INHALT

 

  1. Vorwort
  2. "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!" (Joh. 14,6)
  3. Theologie und Glaubenserfahrung
  4. Beschleunigte geistige Reifung durch unablässiges Beten
  5. Gott ist Licht und in Ihm ist keine Finsternis (1. Joh. 1,5)
  6. Die Vollkommenheit des Vaters in Christus
  7. "Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!" (Mat 28,20)
  8. Jesus, "der Erstgeborene unter vielen Brüdern" (Röm. 8,29), bahnt uns den Weg
  9. Gnade und Selbsterlösung
  10. Die höchste Wahrheit ist immer und überall dieselbe
  11. Kinder des Lichts (1. Thess. 5,5)
  12. Nur keine Selbstvergottung
  13. Christusträger
  14. Die kostbare Perle
  15. Der Lebendige
  16. Was ist Askese?
  17. In der Einheit des Vaters
  18. Jesus Christus und Seine Einheit mit dem göttlichen Willen
  19. Christus, der Erlöser
  20. Jesus, der Friedensfürst
  21. Der unvermeidliche Widerstand
  22. "Meinen Frieden gebe ich euch!" (Joh.14,27)
  23. Die zentrale Botschaft des Neuen Testaments
  24. Christus als die Wahrheit, die befreit
  25. Jugend und Unsterblichkeit
  26. Der geheimnisvolle Ursprung des Machtstrebens
  27. Im Licht Christi
  28. Ein neues Menschenbild und eine neue Erziehung
  29. Die unerforschte Wirklichkeit
  30. Die Wissenschaft des Menschen als Wissenschaft der Wahrheit
  31. Wahre Werte
  32. Das gesegnete Leben Christi in uns
  33. Wie soll man Willenskraft entwickeln?
  34. Wie werde ich stark genug, um die Welt zu bereichern?
  35. Das Voranschreiten im Gebet
  36. Berühre das Christusbewusstsein überall
  37. Die allgegenwärtige Wirklichkeit
  38. Christus, das Wort Gottes
  39. Jesus Christus, das Antlitz der Wahrheit
  40. Gottesbild und personale Beziehung
  41. Der göttliche Magnet
  42. Vom inneren Beten
  43. Die Überwindung des menschlichen Gemüts
  44. Jedes Wort ruft eine Vorstellung in uns wach
  45. Das Komplott von Psyche und Nerven
  46. Jesus
  47. Gott ist Liebe (1. Joh. 4,8)
  48. Jesus Christus - die unwandelbare Wirklichkeit
  49. " ... ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir." (Gal. 2,20)
 
 
 
 
 
Vorwort


Meine von Herzen kommende Anbetung dem allsehenden Licht in Deinem Innersten!

Eine der herrlichsten Ausdrucksformen dieses Lichtes ist Jesus Christus. Zu einer Zeit, da die Grundlagen der Kirche völlig erschüttert sind und Theologen die Gott-ist-tot-Bewegung ins Leben riefen, ist es sicher nicht unangebracht einmal zu sehen, was Christus in den Augen jener ist, die in der Erkenntnis der höchsten Wahrheit stehen und in der Wahrheitserfahrung verwurzelt sind.

Wenn das Christentum eine lebendige Kraft im Leben der Menschen darstellen soll, eine vitalisierende Kraft, die das Leben verwandelt und ihm beständigen Frieden, Freude, Stärke und Licht eingiesst, dann ist es für den Papst und die Kirchen vielleicht nicht zu verachten, einmal auch die Menschen der Wahrheitserfahrung zu befragen.

In den Augen jener, welche die letzte Wahrheit kennen, in den Augen jener, die von der Gnade des Göttlichen berührt sind und in denen machtvoll die Gnade des Göttlichen wirkt, ist Christus genau das, was Er selbst in der Bibel zu sein erklärt: die Wahrheit, eins mit dem Vater im Himmel, das ewigwährende Leben, das Licht der Welt, ewig und unabtrennbar von der innersten Seele des Menschen.

Während Seelsorger und Theologen die Schönheit und lebendige Macht des Lebens Christi aus dem Auge verlieren, ist es jenen, die die Wahrheit in ihrem innersten Sein erkannten, aber auch schlichten, einfachen Männern und Frauen überall auf der Welt gegeben, Christus als eine göttliche Gegenwart aus lebendiger Erfahrung zu erkennen. Er ist eine Gegenwart, die von der höchsten Gottheit ebenso unabtrennbar ist wie von der innersten Seele eines jeden Wesens. Von diesem Standpunkt aus sollten wir Christus betrachten.

Im allgemeinen braucht der Mensch nicht so sehr Theologie als unmittelbare Hilfe. Millionen Menschen überall auf der Welt haben Hilfe für das tägliche Leben nötig, eine Hilfe, wie sie nur die Wahrheit, oder in anderen Worten: das Göttliche oder Christus geben kann, eine Hilfe, wie sie nur aus einer übernatürlichen Quelle kommen kann, die aber insofern höchst natürlich ist, als sie die Quelle des Natürlichen ist und dieses erhält.
Die Frage, die sich jedem Menschen ganz allgemein stellt, ist, wie man Hilfe erlangt, wo menschliches Vermögen versagt, wo der Arzt auch nicht mehr helfen kann und der Mensch am Ende seiner Weisheit ist. Da wendet man sich an Christus, als an eine Gegenwart, die auf die Nöte der Menschen überall auf der Welt zugleich antworten kann. Als Mensch gerät man in Situationen, in denen man auf Schutz und Hilfe angewiesen ist - nicht durch äussere Mittel und Möglichkeiten, die wiederum ihre Grenzen haben. Auch hier ergeht der Anruf an Christus als den Beschützer, den Heiland, der heilt und hilft, weil Er die Verkörperung der Liebe ist, der die Hingabe in unserem Herzen erweckt und sich selbst als höchste Erfüllung der Liebe schenkt.

Christus ist eins mit dem Göttlichen. Er ist das Unbegrenzte, das Unbegrenzte an Liebe, an Frieden - der einzige Friede, der bleibt und in seiner Unermesslichkeit alles menschliche Verstehen übersteigt. Als Spender des Friedens, der alles Verstehen übersteigt, ist Christus unerlässlich für das menschliche Leben. Ein Mensch mag alles haben, was er sich nur wünscht; dennoch ist ständig ein Streben in ihm, das jenseits davon liegt. Ein Gefühl des Unbefriedigtseins ist im innersten Kern seines Wesens, und dieses treibt ihn immer wieder zu dem hin, was sein Ungenügen und Unbefriedigtsein beseitigt. Auch hier wenden wir uns wieder an Christus. Es gilt, Christus als den Befreier der Menschen zu sehen, der sie von ihren Begrenzungen, von ihren moralischen, psychologischen und physiologischen Begrenzungen befreit. Christus, der Meisterschaft über die materiellen Prinzipien allein schon durch Sein Dasein, Seine Persönlichkeit, Seine Weisheit, Seine aktive Hilfe, Seine Antwort gebende Gegenwart verleiht - Ihm wendet sich kein Herz zu, ohne überaus grossen Gewinn davon zu haben. Eine solche Gegenwart allein ist die Lösung für die grundlegenden Probleme des Lebens, wie sie dem Menschen in vielfacher Gestalt begegnen.

"Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!" (Joh. 14,6)
Jesus Christus ist eine beständig anwesende Gegenwart in der Menschheitsgeschichte, eine ewige Gegenwart in der Schöpfung. Er ist die Wahrheit. Der Weg zur Wahrheit und die Wahrheit selbst ist Christus. Wo Wahrheit ist, da ist Leben, wahres Leben. Wo keine Wahrheit ist, da ist das Leben eine Fiktion, eine äusserliche Angelegenheit, ein Leben im nur Scheinhaften, und ein solches Leben ist voller Begrenzungen, ein nur kreatürliches Dasein in Zeit und Raum, das bald wieder von der Bildfläche verschwindet und allen möglichen Problemen und viel Unglück ausgesetzt ist. Jesus Christus ist die Wahrheit. Wahrheit ist die göttliche Wirklichkeit, ist das Zeitlose. Christus ist die Manifestation der zeitlosen Wahrheit, weshalb von Ihm gesagt wird: "Jesus Christus ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit" (Hebr. 13,8).

Vor zweitausend Jahren wurde Jesus verleumdet, verfolgt und gekreuzigt. Später wurde er als Offenbarung des Göttlichen verehrt. Überall wurden Kirchen errichtet. Psychologen wiederum haben Jesus für schizophren erklärt. So ändern sich Meinungen im Wandel der Zeit. Der eine Gelehrte sagt: "Jesus hat nie existiert, meine Forschung beweist es!" Der andere sagt: "Jesus existierte, doch war er Ägypter." Wieder ein anderer sagt noch etwas anderes. Das sind lauter wechselhafte Meinungen. Sie machen nicht einmal vor der Person Jesu Christi halt. Doch bedeutet der Wandel der Zeit nichts für ein Herz, das Jesus Christus hingegeben ist, für ein Herz, das in der Lage ist, die Gegenwart Jesu Christi zu fassen. Ein solches Herz ist vom Zeitlosen berührt.

Theologie und Glaubenserfahrung
Gott gehört nicht irgendeiner Religion, sondern Gott gehört allen, und der Mensch tut gut daran, sich in seinem Denken auf Gott auszurichten, Gottes Gegenwart zu erfühlen und alles im Namen Gottes zu tun, mit Dankbarkeit im Herzen und im Bewusstsein der Gottgegenwart. Es hat keinen Wert, sich zum Glauben zu zwingen. Die Liebe zu Gott wächst in Deinem Herzen, wenn Du tief nachdenkst und das Leben in seinen Begrenzungen durchschaust.

Meine Aussagen bezüglich des Christentums wurzeln in meiner Erfahrung Christi. Ich bin ins Christusbewusstsein hineingeboren, ich bin im Christusbewusstsein herangewachsen, und Christus bringt sich durch mich in Seiner ganzen ursprünglichen Universalität zum Ausdruck.

Das heisst nun nicht, dass irgend jemand glauben müsste, was ich sage. Er kann es ruhig verwerfen, wenn es mit seinen eigenen Ansichten nicht übereinstimmt. Solche aber, die keine Christen sind und nichts vom Christentum wissen wollten, werden durch meine Schriften ans Christliche herangeführt, und jene, die sich vom Christentum abgewandt haben, werden wieder für Christus gewonnen. Das lässt sich von den Schriften heutiger Theologen nicht immer sagen.

Das Christentum braucht neue dynamische Anregungen, die das Ganze im Auge behalten, um es mit neuem Leben zu erfüllen und die Menschen zu Gott zurückzubringen. Die Berührung mit Gott ist der wichtigste Punkt für die Rettung der Kirche, während theologischer Streit einen rational denkenden Menschen nur noch mehr abstossen wird. Wohl ist auch Theologie bis zu einem gewissen Grade notwendig, aber wichtiger ist Herzensgüte und Gottberührung. Sind diese vorhanden, wird auch die Theologie sich gut und erlösend auswirken, zur Erleuchtung beitragen und der Kirche und dem Christentum zu einem festen Stand verhelfen. Fehlen aber diese Voraussetzungen, wird eine Theologie, die sich zu wichtig nimmt oder gar zum Selbstzweck erhebt, nur noch mehr Probleme schaffen. Theologie ist an sich nichts Wunderbares, doch kann sie wunderbar sein, wenn jene sie betreiben, die das Herz auf dem rechten Fleck haben und der Gottgegenwart gewahr sind.

Mit Hilfe der Theologie die geistige Wahrheit zu verteidigen, ist nicht erfolgversprechend. Jesus hat die Herzen der Menschen nicht durch theologische Apologetik gewonnen, sondern durch die schlichte Güte und Liebe zu allen Menschen und durch den Dienst, den Er ihnen erwies. So ist auch heute die Macht der Güte, des Gottvertrauens, der Gottesliebe am meisten geeignet, die Menschheit auf den geistigen Weg zu bringen. Haben wir nur genügend Liebe zu Gott, wird sich diese von selbst auf den Nächsten ausdehnen und Tausende für Gott gewinnen. Das fördert die geistige Wahrheit weit mehr als alle rationalen Verteidigungsmittel, doch wird die rationale Verteidigung wunderbar ausfallen, wenn ein guter Mensch dahintersteht. Eine gereifte Seele ist nötig, dann wird ein Theologe zu einem Augustin oder Thomas. Dann schaut wirklich etwas für die Verteidigung der Kirche heraus.

Beschleunigte geistige Reifung durch unablässiges Beten
Das Geheimnis geistiger Entwicklung liegt im unaufhörlichen Beten. Nur hie und da ein wenig zu beten und dann wieder stundenlang oder gar tagelang Gott zu vergessen, hilft nicht viel. Die Hauptstrasse und zugleich der einfachste Weg ist das "Beten ohne Unterlass", und der selbstlose Dienst für andere ist die innere Vorbereitung dafür.

Wenn der geistige Mensch "Herr, Herr" ruft und dabei ans Göttliche denkt, ist Gott da. Ein Wissenschaftler kann lange "Bakterie, Bakterie" rufen, ohne dass etwas geschieht. Das Göttliche ist allsehend und allhörend, Bakterien aber nicht. Rufst Du Gott an, kann das ganz leise im Herzen geschehen, ohne dass es jemand hört. Es bringt Dich innerlich voran und segnet Dich. In dieser Erkenntnis wird der ernsthafte geistig Strebende versuchen, sein Herz durch ständigen Anruf so sehr an das Göttliche zu gewöhnen, dass es ganz auf Gott eingestellt ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob man "Herr, Herr" oder "Jesus, Jesus" oder "Christus, Christus" oder "Gott, Gott" oder "OM, OM" ruft - auf das Wort kommt es nicht an. Gott weiss, wer gemeint ist, Er ist von dem ständigen Anruf berührt und schafft die Umstände, die nötig sind, damit Er sich erfahrbar machen kann. Er ist ja noch unendlich viel liebevoller als die liebste Mutter.

Wir können nicht als wahrhaft religiös bezeichnet werden, das heisst als der höchsten Wahrheit hingegeben, wenn nicht ständig etwas in uns mit dem Göttlichen befasst ist. Um es mit den Worten des heiligen Paulus zu sagen: Wir sollen ohne Unterlass beten (1. Thess. 5,17). Es müssen nicht immer gesprochene Worte der Anbetung damit verbunden sein. Schon das blosse Gewahrsein der Gegenwart Christi, die Anerkennung Seines unmittelbaren, allsegnenden, liebevollsten Wesens kann genügen. Das unaufhörliche Gebet spielte im Leben des Paulus eine nicht unerhebliche Rolle, und so hat er das, was sich in ihm ereignete und das er dann zur Übung erhob, auch den anderen empfohlen.

Gott ist Licht und in Ihm ist keine Finsternis (1. Joh. 1,5)
Gott ist ein unermessliches Licht, das voll unendlicher Schönheit und voll schöpferischer Möglichkeiten ist, ein Licht, das Liebe ist, das erlöst, das die Dunkelheit des Lebens auflöst. Ein Licht, das die Welt emporhebt und zwar auf eine Ebene, wo sie als reine Gottesfreude vor uns in Erscheinung tritt.

Liebe, Licht und Freude sind Attribute der Gottgegenwart in der Bibel. Heisst es nicht in Psalm 16,11: "Vor dir ist die Fülle der Freude"? Was bedeutet hier "Fülle der Freude"? Sie bedeutet absolutes Glück, unendliche Freude. Diese Freude ist Attribut der Gegenwart Gottes.

Im Alten Testament steht zwar geschrieben: "Du sollst Dir kein Bildnis machen von Gott!" (5. Mose 4,23) Doch Jesus Christus selbst übertritt dieses Gebot, indem Er Gott als Vater im Himmel anspricht. Damit hat Er eine Vorstellung von Gott, ein Bild für jene abstrakte Wahrheit, die unendlich, unzerstörbar, ewig, zeitlos, raumlos, namenlos, formlos ist und von der wir uns kein Bild machen sollen.

Auch wenn dieser Ratschlag der Bibel, der unter bestimmten geschichtlichen Umständen gegeben wurde und ein bestimmtes Ziel verfolgt, unter gewissen Voraussetzungen anwendbar ist, so stellen wir jedoch fest, dass diese zeitlos-formlose, namenlose Gottheit von Christus als Vater angesprochen wird. Christus selbst ist, wie wir wissen, eine Ausdrucksform des Göttlichen. Wo liegt hier der Fehler? Es liegt gar kein Fehler vor, sondern es besteht eine konstitutionelle Notwendigkeit des Menschen, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Wie wäre Gebet überhaupt möglich, wenn man sich kein Bild von Gott machen würde?

Die Vollkommenheit des Vaters in Christus
Jesus Christus als der Sohn Gottes trägt in sich alle Vollkommenheiten des liebenden Vaters. Der Sohn Gottes hat Anteil in seinem persönlichen Wesen an allen Merkmalen, Qualitäten, Kräften, Möglichkeiten des göttlichen Vaters. Wenn Gott unendliche Liebe ist, dann ist auch Sein Sohn unendliche Liebe. Wenn Gott unbegrenztes Licht ist, dann ist Sein Sohn auch unbegrenztes Licht. Wenn Gott unvergängliche Wahrheit ist, ist Sein Sohn auch unvergängliche Wahrheit.

Die Heilige Schrift bezeichnet Christus als den, der gestern, heute und morgen, das heisst in alle Ewigkeit derselbe ist (Hebr. 13,8). Das heisst, Er ist unwandelbar, denn das, was sich wandelt, kann nicht gestern, heute und morgen dasselbe sein. Nur das Unwandelbare kann zu allen Zeiten gleich sein. Nur die unwandelbare Wahrheit wird in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft dieselbe sein. Ist nun Jesus Christus gestern, heute und morgen derselbe, dann heisst das, dass Er die unwandelbare Wahrheit, die unwandelbare Liebe, das unwandelbare Licht, das unwandelbare Leben, die unwandelbare Vollkommenheit ist.

Menschliche Liebe, menschlicher Glaube, menschliche Güte sind ständigem Wandel unterworfen. Das menschliche Gemüt, der menschliche Wille, das menschliche Herz, das menschliche Leben mit seinen Umständen sind wandelbar. Der Geist im wahren Sohn Gottes wandelt sich nie. Der Wille im wahren Sohn Gottes wandelt sich nie. Die Liebe, der Glaube, die Güte, die Weisheit, das Licht, das Leben, die Kraft in Jesus sind unwandelbar.

"Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!" (Mat 28,20)
Alles Erschaffene wandelt sich, alles, was endlich ist, wandelt sich. Darum kann Christus nicht endlich, nicht begrenzt sein. Er ist der Unwandelbare, unbegrenzt an Liebe, an Weisheit, an Frieden, an Kraft, an Glück, an Vollkommenheit.

Nur wenn wir es als eine sichere Tatsache betrachten, dass Er in alledem unwandelbar ist, können wir sagen, Er verändere sich nicht. Alles, was begrenzt an Liebe oder Weisheit ist, wandelt sich, ist endlich, ist menschlich, ist kreatürlich. Menschliche Liebe und Weisheit sind sehr begrenzt. Der Mensch weiss nicht um seine Vergangenheit und nicht um seine Zukunft. Der Geist Christi, die Weisheit Christi sind unbegrenzt, göttlich, vom Vater, der Vater. Die Weisheit und die Liebe Christi sind grenzenlos, unendlich, absolut und darum unwandelbar, darum voll Licht. Das Problem des Lebens ist eine Frage des Wandelbaren angesichts des Unwandelbaren, des Menschlichen angesichts des Göttlichen, des Unvollkommenen angesichts des Vollkommenen, des Unglücklichen angesichts der allerhöchsten Seligkeit.

Allein die Wahrheit ist Gott, ist Christus, und die Wahrheit allein ist unwandelbar, ewig, grenzenlose Liebe, Licht, Weisheit. Dass Christus hier und jetzt zugegen ist, das ist nur deshalb möglich, weil Er unbegrenzt ist. Das Unbegrenzte ist überall, das Begrenzte ist an einen Ort gebunden und kann nicht zugleich an zwei verschiedenen Orten sein. Der Atlantik kann nicht an zwei verschiedenen Orten zugleich sein, ebenso ist dies überhaupt keinem Erschaffenen möglich, sondern einzig dem Unwandelbaren, dem Absoluten, und dieses schliesst alles in sich ein und ist mehr als alles. Das ist es, was gestern, heute und morgen bedeutet. Der Mensch fährt fort zu leiden, bis sein Herz die unwandelbare Wahrheit liebt, bis sein Herz die unwandelbare Liebe berührt, die Christus ist, bis sein Herz eins ist mit der unwandelbaren, grenzenlosen, unendlichen Weisheit, die Christus ist. Erfühle und erfahre ständig Deine Einheit mit dem Herzen Jesu!

Jesus, "der Erstgeborene unter vielen Brüdern" (Röm. 8,29), bahnt uns den Weg
Die Erfahrung der Wahrheit ist im Neuen Testament in die prägnanten Worte zusammengefasst: "Gott ist Licht!" (1. Joh. 1,5)

Wozu wurde Christus auf Erden geboren? Es geschah zu unserer Erlösung, zu unserer Rettung. Er war eine grossartige Offenbarung des Göttlichen. Sein Leben war von Liebe, Dienen und Gotterfahrung regiert. Gebet und Meditation zeichneten es aus. Sein Leben wurde offenbar, damit die Menschen an Ihm ein hohes Vorbild finden sollten. Sein Leben war eine Demonstration der höchsten göttlichen Möglichkeiten, die der Menschenseele innewohnen.

Worin besteht nun die besondere Aufgabe Christi auf Erden? Sie besteht darin, allen Kindern Gottes zu helfen, der Vollkommenheit des göttlichen Vaters näherzukommen. Wer Liebe im Herzen trägt, wer eine Weisheit besitzt, die unerschütterlich feststeht und sich von keinen Irrtümern, die aus der Umwelt an ihn herangetragen werden, beirren lässt, wer immer tapferen Herzens und in aufrechter Haltung Hingabe an die Wahrheit und Selbstlosigkeit im Dienst an der leidenden Menschheit beweist - aus Hingabe an Gott - ist Diener Jesu Christi und kann morgen selbst Meister sein, so wie jeder Geselle im Handwerk ganz selbstverständlich nach der Meisterschaft strebt. Solange wir nicht Meister sind, sind wir auch nicht frei von Unvollkommenheiten, nicht fähig, Seinen Frieden und Sein Licht zu verbreiten. Darum sollten wir uns frohgemut und mit Begeisterung dem Wesen Christi anzugleichen suchen. Das wird uns in dem Masse gelingen, als wir Demut üben und uns an dem Verhalten jener orientieren, die sich an Weisheit, an göttlichem Wesen als die Älteren erweisen. Je mehr wir solche Persönlichkeiten bewundern, umso mehr wird etwas von der Güte und Milde, der Wesensart Jesu Christi durch uns zum Ausdruck kommen. Wir sollten diese göttlichen Eigenschaften zum kennzeichnenden Merkmal unseres täglichen Gewahrseins, unseres Lebens und Verhaltens werden lassen.

War nun Jesus von Gott gesandt oder war Er nur ein Mensch, der sich höher entwickelte und schliesslich Vollkommenheit erlangte? Beides lässt sich sagen. Hegst Du besondere Liebe für Ihn, wirst Du sagen: Nur einzig und allein von Gott gesandt. Willst Du eine zweifache Lektion dabei lernen oder anderen vermitteln, kannst Du sagen: Er ist zwar von Gott gesandt, hat aber auch im menschlichen Körper Vollkommenheit erlangt und ist somit der Menschheit als Vorbild vorangeschritten.

In Jesus ist alles. Alle Eigenschaften Gottes finden sich in Ihm. Da gibt es keinen Unterschied. Auch als Manifestation der Liebe Gottes hat Er alle anderen Eigenschaften in sich, denn Er ist in Seiner inneren Erfahrung Gott Selbst. Er lebt in der Einheit des Vaters. Darum besteht kein Unterschied zwischen Jesus und Gott, Gott und Jesus. Wenn Du Jesus anrufst, ist es so gut wie wenn Du Gott anrufst. In der letzten Wahrheit bestehen keine Unterschiede. Wenn Jesus von sich sagt: "Ich bin die Wahrheit", besteht kein Unterschied. Wenn er sagt: "Ich und der Vater sind eins", besteht kein Unterschied. Denn was ist "Vater"? Die Unendlichkeit, das Absolute, das Namenlose, Formlose, die ewige Wahrheit ist damit gemeint. Was ist "der Vater"? Der alles behütende, all-liebende persönliche Gott, der unendliche höchste Gott ist damit gemeint. Das ist die unendliche absolute Wahrheit, die allgegenwärtig, allwissend, allmächtig ist. Sie ist alles.
Die Weisheit Christi und das Licht Christi sind nicht zwei verschiedene Dinge, sie sind ein und dasselbe. Licht ist Weisheit, Weisheit ist Liebe, Liebe ist Schönheit, Schönheit ist Vollkommenheit, Vollkommenheit ist die Freude der Existenz.

Christus ist das Licht der Welt und auch das Licht unserer Seele. Ein Teil Seines Wesens besteht in uns als das Bild Gottes. Das ist auch der Grund, weshalb einer der grossen Heiligen um Christus, ja vielleicht der grösste christliche Heilige überhaupt, nämlich Paulus, sehr häufig Wendungen gebraucht, die sich auf Christus als uns innewohnende Wirklichkeit beziehen.

Christus als 'eins mit der Wahrheit' ist eine spürbare Gegenwart. Unser Eintreten ins Gespräch mit Ihm, voller Hingabe, ist Religion. Christus ist nicht nur der, der den Frieden schenkt, sondern Er Selbst ist der Friede. Er ist nicht nur der, der das Licht schenkt, sondern Seine Natur ist Licht. Er ist das Licht der Lichter, eine Allgegenwart. Ein Herz, das ohne Unterlass betet, weiss das, versteht das, denn es wird zu einer Sache der Erfahrung, wenn das Herz beständig im Gebet verweilt.

Christus ist die Natur Gottes in Wirksamkeit für die Erleuchtung, Befreiung und geistige Vervollkommnung des Menschen. Göttliche Liebe, göttliches Licht, göttliche Güte, göttliche Erkenntnis, göttliches Dienen - eine Liebe und ein Dienen, die selbstlos, rein und allumfassend, umwandelnd, emporhebend, erleuchtend sind. Angenommen, Du seist durch Deinen Glauben ans Göttliche, durch Deine innere Reinheit, durch Deine Hingabe an Christus, in einen Bewusstseinszustand gelangt, der dem entspricht, dann befindest Du Dich in Christus. Dieser Bewusstseinszustand kann als jener bezeichnet werden, in dem sich Jesus Christus befand; ja, er kann als Christus Selbst angesprochen werden. Ihn zu erlangen bedarf es der Gnade Christi, bedarf es Seines Segens.

Gnade und Selbsterlösung
Die Christenheit bezeichnet Christus als Erlöser, weshalb ihr alles, was nach Selbsterlösung aussieht, sehr verdächtig wird. Es gibt tatsächlich keine Selbsterlösung. Und doch gilt es, die Tatsache klar zu erkennen, dass die Gnade Gottes Selbsterlösung in sich einschliesst, wenigstens in den Anfangsstadien. Da sagt einer: "Ich bin Christ. Ich gehe auch zur Kirche. Ich gehe den Weg der Gnade". Warum geht er zur Kirche, wenn er den Weg der Gnade geht? Wozu sind Glaube, Hoffnung, Liebe nötig? Ist nicht eine Bemühung damit verbunden? Ein Ungläubiger spart sich die Mühe des Kirchgangs. Er liest auch nicht die Bibel. Er sieht von allen Bemühungen ab. Man kann also nicht gut sagen, auf dem Weg der Gnade gäbe es keine eigene Bemühung.

Zur Erläuterung denken wir an eine junge Mutter: Ihr einjähriges Kind ist im Zimmer nebenan und hat Hunger. Sie glaubt, es schlafe schön ruhig in seinem Bettchen, und so kümmert sie sich nicht um das Kind, so lange, bis es zu schreien anfängt. Das Schreien ist die Selbstbemühung des Säuglings. Dass dann die Mutter kommt und es nährt, das ist Gnade.

Es gibt Millionen Menschen, die sich Christen nennen. Sie alle sind auf dem Weg der Gnade, doch manche führen ihr Leben auf eine Weise, dass Erlösung ganz unmöglich ist. Darum sagen manche, Gnade allein genüge nicht, man müsse sich schon auch etwas Mühe geben. Das ist an sich logisch. Wir müssen vollkommen auf Gott, auf Christus unser Vertrauen setzen. Das einzige, was prinzipiell unsere Bemühungen erst fruchtbar werden lässt, ist Christus.

Auch Bemühung erfolgt einzig durch Gnade. Es gibt andererseits sehr viele Bemühungen auf der Welt, die innerlich ohne Gnade sind. Solche Bemühungen bleiben dann auch ohne echte Früchte. Doch beobachten wir, wie jemand sich müht, dann dürfen wir annehmen, dass auch ein wenig Gnade mit dabei ist.

Es liesse sich sagen, Gott liebe jene am meisten, die Ihn am besten kennen und Ihn wahrhaft lieben. Gott hatte höchstes Wohlgefallen an Jesus, weil Jesus Ihn kannte, Ihn liebte, in Ihm sein Leben führte und Gottes Weisheit und Liebe im äusseren Leben und Wirken zum Ausdruck brachte. - Gott wird in höchstem Masse auch über Dich erfreut sein, wenn Du Ihn erkennst und infolgedessen wahrhaft liebst!

Wie kommt die Gnade und der Segen Christi in unser Leben? - In Form von Reinheit des Wesens, des Charakters, in Form von Liebe zu Gott, in Form von selbstlosem Dienen, als Güte, als Verlangen nach echtem, wahrem Beten und Meditieren, als all jene Tätigkeiten, die unser Wesen verwandeln, uns erneuern und veredeln.

Gnade ist nicht nur nötig, um Sünden abzuwaschen. Man kann auch getauft sein mit göttlicher Weisheit, mit Gottes Geist, mit Gottes Liebe und Kraft. Es mag geborene Heilige geben, die innerlich rein und von göttlicher Wesensart sind und die dennoch eine besondere Gnadentaufe brauchen, eine spezielle Gnade, um Gottes Arbeit auf Erden zu verrichten. Jesus wurde bei Seiner Taufe alles verliehen, was nötig war, um Seine Mission auf Erden durchzuführen.

Was liess Jesus Christus aussprechen, dass Er schon vor Abraham war? (Joh. 8,58) Diese Feststellung entspringt der Erfahrung der subtilsten, der unsichtbarsten aller unsichtbaren Wirklichkeiten, dieser Wirklichkeit, die alles ist, die war, die ist und immer sein wird.

Die höchste Wahrheit ist immer und überall dieselbe
Alle Religionen sind Wegweiser zur Wahrheit, und die Wahrheit ist Christus. Es ist dies eine unleugbare Tatsache in der menschlichen Geschichte insbesondere. Es ist die erste und grundlegende Tatsache. Nur auf dieser Grundlage konnte Jesus Christus sprechen: "Ich bin das Alpha und das Omega!" (Offb. 1,8) Die Wahrheit allein ist Anfang und Ende. Das wiederum ist es, was Paulus veranlasst, von Christus als der Wahrheit Gottes zu sprechen. Gott, Wahrheit und Christus sind ein und dasselbe. Wenn Du dies noch nicht oft gehört hast, dann nur, weil es nicht viele gibt, die das erlebt und erfahren haben. Das ist keine alltägliche Aussage, doch nur deshalb, weil die Wunder, die im Christentum verborgen liegen, die tiefe geistige Schau der Bibel in Aussagen höchster geistiger Wahrheit, im christlichen Leben noch gar nicht voll zur Entfaltung gelangten.

Wenn die Wissenschaft dem heutigen Menschen klarzumachen versucht, dass er nur einen Bruchteil seiner geistigen Fähigkeiten tatsächlich gebraucht, kann der Christenheit der Vorwurf auch nicht erspart bleiben, dass sie noch nicht ein Zehntel des wundervollen Schatzes voll gewaltiger, lebensumwandelnder geistiger Weisheit gehoben hat, der in der Bibel niedergelegt ist. Braucht man sich dann zu wundern, wenn Tausende Ausschau halten nach dem Licht aus dem Osten? - Keine Religion, wie gross auch immer, kann die Aussagen geistiger Erfahrung übertreffen, die durch Jesus Christus zum Ausdruck gelangt sind.

Kinder des Lichts (1. Thess. 5,5)
Kinder des Lichts nennt uns die Bibel, und diese Aussage gilt für jedes menschliche Wesen auf Erden. Kinder des Lichts! Das ist eine Aussage, die auf Erfahrung beruht. Wenn wir sagen: "Ein grossgewachsener Mensch", gilt das als Feststellung einer Tatsache. Und wenn die Bibel sagt: "Kinder des Lichts", ist genau so eine Tatsache damit bezeichnet. Ob allerdings unsere Sinne diese Tatsache annehmen wollen, ist eine andere Frage, und sie halten sich für einzig kompetent. Wenn man sagt: "Ihr Kinder des Lichtes!" fangen etliche an zu lachen. "Was redet der für poetischen Unsinn!" sagen sie. "Wir sind menschliche Wesen, wir haben physische Körper, die sind höchst solid. - Was will der nur mit dieser Allegorie vonwegen 'Kinder des Lichtes'? Das erscheint mir nicht besonders vernünftig. Es klingt nach über zweitausend Jahre alter Dichtung!"

Wenn ein Wissenschaftler feststellt: "Die Welt ist unsichtbar", setzt er als Beobachtungsort einen fernen Stern voraus, von dem aus gesehen die Erde tatsächlich unsichtbar ist. So lange Du jedoch mit beiden Füssen auf der Erde stehst, lässt sich die Wirklichkeit der Welt nicht durch Argumente abschaffen.

So ist es mit der Aussage der Bibel von den 'Kindern des Lichts'. Sie ist von einem besonderen Standpunkt aus gesprochen wahr, und zwar unwiderlegbar wahr, nämlich von einer anderen Erfahrungsebene aus gesehen. Geistige Eigenschaften sind unsichtbar - für wen? Sie sind unsichtbar für das leibliche Auge, nicht aber für die geistige Schau. Aus geistiger Sicht sind geistige Qualitäten so gut sichtbar wie fliessendes Wasser oder wehender Wind, der mit seinem Wehen offensichtliche Wirkungen hervorruft.

Vorausgesetzt, die Wissenschaft schreite noch weiter voran und werde bald in die Lage versetzt, die Ausstrahlungen von Liebe aus dem Herzen oder das Wirken der inneren Intelligenz aufzuzeichnen, dann bietet natürlich ein verfeinertes Instrument umso grössere Möglichkeiten, um bisher Unsichtbares sichtbar zu machen. Das gilt auch für die inneren Fähigkeiten. Je mehr wir sie in uns entfalten durch wachsende Güte, Weisheit und die Liebe zu dem, was gross und erhaben ist, umso mehr nehmen wir wahr.

Nur keine Selbstvergottung
Natürlich hat es keinen Wert umherzulaufen und anderen zu erzählen - oder es sich selbst einzureden - man selbst sei nun Gott! Jeder muss erst wachsen. Es hat Jesus gegeben, und Jesus war Gottes Sohn; daran ist nicht zu zweifeln. Er war hoch erhaben in Seiner Güte, Liebe, Erkenntnis, Weisheit und Macht, und man darf ganz sicher sein, dass Jesus aus allen Seinen Jüngern im Handumdrehen hochheilige Persönlichkeiten gemacht hätte, wäre dies so schnell möglich gewesen. Doch Gotterfahrung lässt sich nun einmal nicht auf diese Weise übertragen. Vollkommenheit lässt sich nicht 'machen'. Jesus kam, um das Licht aufleuchten zu lassen, um Liebe zu verbreiten und aufzuzeigen, wie man sich selbst um des Wohles anderer willen opfern muss, wie man betet und meditiert, immerzu die Gedanken auf Gott gerichtet hält, Körper und Geist diszipliniert. All das hat Jesus uns aufgezeigt, und jenen, die schon grössere Reinheit und grösseren Glauben hatten, schon weiter vorangeschritten waren in ihrer geistigen Entfaltung, konnte er etwas Licht vermitteln und sie zu Aposteln bestellen. Gottes Vollkommenheit und Gotterfahrung, das sind Dinge, die sich entwickeln und die wachsen wollen.

Deine äussere Persönlichkeit, Dein äusseres Gemüt, Fühlen und Denken sind etwas anderes als Christus.Wenn Du geplagt bist, wenn die Welt böse ist, die Zeiten schlecht sind, dann betrifft das nur die Oberfläche der Dinge.

Angenommen, Du besässest unermesslichen Reichtum, unendliche Schönheit, Macht, Frieden - alles wäre ganz wundervoll, und nun schläfst Du und träumst, Du seist eine arme alte Frau, krank und elend, umhergestossen und gepeinigt in einer bösen Welt. Dieser Traum ist nur zeitweiliger Natur, gehört nicht eigentlich und wesentlich zu Dir, ist somit nicht richtig wahr. Somit kannst Du Dich von diesem Traum des Lebens distanzieren und in Anerkennung Deiner Einheit mit der Gegenwart Christi sagen: "Ich bin etwas anderes als all das. Ich kann diese schlechten Träume äusserer Erfahrung ganz gut ertragen, denn ich weiss ja, dass ich in Christus, der unendlich ist, reich bin."

Somit wäre der Mensch also nicht ein materielles Gebilde, das sich auf der Erde entwickelt hat und dem Tierreich entstammt? Die äussere Gestalt ist wohl materiell, doch die ist zweitrangig. Wichtig ist die Essenz. Ob sich der Mensch aus dem Tierreich entwickelt hat oder ein gefallener Engel ist, darauf kommt es nicht an. Eines ist sicher: Die Existenz in ihm ist einzigartig kostbar und zu unendlicher Vollkommenheit fähig. Darum sagt Christus: "Ihr sollt vollkommen sein, wie der Vater im Himmel vollkommen ist!" (Mat. 5,48) Das ist eine Aufforderung, die nicht nur an die paar Jünger ergeht, sondern auch für die grosse Menge der Zuhörer, also für alle Menschen gilt! Doch selbst, wenn das Wort nur im engeren Jüngerkreis gesprochen wäre und nur für die Jünger Geltung hätte, wären diese immerhin auch Menschen und hätten keine anderen Möglichkeiten in sich als andere menschliche Wesen auch. So vollkommen zu sein wie der Vater im Himmel, wie Gott, ist unsere unausweichliche Bestimmung.

Du bist Erbe mit Christus! Also trage Christus bewusst in Dir! Lasse Dir vom Apostel Paulus ein bisschen Weisheit vermitteln und erkenne, dass auch Du Christus in Dir trägst und mit Christus alle Schätze Gottes! Die Weisheit des Apostels Paulus ist es, die jeder zum Leben nötig hat. Menschliche Weisheit ist nur kluge Berechnung und hilft dort nicht, wo es um Grundfragen des Lebens geht. Sie mag ihren Wert haben, wo das Verhalten an der Oberfläche des Lebens in Frage steht, nicht aber, wo grundlegende Fragen im Spiel sind. Da gilt es, göttliche Weisheit zu erwerben und im täglichen Leben wirksam werden zu lassen.

Es ist die Weisheit Christi, die in unserem Herzen geboren werden will, damit uns der höchste Segen zuteil werden kann. Christusgeburt im Herzen bedeutet Güte, Weisheit, Liebe. Es kann dem menschlichen Herzen nichts Grösseres widerfahren, als dass Christus in ihm geboren wird. Das bedeutet:: Hervorbrechen wahrer Weisheit, einer Weisheit, die Unsterblichkeit ist. Die Jugend von heute sollte um diese Unsterblichkeit wissen, sie sollte sich bewusst sein, dass sie zu dieser Unsterblichkeit erschaffen ist, sollte diese Weisheit erwerben und in den wahren Werten Christi beheimatet sein, in Werten wie Weisheit, Güte, göttliche Liebe, die Schönheit ist. Das sind Höchstwerte. Lasse also Christus in Deinem Herzen geboren werden! Sei Träger der Weisheit Gottes, sei Christusträger!

Christusträger
Jesus erklärte: Das Reich Gottes ist in eurer Mitte, also in eurem Innersten (Luk. 17,21). Hat Er damit die Würde des Menschen nicht zum Göttlichen emporgehoben? Dies sollte recht erfasst werden! Christus sagt nicht: Leidenschaft ist in euch. Er sagt nicht: Ihr seid vergängliche Sterbliche. Er sagt auch nicht: In euch ist ein denkender Geist mit einem sterblichen Leibe verbunden. Er sagt: Das Reich Gottes ist in euch! Und das ist es auch, was uns das innere geistige Erleben offenbart! Das ist es, was jeder Mensch weiss, wenn er die Erfahrung der höchsten Wahrheit gesucht und gefunden hat. Das weiss auch jeder grosse Philosoph, der höchsten Gedanken nachgeht, die Disziplin höheren Vernunftdenkens auf sich nahm und zu höherer Einsicht gelangt ist. Das ist es auch, wovon jeder grosse Künstler - wie ein Michelangelo und Raphael - etwas ahnt. Im Augenblick, wo die Bibel feststellt, dass das Königreich Gottes in uns ist, hebt sie das Menschsein auf die Stufe Gottes empor.

Im Licht dieser Wahrheit aller Wahrheiten, dass das himmlische Reich in uns ist, sollten wir unser tägliches Leben führen. Die Vorstellung von diesem Reich in uns lässt uns überaus kostbar werden, jeden von uns. Wie hoch steht der Mensch im Kurs? Der Wert des Menschen ist endlos, unbegrenzt. Der Wert des himmlischen Reichs ist grenzenlos. Er lässt sich durch nichts in der Welt aufwiegen, ist doch die ganze Welt nur ein vager Schatten, aus den Kräften dieses Reiches erschaffen. Die Erde hat kein Dasein ausserhalb von dem, was sie vom Reich des Himmels empfing.

Wie leicht ist man versucht, den Menschen für etwas zu halten, was er gar nicht ist. Es bedarf der inneren Ruhe und geduldig-stillen Weisheitserkenntnis, um etwas von dem zu erfassen, was der Mensch letztlich ist. Wie rasch stürzt man sich in falsche Schlüsse und benützt die allgemeine menschliche Unwissenheit, um irgendwie einleuchtende und sensationelle Theorien in die Welt zu setzen, die aber der Menschheit nur Schaden zufügen können. Es gilt also, seinen Standpunkt immer wieder zu überprüfen und kritisch gegenüber den eigenen Anschauungen zu sein, um zu erkennen, wieviel sie wirklich wert sind, und schliesslich auch bereit zu sein, sie wieder zu verwerfen. Doch das bedarf grösserer Hingabe an die Wahrheit und grösserer Treue den Tatsachen gegenüber als sie von den grössten Wissenschaftlern der Welt im Hinblick auf ihre Entdeckungen und Daten geübt wird. Es ist besser, wenn wir uns nicht auf das verlassen, was aus begrenzten Wissenschaften hervorgeht. Wo es um das Ziel und die Führung im Leben geht, sollten wir niemand Geringerem als Jesus und Paulus folgen, um dann dem einmal erkannten Ziel im Licht zeitlos gültiger Erkenntnis über das Wesen des Menschen entgegenzustreben. Jesus erhebt den Menschen auf die denkbar höchste Stufe von Würde und Wert, Sinn und Bedeutung, wenn er sagt: "Ihr seid Söhne Gottes" (Joh. 10,35), "Ihr seid das Licht der Welt, das Salz der Erde!" (Mat. 5,13/14), "Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist" (Matth. 5,48), "Das Himmelreich ist in euch" (Luk. 17,21).

Die kostbare Perle
Versuche, das Christusprinzip in der inneren Konstitution des Menschen recht zu verstehen! Christus hat nicht zum Himmel gezeigt und zu den Jüngern gesagt: "Dort oben ist euer Vater!" Christus hat jeden von ihnen angeschaut und gesagt: "Das Himmelreich ist in euch!" (Luk. 17,21)

Das Königreich des Himmels in uns ist voll von Möglichkeiten und Kräften. Alle Vollkommenheiten sind in uns. Dieses Königreich des Himmels ist Christus Selbst. Es ist der höchste Zustand des Bewusstseins überhaupt, und es ist in jedem. In Ihm sind wir alle eins, und folglich unzerstörbar. Als Körper sind wir zwar sterblich, doch steht uns der Rückzug offen in das, worin wir alle eins sind und unzerstörbar. Je mehr wir den inneren Gehalt des Bewusstseins erleben, umso höher ist unsere Sicht des Menschen, und umso mehr wirkt sie erhebend und umwandelnd.

Der Mensch soll vom Ewigen in sich berührt sein und die Wunder aus sich entfalten, die in seinem inneren Bewusstsein ruhen. Da Christus in uns ist, ist wundervolle Liebe in uns, und etwas von dieser Liebe soll auch in unserem Verhalten im Alltag zum Ausdruck gelangen. Da Christus in uns ist, ist unendliche Erkenntnis in uns. Höhere und immer noch höhere Fähigkeiten des Bewusstseins sollen in uns wirksam werden. Es gilt, aus der unbegrenzten Gottesfreude heraus zu leben, aus jenem Frieden heraus, der alles Verstehen übersteigt. Wir sollen aus dem Licht im Inneren leben.

Christus ist nicht nur das Licht der Welt, sondern das Licht in jeder Seele. Er ist das Licht aller Lichter in uns, das Licht allen Lebens im ganzen Universum. Er ist das ewige Licht, Er ist die Wahrheit in uns. In dieser Wahrheit sind wir ewig, unzerstörbar, ganz rein und allvollkommen, ganz voll Frieden, allwissend und voll Allmacht. Alle Macht und Freiheit, Freude und Schönheit ist in dieser inneren Wirklichkeit in uns.

Der Lebendige
"Wisset ihr nicht, dass ihr Tempel des lebendigen Gottes seid?" (1.Kor. 3,16)

Gott ist immer ein lebendiger Gott, ist Er doch die Quelle allen Lebens, aller Schönheit, allen Glücks, aller Kraft, aller Wahrheit, und da Jesus Christus sich Seiner vollkommen bewusst war, konnte auch der lebendige Gott Sich vollkommen durch Ihn zum Ausdruck bringen. Das lässt sich von den Menschen im allgemeinen nicht behaupten, so wenig wie von einer noch so schönen Blume. Das gilt nur für Jesus Christus und für jene, die Ihm in jeder Hinsicht gleichen und sich also ebenso völlig des Vaters bewusst sind wie Er.

Gott ist nicht etwas, das erst hervorzubringen wäre oder zu dem man erst hingelangen müsste, sondern Gott ist eine schon immer gegenwärtige Wirklichkeit, die nur erkannt und als gegenwärtig erfahren werden muss. Gott ist immer schon in Dir, doch erlaubt die menschliche Natur mit ihren Begrenzungen nicht, Ihn zum Ausdruck zu bringen. Diese Begrenzungen und Unvollkommenheiten bringen manche Menschen dazu, die Wirklichkeit Gottes in sich und überall rundweg zu leugnen. Aus dieser Situation ergibt sich die Notwendigkeit, dass jemand da ist, der durch sein eigenes Leben, Beispiel, Reden und Tun, kraft dessen, was er vermag, andere davon überzeugt, dass Gott im Menschenleben erfahrbar ist und sich zum Ausdruck bringen kann, dass hier auf Erden geistige Vollkommenheit möglich ist.

Sobald unser Inneres genügend geläutert und umgewandelt ist, sobald unser persönliches Ich in den Willen Gottes und unser persönliches Urteilen in die alles umfassende Liebe des Herzens Gottes eingeht, fängt Gott in uns zu leben und zu wirken an. Sein Licht und Seine Weisheit, Seine Liebe, Sein Frieden und Seine Freude kommen durch unser Wesen zum Ausdruck.

Wie nun gelangt Christus in unser Leben? Wenn wir gut, liebevoll und dienstbereit sind, wenn wir echt religiös sind und beten, wenn wir ganz vom Gefühl der Gottgegenwart erfüllt sind, dann werden wir Jesus sehen, dann ist Christus in unser Leben getreten. Auf diese Weise kam Er in das Leben von Hunderten und Tausenden, durch alle Zeiten. Er ist einst einem Paulus, einem Franziskus, einem Thomas, einem Johannes vom Kreuz erschienen. Er trat ins Leben sehr vieler und kam so immer wieder auf diese Erde und wird auch weiterhin auf diese Erde kommen. Er kommt als Antwort auf Deine Güte, Deine Liebe zu Ihm, Deinen Glauben an Ihn. Wenn wir jedoch nicht tun, was Er uns sagte, tritt er auch nicht in unser Leben. Wenn Gottliebende aus anderen Religionen verwirklichen, was Jesus gepredigt hat, kannst Du sicher sein, dass Christus auch in ihr Leben tritt, selbst wenn sie keine Ahnung davon haben, dass er solche Ratschläge erteilte.

Die Sonne steht am Himmel und scheint auf Holz und auf Metall. Das Metall wird heiss, das Holz nicht. Was kann die Sonne dafür? So ist Christus immer da und lässt die Herzen erglühen, beim einen mehr, beim anderen weniger, je nach Empfänglichkeit für Seine Gnade. Jesus schläft nicht irgendwo im Himmel. Er ist immer da, überall auf der Welt, und Er zeigt sich jenen, die an Ihn glauben und Ihn lieben. Er ist immer da, um Seine Liebe und Seine Hilfe in jene Herzen strömen zu lassen, die sich Ihm öffnen.

"Ihr sollt vollkommen sein, wie der Vater im Himmel vollkommen ist!" - Diese Aufforderung Jesu Christi wäre sinnlos, wenn eine solche Vollkommenheit wie die des Vaters im Himmel nicht für jeden Menschen erreichbar wäre - für jeden, der in dieser Dunkelheit lebt. In der Ermahnung selbst liegt die Möglichkeit, dass Vollkommenheit zu erlangen ist. Sind wir nur ein wenig weise und denken darüber nach, so werden wir uns klar darüber, was es heisst: die Fähigkeit in sich zu tragen, die Vollkommenheit des Vaters, der unendlich ist, zu erreichen!

Wo aber finden wir die nötigen Mittel und Kräfte dazu, zur Göttlichen Vollkommenheit, zum Göttlichen Licht zu kommen? Sie liegen in uns. Wir müssen sie entfalten und gebrauchen, auch wenn sie zunächst nicht sichtbar sind. Wir sind zunächst geneigt zu bezweifeln, ob diese Fähigkeiten wirklich vorhanden sind. Sie sind oft sehr tief vergraben. Doch dürfen wir nicht verzweifeln bei unserem Mühen. Die Seelenkraft wächst, so wie eine Blume aus der Erde spriesst, ganz sacht und langsam. Wir dürfen nicht die Geduld verlieren, auch nicht alle paar Augenblicke nachgraben, um zu sehen, ob sich etwas tut und der Sprössling bald sichtbar wird.

Was ist Askese?
Da Wachstum und innerer Fortschritt ein so langsamer Vorgang ist, versucht der Gottsuchende, alle Kräfte einzusetzen, die ihm in Herz und Verstand, in seiner Intelligenz zur Verfügung stehen, um Wege zu finden, die seine innere Entwicklung beschleunigen. Er setzt die Fähigkeiten ein, die er hat. Diese wachsen durch den Gebrauch, und neue kommen hinzu. Er dient dem Göttlichen mit allen Kräften, nützt alle Umstände, die er hat, und schafft noch weitere, um noch mehr Fortschritt zu machen.

Der aufrichtige Gottsucher weiht all seine Kräfte und Energien dem Göttlichen in vielerlei Formen der Askese. Der Strebende auf dem geistigen Pfad, der immerzu denkt: "Ach, wäre ich doch in den Bergen wie Bruder Klaus, dann würde ich sehr wohl ein hartes Leben führen!" ist ein Versager. Er wird nie in den Bergen sein und niemals ein hartes Leben führen, sondern täuscht sich selbst und gaukelt sich mit solchen Gedanken etwas vor.

Selbstdisziplin und Askese kann hundert verschiedene Formen annehmen. Seine ganze Intelligenz auf das Göttliche auszurichten, das ist Askese. Sich zu beherrschen, wo alles schwelgt, ist Askese. Wo jeder sich von der Arbeit ausruht, dennoch weiterzumachen, und wo jeder morgens noch länger liegen bleibt, früh aufzustehen, um die Sinne zu disziplinieren und sie auf das Göttliche zu lenken und stets demütig und selbstlos, ruhig, friedlich und dankbar zu sein, auch wo man beleidigt wird, das ist Askese.

In kleinen Dingen des täglichen Lebens wirst Du geprüft, und an den kleinen Dingen des Alltags findest Du Gelegenheit zur raschen Entwicklung. Du wirst nützlicher für die Welt schon aufgrund der guten Gedanken und Gefühle, die aus Deinem Inneren hervorgehen. Ständig gottgesinnt zu sein bei jedem Tun, in allen Lagen, das ist Askese. Niemanden zu hassen, aber auch an niemandem zu hängen, das ist Askese. Alle gleich zu behandeln und sie insgeheim als das Göttliche zu betrachten, das ist Askese und ein Mittel zu raschem innerem Fortschritt.
Immer wieder in sich das Gefühl zu erzeugen, dass gerade derjenige, der Dir zu schaffen macht, das Göttliche Selbst ist, ist Askese. Das eigene Ich zurückzustellen, das Gefühl der eigenen Wichtigkeit, alle Formen der Eitelkeit abzulegen und demütig das Gute der anderen zu bewundern - das ist Askese. Frei von allen niederen Regungen und Wünschen zu sein, ist Askese.

In der Einheit des Vaters
Was möchte denn Jesus Christus? Er will die ganze Menschheit aus den groben Begrenzungen der menschlichen Schwächen erlösen und jedem Geschöpf den Vorgeschmack des himmlischen Reiches, den unendlichen Frieden Gottes vermitteln, der alles Verstehen übersteigt, das Glück, das unbegrenzt ist, das Leben, das ewig dauert. Das ist eine wahrhaft göttliche Persönlichkeit, im Gegensatz zum psychischen und psychologischen Wesen des Menschen. Danach zu streben läutert und erleuchtet. Das bedeutet Erlösung. Versenke Dich in diese Weisheit hinein, sei mit diesem Wasser getauft!

Wie sieht denn Jesus Christus die Welt und das Leben? Er sieht sie im Licht des himmlischen Reiches, mit den Augen des Vaters im Himmel, der unendlichen Wirklichkeit. Dieser Wahrnehmungsweise entspricht Seine Sprache. Er sieht alles in dem Einen und den Einen in allem. Nur wenige sind dieser wundersamen Wahrheit gegenüber zur Wahrnehmung befähigt, dieser Wahrheit gegenüber, die sich auf die Einheit Jesu mit dem Vater bezieht. Dieses Einssein erbittet Er vom Vater auch für Seine Jünger: "So wie Du in mir bist und ich in Dir, Vater, so sollen auch sie in Uns eins werden!" (Joh.17,21)

Zwei Aspekte sind in dieser Feststellung enthalten: zunächst der beredte Ausdruck der inneren Erfahrung der Einheit mit dem Vater, sodann die noch ausstehende Erfahrung dieser Einheit bei den Jüngern - lebt Jesus doch inmitten von Menschen, die noch nicht zu dieser Erfahrung der Einheit gelangt sind, weshalb ihr Leben noch unvollkommen, unglücklich, begrenzt, gepeinigt und beladen ist.

Jesus weiss um seine Einheit mit dem Vater im Himmel und somit auch mit dem Vater in allen Wesen. Die Hauptaufgabe Seiner Verkörperung auf Erden besteht in dem Bemühen, auch in anderen das Bewusstsein zu der Erfahrung dieser Identität mit dem Göttlichen zu erheben.

Jesus Christus und Seine Einheit mit dem göttlichen Willen
Es trifft zu, dass Jesus Christus sich ständig völlig vom Willen Gottes leiten liess, oder in anderen Worten, dass Gott Selbst durch Ihn lebte und wirkte und durch Ihn sprach. Man kann sagen, dass Jesus Christus Gott war, wie Er auf Erden leibte und lebte. Doch gibt es auch im Leben eines Sohnes Gottes Umstände, die ein doppeltes Rollenspiel verlangen. Einerseits ist Er sich des Willens Gottes voll bewusst und lässt sich von ihm leiten und hilft ihm zum Durchbruch; andererseits aber muss Er auf die jeweils besonderen Umstände Rücksicht nehmen. Er darf sich nicht allein nur als in der Gegenwart und im Lichte und Wesen Gottes lebend erkennen und sagen, dass Er von der Weisheit, dem Willen und der Macht Gottes gelenkt ist, sondern muss sich auch im Bezug auf die anderen Menschen sehen und für sie da sein, um ihretwillen mit ihnen und zu ihnen sprechen. Dann muss er sich dem Vater gegenüberstellen und Ihn anrufen, so wie es im Hohenpriesterlichen Gebet geschieht.

Bewirkt dieses Abstandnehmen - das nur für den Augenblick der jeweiligen Situation geschieht - dass Jesus tatsächlich von Gott getrennt und Gottes Wille nicht immer in Ihm zugegen ist? Gewiss nicht. Gottes Wille ist in der ganzen Fülle in Ihm zugegen.

Christus, der Erlöser
Nach indischer Auffassung führt die Erlösung von Schuld und Karma über Meditation und Erkenntnis, während die Bibel lehrt, dass wir allein durch das Opfer des Blutes Jesu Christi erlöst werden können. Handelt es sich da nicht um zwei Seiten derselben Münze? Alles, was zur Freiheit, zur Erleuchtung führt, ist göttlich. Es ist dies überall so. Es mag an verschiedenen Orten verschiedenes Aussehen haben, durch kulturelle Verschiedenheiten bedingt, durch Vorstellungsweisen, die sich aufgrund verschiedenartiger Umstände herausgebildet haben. Das Blut Jesu Christi oder die Erkenntnis Gottes, die Erkenntnis der Wahrheit befreit von dem Gesetz von Ursache und Wirkung, befreit von Schuld, Sünde und Schwächen. Wer kann nun frei sein? Nur wer die Wahrheit erkennt. Darum sagt Jesus: "Wenn ihr Meinem Wort gehorcht, seid ihr wirklich Meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit verstehen, und die Wahrheit wird euch frei machen!" (Joh.8,32)

War die Kreuzigung Jesu im Plane Gottes vorgesehen? Nach den Aussagen der Bibel war die Kreuzigung durchaus im Plane Gottes. Doch war die Kreuzigung nicht in ganz besonders bedeutungsschwerer Weise vorgesehen? - Das lässt sich bejahen! Sie sollte der Höherentwicklung der Menschheit eine ganz bestimmte Wende geben, weshalb sich dieses Ereignis von allen anderen abhebt, selbst wenn auch alle anderen vorgesehen waren. Das müssen wir bezüglich der Kreuzigung wissen und recht verstehen und in unserem Leben mit allem, was das mit sich bringt, zur Wirksamkeit gelangen lassen.

Wer immer unter dem Auge des Göttlichen lebt und dem Göttlichen gegenübersteht, ganz gleich in welcher Situation, an welchem Ort er ist, steht von Angesicht zu Angesicht dem Göttlichen gegenüber. Sogar im Schlaf ist das Göttliche bei ihm. In einem solchen Menschen hat die Moral ihre Aufgabe erfüllt; er braucht sie nicht mehr, sondern ist selbst Vorbild in höchster Vollendung. Das Göttliche gewinnt immer noch grössere Anziehungskraft für ihn. Es ist ja das Wunder über alle Wunder.

Also wird sich der wahrhaft Gottliebende aufs äusserste bemühen und darum ringen, dem Herzen Gottes lieb und teuer zu werden. Gott ist grenzenlose Liebe und Allerbarmen. Er liebt alle gleich. Nur die Unwissenheit kann sich einbilden, Gott mache irgendwelche Unterschiede, wenn Er sagt: "Dies ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe!" (Mat.3,17) Das ist von Jesus gesagt. Doch ist jeder Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen. Gott liebt alle gleichermassen. - Doch wenn Er Jesus so preist, liebt Er ihn nicht doch mehr als andere? Nein, von Parteilichkeit ist keine Spur vorhanden; vielmehr haben wir einen anderen Aspekt und Ausdruck ein und derselben grenzenlosen Liebe vor uns.

In welchem Sinne trägt Jesus Christus die Sünde der Welt? Christus nimmt Deine Sünde auf Sich, wenn Du Ihn liebst, Seine Lehre befolgst, an Ihn glaubst, Ihm Dein Herz auftust, um mit Ihm zu sprechen. Dann wirst Du Seine Gnade erleben, dann nimmt Er die Sünden hinweg. Von da an bist Du in der Lage, den Himmel um Dich zu verbreiten. Von da an wirst Du zum Licht für die Welt.

"Keiner kommt zum Vater ausser durch Mich!" (Joh.14,6) - Was soll das heissen? - Hat man jemals einen Heiligen gesehen, der Gotterfahrung anders erlangte als durch Liebe und Reinheit, geistige Weisheit, Selbstübergabe an Gott, unaufhörliches Gebet und ständige Betrachtung der Gegenwart und des Wesens Gottes? All das ist in Jesus Christus verkörpert, und all das ist nötig, um Gott zu erfahren.

Heisst es nicht in der Bibel auch: "Die Liebe deckt die Menge der Sünden zu!" (1. Petrus 4,8)? Liebe und Güte sind überall dieselben, ebenso wie Weisheit und Edelmut, handelt es sich doch um Eigenschaften, die der höchsten Wahrheit angehören. Hier hat Ost und West nichts zu sagen. Sie sprechen eine Sprache, die zeitlos ist und von allen - Schweizern wie Franzosen, Deutschen wie Russen - verstanden wird. Diese Eigenschaften aus der höchsten Wahrheit tragen ihre Religion in sich, eine religionslose Religion sozusagen, eine universale Religion. Die Wahrheit ist allen gemeinsam. Gott ist nur ein anderes Wort für die unendliche Liebe, die überall dieselbe ist.

Religionen, die sich ein festumrissenes Gottesbild schaffen und dann sagen: "Mein Gott, mein Buch, meine Religion, meine Lehre", schaffen mit diesem Vorgehen Unordnung und Disharmonie auf Erden und werden der Menschheit zur Fessel und zum Marterinstrument, insofern die Gottesvorstellung im Inneren wie im Äusseren das menschliche Leben formt. "Gott ist Liebe", heisst es im Neuen Testament, und wenn Gott für Dich die Liebe ist, wird sich Liebe in Deinem Leben zum Ausdruck bringen. Dein Leben wird dann zunehmend mehr all jene Eigenschaften offenbaren, die göttlich sind, weil Dein Denken, Fühlen und Tun von Liebe regiert ist.

Jesus, der Friedensfürst
Jesus Christus ist der Friedensfürst. Keiner, der Ihn auf Erden sah, wäre unter den gegebenen Umständen auf die Idee gekommen, Ihn so zu bezeichnen, denn Sein Leben verlief nicht gerade sehr friedlich. Er hatte viele Schwierigkeiten mit Behörden und mit dem Pöbel. Er kämpfte mit den Schriftgelehrten und Pharisäern. Er wurde bedroht und beleidigt, und zum Schluss wurde Er gefangen genommen, gegeisselt und ans Kreuz genagelt. Trotz all dieser äusseren Umstände ist Er der Friedensfürst.

Du findest den allerwunderbarsten Frieden, indem Du ein wenig Gotterkenntnis und Liebe zum Göttlichen erwirbst. Das Göttliche ist Dein wahres Wesen, jenseits allen menschlichen Denkens und Fühlens. Als göttliches Bewusstsein ist es zugegen. Sobald dieses wirksam wird, bist Du voll Frieden und Freude, und alles ist wunderbar. Wie aber gelingt es uns, über Gott als unendlichen Frieden und unendliche Stille zu meditieren? Indem wir uns dem zuwenden, was unvergänglich ist, indem wir über das Göttliche nachsinnen und Gott als allwissend und alldurchdringend erkennen.

Wenn Du 'Jesus Christus' sagst, solltest Du wissen: Er ist Gott Selbst. Und weil Er Gott ist, ist Er überall, liebt Er jeden, sieht jeden, weiss um jeden. Er ist die Macht, die Dich stark und gesund erhält. Er ist das Licht, das in Deiner Intelligenz am Werk ist. Er ist die Liebe, die Dein Herz erfüllt und Dir Frieden schenkt. So sprich: "Das Glück, das ich von äusseren Dingen erlange, vergeht einmal und ist wandelbar; der Kummer, die Nöte und Ängste und Depressionen - all das vergeht. Zumindest bleiben sie nicht, wie sie sind. Was aber bleibt? Die Liebe Gottes, die Wahrheit, die Güte, der Friede, die Macht und Schönheit Gottes bleiben, und sie sind Christus. Ich bin in Christus. Christus ist rings um mich her!" - Das Bewusstsein, nicht der Körper zu sein, der da altert, macht Dich stark. Der Körper, der altert, ist nicht die Wahrheit, und was nicht die Wahrheit ist, solltest Du durch die Wahrheit ersetzen, dass Du in Christus bist und Christus in Dir!

"Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich eingehen!" (Mat.18,2/3) Vor Gott wie ein Kind sein, das ist die beste Art und Weise, um sich selbst und sein eigenes beschränktes Ich oder Ego zu besiegen. Ein kleines Kind will nicht Eindruck machen und mit der Schönheit seiner Stimme glänzen, wenn es hilflos nach der Mutter ruft. In diesem Zustand ist das stolze Ich der Selbstbehauptung nicht vorhanden; und die wichtigste Disziplin auf dem geistigen Weg ist die Überwindung des eigenen Ich oder Ego.

Das Kind fragt nicht, welches Schicksal es in den Händen der Mutter erwartet. Es überlässt sich ihr ruhig, friedlich und ganz. Bringe dem Göttlichen Deine Anbetung dar, indem Du sprichst: "Es ist nicht mein Leben, das ich lebe. Christus hat mich auf die Welt gesandt, um für Ihn zu leben. Wenn Ihm meine gegenwärtigen Lebensumstände recht sind, werde ich mein Leben unter diesen Umständen zu Seiner Verherrlichung leben. Findet Er sie nicht angemessen, ist es Seine Sache, für mich zu denken und zu planen. Meine Sache ist es, Ihn zu lieben, Seine Gegenwart zu fühlen, Seinen Frieden zu empfinden und auszustrahlen. Denn was ist Jesus Christus? Endloser Friede, unendliches Licht, unendliche Liebe, Gnade, Schönheit, Stärke. Er ist allwissend, allgegenwärtig, allmächtig. Er ist immer bei mir als der allbarmherzige Gott.

Versuche, die Kraft und lebendige Gegenwart Christi offenbar werden zu lassen und anderen Frieden und Licht zu vermitteln. Damit kommst Du dem Auftrag nach: "Gehet hin in alle Welt und verkündet die Frohbotschaft allen Völkern!" Auf diese Weise wird die Kirche von innen her erbaut. Dann wird sie auch äusserlich erstarken. Das Bewusstsein Christi muss zunehmen und Seine Gegenwart, Seine Güte, Liebe, Demut und Sein Göttliches Wesen müssen fühlbar werden. Es ist schon recht, den Menschen zu dienen, doch wenn das Dienen nicht innerlich vom Gottbewusstsein getragen ist, kann es fehlschlagen und mehr schaden als nützen. Man kann auch das Tier im Menschen füttern. Ist aber Christusbewusstsein vorhanden, ist der Dienst am Menschen etwas Grosses!

Warum gibt es heute so viele Unglückliche, so viele, die Selbstmord verüben, obwohl sie alles haben, was sie zum Leben brauchen? Der äussere Himmel ist dem Menschen längst nicht genug. Innerlich hungert die Seele dabei nach Licht und Kraft, nach Sicherheit im Unvergänglichen, nach etwas, das göttlich ist. Das ist es, was Menschen unter nervöse Spannung setzt und mit ihrem Leben nicht fertigwerden lässt. Das ist es, was der Mensch am nötigsten braucht. Der Feind des Menschen sitzt im Inneren, nicht nur aussen. Der innere Feind aber ist nicht anders zu überwinden als mit wachsendem Christusbewusstsein, indem der Mensch innerlich voll Liebe, voll göttlicher Weisheit und göttlichen Wesen wird, so dass Unwissenheit schwindet und er seine kleinmenschlichen Probleme überwindet, weil er in dem lebt, was grösser ist, nämlich in Christus oder im göttlichen Bewusstsein.

Der unvermeidliche Widerstand
Gottes Güte, wie sie sich im Leben Christi offenbarte, ist etwas, worauf man sich verlassen kann. Sie gleicht nicht menschlich begrenzter Liebe, die leicht einmal versagt oder sich gar in Hass verwandelt. Die göttliche Liebe, die sich in Christus offenbart, ist absolute Weisheit, nicht menschliche Weisheit, die manchmal versagt und manchmal irreführt. Die göttliche Weisheit lässt wahrhaft einen Himmel entstehen. Göttliche Liebe ist eine unwandelbare, bedingungslose, gewaltige Liebe, voll Macht, voll Weisheit, die aus dem Herzen der höchsten Wahrheit oder Wirklichkeit hervorstrahlt. Christgeburt bedeutet, dass solche göttliche Weisheit in unserem Herzen geboren wird.

Was ist das für eine Weisheit, die Christus der Menschheit vermittelt? Es ist die Weisheit des Himmelreichs, und dieses ist Wahrheit, Wirklichkeit, Dein innerstes Selbst, Dein eigentliches Sein und Wesen hinter Deiner vergänglichen Persönlichkeit. Hinter Deiner äusseren Gestalt, die notwendigerweise vergänglich ist, hinter dieser zerbrechlichen Körperhülle mit ihren flüchtigen Freuden und Schmerzen, steht die grenzenlose Wirklichkeit, die unsterblich ist. Diese unsterbliche Wirklichkeit steht als zentrales Thema im Mittelpunkt dessen, was Christus lehrt!

Er nennt diese Wirklichkeit den Vater im Himmel. Manchmal bezeichnet Er sie als die Wahrheit. Da Sein Herz eins mit dem himmlischen Vater ist und Er eins ist mit der Wahrheit, hat Er auch ein Recht zu sagen, Er sei der Weg, die Wahrheit und das Leben! Hat Er nicht auch die Fähigkeit bewiesen, Sich als Wahrheit zu offenbaren?

Wenn Jesus kommt und vor uns steht - wer kommt und steht dann vor uns? Gottes eigene Macht und Kraft ist es, Sein Licht und Seine Liebe in einer begrenzten Form und Gestalt, begrenzt durch die Persönlichkeit Jesu. - Und wie offenbart Jesus Christus Sich als Gott? -

Jesus von Nazareth ist, wie fast allgemein anerkannt wird, eine geschichtliche Persönlichkeit. Es ist aber jemand in Jesus, der Sich offenbaren möchte, aber nur jenen offenbar wird, die über die erleuchtete Intelligenz eines Heiligen verfügen. Offenbarung ist nur da nötig, wo etwas der normalmenschlichen Sicht verborgen ist, sonst müsste es gar nicht erst geoffenbart werden. Nur was sich der rationalen, mentalen, intellektuellen und sinnenhaften Sichtweise entzieht, bedarf der Offenbarung.

Es fällt uns leicht, durch Jesus Zutritt zu Gott zu erlangen, weil Jesus in Liebe uns Gott geoffenbart hat, wie kein anderer es tat. Er hat gelitten und auf eine Weise gewirkt und gelebt, wie kein anderer es tat. Jesus hat uns Lehren erteilt, die kein anderes menschliches Wesen vermitteln konnte, weil nur der sie erteilen kann, der völlig erleuchtet ist, weil er Gott erfahren hat und zur Einheit mit Ihm gelangt ist. Dazu bedarf es aber des reinen Herzens!

Jesus Christus ist Mittler zwischen Gott und Mensch, weil sich das Wesen des Göttlichen in Ihm überaus beredt zum Ausdruck bringt und am Werke war. Er ist der Mittler, weil Er kraft Seiner inneren Reinheit und ständigen Vereinigung mit dem Vater im Himmel die Macht hatte, andere zu erlösen und zu erleuchten. Indem wir uns Jesus als Vorbild und Ziel vor Augen halten, haben wir unmittelbaren Zutritt zum Herzen des himmlischen Vaters. Jesus Christus, der die letzte, höchste Wirklichkeit und Wahrheit als 'Vater' anspricht, stösst Seine Zeitgenossen nicht wenig vor den Kopf, indem Er plötzlich sagt: "Ich und der Vater sind eins!" (Joh.10,30)

Dem Guten, das Christus auf Erden vollbringen wollte, wurde heftigster Widerstand entgegengesetzt. Seine Mission endete nach drei Jahren schon. Die Widersacherkräfte sind ständig da, und das erste, was sie tun, besteht stets darin, dass sie das Gute als böse und das Böse als gut bezeichnen, das Licht als Dunkel und das Dunkel als Licht. Das kennzeichnet den Weltsinn; doch der Gottliebende lässt sich dadurch nicht beirren; er verstärkt sogar noch das Gute, so dass er standhafter wird und mehr gefestigt im Guten, je mehr der Widerstand wächst. Er weiss sich mit dem verbündet, der A und O, Anfang und Ende ist, mit dem ewigen Zeugen, mit dem, "der Amen heisst" (Offb.3,14). Amen ist OM.

Jesus hat am Kreuz für Seine Peiniger gebetet: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" (Luk.23,34) Daraus geht klar hervor, dass Er Sich des Vaters vollauf bewusst war. Er dachte nicht daran, Gott einen Vorwurf zu machen. Kurz zuvor, als Petrus das Schwert zog, hatte Er noch darauf hingewiesen, dass Ihm alle Macht zur Verfügung steht: "Glaubst du nicht, ich könnte den Vater bitten, und Er würde mir im Augenblick mehr als zwölf Legionen Engel senden?" (Mat.26,53)

Er hatte also die Mittel und die Macht, dem Leiden zu entrinnen. Doch Er nützte sie nicht. Seine Achtung vor dem Irdischen, auch vor den Schmerzen, war nicht gross genug, um himmlische Heere mobilisieren zu wollen, göttliche Macht in einer irdischen Schwierigkeit wirksam werden zu lassen. Für Sein Bewusstsein ging nichts verloren, auch wenn Er gekreuzigt wurde. Nichts ist verloren, wenn der Körper zerstört wird.

Jesus Christus war Sich Seiner Unvergänglichkeit und unendlichen Kraft bewusst. Aber aus Gründen, die dem menschlichen Urteil und Verstehen unzugänglich sind, musste Jesus Christus der Welt beweisen, dass Er mehr als der Körper war, in dem Er wohnte, und dass Er vom Körper nicht abhängig war. Selbst als der Körper tot war, ist Er auferstanden und hat Sich gezeigt. Sein Verlassenheitsgefühl am Kreuz, Sein Schrei nach dem Vater waren real, doch waren es nicht Worte aus dem innersten Selbst, dem innersten Herzen, das weiterhin in der Gewissheit der Einheit mit dem Vater, im Gottbewusstsein war.

"Meinen Frieden gebe ich euch!" (Joh.14,27)
Gott allein ist Befreiung. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Jesus Christus ist eins mit Gott. Er ist der Sohn Gottes. Er ist die Wahrheit. Er ist das Leben. Er ist der Weg. Es spielt keine Rolle, ob Du Christus kennst oder Gott oder die Wahrheit. Kennst Du Christus und hältst Dich an Seine Lehre und lässt sie zu Deinem Blut und Leben werden, das heisst: hast Du Glauben an Ihn, dann kannst Du Berge versetzen. Hast Du Liebe zu Christus, ist Dein Leben voll Frieden und Erbarmen. Hat Jesus Christus Dich angenommen, bist Du der glücklichste Mensch der Welt, bist Du voll Frieden und Liebe, Licht und Gnade. Ist das nicht der Fall, bist Du kein wahrer Christ.

Paulus spricht vom Frieden, der alles Verstehen übersteigt. Gemeint ist der göttliche Friede, der keine Grenzen kennt, der wahre und wirkliche Friede, der ohne Ende ist. Er ist ein Merkmal der Gegenwart Gottes. Solche Merkmale der Gottgegenwart sinken in unsere Persönlichkeit ein und prägen mehr und mehr unser inneres Wesen, indem wir alles, was wir sehen und woran wir denken, auf diese beziehen: Sehen wir etwas Schönes, wollen wir darin die Schönheit Gottes erblicken. Beobachten wir gütiges Handeln bei Menschen, sehen wir Gottes Güte am Werk. "Das Reich Gottes ist Friede und Freude!" sagt Paulus (Röm.14,17).

Ein Mensch, der sich dem Göttlichen zukehrt, wird absolut positiv. Er setzt sich über die Begrenzungen und die Tyrannei von Zeit, Raum und Umständen hinweg. Sein ganzes Wesen sagt: "Möge überall Frieden herrschen! Möge das ganze Universum von Frieden erfüllt sein!" Das ist eine Erfahrung des Göttlichen, ein Ausspruch in Anerkennung der göttlichen Gegenwart.

Unter den Millionen, die Gott anrufen, wird Er sich jenen zuwenden, die täglich rufen. Unter diesen wird Er sich auf jene hinbewegen, die öfters als einmal am Tage rufen. Unter diesen wiederum wird Er Sich am raschesten jenen zukehren, die Ihn mit grosser Intensität anrufen, mit grosser Liebe, mit grossem Vertrauen, voll Glauben und Gotterkenntnis.

Ein wenig Meditation schon wird zur besten Meditation, wenn ein gutes Herz da ist, ein unschuldiges Herz, ein reines Herz, das vergibt und vergisst und schnell zum Frieden zurückkehrt. Es gibt Menschen, die tragen ihrem Nächsten ein Leben lang etwas nach. Dies ist das Zeichen eines bösen Herzens, eines unglückseligen Herzens. Da sagt einer: "Mein Vater hat mich vor meinen Freunden abgekanzelt, das werde ich ihm nie vergessen!" Der Sohn hält sich jahrelang daran. Das ist das Kennzeichen eines bösen Herzens. Ein unschuldiges Herz, ein gutes Herz vergisst rasch und betrachtet selbst noch Beleidigungen als Gnade, für die es dankbar ist. Für ein solches Herz wird auch eine kurze Meditation zur besten Meditation. Ein gutes Herz ist im Gespräch mit dem Göttlichen, es glaubt dem Göttlichen blind. Und dieser Glaube ist in diesem Fall der beste.

Die zentrale Botschaft des Neuen Testaments
Dass wir unser Leben nicht auf Sand, sondern auf den Felsen Gottes bauen, darum geht es letzten Endes auch im Neuen Testament. Wie aber gründen wir unser Leben auf den Felsen? Es gilt, das grundlegende Empfinden zu haben, dass Gott in allem und jederzeit, unter allen Umständen und Bedingungen, in jeder Lage bei uns ist. Unser ganzes Denken, Fühlen und Handeln sollte aus diesem grundlegenden Bewusstsein der Gegenwart Gottes hervorgehen.

So stehe fest im Bewusstsein des Unendlichen, im Wissen, dass Gott ist. Nenne diese grenzenlose Wahrheit Gott, Himmelreich oder himmlischer Vater, Christus oder auch göttliche Mutter. Immer bezieht es sich auf die eine Wahrheit und Wirklichkeit. Wenn Du den Namen Jesus aussprichst, wird Dir vom Unendlichen als Jesus Christus Antwort zuteil!

Wir können nicht als Christen bezeichnet werden, wenn wir nicht von dieser Gegenwart berührt sind. Kein Mensch ist Christ, so lange nicht etwas von Christus, der all das in sich verkörpert, in sein tägliches Leben und Erleben, sein Denken und Handeln eingegangen ist. Wahre Christen werden wir erst, wenn dieser Friede, der alles Verstehen übersteigt, ständig unser Fühlen und Denken leitet, wenn der Glaube, der obschon klein wie ein Senfkorn, doch Berge versetzt, in unserer Seele wohnt, und das eigene Ich durch ständige Bezugnahme auf Ihn sich allmählich auflöst, statt wie üblich durch ständige Bezugnahme auf sich selbst und ständige menschliche Unterscheidungen und Abgrenzungen am Leben erhalten zu werden.

Es besteht kein Widerspruch zwischen den Aussagen verschiedener Kulturen und Religionen, was die grundlegenden Wahrheiten anbetrifft. Anteil haben am Blute Christi oder Wahrheitserkenntnis erlangen, stille sein und Gott erkennen, reinen Herzens werden und Erleuchtung finden und sie im täglichen Leben durch ein Verhalten unter Beweis stellen, das im Einklang mit der Bergpredigt ist - all das ist letztlich dasselbe. Es bestehen keine echten Unterschiede. Unterschiede sehen nur jene, die nicht wissen, was die Wahrheit ist. Jesus war mehr als ein Prediger, der Lehren verkündete und wieder abtrat. Er ist der Erlöser, der mit Seinem Leben besiegelte, was er verkündigt hat. Er sprach nicht nur vom Königreich Gottes in uns, sondern Er brachte die Wahrheit dieses himmlischen Reiches an Sich Selbst zum Ausdruck und machte sie sichtbar. Er gab Zeugnis von unserer innigsten Verbundenheit mit dem himmlischen Vater. Er wollte uns davor bewahren, weiterhin unsere Aufmerksamkeit vom Irdischen gefangennehmen zu lassen. Er bewies, dass der Mensch mehr ist als der Körper.

Kraft Seines eigenen Beispiels zeigte Er uns, was Nächstenliebe ist. Sein ganzes Leben war ein einziges grosses Vorbild, wie man das Leben auf Erden auf göttliche Weise leben soll. Auch zeigte Er auf, dass Seine Kraft in Vereinigung mit dem himmlischen Vater unbegrenzt ist und der Mensch, selbst wenn er gekreuzigt und zu Tode gebracht wird, wieder aufersteht. Das hat Er mit Seiner Auferstehung deutlich gemacht.

Die Worte Christi sind Licht und sind Leben, Kraft und Bewusstsein. Als die Stimme unmittelbarer Erfahrung der absoluten, unendlichen, unbeschreiblichen Schönheit, Liebe, Gnade und Barmherzigkeit sind diese Worte auch in jedem Menschenherzen zugegen, in dem Christus als das Feuer der göttlichen Liebe wohnt. Selbst dann, wenn es menschlicher Bosheit gelänge, die Seiten der Bibel zu zerstören, wird ihr innerer Gehalt immer wieder neu zum Leben erwachen und von neuem niedergeschrieben werden. Jesus Christus hat noch heute auf Erden tausend Hände, die für Ihn wirken und Sein Wort verkünden, das Er vor bald zweitausend Jahren aussprach. "Himmel und Erde werden vergehen, aber Meine Worte vergehen nicht!" (Mat. 24,35)

Christus als die Wahrheit, die befreit
Wovon befreit uns denn die Wahrheit? Es heisst doch in der Bibel: "Die Wahrheit wird euch frei machen!" (Joh. 8,32) Die Wahrheit befreit nicht nur von Unwissenheit, sondern auch vom Unglücklichsein. Sie befreit von allem, was uns den Frieden raubt. Sie befreit von dem Gefühl, sterblich zu sein. Sie befreit vom Tod und allen Begrenzungen und Ängsten. Die Wahrheit ist Gott. Berühre die Wahrheit, berühre Gott, erfahre Ihn im täglichen Leben, inmitten der Verpflichtungen des Alltags, und Du bist frei von allen Ängsten, vom Gefühl der Sterblichkeit, von der Unwissenheit in all ihren Formen, von der Friedlosigkeit, vom Unglück und von allen Schwächen.

Ein wahrer lebendiger Christ ist einer, der sich des Geistes Christi in sich bewusst ist und Seine Vorzüglichkeiten durch sich zum Ausdruck zu bringen versucht. Was aber ist der Geist Christi? Unendliche göttliche Weisheit und Liebe, wie wir ja Christus auch als Weisheit Gottes und Verkörperung der höchsten Liebe bezeichnen.

Es ist Aufgabe der Religion, den Menschen in Berührung mit diesem Wunder aller Wunder, mit diesem Schatz aller Schätze, mit dieser Kraft aller Kräfte zu bringen. Das schlafende, das wundersame Herz im Menschen wachzurufen, ist die Funktion der Kirche, wie auch jeder edlen, wertvollen Kultur, und ebenso auch jedes einzelnen Menschen.

Die Kirchen haben auf Erden die Funktion und Aufgabe, die Kinder Gottes zur Erfahrung der Macht und Kraft, Schönheit und Liebe Gottes hinzuführen, und die Gnade Gottes kennt so manches Mittel, um dem geistig Suchenden zu helfen, das göttliche Herz in sich zu erwecken. Die Funktion jeder Kirche und jeder geistigen Institution, die Funktion des geistigen Lehrers besteht darin, beständig danach zu streben und sich zu bemühen, den Sinn für das Göttliche im Menschen wachzurufen.

Jugend und Unsterblichkeit
Das Göttliche ist der Geist unseres Geistes, die eigentliche Essenz unserer Existenz. Wenn der physische Körper einmal abgelegt wird, geht die Essenz der Existenz darum nicht verloren. Sie ist Träger der göttlichen Wahrheit in uns, weshalb auch die Bibel vom Menschen als dem Tempel Gottes oder dem Tempel des Heiligen Geistes spricht (1. Kor. 3,16 und 17 sowie 6,19 und 2. Kor. 6,16).

In der Essenz unserer Existenz selbst haben wir den Schrein der Wahrheit, das Göttliche in uns, und das Wesen des Göttlichen ist Glück, ist Liebe, ist Wahrheit, ist Schönheit, ist Güte, ist Harmonie und Vollkommenheit. Diese Werte kann keine Jugend entbehren oder fallen lassen. Keine Jugend kann das Glück aus ihrem Leben verbannen und ebensowenig Schönheit, Frieden, Liebe, Güte, Weisheit, Stärke, Macht. Es gibt keine Macht ausser der Wahrheit, der göttlichen Wirklichkeit, dem unvergänglichen Sein.

Der Mensch verarmt, wenn er nur den Körper berücksichtigt. "Auf das Fleisch säen" nennt es Paulus (Gal. 6,8): "Wer auf das Fleisch sät, wird vom Fleisch das Verderben ernten!" Ein Leben an der Oberfläche des Daseins nach der Maxime: "Lasset uns essen, trinken und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot!" ist dem Menschen nicht angemessen. Eine entsprechende Lebensphilosophie kann sehr viel schaden, nicht nur uns selbst, sondern der ganzen menschlichen Gesellschaft. Darum ist es die Pflicht jener, denen die Erziehung eines Volkes anvertraut ist, dass sie eine Lebensanschauung anbieten, die um höhere Werte kreist und mit den Freuden inneren Wachstums bekanntmacht, mit den Freuden wachsender geistiger Erkenntnis und Herzensgüte, eines sich weitenden Herzens, der Liebe zum Schönen, Edlen, Unvergänglichen, mit dem, was wirklich Wert hat. So sagt auch Paulus (Phil. 4,8): "Richtet eure Gedanken auf das, was gut ist und Lob verdient, was wahr, edel, gerecht, sauber, liebenswert und schön ist."

Könnte die Jugend dieses Pauluswort verwirklichen, würde eine neue Menschheit erstehen, denn alles, was emporhebt, was edel und wertvoll und von Dauer ist, bringt sie der Wahrheit, die unzerstörbar ist, näher. Womit die Jugend sich heute vergnügt, gleicht oft dem Blitzschlag, der in Verwüstung endet. Das ist so, weil es an geistiger Schau und innerer Kultur mangelt, an der richtigen Art von Erziehung. Eine Sichtweise und eine Kultur, die um die letzte Wirklichkeit kreisen, sind allein wahr und lebensbereichernd. Wir brauchen die Freude des Daseins, doch es besteht keine Garantie für wahre Lebensfreude, so lange wir unser Leben nicht höheren und edleren Werten unterstellen.

Der geheimnisvolle Ursprung des Machtstrebens
Man sehe sich einmal das menschliche Leben etwas genauer an: Jeder will irgendwie Macht ausüben können, wenn schon nicht direkt als Diktator, so doch wenigstens im kleinen Kreis, zumindest aber über sich selbst und seine eigenen Kräfte. Keiner möchte schwach sein. Wer sich schwach fühlt, sucht mit Hilfe der Medizin seine Schwäche zu überwinden. Irgend etwas wird er dagegen unternehmen. Jeder ist gern stark, jeder strebt nach Macht, sei es nach der Macht, die das Geld verleiht und der Reichtum, oder auch nach der Macht, die Erkenntnis oder Wissen verleihen. Oder auch einfach nach Körperkraft. Ein Schwächling möchte keiner sein, auch wenn ihm die Methoden des Body-Building nicht liegen.

Wo liegt der Ursprung dieser Tendenz, dieses Willens zur Macht? Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche geht dieser Frage nach, wie viele andere, kommt ihr aber nicht auf die Spur. Er sucht am falschen Ort, gibt verkehrte Erklärungen darüber, erschafft sich einen Übermenschen-Popanz, der egoistisch, lieblos und bar jener wahren Weisheit ist, die zur Wahrheit vorstösst und den Duft des Friedens um sich verbreitet.

Wo liegt nun der Ursprung dieses Willens zur Macht im Menschen wirklich? In der unendlichen absoluten Macht, die der Existenz, dem inneren Beobachter in uns, dem ewigen Zeugen innewohnt. Diese Existenz, diese Schönheit, dieses Glück, dieser Friede, diese Musik, diese unendliche Kraft ist Gott, und von Seiner Gegenwart in unserem inneren Wesen geht der Machthunger aus. Hier liegt die letzte Quelle dieser Neigung des Menschen.

Wo aber finden wir wahre und auch dauerhafte, bleibende, absolute Macht? Jesus weiss es: Nicht in uns, in unserem menschlichen Ich, nicht im Körper, nicht in menschlichen Kräften, sondern im innersten Sein in uns ist diese Macht. Jesus weiss es: Die Macht ist im Vater, in der unendlichen Wahrheit. Ohne Ihn vermag Er nichts. Doch da Er Sich des Vaters bewusst ist, vollauf bewusst, ist Er eins mit dem Vater, eins mit der unbegrenzten Kraft. Aber Er wird nicht zum Hitler, sondern besitzt wahre Macht. Er kann andere retten. Er kann es sich zutrauen, die Menschheit zu erlösen. Er will nicht wie Hitler andere beherrschen. Er sagt: "Vater, Dein Wille, nicht mein Wille geschehe!" Und worin besteht der Wille des Vaters? Es ist der Wille der Liebe, des Friedens, der absoluten Weisheit, der Wille der Wahrheit. Der Himmel aber kann nur auf die Erde kommen und der Wille des Göttlichen nur geschehen, wenn wir uns diesem Reich des Friedens, der Wahrheit, des Lichts, der Schönheit, der Harmonie und Freude göttlichen Seins geöffnet halten.

Im Licht Christi
An Christus denken heisst im Licht sein. Denn was ist Christus, wenn nicht lauter Liebe, Licht, Frieden, Allgegenwart, göttliche Anwesenheit, Wahrheit, ewiges Leben, Leben das war, ist und sein wird? Du kannst Christus hier und jetzt anrufen, um Deine Schwierigkeiten lösen zu helfen. Seine Gegenwart ist kein totes Dasein. Für Gott gibt es keinen Tod. Für die Wahrheit ist kein Tod möglich. Es gibt keinen Tod für Christus. Er ist lebendige Gegenwart, wie immer das Jahrhundert beschaffen sein mag, in dem wir leben. Ein Jahrhundert kann so materialistisch wie nur möglich sein, die Wahrheit ist dennoch zugegen, zu allen Zeiten und an jedem Ort, in jeder Gruppe der Menschheit. Diese Wahrheit zu erfahren, stellt für so manche Gruppe der Menschheit eine Herausforderung dar; denn es gilt, die Prinzipien ins Leben umzusetzen, so wie die Wahrheit selbst sie vorschreibt.

Leben in Christus ist mehr als nur wissenschaftlich. Es ist ein Leben auf der Höhe der Kultur. In Christus leben heisst, ein wahrhaft wissenschaftliches, wahrhaft erfülltes Leben führen. Je mehr wir in Christus leben, umso mehr treten die geistigen Möglichkeiten unseres inneren Wesens in Wirksamkeit. Wir sind mehr als einfach nur Menschen, wie man sie sich allgemein vorstellt. Solange Christus in uns lebt, ist unsere Würde grenzenlos, sind wir kostbarer als das Universum. Solange wir in Christus sind und Christus in uns ist, stehen uns alle Vollkommenheiten, alle Formen von Wissen und Schönheit, alle Möglichkeiten und Kräfte zur Verfügung.

Der Mensch ist ein überkosmisches Wesen, und die Wahrnehmung Gottes ist höchste Kultur, und eben diese brauchen wir heute, um die Probleme von Mensch und Gesellschaft zu lösen. Wir sollten unsere höheren Möglichkeiten kennen und nützen lernen. Mit äusserer Macht und äusseren Möglichkeiten allein lassen sich die Probleme nicht lösen; diese vermehren sich vielmehr bei dem Versuch, dies zu schaffen, wie die Erfahrung immer wieder zeigt. Die Macht der Liebe dagegen löst viele Probleme und wandelt das Leben in ein Paradies. Die wahren Grossmächte sind die Macht des Glaubens, die Macht der Weisheit, die Macht der Güte, die Macht des geistigen Bewusstseins, die Macht der Wahrheitserkenntnis oder des Christusbewusstseins. Dagegen ist die Macht, die aus Gesundheit, Geld oder äusserlicher Bildung erwächst, begrenzt und untergeordnet, verhilft auch nicht zu wahrem Glück und wahrer Freiheit. Sie führt nicht aus dem Dunkel ans Licht. Wir brauchen also höhere, bleibende Kräfte aus dem Gottbewusstsein in uns: Die Macht der Güte, der Liebe, der Erkenntnis, des Glaubens, der Hingabe, der verschiedenen Qualitäten der Seele in uns.

Wir sollen in der Kraft Christi leben. Ein Leben in Christus ist das wahre Leben voll Macht, ein bevollmächtigtes Leben. Ein Leben in Christus ist ein Leben wahrer Freude, wahren Friedens, wahrer Stärke, Schönheit und Erkenntnis. Ein Leben und eine Kultur, die um dieses Christusbewusstsein kreisen, dienen dem Menschen wirklich. Das menschliche Gemeinschaftsleben kann nur dann vollkommen werden, wenn jeder nach dem Christusbewusstsein strebt. Diese Einsicht ist von grundlegender Bedeutung. Ein Erziehungssystem, das davon eine Ahnung hat und es bei der Erziehung berücksichtigt, ist nicht vom Zeitgeist geprägt und vergänglich, sondern besitzt allgemeine Gültigkeit.

Ein neues Menschenbild und eine neue Erziehung
Die Wissenschaft ist darauf ausgerichtet, die Schöpfung zu erforschen und dem Menschen untertan zu machen. Sie kommt jedoch an ihre Grenzen, und es fehlen ihr die Mittel und Möglichkeiten, wo es darum geht, dem Menschen einen Frieden, eine Weisheit, ein Glück oder eine Freiheit zu vermitteln, die diesen Namen verdienen. Hier lässt die Wissenschaft den Menschen im Stich. Nichts in der Schöpfung befriedigt das Herz und löst die grundlegenden Probleme und Rätsel des menschlichen Lebens oder kann gar ewiges Leben, Frieden, schöpferische Intelligenz und bleibende Freude schenken. Was immer die Wissenschaft an Gewinn bringt, bewegt sich innerhalb des Schöpfungsbereichs, und nichts in der Schöpfung hat irgend einen Wert, wo es um die grundlegenden Fragen des Lebens und das Eigentliche des Menschen geht.

Dieser trägt in sich ein metaphysisches Wesen, ein Prinzip, das dem Tierreich nicht verpflichtet ist, weil es über dem Tierreich steht, weil es die ganze Natur transzendiert, und die Menschheit ebenfalls. Es sind Faktoren im Menschen, die ihn über den gesamten Kosmos erheben und ihn zum überkosmischen Wesen werden lassen. Man denke an das Wort des Paulus: "Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht!" (Phil.4,13) Was will Paulus damit sagen? "Ich selbst bin nichts und vermag nichts. Ich bin aber alles in Christus, und in Ihm ist mir alles möglich. Ich bin unsterblich in Christus. Ich bin ganz Freude in Christus. Ich bin ganz Friede in Christus. Volles Erkennen ist mir gegeben, wenn ich in Ihm bin. Macht und Kraft ist mir gegeben, wenn ich in Ihm bin. Christus ist alles!"

Was ist dieser Christus, von dem Paulus hier spricht, wenn nicht die Wahrheit, ein metaphysisches Prinzip also, jenes Prinzip im Menschen, das den biologischen, soziologischen, psychologischen und materiellen Bereich transzendiert? Es ist etwas in uns, das unvergänglich ist, alles transzendiert, das uns überpsychologisch, übersozial, überkosmisch sein lässt, ein unvergängliches Prinzip, in dem wir alles sind, in dem wir unvergänglich sind. Das ist Christus, die Wahrheit. In Ihm ist alles möglich. In Ihm haben wir unbegrenzte Kraft. In Ihm besitzen wir grenzenlose Freiheit und Schönheit. Wir brauchen eine Erziehung, die auf diesem höchsten Prinzip aufgebaut ist. Wir brauchen eine Erziehung, die das Menschenbild und die Sicht des Menschen erhöht und den Menschen in seiner Erfahrung sowohl über das Tierreich als auch über die menschlichen Probleme erhebt und ihn, während er noch im physischen Körper lebt, in Gott zu leben veranlasst, so dass er weiss: In Christus bin ich unzerstörbar, unsterblich.

Die unerforschte Wirklichkeit
Wie Energie in jedem Atom zugegen ist, so ist das ganze Königreich des Himmels im inneren Bewusstsein zugegen. So wie die aus dem Atom befreite Energie sowohl Kraft als auch Licht ist, so tritt das höchste Gottbewusstsein, das Himmelreich in uns, wenn es sich offenbart, in vielen wunderbaren Eigenschaften zutage. Es offenbart die zahllosen Attribute des Höchsten wie Licht, Kraft, Schönheit, Erkenntnis, wahres Leben, Frieden, Wahrheit, Liebe.

Vor nicht allzu langer Zeit bezweifelten Wissenschaftler, ob das Atom in der Lage sei, Energie aus sich zu entlassen. Weil die Gegenwart des Göttlichen für die Wissenschaft heute noch nicht fassbar ist, erklärt man sie für unwissenschaftlich. Der Fortschritt der Wissenschaft schreitet in dem Mass voran, als neue Tatsachen offenbar werden. Was ist dabei gewonnen? Wie die Erfahrung zeigt, erlangen wir dabei nicht nur Erweiterung unseres Wissens, sondern neue Erkenntnisse, die zu höherer Meisterschaft über die Welt führt. Unter diesem Blickwinkel wollen wir einmal das Wort Jesu betrachten: "Ich habe die Welt überwunden!" (Joh. 16,33) Tatsächlich ist es doch so, dass wir in dem Masse uns über die Welt erheben und über ihr stehen, als wir Einblick in jene Wirklichkeit gewinnen, die alle nur denkbaren Wirklichkeiten in sich trägt und alle schon entdeckten wie die noch unentdeckten Wirklichkeiten umfasst. Erkennen wir diese Wahrheit und Wirklichkeit, stehen wir von selbst über der äusseren Welt, weshalb jene Wissenschaft bzw. das Wissen, das uns zur Erfahrung dieser höchsten Wirklichkeit hinführt, als höchste Wissenschaft und höchstes Wissen bezeichnet werden muss. Unsere Beziehungen zu den äusseren Wirklichkeiten sind nicht so eng wie die Beziehung zu dieser höchsten Wirklichkeit.

Die letztliche Wirklichkeit - das zeigt die Offenbarung, erschliesst die Vernunft und erfährt der Glaube - ist unendlich und somit auch das innerste Zentrum Deiner Seele, die Essenz Deiner Existenz. Du bist also eine Verkörperung dieser Wirklichkeit, und wenn die Wirklichkeit das Königreich des Himmels ist, bist Du eine Verkörperung dieses himmlischen Reiches. Die Bibel spricht das mit den Worten aus: "Das Reich Gottes ist inwendig in euch!" (Luk. 17,21)

Von der Existenz dieser Wirklichkeit können wir niemals getrennt werden. Wir können uns von äusseren wie von inneren Dingen trennen oder wir können getrennt werden, nicht aber von dieser zentralen Wirklichkeit. Auch der Tod kann uns nicht von ihr scheiden. Das hat die Erfahrung jedes grossen christlichen Heiligen gezeigt. Es ist dies eine mit der wahren Geistigkeit verbundene Erfahrung. Den Menschen vor uns im Hinblick auf das Grösste in ihm zu sehen und zu erkennen, ist wahres Glück, wahre Bildung, wahre Kultur.

Die Physik hat den Bereich von Zeit, Raum und Materie zum Forschungsbereich. Der geistig Strebende indessen dringt zum Wesen der Dinge vor, dringt vor bis zur Essenz des Universums, bis zu den Wundern in der Dimension des Zeitlosen.

Zur Erhellung möge folgendes Gleichnis dienen: Da liegt ein Junge namens Thomas und schläft. Er träumt, dass er sich in einer anderen, seltsamen Welt befindet, wo er Familienvater ist, seine Kinder heranwachsen sieht, um eine Stellung in Beruf und Gesellschaft ringt. Befänden sich nun in dieser Welt des träumenden Thomas auch Wissenschaftler - womit würden sie sich wohl befassen? Sicher mit physikalischen Problemen von Zeit, Raum und Materie. Diese spielen aber in der Traumwelt keine Rolle.

Der geistige Mensch hingegen verwendet einen wesentlichen Teil seiner Aufmerksamkeit zur Entdeckung der hinter der stofflichen Raum-Zeit-Welt liegenden Substanz. Er berührt den wesentlichen Geist dahinter, sieht das Bewusstsein, das den Traum projiziert hat und jede Erfahrung erst möglich macht.

Die Wissenschaft des Menschen
als Wissenschaft der Wahrheit
Eine Wissenschaft, die sich nur mit dem befasst, was wandelbar ist, kann keine wahre Wissenschaft sein, denn ein vollgültiges, letztliches Wissen ist nur im Bereich des Nicht-Wandelbaren möglich. Was aber ist unwandelbar innerhalb der menschlichen Konstitution? Es ist die Stille der Wahrheit, die unendliche Wirklichkeit, das höchste Bewusstsein in uns, das sich nicht wandelt, während der menschliche Geist sich ständig verändert und der menschliche Körper altert.

Die Stille, in die wir Nacht für Nacht versinken, wenn wir schlafen, wandelt sich nie. Angenommen, sie würde veränderlich sein oder einmal da sein und einmal nicht - dann könnte nicht von Tiefschlaf die Rede sein. Wahrer Tiefschlaf ist Eintreten in eine Stille, die immer dieselbe ist, immer anwesend, immer bereit, erfahren zu werden. Sie lässt sich auf keine Weise beeinflussen oder verändern. Sie stirbt nicht, auch wenn der Körper stirbt. Sie ist ein unzerstörbares Prinzip in uns. Unsere Stärke liegt in der Fähigkeit, uns dieses unzerstörbaren Prinzips bewusst zu werden. Darum spricht Jesus: "Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch hinzugegeben!" (Mat.6,33)

Suche also an erster Stelle dieses Reich des Unendlichen, diese Stille in Dir, die hier und jetzt zugegen ist. Das ist Deine erste und wichtigste Aufgabe auf Erden. Ist Dir dies einmal klar geworden, wird es Dir wohlgehen und wird Dein Leben gesegnet sein, denn alles andere ergibt sich dann von selbst. Suche zuerst das Reich der unendlichen Wahrheit, dann kannst Du sein, was immer Du willst, Hausfrau oder Wissenschaftler, das spielt hier keine Rolle. Wenn Du nur an dieser letztlichen Wahrheit festhältst, hört das Leben auf, ein Problem zu sein und wird zum Bereich schöpferischer Freude. Solange wir das nicht wahrhaft erkannt haben, wissen wir nicht, wer wir sind. Wenn wir nicht die Wahrheit in uns berührt haben und auf die unendliche Stille in uns lauschen, werden wir umhergetrieben wie ein trockenes Blatt im Wind, ruhelos und voller Ängste, geplagt von Begierden und Frustration. Wir haben dann noch nicht bewusst die Stille ergriffen, die Stille der unendlichen Wahrheit, die in uns wohnt. Der ganze Sinn eines geistigen Lebens liegt in der Erfahrung dieser Wahrheit, dieser Gottgegenwart, dieser Stille und Wahrheit.

Wahre Werte
Nur was ewig ist, hat bleibenden Wert. Was Wissenschaft und Technik für uns gewinnen, ist etwas innerhalb der Schöpfung, und nichts in der Schöpfung hilft uns, wo es um die grundlegenden Fragen menschlichen Lebens und die innerste Seele in uns geht. Wissenschaft und Technik mögen uns helfen, neue Energiequellen zu erschliessen im äusseren Bereich, doch mit neuen Möglichkeiten tauchen auch neue Probleme auf. Wir sind nicht glücklich mit den bisherigen Lösungen. Nichts innerhalb der Schöpfung kann das Herz des Menschen befriedigen. Alle Wissenschaften sind von diesem Standpunkt aus wertlos und leisten oft eher Bärendienste. Eine Wissenschaft jedoch, die ihre Aufmerksamkeit dem Schöpfer zuwendet, wäre eine wahrhaft hohe Wissenschaft, eine unsterbliche Wissenschaft, indem sie zur bewussten Erfahrung des Unsterblichen führen und uns Quellen erschliessen würde, die nie versiegen. Alles Wasser dieser Welt ist nicht unerschöpflich. Unerschöpflich sind nur die schöpferischen Möglichkeiten in der göttlichen Intelligenz. Im Schöpfer sind unsere Möglichkeiten unerschöpflich und unbegrenzt. Darum lehrt uns die Weisheit, uns dem Göttlichen zuzukehren. Hat nicht jeder Mensch vierundzwanzig Stunden täglich zur Verfügung? Wie wäre es mit einem Versuch?

Wenigstens zwanzig Minuten am Tag sollte es doch möglich sein, sich ganz dem Göttlichen zuzuwenden! Man wird ja nur reicher dadurch, hat mehr Frieden. Es werden dadurch neue Zuflusskanäle gebahnt vom Schöpfer zum Geschöpf, so dass unversiegliche Quellen des Göttlichen sich öffnen. Als Geschöpf innerhalb der Schöpfung hat der Mensch die Verpflichtung, den Schöpfer zu entdecken und Beziehungen mit Ihm anzuknüpfen.

Es steht uns nur ein einziger Weg offen, um die Welt wirklich schöner und den Himmel sichtbar werden zu lassen: den Kontakt mit dem Höheren, mit dem Gottesgeist, mit Christus zu pflegen! Es gilt, Herz und Geist Christi im täglichen Leben aufleuchten zu lassen. Kein anderer Weg ist möglich, um über das Irdische Herr zu werden. Christus erteilt uns den Hinweis: "Suchet zuerst das Reich Gottes!" - In Kommunion mit dem Geist allein schaffen wir einen Himmel auf Erden.

Das gesegnete Leben Christi in uns
Christus ist weit wirklicher als unser Atem. Wir sind von Seiner Gegenwart noch weit mehr umgeben als vom Raum, der uns umgibt. Wir sind ja nach dem Ebenbild Gottes erschaffen.

Jesus Christus bittet im Hohenpriesterlichen Gebet für seine Jünger, sie mögen einswerden, wie Er und der Vater eins sind. Er hat den Vater, die unendliche höchste Wirklichkeit erfahren. Er kennt das grenzenlose Glück, das Licht, die Erkenntnis, die Stille, die Ruhe, die Wahrheit, aus der alles hervorging und die alles erhält, aus eigener Erfahrung. Kann Er darum diese Erfahrung jedem gleich vermitteln? Das ist nur unter bestimmten aussergewöhnlichen Umständen möglich, sonst hätte er nicht zum Abschied Seinen Jüngern sagen müssen: "So glaubt Mir doch, dass der Vater und Ich eins sind. Wenn schon nicht auf Mein Wort hin, dann doch wenigstens aufgrund Meiner Taten!" (Joh.14,11) - Philippus hatte kurz vorher gesagt: "Zeige uns den Vater!" worauf Jesus die Antwort gab: "Nun bin Ich so lange mit euch zusammen gewesen, Philippus, und du kennst Mich immer noch nicht? Jeder, der Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen!" (Joh.14,8/9)

Das Leben eines Geistesmenschen ist vom Licht des Höchsten erhellt. Beständig steigt Weisheit im Herzen des ernsthaft Gottsuchenden auf, so wie im Herzen des Alltagsmenschen ständig alltägliche Gedanken aufsteigen. Ebenso unwillkürlich erheben sich im gottsuchenden Menschen Gedanken voll Weisheit, und diese sind es, die sein Verhalten im Alltag bestimmen, selbst wenn dieses Verhalten auf den ersten Blick anders als erwartet aussehen mag. Ein Widerspruch scheint sogar unerlässlich, insofern der wahre Gottsucher nach höherem Wertmass misst als üblich. Er lässt sich vom Licht des Göttlichen dabei leiten. Die Weisheit lässt ihn seine schwerwiegende Verantwortung erkennen, etwas von diesen Schätzen aus sich zu entfalten. Das wiederum lässt ihn in hohem Masse dynamisch und an höchste Aufgaben hingegeben sein. Immer befindet er sich auf dem Pfad, immer nimmt er eine Haltung der Anbetung und der Hingabe ein. Das bringt ihn der höchsten Wirklichkeit näher.

Gott ist ein Freund, der Dich nie verlässt. Er ist unerschöpflicher Reichtum, der Dir nie verloren geht und immer schöpferisch ist. Darum solltest Du, in welche Lage Du auch immer geraten magst, Gott anrufen, und Du wirst erleben, dass Gott tausendfach an Dich denkt, hat Er doch ein millionenfaches und unermessliches Herz voll unendlicher, unerschöpflicher Liebe. Jeder kleine Gedanke an den Schöpfer veranlasst Ihn, tausendfach an Dich zu denken.

Die Weisheit lehrt Dich, immer ein Auge - oder wenigstens einen kurzen Blick - auf das Göttliche zu richten. Das allein schon würde Dir jede Art von Sicherheit vermitteln. Das schon wäre auch genug, in Dir jene Weisheit zu wecken, die ein ständiges Auge in Dir erstehen lässt, das aufs Göttliche blickt. Diese ständige Ausrichtung aufs Göttliche würde Dir Mittel und Möglichkeiten schenken, die nirgends in der Schöpfung zu finden sind.

Wie soll man Willenskraft entwickeln?
Jede Versuchung, der man widersteht, jeder Impuls, der beherrscht wird, jedes Gefühl, dem man Einhalt gebietet, jeder Gedanke, den man verwirft, steigert die Kraft des Willens. Wenn das menschliche Gemüt sagt: "Nun lass mich erst einmal schlafen, morgen will ich dann arbeiten, so sehr eilt es ja nicht!" sage ein entschiedenes Nein dagegen. Wenn Du eine Arbeit unter der Hand hast und eine andere will sich Dir aufdrängen und Deine Aufmerksamkeit ablenken, dann lasse Dich nicht dazu verführen, Deine Arbeit unbeendet liegen zu lassen, sondern bringe zuerst die eine Arbeit zum guten Ende, dann nimm die nächste in Angriff. Immer dem menschlichen Gemüt zu Willen zu sein und einen Kaffee um den anderen zu trinken, so oft man nur Lust hat, heisst, das Gemüt wie ein unartiges Kind zu verhätscheln. Auf diese Weise wird die Willenskraft nicht geübt.

Was kann die Welt uns geben oder uns rauben? Was sie uns geben kann, ist vergänglich und nicht wert, es zu besitzen. Was wir haben, ist unvergänglich, nämlich göttliche Liebe, Glaube, Wahrheit, Gottgegenwart - Christus, der Alpha und Omega ist.

Wer nur aufs Körperliche baut, wird immer ärmer. Reicher und immer noch reicher wird, wer auf den Geist sät, wozu Paulus uns ermahnt (Gal. 6,8) "So säe also auf den Geist, indem Du dem Leben Jesu Christi nachsinnst!" Beobachte, wie die Qualitäten und Kennzeichen des Geistes in Ihm wirken und zum Ausdruck gelangen! Äusserlich ein völlig besitzloser Armer, gehört Ihm doch das ganze Himmelreich, und von vielen geliebt hat jede Stadt und jedes Haus einen Platz für Ihn. Das ist Grösse. Das ist Geisteswirken.

In der menschlichen Konstitution ist Licht und Schatten, das positive und das negative Prinzip. Über diesen aber steht der Beobachter als der ewige Zeuge, die unendliche Kraft, der unendliche Friede, die unendliche Schönheit, der Vater, der Himmel. Es gilt das, was das Höhere, was oben ist, nach unten zu holen, um es auch an der Oberfläche des Lebens sichtbar werden zu lassen. Der Wille des Vaters ist unendliche Harmonie, der Wille der Wahrheit ist unendlicher Friede, unendliche Liebe, unendliche Schönheit. Jesus sagt: "Vater, Dein Wille geschehe, nicht meiner!" Was aber ist dieser Wille? Es ist der Wille der Liebe, des Friedens, der Wille der absoluten Wahrheit und Weisheit.

Wie werde ich stark genug, um die Welt zu bereichern?
Erinnere Dich wohl: Nicht schwächer wird man, wenn man äussere Stützen zurücklässt, sondern stärker. Schwierige Umstände machen einen Riesen aus Dir, und wenn Du sie um Gottes Willen auf Dich nimmst, wirst Du noch mehr als nur ein übermenschliches Wesen. Fürchte Dich also nicht vor schwierigen Umständen! Lasse Deine Kräfte wachsen! Den Rückhalt am himmlischen Reich gewinnst Du erst, wenn Du Dich nicht mehr auf äussere Dinge verlässt.

Wenn Dein Halt am göttlichen Reich sehr stark ist, wird Dir alles Äussere hinzugegeben. Wenn Dir die äussere Welt nichts mehr bedeutet, wird sie Dir zum Bereich, dem Du die Vollkommenheiten des Göttlichen eingiessen kannst, um ihn so zu bereichern.

Jeder kann einen Entwicklungsstand erstreben, der Gott sprechen lässt: "Ich freue mich über Dich, ich arbeite und wirke durch Dich, Du bist mir lieb!" In einer Welt der völlig gleichen und völlig grenzenlosen Liebe Gottes kann es Unterschiede geben nur aufgrund des Grades, in dem man sich dem Göttlichen öffnet, in dem man sich dienstbar und nützlich erweist. Die Vertiefung in Arbeit kann nicht nur zum materiellen, sondern auch zum geistigen Nutzen gereichen. Es gilt, sie für die innere Entwicklung fruchtbar zu machen - ganz abgesehen vom Nutzen, den man sonst damit stiftet!

Ob unsere Gedanken gut oder schlecht sind, ob unsere Gefühle edel oder gemein sind - sie waren gestern nicht da und werden morgen nicht da sein, sie sind wandelbar und ändern sich immer wieder. Sie sind nicht wir selbst. Sie kommen und gehen. Sie kommen, wenn man ihnen zu kommen erlaubt. Sie gehen, weil sie nicht immer bleiben können. Sie sind vergänglich. Sie sind nicht wir selbst. Wir aber identifizieren uns mit ihnen und sind unglückliche geplagte Sklaven der Umstände durch sie. Nehmen wir Abstand von ihnen und verbinden wir uns mit dem, was wir in der Wahrheit, in Gott sind! Dann gewinnen wir Herrschaft über Gedanken und Gefühle. Dann meistern wir sie. Sind wir aber Meister unserer Gedanken und Gefühle, meistern wir auch die Umstände und Bedingungen.

Diese Meisterschaft zu ermöglichen, ist Jesus gekommen. Das bedeutet Erfahrung der Einheit mit der Wahrheit. Wir bringen dann im täglichen Leben bedingungslose Liebe, Güte, Erkenntnis, Glück und Frieden zum Ausdruck. Wir haben dann das Gefühl, wahrhaft frei zu sein, uns in der Gegenwart Gottes zu befinden, im Herzen der Fülle inmitten wahrer, unbegrenzter Freiheit zu verweilen. So kannst Du auch anderen helfen. Dein Leben ist dann an sich schon eine Quelle der Inspiration für andere, und Deine Werke haben Dauer. Alle unsere Fähigkeiten, Talente und Pläne, sowie unser ganzes Leben sind gesegnet, wenn unser Herz auf die göttliche Gegenwart eingestellt ist. Lassen wir also alle Ruhelosigkeit und groben Unglauben fallen! Betrachten wir die Welt mit Augen, die voll Frieden und Liebe sind! Legen wir Blumen der Verehrung und Liebe auf die Schwelle eines jeden Hauses und in die Hand eines jeden Menschen - in Gedanken und in der inneren Erfahrung! Lasse Dein Herz sprechen: "Möge mein Nachbar glücklich sein, möge er beschützt sein! Möge Gott ihn segnen! Möge Gott ihn aufwärtsführen! Möge Gott ihm Freude, Gesundheit und Schutz gewähren!"

Das Voranschreiten im Gebet
Es gibt so viele Ablenkungen auf Erden, dass der Wahrheitssucher leicht das Göttliche aus dem Auge verliert. Dieser Unzuträglichkeit kann abgeholfen werden: Pflegen wir das unablässige innere Gebet, unterstützt durch selbstloses Dienen, gutes Handeln um des Göttlichen willen! So lange das Herz nicht völlig auf Gott eingestellt ist, gibt es immer irgendwelche Nöte und Schwierigkeiten, treten immer irgendwelche Misserfolge und Fehlschläge ein, wird man nie fest und sicher im Göttlichen verwurzelt sein können. Deshalb nimmt der ernsthafte Gottsucher gerne jede Schwierigkeit und Verantwortung auf sich, damit sich unter solchem Druck sein Herz umso fester ans Göttliche hält. Darum kommt Gottes Gnade manchmal auch in Gestalt von Schwierigkeiten zu uns.

Leiden ist ein grosser Lehrer, denn es bringt uns innerlich rascher voran als leicht zu bewältigende Umstände. Darum schickt uns Gott zuweilen Schwierigkeiten, damit sich unser geistiges Streben rascher erfüllt und unsere Hingabe an Gott vollkommener wird.

Mancherlei Formen kennt das Gebet, doch wenn sich auch von aussen gesehen verschiedene Typen unterscheiden lassen, die sich bei jedem einzelnen Menschen wieder anders ausprägen, so ist doch der innere Geist des Gebets überall derselbe. Wenn es sich um ein Bittgebet handelt, geht es immer darum, ein Bedürfnis zu stillen oder im Kontakt mit dem Höheren eine Problemlösung herbeizuführen. - Auch wenn man Gott um Seinetwillen liebt und gar nicht nach irgend einer Gabe Ausschau hält, liegt doch immer auch das stillschweigende Verlangen im Gebet, aus Begrenzungen befreit zu werden. Warum will man sich mit der Gottgegenwart vereinen, warum mit der Gottesgnade Gemeinschaft haben? Warum wünscht man sich Frieden und Segen von Gott? Warum klagt die Weisheit des Herzens über zu enge Begrenztheit des menschlichen Zustands?

Die innere Seele ringt um Befreiung aus diesem begrenzten Zustand des Menschseins, nicht, indem sie den physischen Körper verlässt, sondern indem sie - inmitten täglicher Pflichterfüllung - nach Gotterfahrung in all ihren Dimensionen strebt. Gebet ist eine Bewegung der Seele auf grössere Verwirklichung von Schönheit, Liebe, Fülle des Absoluten hin. Ein Mensch, der diesem Verlangen der inneren Seele gehorcht, wird darum nicht unfähig, ein normales Leben gut und richtig zu führen. Er kann weiterhin im Berufsleben stehen. Seine normale Lebensführung braucht durch die Gemeinschaft mit Gott keine Einbusse zu leiden. Vielmehr wird er dadurch, dass er Gemeinschaft mit dem Göttlichen pflegt, weitaus nützlicher für die menschliche Gesellschaft und Umwelt. Sein Leben wird in jeder Hinsicht wunderbar sein.

In jedem Menschen ist der Geist Christi im Innersten zugegen. Doch dieser will zum Ausdruck gebracht sein, und das hängt von unserer eigenen Aufrichtigkeit ab, von unserem eigenen Ernst, mit dem wir Ihm zum Durchbruch verhelfen. Das Leben findet seine wahrste Freiheit und sein grösstes Glück erst dann, wenn ein Herz und ein Geist vorhanden sind, wie sie in Christus sich offenbarten. Es ist der Geist Christi, das Herz Christi, aus denen die Bergpredigt ihren Ursprung nahm, denen sie Ausdruck verlieh.

Es ist tatsächlich eine unendliche, dynamische und allerhaltende Güte überall zugegen. Man spricht von göttlicher Gegenwart. Lesen Sie die wundervollen Abschnitte der Bibel, in denen es heisst: "Unter mir sind die ewigen Flügel gebreitet!" Niemals können wir uns aus der göttlichen Gegenwart entfernen, ganz gleich, wo wir auch sind, an welchem Ort und zu welcher Zeit und unter welchen Umständen auch immer. Immer befinden wir uns in der göttlichen Gegenwart. Diese Erfahrungstatsache liess einen heiligen Paulus sprechen: "In Ihm leben, bewegen wir uns und sind wir!" (Apg. 17,28) Und das ist die Wahrheit. Je mehr wir darum wissen und uns für diese Gottgegenwart empfänglich machen, was durch moralische Reinheit, aber auch durchkünstlerisches Streben und höhere Lebenskunst möglich wird, umso wirklicher wird Gott für uns. Darum die Seligpreisung des reinen Herzens, denen Gottschau verheissen ist. Reinheit ist eine Kraft und Macht, die Unerleuchtete dazu bringt, von Magie und Hypnose zu reden. Sie ist eine Macht, ein Licht, eine Flamme, die zum Ausdruck kommt, wenn einmal alle Unreinheiten verbrannt sind. Sie lässt die Intelligenz für das Göttliche empfänglich werden. Sie öffnet das Herz für die wundersame Wirklichkeit Gottes, die immer unter und in uns ist.

Reinheit wiederum erwächst unter dem Einfluss von Gnade, so dass sie selbst ungebeten zu uns kommt. Wenn Reinheit in Dir zunimmt, kehrt Gnade von selbst ein. Die Blume braucht die Bienen nicht einzuladen. Sie wächst einfach heran, entfaltet ihre Blütenblätter und ihren Duft. Dann kommen die Bienen ganz von selbst. Je mehr wir der Wahrheit hingegeben sind, umso mehr strömt Gnade uns zu. Wenn Gnade uns berührt, sind die Probleme des Lebens gelöst, sind wir furchtlos, freudig und frei.

Freiheit, wie die Gnade sie verleiht, ist die wahre Freiheit. Gnade und Wahrheit sind ein und dasselbe. Wahrheit allein gewährt Freiheit, weshalb Christus spricht: "Die Wahrheit wird euch frei machen!" (Joh.8,32) Das Wunder aller Wunder aber ist, dass Christus Selbst die Wahrheit ist. Er ist nicht nur der Wegweiser zur Wahrheit. Er ist es nicht nur, der uns das Heil vermittelt, sondern Er Selbst ist das Heil, ist die Erlösung.

Es ist klar, dass man so mehr Hochachtung gegenüber Jesus Christus entwickelt, als wenn man Ihn einfach nur als einen unter Millionen Menschen betrachtet, als jemand, der gekreuzigt wurde. Eine solche Vorstellung offenbart nicht das wahre Wesen Christi, das die Wahrheit ist, die höchste, unsterbliche Wahrheit, die alles durchdringt, alles weiss, ganz Liebe, allsehend und allsegnend ist. Je höher die Geistigkeit, umso wundervoller leuchtet unser Christusbild auf.

Berühre das Christusbewusstsein überall
Christus oder Gott in uns ist die zeitlose Wirklichkeit. Während Er in uns ist, ist Er zugleich überall, in allen Wesen und transzendiert sie zugleich. Er transzendiert den ganzen Kosmos. Er ist allgegenwärtig, allwissend und gibt - von unendlicher Liebe erfüllt - auf alles Antwort. Du kannst in bezug auf das Göttliche sagen, was immer Du willst, es wurde schon gehört, und die Antwort trifft ein, je nach der Art Deines Rufes. Diese allgegenwärtige und allwissende Wirklichkeit, Christus, ist immer bei uns, ist unabtrennbar mit uns verbunden.

Wir können Christus erfahren hier und jetzt: als Liebe, Friede, Schönheit, Wahrheit, Macht, als den Erlöser von allen Problemen, Befürchtungen und Ängsten, als Den, der uns Unsterblichkeit verleiht, indem Er uns das ewige Leben schenkt. Ewiges Leben ist etwas, das hier und jetzt erfahrbar ist, während wir noch im Körper leben. Es ist eine Sache des Geistes, eine Sache der Wahrheit, eine Angelegenheit der innersten Seele in uns.

Christus ist eine lebendige Gegenwart, ein ewiges Licht, das nie erlischt und die Quelle aller Existenz und das Beständige in allen Werten ist. Je mehr geistige Erfahrung wir haben, je mehr diese sich vertieft, umso mehr begreifen wir von der wahren Natur Christi, umso mehr werden wir die lebendigen Zeugen der Macht der Gnade Christi. Nichts im Leben ist so wertvoll wie Religion, denn sie ist die wahre Quelle all dessen, was im Leben wünschenswert ist. Das grundlegende Ziel des Lebens, wie es sich in jedem Dasein beobachten lässt, ist Glück, Friede, ständige Bewegung auf Vollkommenheit hin. Wahrheit ist kein abstraktes Prinzip, sondern ist ewiges Leben, grenzenloser Friede, unendliche schöpferische Intelligenz. Sie ist der Geist Gottes, die Weisheit Christi.

Erkenne Christus als Wahrheit - ungeboren, zeitlos, ewig, allvollkommen, ganz wunderbar, als das höchste Göttliche! Warum willst Du nicht Christus als Licht und Liebe bei Dir gegenwärtig fühlen, als jenen, der Dich zu weltweiter Liebe anregt?

Wenn Du es aufrichtig ernst meinst und Christus tatsächlich liebst, wirst Du Dich um die Entfaltung von Liebe und Glauben bemühen, wirst Du innerlich Umgang mit Ihm pflegen, insgeheim in der Stille, im Gebet, in der Meditation. Alle Spekulationen über die Bibel und ihre Echtheit, über Christus und Seine Herkunft sind unnötig und gefährlich, schaffen nur Schwierigkeiten und Zweifel und führen zu immer weiteren nutzlosen Fragen. Tausende fanden, dass die Bibel gute, göttliche Gedanken enthält, die ihnen weiterhelfen; und wären auch nur zwei oder drei Sätze darin, die Dir etwas zu sagen haben, wäre es immer noch weit besser, darüber innerlich nachzusinnen und das übrige beiseite zu lassen, als darüber zu Gericht zu sitzen und zu streiten.

Wir leben in einem Zeitalter rationaler Erkenntnis, vernunftmässiger Analyse, einem Zeitalter der Wissenschaft und des Materialismus. Da ist es höchste Zeit, dass die Christen die Einheit und die allumfassende Liebe pflegen. Ein Zeitalter ist angebrochen, in dem alles weltweit wird und die Unterschiede der Formen keine Rolle mehr spielen. Eines ist sicher: Die Religion steht vor der Aufgabe, die Menschheit moralisch und geistig höherzuentwickeln.

In früheren Zeiten wusste man noch nichts von Elektrizität, und vor gar nicht langer Zeit glaubte man nicht, dass Fliegen möglich sei, dass Flugzeuge sich in die Luft erheben könnten. Wer gegenteiliger Meinung war, wurde für verrückt erklärt. Ähnliches gilt heute für die geistige Wahrheit; doch die Wissenschaft kommt früher oder später auf sie zurück. Die Wahrheit ist ja immer und überall in jedem Menschen zugegen, ob er gut oder schlecht ist, ohne Ansehen der Person. Ohne diese Wirklichkeit und Wahrheit könnte niemand sein und leben.

Die allgegenwärtige Wirklichkeit
Ein heiliger Franziskus erkennt diese innere Wirklichkeit als Christus, und sobald er einen Vogel betrachtet, verschwindet ihm dessen Gestalt, und Christus erscheint, selbst wenn der Vogel seine Gestalt sehr eindrucksvoll behält. Durch die Augen des Vogels strahlt das Licht Christi hindurch, und so nimmt er Christus überall wahr.

Ein Mensch, der Gott liebt, sieht das Göttliche überall, und das Göttliche ist das Wunder aller Wunder, der Wert aller Werte, ist Liebe und Licht, Weisheit, Kraft, endlose allmächtige Kraft, Allmacht, endlose Schönheit. Gott ist so ein kurzes Wort, und darüberhinaus eines, das viel missbraucht wird, doch bezeichnet es die Wahrheit. Als Wahrheit ist es unendliche Liebe, grenzenlose Liebe, schöpferischer Geist, Harmonie. Es trägt alle Musik der Welt in sich.

Was weisst Du von den Schöpfungen jenseits unserer Welt? Wer weiss überhaupt etwas darüber? Wer könnte die Grösse Gottes ermessen? Was weisst Du von anderen Welten? Was ist jenseits der Sternenwelt? Was war Millionen Jahre vor dieser Schöpfung, ehe diese Welt und dieses Universum entstanden?

Woraus besteht die Welt? Woraus ist Raum und Zeit gebildet? Welches ist das Wesen und die Grundlage Deiner Intelligenz? Was ist Liebe? Hast Du sie gesehen? Kannst Du sie berühren? Kannst Du sie wirklich beschreiben? Was ist Seele? Was ist Intelligenz? Was ist der Körper? Was sind all die Dinge rings um uns her? Ist das alles nur Materie, die sich nach Aussagen der Physik als Energiestruktur, als Schwingungsgebilde beschreiben lässt, oder ist sie Liebe, Gott - oder einfach Existenz? Wie wurde die Welt ins Dasein gerufen? Wie ist das Leben entstanden? Wie wurde die Menschheit geboren? - Da ist die ewige Wahrheit, und diese muss sich erst darstellen, verkörpern, ehe der Kosmos in Erscheinung treten kann. In dieser ewigen Wahrheit ist eine Darstellung des Kosmos vorhanden, eine Idee des Kosmos; diese verdichtet sich und nimmt Gestalt an. Diese Vorstellung im Geist der Wahrheit ist das Wort, das Wort Gottes: "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott." So leitet Johannes sein Evangelium ein. Dieses Wort wird griechisch Logos genannt und ist zugleich Bezeichnung für den Gedanken. Es gibt kein Wort, dem nicht eine Vorstellung, eine Idee zugrunde läge. Sagst Du 'Blume', dann hast Du die Vorstellung einer Blume.

Christus, das Wort Gottes
Im Wort sind alle Vollkommenheiten Gottes enthalten, ist das Wort doch zugleich der Gedanke, eine Idee in der Wahrheit, Teil Gottes selbst. Alle Vollkommenheiten der Wahrheit sind in diesem Wort, so wie alle Eigenschaften des Meeres in einem Glas voll Meerwasser sind. So ist es auch mit dem Wort Gottes, dem Wort des Geistes, der im Geist enthaltenen Schöpferkraft, der Idee des Geistes. Dieses Wort hat alle Vollkommenheiten und Kräfte des Höchsten in sich. Das ist eine Tatsache, die sich als Erfahrungstatsache wissenschaftlich beweisen lässt.

Dieses Wort nun ist Christus, fand in Ihm seine Verkörperung. Christus war der reinste, der vollste, der beredteste Ausdruck dieses Gottesworts, der schöpferischen Macht Gottes, weshalb Paulus von Christus predigt als der Weisheit und Macht Gottes. Wenn nun Dein Herz von diesem Wort Gottes berührt ist, hat auch Dein Herz Anteil am Herzen Christi, und Christus wohnt in Dir. Dann bist auch Du zum Christus geworden.

Jesus Christus, das Antlitz der Wahrheit
Was sagt die tiefste Erfahrung der Wahrheit? Das Antlitz der Wahrheit ist unbeschreiblich schön. Die Sprache mit ihren Begrenzungen mag vielleicht eine Beschreibung versuchen und sagen, sie sei wie zehntausend Sonnen, die gleichzeitig aufgehen. So strahlend hell ist das Antlitz der Wahrheit! Darüber gilt es nachzudenken! Hier haben wir den höchsten Gegenstand der Kunst und allen Strebens der Menschenseele vor uns, ganz gleich, wie man ihn beschreibt, ganz gleich, wie er in Erscheinung tritt, ob als Jesus Christus oder als Mutter Maria oder unter sonst einem Namen. Durch den ständigen Anruf an Gott, durch die begeisterte Wiederholung eines Gebetsrufs erhebt der Gottsuchende sein Bewusstsein, sein Herz, seine Seele, seinen Willen zur höchsten Wahrheit empor, zu diesem strahlend hellen Licht, das ohne alle Grenzen ist.

Gottesbild und persönliche Beziehung
Ein klares, deutliches Bild von Gott hilft viel, soll Dein Denken an Gott zu innigen persönlichen Beziehungen führen. Am besten ist es, an Ihn als Christus zu denken, oder auch als Vater. Wenn manchmal der Wunsch in Dir erwacht, ein noch innigeres Verhältnis zu Gott zu finden, als Du es Dir zu einem Vater vorstellen kannst, dann denke an Ihn als Mutter, und Christus kann Sich Dir durch die Macht, die Ihm seine Einheit mit dem Vater verleiht, Deinem Bedürfnis entsprechend auch als Mutter zeigen.

Um Dir die falsche Vorstellung zu ersparen, dass Er körperlich ist, kannst Du manchmal an Ihn auch als unendlichen Frieden, als Licht, als höchstes Bewusstsein Gottes denken, oder als unendliche Schöpferkraft, die Deine Seele erhält, ohne dass Du Nahrung zu Dir nimmst. Mit dem täglichen Brot ernährst Du den physischen Körper, nicht die Seele. Diese wird von Gott erhalten und braucht kein Brot zu ihrem Weiterbestehen. Sie braucht auch keinen Schlaf. Sie ist nicht unglücklich, wenn Du unglücklich bist. Sie ist vollkommen und hängt von keinerlei äusseren Bedingungen ab.

Gott ist nicht nur ein Freund, der Dir von aussen begegnet, sondern Er wohnt auch in Dir. Er ist auch das Licht, das Deine Augen zu sehen befähigt. Er ist das Licht, das Dir erlaubt, innerlich, im Geiste, etwas vor Dir zu sehen. Doch Er ist weit mehr als das Licht, durch das Du etwas wahrnimmst. Das Licht hier auf Erden ist nicht das der Sonne, doch ohne Sonne gibt es hier kein Licht. Also kannst Du das Licht auf dieser Welt auch Sonne nennen. Das Licht auf dieser Welt ist vielfältig bedingt: Es ist vorhanden, wenn die Erdoberfläche der Sonne zugekehrt ist und ihr Licht durch die Wolken hindurchdringt, wobei mannigfache Wirkungen und Rückwirkungen im Spiele sind.

So ist auch Dein Verstandeslicht und Dein Augenlicht von Gott, doch ist all das noch nicht Gott. Er ist weit mehr als all das, so wie die Sonne mehr ist als das Licht, das Du auf dieser Welt hier wahrnimmst. Darum gilt es nachzusinnen und zu erkennen, wer das ist, der da tief drinnen in Deinem innersten Wesen so licht und wunderbar ist.

Doch auch das ist noch nicht genug. Du solltest Ihn lieben und darum Seiner als einer Person gedenken, die unendliche Vollkommenheit ist, voll Allmacht und Schönheit. Er ist ja über alles liebenswert und kostbar. Er ist alles. Er ist der Herr alles Erschaffenen.

Der göttliche Magnet
Sagen wir, da sei ein Magnet und eine Nadel, dazu ein Stück Eisen, das Du magnetisieren möchtest. Was tust Du? Du reibst das Stück Eisen längere Zeit am Magneten. Dadurch ist es selbst magnetisch geworden und zieht nun die Nadel an.

Was ist Jesus? Er ist der Magnet der Liebe, des Lichts, der Freude, des Friedens, des himmlischen Reiches. Sage: "Jesus" und tauche mit Herz und Geist in diesen Magneten ein! Versenke Dich in Ihn! Lade an diesem Magneten der Liebe, des Lichts tausendmal täglich Dein ganzes Wesen auf, bis schliesslich der Geist Christi, das innere Wesen, der Charakter Jesu, Sein Leben, Seine Gnade in Dir lebt und mit Dir umhergeht!

Wenn Du einmal sterben musst, kannst Du weder Deine Reichtümer noch Deine Dir nahestehenden Lieben, ja nicht einmal Deine Kleider mitnehmen. Was Du jedoch mitnehmen kannst, wenn Du stirbst, das ist der Christus-Gedanke. Dein geistiges Erkennen, Dein geistiges Denken - sie gehen mit Dir. Nichts ist da verloren.

Christus in Dir ist überaus wunderbar, ganz vollkommen und ewig. Er ist Licht. Er ist Liebe, Friede, Vollkommenheit. Er ist Existenz. Er ist Bewusstsein Gottes. Er ist Dein Herz, Deine Seele. Er ist Dein Alles! Dein Fortschritt beruht auf der geistigen Ansprechbarkeit Deines Herzens, auf tieferer Gotterkenntnis und Reinheit. Fehlen diese, könnte Jesus Christus in Fleisch und Blut als leibliche Gestalt neben Dir stehen, und Du könntest Ihn zum Gegenstand Deiner Meditation machen - es würde Dir nicht zum Fortschritt verhelfen, so lange nicht eine Antwortbereitschaft Seiner göttlichen Gegenwart gegenüber vorhanden ist, so lange Dein Herz nicht zum Spiegel wird, der Seine Gestalt in sich aufnimmt, so lange nicht Dein Herz wie eine Nadel auf den Magneten reagiert. Eine Holznadel kann sehr nahe beim Magneten liegen und doch nicht von ihm angezogen werden.

Vom inneren Beten
Rings um uns her ist die unendliche Freude und das Bewusstsein Gottes! Jeder Punkt des Raumes ist von unendlicher Kraft und Gnade Gottes erfüllt. Jeder Punkt des Raumes ist erfüllt vom unendlichen Gotteslicht. Ziegel und Steine sind nur für die menschlichen Sinne aus Stein und Ton, nicht aber für die moderne Wissenschaft, noch für die ewige Wissenschaft der Wahrheit. In Wahrheit und für die im Wahrheitsbewusstsein Lebenden sind sie durchdrungen und erfüllt von unendlicher Energie, Freude, Vollkommenheit. Das Bewusstsein Gottes, das in Jesus Christus Gestalt annahm, ist auch in ihnen zugegen. Deshalb vermag Gott auch aus den Steinen dem Abraham Kinder zu erwecken (Mat.3,9) oder Brot und Wasser hervorgehen zu lassen. In uns und rings um uns ist ja die unendliche Vollkommenheit und Gnade, die Liebe, die Freude und das Licht Gottes. Wir nehmen es nicht wahr, weil wir in Unwissenheit und Begrenzungen leben. So lange wir egoistisch begrenzte menschliche Persönlichkeiten sind, die nichts von ihrer Unsterblichkeit oder von der Erfahrung des Unvergänglichen wissen, die der unendlichen Freude den Rücken kehrten und dafür der Erfahrung kleinlichen Kummers und kleinlicher Vergnügungen ausgesetzt sind, die in ihrem Fühlen und Erfahren die unendliche und unbedingte Liebe beiseitestellen, um ein wenig Liebe und Hass zu erleben, wird das auch so bleiben. Diese eng begrenzte menschliche Persönlichkeit gilt es zu weiten, bis sie das ganze Universum umspannt, bis sie kosmisch weit, ja überkosmisch ist. Dies geschieht, indem sich die kleine menschliche Liebe zur unendlichen göttlichen Liebe und ihr engbegrenztes Erkennen zur Allwissenheit Gottes weitet.

Gebet ist etwas Grosses, Hohes, wenn man von ganzem Herzen die Allgegenwart Gottes bejaht und so die innere Unwissenheit überwindet. Gebet führt uns dann zu jener Erkenntnis hin, in der wir Gott begegnen, Ihn erfahren und im inneren Gewahrsein festhalten können. Wir sind uns dann nicht mehr unserer selbst bewusst, sondern vielmehr nur noch der unmittelbaren Gegenwart und Allmacht Gottes. Wir nehmen dann nichts mehr wahr ausser dem unendlichen Gottbewusstsein, das uns erfüllt und das alldurchdringend und voll Freude ist.

Zahllose Fähigkeiten sind in Dir, die noch nicht zur Entfaltung gelangt sind. Zahllose Möglichkeiten sind noch vorhanden. Es sind dies vergrabene Talente. Wenn man das weiss, wird man nicht auf irgendwelchen Lorbeeren ausruhen und auf ihnen den Schlaf des Gerechten geniessen wollen. Es gilt, die verborgenen Gaben zur Offenbarung zu bringen, zu arbeiten wie ein Riese, damit das verborgene Gold zum Vorschein kommt.

Sei wach und wirke, sei nicht ein der Zeit verfallenes Geschöpf der Natur, sondern sei gross und kühn und lasse voll Freude die zeitlose Wahrheit hervorleuchten! Entfalte die Kräfte der inneren Weisheit und des Verstehens! Deine Energien sind unbegrenzt. Überhöre nicht die Worte eines so wunderbaren Heiligen, wie es der Apostel Paulus ist, der uns ermahnend zuruft: "Der Geist Gottes ist in euch!" (1. Kor. 3,16) - Wir haben Anteil an der unendlichen göttlichen Wahrheit, sind Erben mit Christus an allen Schätzen des göttlichen Vaters in und durch Christus!

Christus ist eine Antwort gebende Gegenwart, eine göttliche Gegenwart, das Herz der unendlichen Wahrheit. Mit Gelehrsamkeit lässt sich das nicht erfassen. Keine Aussage reicht heran an das, was Er ist. Die Hingabe aber kann Ihn verstehen, und der Glaube erfühlt Ihn! - Ein Körnchen Glaube und Hingabe also ist nötig! Die unendliche Weisheit und Vollkommenheit, die Gott genannt wird, sollte darum für Dich persönliche Gestalt annehmen, damit Du die Möglichkeit hast, mit Ihm zu sprechen, auf Ihn liebend zu lauschen, Ihn zu verehren, einszuwerden mit Ihm. Dann entfaltet sich das Herz wie eine Blume. Das innerste Zentrum der Seele öffnet sich. Die Seele geht in Hingabe und Anbetung auf, und Gott ergiesst Sich in die Seele.

Die Überwindung des menschlichen Gemüts
Das menschliche Gemüt schafft Schwierigkeiten. Man muss es irgendwie zur Ruhe bringen, es in der ewigen Wahrheit verankern. Es muss einen Anhaltspunkt an der göttlichen Gegenwart finden. Dadurch verliert es seine Schwäche. Nimmst Du einen Tropfen und bringst ihn in das Meer, dann verliert der Tropfen all seine Befürchtungen, dass er eintrocknen könnte. Er verliert seine Ängste und Begrenzungen und erwirbt die Grenzenlosigkeit des Meers, dessen Furchtlosigkeit, Schönheit, Majestät, Grösse und Macht.
Somit muss das menschliche Gemüt sich in die göttliche Gegenwart hineinfallen lassen. Es muss der Wahrheit vermählt werden, dann verliert es alle Schwächen. Dann wird es göttlich und erlangt unbegrenzte Kraft, Freude, Erkenntnis, Stärke, unbegrenzten Frieden. Der Mensch muss das menschliche Gemüt überwinden. Das heisst in Worten Jesu Christi: "Ihr sollt vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!" (Mat.5,48)

Es ist dasselbe, wie wenn man den Tropfen bittet, sich ins Meer fallen zu lassen. Wann also kann man so vollkommen sein wie der Vater im Himmel? Wenn man in der Wahrheit ist, wenn man die Vollkommenheit der ewigen Wahrheit besitzt. Doch wie ist diese zu erlangen? Dies ist nur möglich, indem man das menschliche Denken überwindet, in anderen Worten, indem man das menschliche Gemüt in die unendliche Wahrheit hinein auflöst. Dies wird in erhobenen inneren Zuständen möglich, durch grosse Liebe zu Gott, durch hohe Gotteserkenntnis oder durch besonders erhabene Inspiration.

Auch grosse Denker und Dichter erlangen zuweilen Einsicht in diese Tatsache, dass wir, um die volle Fülle und Erfüllung des Lebens zu erlangen, unser menschliches Gemüt überwinden müssen. Ein solcher Denker, der eine Ahnung davon hatte, war Friedrich Nietzsche. Er sagte, der Mensch sei etwas, das überwunden werden müsse. Dennoch war er nicht der Mann der Wahrheitserkenntnis, auch kein Mystiker oder Heiliger, weshalb bei ihm diese an sich so herrliche Erkenntnis, dass der Mensch zu überwinden sei, eine verkehrte Wendung nahm. Bei ihm wurde ein krankhaft-egoistisches Machtstreben daraus. Der gleiche Sinn, nämlich dass der Mensch sich selbst zu transzendieren habe, steckt in beiden Sätzen, denn wenn der Mensch die Vollkommenheit des himmlischen Vaters erlangt, hat er sich wahrhaft überwunden. Diesmal allerdings durch Wachsen in der Liebe, in der Reinheit, in der Güte, durch Umwandlung des inneren Wesens, durch Hingabe an die Wahrheit, an Christus, durch Entwicklung jeder Art von Güte. Das ist es, was notwendig ist.

An sich neigt der Mensch eher dazu, seine Begrenzungen zu lieben. Darum gibt er auch kein Zeichen von Bedürfnis zu erkennen, dass er das Göttliche nötig habe. Treten jedoch ernstliche Schwierigkeiten auf, stirbt ihm ein innig geliebter Mensch oder beginnen sich die Umstände seines Lebens tragisch zu gestalten, wendet er sich verzweifelt dem Göttlichen zu. Dann braucht er Gott. In diesem Zustand ist der Mensch dem Göttlichen gegenüber völlig geöffnet, und ganz von selbst wird sich göttliche Weisheit offenbaren. Sind aber die Schwierigkeiten vorüber, vergisst der Mensch leicht wieder Gott. Und von neuem treten Schwierigkeiten auf. Diesmal sind sie noch tiefgreifender. Wieder wendet sich der Mensch dem Göttlichen zu. Sobald es ihm wieder gut ergeht, lässt er sich wiederum gehen und gleitet in den alten Zustand zurück. Deshalb wird es immer Versuchungen, Fehlschläge und Schwierigkeiten geben. Niemals aber werden wir im Göttlichen festgegründet sein, solange unser Herz nicht stets auf Gott ausgerichtet ist und mit immerwährendem Anruf für das Göttliche schlägt.

Jedes Wort ruft eine Vorstellung in uns wach
Sobald man sagt: "Josef!" steht das Bild des Josef vor unseren Augen. Name und Form gehören zusammen und erscheinen zugleich. Sagst Du "Berg", steht ein Berg vor Dir. Sagst Du "Katze", steht eine Katze vor Deinem inneren Auge. Sagst Du "Apfel", hast Du den Apfel im Geist vor Dir. Wir können kein Wort aussprechen, ohne zugleich den Gegenstand vor uns zu haben, den es bezeichnet.

Nicht anders verhält es sich beim Aussprechen des Namens Gottes. Die Vorstellung Gottes kommt auf. Die Gestalt, in der wir uns Gott vorstellen, wird uns sichtbar, die Gestalt, auf die man sich während der Meditation konzentriert, soll bei jeder Wiederholung des Anrufs vor uns stehen. Das will natürlich geistig verstanden sein, doch geistige Wirklichkeiten sind weit wirklicher als materielle, und paradoxerweise zugleich subtiler und konkreter. Die Essenz der Existenz zu entdecken, bedeutet die höchste und letzte aller Entdeckungen, das Ziel aller Kontemplation und Meditation, die Erfüllung aller Ziele der Menschheit, Sinn aller Höherentwicklung.

Der wahre Gottsucher hält seinen Blick stets innerlich auf das Göttliche gerichtet. Das ist wahres Gebet, das ist Beten des Herzens. Im Herzen beten heisst, einhelligen Geistes im wiederholten Anruf an Gott zu verweilen, die Aufmerksamkeit aufs Göttliche gerichtet. Dem so Vertieften offenbart sich das wahre Wesen Christi als die Wahrheit, die keinem Wandel unterliegt, die also unvergänglich, ewig, unendlich, allvollkommen, voll Liebe und Frieden ist. Er erkennt Christus als Verkörperung des unendlichen Friedens, als Verkörperung der absoluten Liebe. Er lebt dann von selbst ein machtvolles inneres Leben des Geistes.

Das Komplott von Psyche und Nerven
Wir können nicht gut im Gebet innerlich voranschreiten, wenn unser Herz von Rachsucht oder sonst einer negativen Regung erfüllt ist, oder wenn unser Geist voll von Gedanken an unser Vergnügen ist, dem wir entgegensehen. Ein Mensch, der sich ernstlich um Gottes Gnade und Frieden, um Gottes Liebe und Gegenwart bemüht, wird nicht nur einfach ein paar Gebetsformeln murmeln oder sonst ein paar Worte daherreden, sondern zunächst einmal bemüht sein, sich innerlich zu wandeln, sein Herz zu läutern, sich von verkehrten Gefühlen zu befreien, falsche Ideen auszuschalten, sein Leben in Zucht zu nehmen und auf sein geistiges Ziel auszurichten. Etwas in ihm ist ständig dabei, dem Göttlichen nachzusinnen. Sein Herz schlägt in Liebe zum Göttlichen. So wie die Biene nach der Blüte Ausschau hält, so sehnt sich sein Herz nach der Gottgegenwart.

Nerven sprechen auf Gefühle an. Ist das Bewusstsein wie das Unterbewusstsein von dem Gedanken erfüllt, Lärm sei schädlich, werden wir krank. Ist es jedoch überzeugt, bestimmte Geräusche seien gesund und stärkend, reagieren die Nerven entsprechend anders. Was der Volksmund "Nerven" nennt, ist Ergebnis unserer Gedanken und Gefühle und lässt sich durch Denken beeinflussen. "Nerven" können aufgebaut und neu ausgerichtet werden. Sie können veranlasst werden, auf Aussenweltreize in einer Weise anzusprechen, die der steten Ausrichtung aufs Göttliche gerecht wird.

Das Leben hält ständig irgendwelche Schwierigkeiten für uns bereit. Statt nach leichten Lebensumständen Ausschau zu halten, sollten wir uns lieber tapfer bemühen, die schwierigen Umstände zu meistern. Inmitten von Geräuschen lässt sich die Stille im eigenen Herzen erschaffen. Bringe das Geräusch, das Dich stört, in Verbindung mit dem OM, dem göttlichen Urlaut, indem Du dem Göttlichen nachsinnst! Setze Dich mit der Welt Gottes in Verbindung, mit dem, "der Amen" heisst, dem immerwährenden Zeugen. Übe wieder und wieder, bis es gelingt. Das ist keineswegs Suggestion, sondern Einübung in die Wahrheit! - Was ist denn die Ursache aller Disharmonie? Es sind die Gefühle. Werden diese nicht mit dem Geräusch in Verbindung gebracht, reagieren wir nicht gefühlsmässig und das Geräusch stört uns nicht.

Dein Fortschritt hängt von deiner Hingabe ab. Hast Du Hingabe, erkennst Du diese unendliche Weisheit, Liebe, Kraft und Gnade als das Wertvollste an, als das am meisten Liebenswerte und Höchste, dann wird ganz von selbst auch die höchste Regung in Dir wach. Lasse Dir nichts aufbürden, das Du einmal nicht mitnehmen kannst, wenn Du stirbst, sondern erwirb lieber ein Körnlein Hingabe und Glaube. Das ist das Geheimnis von Kraft und Stärke, darauf beruht Dein Glück! Das wird zur Grundlage unendlichen Friedens, unendlicher Freude. Was Du kaufen kannst, wird leicht zur Bürde, ist schwer zu bewahren und zu verwalten, bringt Pein mit sich und begleitet Dich nicht, wenn Du stirbst. Versuche also, ein Körnlein Glaube und Hingabe zu erwerben, ein Körnlein Liebe, ein Körnlein Reinheit und Gottbewusstsein! Ausser diesem Saatkorn, das ins ewige Leben erspriesst, ist alles ohne wahren Wert!

Glaube und Erkenntnis bedingen sich gegenseitig. Je mehr Du von Gott erkennst und weisst, umso grösser wird Dein Glaube. Sinne über die Eigenschaften und über das Wesen Gottes nach! Sei Dir darüber klar, dass Er, der überall zugegen ist, auch alles kann und weiss. Erkenne Ihn als den Allmächtigen! Es gibt keine Kraft und keine Macht, die nicht aus Ihm hervorgegangen wäre! Wenn Du Ihn als Macht aller Mächte erkennst, wirst Du Dich dann noch fürchten? Dann wirst Du wissen, dass die allmachtsvolle Gottesmacht Dich beschützt, wohin Du auch gehst. Durch Übung wird es Dir immer leichter fallen, die Gegenwart des Göttlichen zu bedenken und zu fühlen.

Jesus
Gott ist die Ursache und der Ursprung von allem. In Seiner Unerfassbarkeit als abstrakte Wahrheit und zeitlose Wirklichkeit ist Er uns fern. In Jesus kommt Gott als fassbare Gestalt voll Liebe zu uns. Er ist das Herz Gottes, das uns zu Hilfe eilt, zu unserer Erlösung, um unser geistiges Sehvermögen zu öffnen und unser Leben der Vollkommenheit des himmlischen Vaters entgegenzuführen.

Unser Leben ist nicht in Wahrheit erfüllt, voll Kraft und Gnade, Schönheit und Licht, so lange es nicht von Jesus Christus gesegnet ist. Wir sind von Seiner Gnade berührt, sobald unser inneres Wesen umgewandelt ist, wenn Glaube, Güte und Reinheit in uns herrschen und wir uns in schlichtem Vertrauen Jesus übergeben.

Jesus kam auf diese Welt, um die Herzen, die Seelen, das Denken der Menschen zu erleuchten. Wo das innere Licht fehlt, ist auch kein wahres Glück, kein rechtes Verständnis, kein Sinn und Wert im äusseren Leben vorhanden. Wie leicht wird dann der Mensch zum Werkzeug der Finsternis. Weihnachten feiern heisst Jesus Christus von ganzem Herzen lieben. Liebe ist Licht. Wenn Dein Wesen von Liebe erleuchtet ist, dann ist die ganze Welt schön, verklärt von der Liebe. Dann ist das Leben sinnvoll geworden. Güte, Wert und göttliche Schönheit treten dann in Erscheinung.

In der göttlichen Liebe ist keine Dunkelheit. Im äusseren Licht herrscht noch Dunkel, denn die äussere Beleuchtung hilft nicht, die Wahrheit zu erkennen. Das äussere Licht schenkt uns noch nicht Friede und Glück. Im äusseren Licht sehen wir nicht unsere Zukunft, noch hilft es uns, Gottes Wahrheit zu erschauen und innerlich zu wachsen. Das äussere Licht ist in gewisser Hinsicht so gut wie Finsternis. Nur eine beschränkte Weisheit zollt ihm Lob. Lasse Dich vom göttlichen Licht erleuchten, das in Jesus Christus Gestalt annimmt und zum Ausdruck kommt.

Wenn ein Weiser voll innerer Erleuchtung die Welt betrachtet, treten äussere Namen und Formen zurück, so dass er sich von Angesicht zu Angesicht der unbedingten Schönheit und Liebe gegenübersieht. In seinem Herzen und ringsumher ist nichts als die Quelle strahlenden, unermesslichen, alles erschaffenden, wunderbaren Lichts.

Unser Herr Jesus Christus war sich immer der Gegenwart des höchsten Vaters in Seinem Herzen bewusst. Dieses Bewusstsein war die geheime Quelle der Grösse, Macht und erlösenden Gnade Christi. Sind wir uns dessen im täglichen Leben bewusst, wo immer wir sind, dass tief drinnen im Herzen die Gegenwart des höchsten Vaters wohnt, werden wir immerzu im Frieden sein, innerlich stark, reich und gesegnet.

Sind wir uns des höchsten Vaters in uns und um uns bewusst und wissen, dass dieser Vater unendlicher Reichtum, unendliche Macht, unendlicher Friede, unendliches Glück ist, werden wir im täglichen Leben voll Kraft und Stärke, furchtlos und tapfer sein. Wir können äusserlich arm sein und doch ein Gefühl der Fülle haben im täglichen Leben, wobei aus unseren Augen das Licht der Freude strahlt und wir einen Frieden haben, der unbeschreiblich ist. Wir sind dann von innen gestärkt, unsere Gedanken sind die besten Gedanken, unsere Gefühle die schönsten Gefühle. Wir sind vom Wirken der Gnade Gottes angetrieben; die ganze Menschheit liegt uns am Herzen, die Gottgegenwart in der Natur ist nur leicht verhüllt, wie durch einen Schleier.

So wollen wir die Kraft, die unsere Hände bewegt, als die Energie der herrlichen Gegenwart Gottes erkennen und uns ständig in Erinnerung rufen: Nicht wir, sondern der Vater im Himmel wirkt alles. Er ist der Vater von allem, der Schöpfer von allen, der alles entstehen und vergehen lässt. Wir sind in dem Masse stark und gesegnet, als wir uns Seiner unendlichen Stärke bewusst sind, und in dem Masse weise, als wir Seine allwissende Intelligenz als in uns gegenwärtig erkennen. Wir sind in dem Masse beschützt, als wir erkennen, dass Seine ewigen Arme uns im täglichen Leben umfangen. Wir erlangen Seine Gnade und Sein Licht in dem Masse, als wir Seine Eigenschaften, die in uns sind, zum Ausdruck bringen. Er hat uns in Seinem eigenen Bild des Friedens, der Liebe, des Verstehens, der Weisheit, der Gnade, der Schönheit, der Freude erschaffen. So wollen wir unser Herz auftun und Seinem Wesen in uns Raum geben. Wir wollen Sein Licht und Seine Liebe Sich durch unser Herz zum Ausdruck bringen lassen und uns ganz dieser wunderbaren, erleuchtenden und rettenden Gegenwart anvertrauen.

Wir wollen beständig den Blick auf Ihn als Jesus Christus gerichtet halten und uns in allem Tun und Lassen auf Ihn beziehen, so wie Paulus es tat. Unser Leben wird übermenschlich an Gnade, Liebe, Frieden und innerer Kraft, sobald wir uns bewusst sind, dass wir von Ihm alles haben und diese Gegenwart beständig in uns ist, in allen Lagen, und wir in jeder Situation aus ihr beziehen können, was nötig ist.

Jesus war sich beständig der grenzenlosen Kraft und unmittelbaren Gegenwart Gottes bewusst. Das hatte zur Folge, dass die Liebe, die Intelligenz, der Helferwille, die rettende Weisheit und erbarmende Gnade des Vaters sich durch die wunderbare Persönlichkeit Jesu Christi zum Ausdruck bringen konnten. Ein Paulus entsagte dem eigenen Ich und weilte beständig im Christusbewusstsein, nachdem er von der Gnade Christi erfasst und umgewandelt war, und so konnte er jederzeit sagen: "Nicht ich, sondern ER!" (Gal. 2,20)

Ein höchstes Sein ist mitten unter uns und in uns. Die Gnade Gottes hüllt uns ein von allen Seiten. Wir sind eingetaucht ins Meer des Lichts, das Christus ist. Es ist in unserem Herzen. Es strahlt aus unseren Augen. Es ist in unserer Intelligenz. Es ist eine überkosmische Kraft, endlos und unerschöpflich, von unbegrenzter, unermesslicher Schönheit. Es ist ein überkosmisches Licht, das überall zugegen ist und uns mit unzähligen Augen ansieht. Seine Allmacht ist in jedem Punkt des Raums zugegen. Seine unendliche und unbegrenzte Erkenntnis durchpulst jede Zelle unseres Seins. Es ist der Herr, der Höchste, der alle Gesetze des Universums regiert.

Die Welt ist ein weiter Bereich für das Wachstum und die innere Höherentwicklung des Menschen. Der Schlüssel, um rasch zur höchsten Vollkommenheit zu gelangen, ist die Liebe, und das Geheimnis höchster Liebe liegt in dem Wort, das Gottesliebe und Nächstenliebe gleichsetzt. Es ist das höchste Gottbewusstsein, das ausspricht: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deiner ganzen Vernunft. Das ist das grösste und erste Gebot. Das zweite ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!" Das ist die Stimme des wirklichen und wahren Gottessohnes Jesus Christus. Es ist die Stimme eines Menschen, der bewusst eins ist mit dem Vater im Himmel.

Gott ist Liebe (1. Joh. 4,8)
Die Liebe ist der Wert aller Werte. Der Mensch kann ohne Reichtum, doch nicht ohne Liebe leben. Sie ist der Reichtum allen Reichtums. Wir haben in ihr zugleich Freude und Frieden, Weisheit und Macht. Gott und Liebe lassen sich nicht trennen, so wenig wie Sonne und Licht.

Man sehe sich doch einmal die Menschen dieser Welt an! Sie sind reich, höchst kultiviert, haben alles, was sie brauchen und mehr noch. Man sollte meinen, sie seien zu beneiden, aber sie sind innerlich ruhelos und unglücklich. Ganz gleich, wie viele Vorteile sie im Leben geniessen, Probleme bleiben immer noch und warten auf Lösung, und so finden sie keine Ruhe. Um Ruhe zu finden, müssten zuerst eine ganze Anzahl kostbarer Eigenschaften aus dem Inneren zur Wirkung gelangen: Gott als Liebe erkennen und Liebe als Gott, die Religion der Liebe ausüben mit weitem Herzen und lichter Intelligenz. Diese geistige Höherentwicklung lässt die Wahrheit aus dem Inneren aufleuchten.

Wir sind Tempel Gottes, wie die Bibel sagt, Verkörperungen der Wahrheit, die zugleich auch Liebe ist. Ein Leben, das in der Liebe, im Geiste gelebt wird, kennt keinen Tod. Geist und Gott, Wahrheit und Liebe, Schönheit und Frieden sind alle ein und dasselbe. So lasst uns die höchste Verkörperung der Liebe, Jesus Christus, bewundernd erkennen und liebend verehren durch die Liebe in unserem Herzen, die Hingabe unseres ganzen Wesens, durch lichte Gedanken und lichtes Erkennen. Lichte Erkenntnis und Liebe sind ein und dasselbe. So gelangen wir mit Ihm in Berührung.

Gott ist ganz von selbst zugegen, wo Liebe am Werke ist. Es gilt also, unsere Liebe von menschlichen Schwächen und Begrenzungen, menschlichen Unvollkommenheiten zu befreien. Dann wird sie zu einer gewaltigen Kraft, trägt sie doch alle Weisheit und Macht des Unendlichen, alles Leben und allvollkommene Wahrheit in sich; ist Christus doch die Quelle und Essenz der Liebe, der Weisheit, des Glaubens, die Quelle alles Schönen und Gesegneten in uns!

Da das Göttliche zeitlos und voll Liebe und überall im Kosmos zugegen ist, so ist eine auf Liebe gegründete Religion nicht menschliches Machwerk, sondern der Schöpfung innewohnend. Alle Geschöpfe verstehen die Sprache der Liebe, auch wenn sie weder Französisch noch Deutsch, weder Griechisch noch Latein, weder Italienisch noch Englisch verstehen. Die Liebe Gottes in unserem Herzen lässt alle Geschöpfe zu unseren Geschwistern werden. Liebe ist eine wundervolle universale Sprache, die in jedem Land, in jedem Teil des Universums, in allen sichtbaren und unsichtbaren Welten verstanden wird.

Liebe haben heisst Wahrheit besitzen. Gott ist Wahrheit, Christus ist Wahrheit. Wahrheit ist Christus. Man kann sie gar nicht voneinander trennen. Wo Liebe ist, da ist Wahrheit. Wo Liebe begrenzt ist, da gibt es Unvollkommenheiten, Unwahrheit, Probleme und Schwierigkeiten. Das Wachstum in der Liebe bedeutet wahre geistige Entwicklung; denn wenn Gott Liebe ist, dann ist der Weg zu Gott auch Liebe. Ein einfacher Mensch, dessen Herz voll Liebe und Hingabe zum Göttlichen ist, besitzt die sicherste und schnellste Methode, um Gotterfahrung zu erlangen. Wo die Hingabe wächst, da wachsen zugleich tausend Tugenden.

Wir sind Tempel Gottes, wie es in den Briefen des Paulus an die Korinther immer wieder heisst. So sollten wir diese wundersame Gegenwart unter uns und in uns immer wieder von neuem bedenken und die verborgene Liebe im Herzen aller Wesen verehren. Möge Christus in unser Leben treten als Liebe! Wir wollen die Wahrheit als Liebe in Erfahrung bringen, und die Liebe wird uns frei machen! Sie ist zugleich Glaube, und sie trägt Glauben in sich. Sie ist voller Hingabe und Kraft. Sie besitzt auch Genialität und schöpferische Intelligenz: Liebe macht erfinderisch! Sie ist die Macht aller Mächte. Sie ist Leben in ganzer Vollkommenheit, ewigwährendes Leben, nicht das Leben, das mit dem Ablegen des physischen Körpers verschwindet.

Die Liebe trägt jede nur denkbare Tugend in sich, weshalb der Apostel Gott direkt als Liebe bezeichnet (1.Joh.4,8). Er umschreibt Ihn da nicht mit vielen Worten wie Liebe, Güte, Schönheit, Frieden, Freude, Wahrheit, sondern sagt schlicht und einfach: "Gott ist Liebe!" Dieses eine Wort fasst alle anderen Tugenden in sich. Beschreibst Du Gott als Liebe, dann hast Du Ihn als alles und mehr als alles umschrieben, denn Liebe ist das Wesen der Wahrheit. Sie ist eine integrierende Kraft, eine harmonisierende Gegenwart. Sie ist voll unendlicher Dynamik und besitzt unbegrenzte Dimensionen. Wenn das Leben schön, friedlich, gesegnet, erfüllt und durch inneren Fortschritt gekennzeichnet sein soll, muss es reich an Liebe werden.

Was die Menschheit heute dringend braucht, ist die Religion der Liebe. Wo diese vorherrscht, sind hundert Probleme der Menschheit gelöst. Eine solche Religion ist wahre Religion, die Religion Gottes, denn Gott ist Liebe, Liebe ist Gott. Die Religion der Liebe kennzeichnet einen Menschen, der sich geistig höherentwickelt. Geistige Entwicklung liegt in der Entfaltung und Ausweitung der Liebe und geht durch diese vonstatten. Wo menschliche Unvollkommenheit herrscht, kann Religion nicht leben. Es leeren sich die Kirchen, religiöse Grundsätze erstarren und sind dann dem inneren Fortschritt eher hinderlich als förderlich, tragen jedenfalls nicht dazu bei, Frieden und Glück zu finden. Religion bezieht ihre Stärke und Vitalität durch jene Menschen, die reich mit Liebe gesegnet sind.

Um uns dem Herzen Jesu Christi lieb und teuer werden zu lassen, ist es nötig, dass wir in unserem Alltag Eigenschaften wie Liebe, Glauben, Weisheit und Gottbewusstsein entfalten, Güte und Dienstbereitschaft, bedingungsloses Gottbewusstsein, wie es sich im Leben Jesu Christi offenbart.

Jesus Christus -
die unwandelbare Wirklichkeit
Damit die Weisheit und Liebe unwandelbar sein können, müssen sie absolut und unbegrenzt sein. Was begrenzt ist, muss sich verändern: selbst der Atlantik ist in all seiner Weite doch von Küsten umgeben und somit der Veränderung unterworfen. Er ist heute nicht mehr derselbe, der er vor Jahrtausenden war, und er wird nach Jahrtausenden nicht mehr derselbe sein, der er heute ist.

"Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit!" (Hebr. 13,8) "Er ist das A und das O, der Anfang und das Ende!" (Offb. 21,6) Das heisst, Er ist das, was ohne Anfang und Ende ist. Was aber nur kann ohne Anfang und Ende sein? Doch nur, was unbegrenzt ist und sich niemals verändert. Somit ist Jesus Christus diese unwandelbare Wirklichkeit. Er ist bei Dir, rings um Dich her! Er beobachtet Dich! Er segnet Dich und ist bereit, Dein Leben zur Fülle und Erfüllung zu führen, wenn Dein Herz sich Ihm öffnet.

So pflege immer das Empfinden, in Seiner Gegenwart zu weilen, ob Du in der Küche oder im Badezimmer bist, im Büro oder im Zug. Bringe immer Sein Wesen zum Ausdruck! Sein Wesen ist grenzenlose göttliche Liebe, Friede, Schönheit, unvergängliche Intelligenz, göttliches Leben. Lasse Dein Herz sich ständig nach diesem Segen ausstrecken. Segne die Welt und damit Dich selbst!

Der wahrhaft religiöse Mensch hat immer Gott vor Augen, ganz gleich, was er aussen erlebt. Er lebt sein Leben in dynamischer Weise im ständigen Umgang mit Gott. Was er tut, ist für Gott getan, und was er besitzt, gehört Gott. Er besitzt vielleicht nichts, das er Gott darbringen könnte. Dann bietet er im Geist all das Schöne und Gute, das er irgendwo sieht, dem Göttlichen dar und lebt in Ihm und nicht in Armut!

Die unbeschreibliche Schönheit, die Seligkeit, der Friede Gottes können erfahren werden. Lasse all Dein Wirken Anbetung Gottes sein! Alles Schöne im Leben soll Dich an die Schönheit Gottes erinnern! Lasse jeden Ausdruck von Liebe Dich an das grenzenlose Erbarmen und die Liebe Gottes erinnern!

Liebe ist die Macht aller Mächte, die Seele der Seelen. Das Wesen der höchsten Wirklichkeit ist in unserem inneren Wesen verkörpert. Die heilige Schrift bezeichnet uns als die Träger des Reiches Gottes - niemals wäre dies niedergeschrieben worden, wenn diese letzte, höchste Wirklichkeit nicht in uns wahrgenommen werden könnte.

" ... ich lebe, aber nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir." (Gal. 2,20)
Niemand kann die Grösse und Herrlichkeit Christi und die Gnadenfülle beschreiben, die ein heiliger Paulus erfahren hat. Er konnte von Christus und Seiner Herrlichkeit sprechen, wie er es tat, weil er sich so völlig seiner selbst entäussert hatte und Christus zum Ausdruck kommen liess. Und er wusste auch darum, war sich dessen ganz und gar bewusst.

Von diesem Standpunkt aus lässt sich sagen, dass die Aussagen der Apostel im Neuen Testament von Christus selbst inspiriert seien und das Licht und die Gnade Christi in sich tragen, also unvergängliche Wahrheit sind. Es steht hinter jeder Bedeutung eine tiefere Bedeutung, hinter jedem Licht strahlt ein grösseres hervor. Diese gestufte Bedeutungstiefe kennzeichnet die Wahrheiten des Neuen Testaments als Wort Gottes, Atem Christi, als unerschöpflich an Bedeutung und Sinntiefe, Wert und Licht.

Lässt Du Christus zum höchsten Ziel Deines Denkens werden? Siehst Du in Ihm das höchste Ziel aller Vernunft, aller Schönheit, aller Musik, aller Wissenschaft und Philosophie, aller Suche nach Wahrheit? Das ist es, was die Kirche versäumte. Wir, die ausserhalb stehen, taten es spontan. Deshalb ist Christus für uns eine lebendige Gegenwart und Gott niemals tot, wie das offenbar für etliche Theologen der Fall ist. Das ist auch der Grund, weshalb man in uns lebendige Christen erblickt: weil wir in lebendiger Gemeinschaft mit Christus leben und Tausenden helfen, lebendigen Kontakt mit dem Antwort gebenden Christus zu finden, in der Kirche ein wirkliches geistiges Zentrum zu sehen, nicht ein Symbol nur geistigen Strebens und Tuns, sondern ein Zentrum, um das zu erleben, was Gebetserhörung genannt wird, aufgrund lebendigen Vertrauens und liebender Hingabe an Gott, als Antwort auf geistiges Suchen und Streben, als lebendige Antwort, wie sie aus der Bibel bekannt ist. Die Bibel ist uns Autorität, insofern sie Aussagen lebendiger geistiger Erfahrung festhält. Sie ist Autorität für alle Wahrheitssucher. Sie ist auch letztliche Autorität für mich, und ich bin gewiss, dass jeder aufrichtige wahre Christ sie ebenso als Autorität anerkennen wird und die Kirche erst recht.

Meine Behauptung geht dahin, dass die Bibel letzte Autorität für alle ist, auch für Religionen ausserhalb der Christenheit, ist es doch die Wahrheitserfahrung, die in ihr zu Wort kommt, und da die Wahrheit von allen Religionen erstrebt wird, müssten auch alle Religionen die Bibel als geistige Autorität betrachten.

Werde Dir der Wahrheit bewusst, die in Dir und um Dich ist! Christus will aus Erfahrung erkannt werden! Christus will durch Hingabe in einem reinen Herzen erlangt werden, einem Herzen, das immer mehr an Reinheit zunimmt. Christus will aus persönlichem Erleben heraus erkannt werden, und so sollte man nichts unterlassen, das auch zu erreichen. Dann werden die Aussagen der Bibel erst richtig verstanden. Andernfalls werden die Worte der Schrift nur verdreht und auf menschliche Verständnisebenen herabgeholt. Es gilt, sich auf die Ebene zu erheben, auf der diese Aussagen entstanden sind. Wird diese Ebene nicht zumindest von den Sachwaltern des Wortes erreicht, geht der Bedeutungsgehalt verloren. Dadurch verliert die Schrift ihren Sinn und die Kirche ihren Grund. Daher ist es Aufgabe der Pfarrer, sich geistig genügend auszurüsten, Hingabe an Christus zu entfalten und Christus als die Wahrheit zu sehen, die unwandelbar ist, als die Liebe selbst, die überall und jederzeit ansprechbar ist, in Europa wie in Afrika, in Indien wie Australien. Auch heute wie zu Zeiten des Paulus oder Franziskus oder des Sadhu Sundar Singh, ist sie für jeden erreichbar, überall auf der Welt, jederzeit, eine Gegenwart voll Kraft, Frieden und Freude, Licht und Leben.

So nimm Dir die Wahrheit zum Freund, befreunde Dich mit Christus, entfalte Deine Hingabe zu Christus, und Du verstehst die Aussagen der Heiligen Schrift! Du wirst zu einer Persönlichkeit, die lebendige Religion verkörpert. Deine Worte gewinnen an Kraft, Bedeutung und Licht. Lasse Dein Leben um die Suche nach Wahrheit zentriert sein, lasse Deine Suche nach Christus und Deine Liebe für Christus im Mittelpunkt stehen! Die Menschenseele hat ihr ureigenstes und tiefstes Verlangen und braucht jemanden, der es wecken kann, es zur Entfaltung und Erfüllung bringt in der letzten, höchsten Wahrheit, in Christus! Je mehr wir Christus vom Standpunkt desjenigen betrachten, der Wahrheitserkenntnis hat, umso mehr gewinnt das Leben und die Persönlichkeit Christi an Wert und Kraft: Christus als die antwortgebende göttliche Gegenwart im Menschen. Er ist es, der die Antwort gibt auf das innerste Verlangen, auf die Nöte und Gebete des Menschen.

Swami Omkarananda

 

Ebook Edition 2007