. Schicksal ist nichts anderes als die aus unserem vergangenen Streben, Denken, Fühlen und Tun resultierenden Wirkungen. Unser gegenwärtiges geistiges Streben ist unsere vorherbestimmbare Zukunft. Bestimmung ist vorangegangenes Wollen. Das gegenwärtige Geschick oder Karma und die Vorherbestimmung sind nichts als ein Sichabbilden der Ergebnisse des in der Vergangenheit geübten freien Willens. Wenn mit unserem gegenwärtigen Schicksal etwas nicht in Ordnung ist, wenn wir unglücklich sind, so ist das die Folge eines entsprechenden Fehlverhaltens in der Vergangenheit. Um dies zu löschen und seine Auswirkungen zu beseitigen, müssen wir jetzt etwas sehr Gutes, etwas außergewöhnlich Gutes tun, so dass das nächste Leben uns gute Voraussetzungen und Entfaltungsmöglichkeiten bringen kann.

In gleicher Weise gehen auch intellektuelle Fähigkeiten, Vorzüglichkeiten des Herzens oder spirituelle Erkenntnisse nicht verloren, denn auch sie bilden unser künftiges Schicksal. Jede Anstrengung, jede Mühe hat ihre guten und segensreichen Auswirkungen. Ungute Handlungen bringen ungute Früchte hervor und umgekehrt. Geistesgröße ist also die reiche Ernte früherer Anstrengungen und Bestrebungen. Nur Unwissende sprechen von Zufall. Im ganzen Kosmos gibt es keine Zufälle. Es gibt nur Gesetz, und alles geschieht kraft des Gesetzes, und das Gesetz wird durch den Menschen, durch seine Gedanken, Gefühle und Handlungen zur Wirksamkeit gebracht.

Was der Mensch dann mit Zufall bezeichnet, ist das, wovon er die Ursache nicht kennt. Manche Gesetze sind offensichtlich, andere sind es nicht; die meisten moralischen und geistigen Gesetze wirken im Verborgenen.

Durch Reinkarnation machen wir tatsächlich Fortschritt. In jedem Leben gewinnt der Mensch etwas an Weisheit und Erkenntnis hinzu. Der Weise versucht, die Zahl seiner Geburten zu verringern, indem er sich in einem einzigen Leben ein Höchstmaß an Disziplin abverlangt und äußerste Güte ausübt. Dieses Gute zerstört Karma, verringert somit die Zahl der Leben, läutert das Herz und öffnet es für spirituelle Weisheit und für die Erfahrung des höchsten Selbst.

Höchste Erkenntnis ist die Erkenntnis des Selbst

Erkenne das göttliche Selbst im Inneren,
erkenne das immanente, göttliche Selbst!

Selbsterkenntnis ist das evolutionäre Ziel des menschlichen Bewusstseins. Jene sind weise und seelisch groß, die bewusst die innere Existenz, den inneren göttlichen Geist berühren und Kontakt mit Ihm aufnehmen können. Tatsächlich sind alle befähigt, diese innere Existenz zu erfahren. So wie die Fähigkeit zu schlafen allen von uns gegeben ist, ist auch die Fähigkeit zur bewussten Erfahrung dieser inneren Existenz in uns allen angelegt; allerdings muss sie entwickelt werden. Es muss der entsprechende innere Zustand von Intelligenz und Liebe geschaffen werden, damit das ganze innere Wesen transparent wird und die Vollkommenheit des Selbst hindurchleuchten kann.

Diese innere Existenz gilt es zu entdecken und ihr Wesen in diesem Leben zum Ausdruck zu bringen, also nicht erst nach dem Tode, sondern jetzt, während wir hier atmen, arbeiten und aktiv sind. In allen Umständen des bewussten Lebens können wir diese Existenz - dieses Sein, diese gemeinsame Grundlage alles Existierenden - erfahren.

Die innere Existenz im Menschen - dieses innere Selbst - und das Göttliche sind ein und dasselbe. Das ist es, was Meister Eckhart meint, wenn er sagt: "Willst du den Menschen verstehen, dann verstehe Gott! Willst du die Seele des Menschen ermessen, miss sie an der Seele Gottes!"

Wir erkennen das Göttliche, indem wir zum Göttlichen werden; bis dahin erkennen wir nichts vom Göttlichen, sondern reden lediglich darüber.

Wenn unsere Intelligenz eine tiefere Beziehung zu diesem transzendenten Prinzip gewinnt, finden im Bereich unserer inneren Erfahrung und unseres Bewusstseins zahllose Fähigkeiten ihren Ausdruck. Wir erlangen grenzenlosen Frieden und den nötigen Abstand von den flüchtigen Erfahrungen unseres Lebens.

Diese Perspektive, dieser innere Abstand, befähigt uns, mit den Problemen des Lebens auf rechte Weise umzugehen und fertig zu werden. Mit dem Halt am göttlichen Selbst, mit dem Hinausgehen über unser kleines Ego und unsere engen Begrenzungen haben wir einen Stand außerhalb unserer kleinmenschlichen Individualität gewonnen, der uns die Fähigkeit verleiht, das Leben emporzuheben, umzuwandeln, zu erleuchten, zu vergöttlichen, es zur Erfüllung zu bringen.

Wie einst ein Archimedes sagen konnte: "Gebt mir einen Standort außerhalb der Welt, und ich werde die Welt aus ihren Angeln heben!", so kann jeder sprechen, der einen Standort außerhalb der persönlichen Individualität, außerhalb des Egos, des kleinen Selbst, erreicht hat: Durch göttliche Gnade ist er zum Meister über sich und die Welt geworden.

Das ganze Menschenleben ändert sein Gesicht, sobald wir die sich immer mehr vertiefende Erkenntnis der göttlichen Wirklichkeit in uns gewinnen. Die Umstände mögen nach wie vor dieselben sein, die Umgebung mag dieselbe sein, aber unsere Schau ist nicht mehr dieselbe und damit haben sich auch unsere Haltung und unser Gemüt verändert. Wir sehen das Leben jetzt vom Standpunkt des göttlichen Selbst in uns - verwurzelt in der Welt des göttlichen Geistes handeln wir in der Welt von Zeit und Raum.

Das große Erwachen zur Selbsterkenntnis

Was ist Erleuchtung? - Eine innere Wahrnehmung, ein lichtvolles Sich-Öffnen der inneren Wahrnehmung. Es gibt ihrer vielerlei Arten: Erleuchtungserfahrungen, die einem Blitz gleichen: Sie kommen und gehen; sie sind nicht von Dauer, und ihr Einfluss auf die ganze Persönlichkeit und das psychologische Wesen des Menschen ist nicht groß. Aus einer Erleuchtung hingegen, die stetig aus dem Inneren kommt, jede Minute und Stunde, jeden Tag, erheben sich Gedanken und Gefühle, die göttlich sind und das Wesen der göttlichen Wirklichkeit für den Betreffenden erhellen.

Dieses bloße Innewerden von Wahrheit, Wirklichkeit und Gegenwart des Göttlichen ändert das Verhalten des Menschen, sein Bewusstsein, seinen Charakter, seine Bestrebungen, sein ganzes Wesen. Ein solcher Mensch ist von innerem Frieden und innerer Freude erfüllt, von einem Empfinden, in der Gegenwart des Göttlichen zu sein.

Selbstverwirklichung ist kein Prozess des Werdens; es ist vielmehr ein reiner Seinszustand. Es ist Eintreten in das große Königreich der Seligkeit und Schönheit. Wenn ein Suchender plötzlich Gott oder das göttliche Selbst erfährt, so kommt dieses nicht von irgendwoher, sondern Es war und ist immer da, überall und jederzeit.

Der Tag, an dem der Gottsuchende seine erste wunderbare Erfahrung des Selbst hat, ist auch der Tag, an dem sein ganzes Wesen geläutert und somit für diese Erfahrung bereit ist. Der Zeitpunkt, zu dem er die Erfahrung des Selbst hat, ist derjenige, zu dem plötzlich ein Auflodern von Reinheit im Suchenden stattfindet, und diese Reinheit erschließt ihm augenblicklich die große Gegenwart, die immer war, ist und immer sein wird. Der inneren Schau des reinen Herzens entfalten sich die zeitlosen Wunder Gottes: Plötzlich sind Bewusstsein, Geist und Herz in das grenzenlose Licht göttlicher Vollkommenheit und wahren Glücks hinein befreit. Alle Verschiedenheiten und Unterscheidungen verschwinden. Alles erscheint als das, was es in Wahrheit ist: das Göttliche.

Erleuchtung bewirkt nicht plötzlich äußere physikalische Veränderungen, sondern entrückt den geistig Strebenden in eine andere Erfahrungsdimension. Die Erfahrung der Wahrheit ist also ein Zustand des inneren Bewusstseins. Das innere Herz wird von einer Unendlichkeit an Seligkeit ergriffen, das innere Bewusstsein in eine Welt des Friedens und der Vollkommenheit hinein entlassen. Wo immer seine innere Schau sich hinbewegt, erfährt der wahrlich Erleuchtete die Wunder des göttlichen Selbst, des göttlichen Bewusstseins. Er lebt in einem raumlosen, zeitlosen Universum voll endloser göttlicher Kraft und einem Bewusstsein, das von unendlicher Schönheit erfüllt ist.

Sobald der Suchende von dieser Erfahrung berührt wurde, in der er das göttliche Selbst, die erhabene, hohe Wirklichkeit in sich selbst, ringsum und überall erfährt, ist er so glücklich, so erleuchtet, so zutiefst in der Wahrheit verankert, dass er, wenn er zurückblickt auf sein altes Leben, dieses wie einen dunklen Traum empfindet! Er lacht jetzt über Besitz, Reichtum, materiellen Komfort oder Ansehen in der Gesellschaft - so stumpfsinnig und dumm erscheinen sie ihm! Das ganze irdische Leben mit all seiner Herrlichkeit erkennt er als einen Traum, eine Illusion, eine Täuschung. Er beginnt befreit zu lachen - er hat unendliche Freiheit erlangt! 

Erkenne das Selbst in allem, das Selbst im Universum!

Das hohe spirituelle Leben beginnt erst auf einer Ebene jenseits der Gedanken. Es beginnt erst, wenn man Beziehungen mit der transzendenten Dimension in allem Offenbargewordenen hat, das heißt, nachdem man kosmisches Bewusstsein erlangt hat. Solange der Mensch bewusstseinsmäßig an Körper und Umwelt, an die materielle Welt gebunden ist, ist er nicht wahrhaft spirituell, nicht wahrhaft frei, sondern vom Dualitätsbewusstsein geprägt und geleitet, erfährt Vielheit statt Einheit und hat keine Erfahrung des Einen im Vielen.

Wahres spirituelles Leben beginnt auf der kosmischen Ebene. Wenn der Mensch nicht mehr in Bezug auf seinen Körper, seinen Namen, seine Stellung, seine Erziehung und Bildung, seinen kulturellen Hintergrund und seine Rasse denkt, sondern in Bezug auf das transzendentale Sein in allen Wesen, allen Dingen, überall im Kosmos, dann erkennt, fühlt und erfährt er mit dem Licht der göttlichen Intelligenz in sich, mit demselben Licht, das auch in Sonne und Sternen ist. Er erkennt, dass die sichtbare Schönheit in der Natur und im Kosmos eine Widerspiegelung der Schönheit des Selbst, des göttlichen Geistes in ihm ist. Er erkennt, dass die Macht, die von außen kommt, um ihn anzugreifen, seine eigene Macht und in ihm selbst ist. Er erkennt, dass der Atem, der in seine Nase einströmt, derselbe ist, der durch die Nase von Billionen Geschöpfen dringt und schon vor Jahrmillionen Menschen belebte. Er erkennt, dass die Liebe im Herzen der ganzen Menschheit und im Herzen der ganzen Natur dieselbe ist wie die Liebe in seinem Herzen. Er erkennt, dass die unwandelbare, ewige, zeitlose Wirklichkeit in ihm selbst, hinter seinem beobachtenden Bewusstsein, in allen Wesen zugegen ist. Er hat sich so sehr mit dem göttlichen Geist im ganzen Kosmos, in allen Geschöpfen groß und klein identifiziert, dass er völlig kosmisch denkt, fühlt, handelt, lebt. Er hat kosmisches Bewusstsein erlangt.

 

Der kosmische Bewusstseinszustand

Kosmisches Bewusstsein ist jener Zustand des inneren Bewusstseins, in dem wir unmittelbar erkennen:

"Er, der hier im Herzen ist, und Er, der dort in der Sonne ist, ist ein und derselbe!"

(Upanishaden)

Wie ist das Göttliche in allen Wesen zugegen? - Nicht als eine Zelle unter den Milliarden Zellen des Gehirns, sondern als eine subtile Essenz, ohne die nichts Leben hat. Das Göttliche ist in allen Wesen als die subtilste, die unsichtbare, allschöpferische Essenz gegenwärtig, die Bewusstsein, Wahrheit, letzter Zeuge ist.

Im kosmischen Bewusstseinszustand haben wir die unmittelbare bewusste Erfahrung desselben Bewusstseins, desselben Selbst in allem, was für uns im Kosmos sichtbar ist. In diesem hohen Bewusstseinszustand erfahren wir das göttliche Selbst, das ICH BIN, die Wirklichkeit, das göttliche Sein als die Quelle von allem; Es ist Grundlage und Kulminationspunkt aller Manifestation.

Tatsächlich scheint die ganze Schöpfung um dieses zentrale ICH BIN zu kreisen und an dieses schöpferische Prinzip gebunden zu sein. Wie die Planeten um die Sonne, so kreist die ganze Schöpfung um dieses zentrale ICH. Der Baum sagt Ich bin, der Vogel sagt Ich bin, der Stern sagt Ich bin, alles und jedes sagt Ich bin, weil alles ist. Der Ist-Zustand, der Seins-Zustand, das ICH BIN sind ein und dasselbe: Sein oder Existenz. Wo immer wir uns befinden, ob allein oder unter Menschen, wir wissen, dass wir sind. Etwas tief drinnen in uns sagt Ich bin, und das ICH BIN in Dir, das ICH BIN im Baum, in allen Wesen, ist ein und dasselbe. Es gibt nur ein einziges ICH BIN, und dieses ist die Grundlage aller Erfahrung.

Dass du bist, ist die erste Tatsache in deinem Selbstgewahrsein. In dieser Erkenntnis, dass du bist, liegt die Wahrheit. In unserem unbedeutenden, vergänglichen Körper, unserem Namen, unserer Persönlichkeit sind wir verschieden voneinander, sind wir von allem getrennt. Doch das ICH BIN in jedermann ist ein und dasselbe. Darin sind wir eins mit allem. Das Ego, das Körperempfinden, der Name, die Form sind Ursache unserer Begrenzungen und Probleme und der Grund allen Unglücks, aller Disharmonie. Der normale Mensch betrachtet sich immer in Bezug auf seinen Körper, seinen Besitz, auf das, was er an der Oberfläche hat oder nicht hat, zu sein und zu haben scheint. In dieser kleinen menschlichen Persönlichkeit, in diesem Körperbewusstsein ist jeder Mensch ein Sünder, abgeschnitten von der Wahrheit, die in jedem und allem zugegen ist. Im ICH BIN-Bewusstsein sind wir alles, sind wir eins mit der ganzen Schöpfung. ICH BIN ist das Alpha und das Omega, Anfang und Ende; im ICH BIN ist jeder das Alpha und Omega.

Jener, der - obschon im Körper lebend - voll bewusst in diesem ICH BIN-Bewusstsein verwurzelt ist, kann als Weiser, als Mystiker bezeichnet werden. Für ihn, der kosmisches Bewusstsein erlangt hat, ist die ganze Natur durchpulst von diesem Selbst, diesem ICH BIN, denn jedes Phänomen birgt in sich selbst die Gegenwart des noumenalen Selbst.

Dieses göttliche Selbst oder Sein ist das schöpferische Prinzip, das alles ins Dasein brachte, alle Universen und was sich in ihnen befindet, erschuf, und ist daher auch mit all seinen Vollkommenheiten in allem gegenwärtig.

Der Mystiker oder Weise erkennt das ICH BIN als das All in allem, als ungeteilt und ewig, allgegenwärtig, unendlich, als das Eine im Vielen - und als die Vielen im Einen. Er weiß auch, dass dieses Eine überall ist, im Stoff, im Raum, in allen Wesen und Dingen. Es allein ist, und obwohl in allem zugegen, ist Es doch nicht identisch mit den Vielen, sondern bleibt immer nur das Eine! Der Mystiker weiß, dass nur ein Sein überall ist, das göttliche Sein. Er sieht, dass die ganze Schöpfung eine Manifestation des göttlichen Bewusstseins innerhalb des göttlichen Bewusstseins ist, und überall nimmt er das Wirken der göttlichen Intelligenz wahr. Er erkennt sein eigenes innerstes Wesen als eine Manifestation und Gestaltwerdung der höchsten Intelligenz, des göttlichen Seins. Er weiß, dass die vielen Dinge, die wir sehen, zeitliche Gestaltungen ein und desselben gestaltlosen göttlichen Seins innerhalb Seiner Selbst sind, dass sie strukturell miteinander verbunden sind. Er erfährt dies, daher kann er sagen: Der ferne Stern ist strukturell mit uns verbunden; ein winziges Tierlein irgendwo im australischen Busch oder in den Meerestiefen steht mit uns in struktureller Beziehung. Der Mond und die Sonne, die Planeten, die Wolken, der Wind, die ganze Menschheit, alles sind Strukturen, die mit uns in Beziehung sind, und wir in Beziehung mit ihnen. Sie alle haben teil an der unendlichen Stille, dem Frieden und schöpferischen Bewusstsein, aus dem auch wir gebildet sind.

Erkenne das transzendente Selbst, das höchste Subjekt! 

Das Selbst wird transzendent genannt, weil es größer und weiter ist als das Universum und das Universum transzendiert. Trotzdem ist Es auch innerhalb des Universums. Dieses transzendente Selbst ist das höchste Subjekt, die Substanz an sich, aus der Zeit und Raum gebildet sind. Es ist all das, was erschaffen ist, und dennoch auch etwas, das über alles hinausreicht, also transzendent ist, und durch nichts Erschaffenes berührt wird. Es ist unendlich, unbegrenzt, absolut, allvollkommen, über alles schön. Seine unendliche göttliche Intelligenz drückt sich in winzigem Maße durch die Intelligenz des Menschen aus, und seine unendliche Liebe wird in winziger Weise im Herzen einer Mutter sichtbar.

Es ist ein allgegenwärtiges Sein, dessen transzendierendes Wesen überall ist. Es ist eine allwissende Wirklichkeit, deren allsehendes Auge überall ist. Es ist Bewusstsein, das unbegrenzt und allvollkommen ist. Es ist die transzendente Realität, die Grundlage aller Mächte, Kräfte und Energien im Werden und Bestehen des Universums ist. Es ist der Ursprung aller Formen von Erkenntnis und Wissen. Es ist die unendliche, universale, zeitlose göttliche Wirklichkeit, allwissendes Gewahrsein, das auf alles anspricht und reagiert. Es ist unendliche göttliche Liebe.

Die beste Beschreibung Gottes oder des göttlichen Bewusstseins oder des transzendenten Selbst ist Glückseligkeit.

Da die Welt durch das Göttliche in Erscheinung trat und von Ihm in Ihm erhalten wird, pulsiert auch jeder Punkt des Raums in Seligkeit - in unendlicher Seligkeit. Es gibt nichts in dem, was als das Universum in Erscheinung tritt, noch in der transzendenten Wirklichkeit, wo dieses Glück, diese Freude, diese Seligkeit nicht wäre! Glückseligkeit ist tief in uns selbst vorhanden, ist das höchste Bewusstsein in uns selbst, das wahre Kennzeichen des Bewusstseins, der Existenz in uns! Daher bedeutet das Erkennen des transzendenten Selbst in uns zugleich auch Erlangen höchster Seligkeit.

Der transzendente Bewusstseinszustand

Kosmisches Bewusstsein ist ein Zustand der göttlichen Erfahrung. Dieser geistige Zustand, in dem wir das immanente Selbst in uns, im Universum, in allen Dingen erfahren, ist seinerseits noch nicht das Höchste. Denn selbst da gibt es noch zwei Dinge: einmal etwas, das wir mit ‚wir' bezeichnen und das sich des inneren Erfahrenden bewusst ist, und dann der transzendente Bewusstseinszustand jenseits dieser Erfahrung. Wenn die innere Stille sich vertieft und das Wir sich in diesen Erfahrenden hinein auflöst, dann sind wir nur noch ein bloßer Erfahrender. Dann erst besteht der transzendente Bewusstseinszustand, in dem der Meditierende, das Objekt, über das er meditiert, und der Vorgang des Meditierens eins werden. In anderen Worten: Es ist der Zustand, in dem der Erkennende, der Erkenntnisprozess und das Erkannte ein und dasselbe sind.

Dann erst haben wir volle Selbstverwirklichung. Dann erst gewinnen wir unseren eigentlichen Zustand, leben als unser wahres Selbst. Das ist die vollkommene Erfahrung. In diesem höchsten Bewusstseinszustand ist man fest im Unendlichen verankert. Keine Weltwahrnehmung ist mehr vorhanden, kein Gegenstand, nicht einmal Gott als Schöpfer. Hier sind wir am Kulminationspunkt aller Erkenntnis und allen Lebens, aller Existenz angekommen. Das ist die Wissenschaft der höchsten Wirklichkeit.

Auf dieser Stufe des Bewusstseins werden wir ins Herz und Sein der höchsten Gottheit zurückgeholt und erfahren Einheit mit der Gottheit. Unser Wesen wird eins mit dem Wesen der göttlichen Wirklichkeit. Wir erschauen das Universum mit den Augen des Göttlichen. Wir begegnen in jedem Menschenherzen der Gottheit. Wir werden zur göttlichen Persönlichkeit, die unaufhörlich transformierendes, göttliches Licht ausstrahlt. Alles in uns ist sublimiert und umgewandelt in göttliche Natur und Wesensart. Gottes Sein und Leben beginnt durch uns zu wirken. Wir sind am Ziel der Evolution angelangt.

 

Dir, dem Unsterblichen in den Kleidern eines Sterblichen,

bringe ich meine Verehrung dar. Du bist eine Form

des unendlichen und unvergänglichen Seins.

Die Idee, dass das Leben mit dem körperlichen Tod zu Ende ist,

ist nicht akzeptabel. Die Idee, dass das Leben,

so wie es sich der menschlichen Erfahrung darstellt,

alles ist, ist unwahr, ist ein bloßer Traum.

Swami Omkarananda

 

Viele Menschen auf dieser Welt beten um viele Dinge:

um Gesundheit, um Geld, Erfolg,

um Hilfe in Schwierigkeiten.

Das geistige Herz aber betet nur um eines -

um mehr Liebe zu Gott.

Eine freudvolle, inspirierende, erhebende und erleuchtende Liebe bringt alle möglichen Tugenden hervor,

die durch sie zum Ausdruck und zur Entfaltung gelangen.

Daher bittet das geistige Herz um mehr Liebe zu Gott.

Liebe ist der höchste Schatz.

Liebe zum Göttlichen ist der Schatz aller Schätze.

Vertiefe deshalb deine Hingabe an Gott

und halte dich am Göttlichen fest!

Möchtest du innerlich jung bleiben?

Dann denke nicht an dein Alter;

denn du bist ein Kind Gottes.

Ein Kind Gottes kennt kein Alter, ist immer jung,

weil Gott kein Alter hat.

Bleibe jung in Ihm, dann wirst du dich guter Gesundheit

erfreuen und dein Leben wird verlängert.

Lass dich nicht durch die Idee des Alters begrenzen,

weil sie menschlich und zeitgebunden ist.

Gott als die Wahrheit aber ist zeitlos,

und daher bist auch du als sein Kind zeitlos und

ohne Alter. 

Swami Omkarananda

 

 
 

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